Testmarathon 8×10“-Bassboxen

Diverse 8×10-Bassboxen im bonedo-Testmarathon! Es war eine Entscheidung, die während eines typischen „Man müsste eigentlich mal…“- Momentes geboren wurde. Die bonedo-Bassredaktion war sich einig: Interessiert hatte es uns immer schon, wie unterschiedlich diverse 8x10er-Bassboxen klingen, aber die Gelegenheit für einen solchen Direktvergleich war noch keinem von uns gegeben.

Testmarathon_8x10_Bass_Boxen


Und weil wir uns auch als ganz normale Mitglieder der großen Tieftöner-Dynastie verstehen, konnten wir uns vorstellen, dass da draußen eine ganze Menge von euch ebenfalls gerne wüsste, welche Besonderheiten den einen oder anderen dieser Kolosse auszeichnen. Immerhin ist der Erwerb eines dieser donnernden Monolithen keine Kleckeranschaffung und will deshalb gut geplant und durchdacht sein. Im Gegensatz zu kleiner dimensionierten Produkten kann man sich in diesem Fall nicht gleich alle „Kühlschrank“-Modelle ins Haus schicken lassen, um anschließend vom Rückgaberecht Gebrauch zu machen. Also haben wir uns daran gemacht, Hersteller und Vertriebe zu kontaktieren. Weil wir so viele Modelle wie möglich miteinander vergleichen wollten, mussten wir uns zudem logistisch auf einen Zeitpunkt und einen Ort festlegen. Das wiederum schloss einige von ihnen leider von unserem Wunschzettel aus, die uns am Stichtag aus verschiedenen Gründen nicht zur Verfügung stehen konnten. Dank wackerer Spediteure waren es am Schluss dann doch immerhin acht Exemplare, die sich pünktlich am Zieltag im Studio versammelt hatten. Einen Kurzüberblick über die Eigenschaften der Testlinge findet ihr hier in Tabellenform:

Generelles und Geschichtliches

Seit den 60er-Jahren nahm die Leistungsfähigkeit und die Belastbarkeit von Bassverstärkern und Boxensystemen kontinuierlich zu. Wattzahlen bis 1500 sind heute absolut keine Seltenheit mehr, bei Impulsspitzen klettern sie auch schon einmal über die 2000er-Marke. Ein Verstärker, der in der Lage ist, zwischen 300 und 1500 Watt Leistung zu erzeugen – je nach Technologie mittels Röhren oder Halbleiter – kann alleine natürlich nichts ausrichten. Er benötigt Boxen, die solche Leistungen auch effektiv umsetzen. Wichtig ist vor allem eine ausreichend große Lautsprecher-Membranfläche, denn es muss schließlich viel Luft in Bewegung gesetzt werden, um die langwelligen, tiefen Bassfrequenzen mit ausreichend Druck zu generieren und weiterzuleiten. Hatte man in den 60ern vorrangig 15- und 18-Zoll-Lautsprecher in Boxensysteme verbaut, so änderte sich diese Philosophie im Laufe der Zeit. Man erkannte, dass eine größere Membranfläche auch mit mehreren kleineren Lautsprechern zu erzielen ist, die dann getreu dem Arbeitsteilungsprinzip einzeln weniger belastet werden, im Verbund jedoch sehr effizient Lautstärke und Schalldruck erzeugen. Außerdem haben kleinere Lautsprecher, in unserem Fall 10“-Speaker, durch ihre geringere Masse (und dadurch bedingt auch geringere Trägheit) ein schnelleres Impulsverhalten, was der hohen Dynamik von E-Bässen sehr entgegenkommt.
Die erste 8×10-Box kam 1969 auf den Markt: die Rede ist natürlich von der legendären Ampeg SVT! Das Konzept ist bis heute unverändert, allerdings enthalten die Kammern mittlerweile wesentlich leistungsfähigere Lautsprecher als die damalige Urversion. Bei der Urmutter dieser Box sitzen acht 10-Zoll Lautsprecher paarweise in vier getrennten, komplett voneinander isolierten Kammern. Andere Hersteller folgten, teilweise mit abweichenden Konstruktionen und einige auch mit eingearbeiteten Bassreflexöffnungen. 8×10“-Boxen bringen von Natur aus natürlich ein paar Nachteile mit sich, die vorrangig mit Größe und Gewicht zu tun haben. Dem Gewichtsproblem treten einige Hersteller mit Leichtbaugehäusen und Neodymlautsprechern entgegen, von denen wir drei in unserem Testmarathon begrüßen durften, die restlichen fünf Kandidaten waren mit konventionellen Lautsprechern bestückt. Welche Erkenntnisse wir gewinnen konnten, verraten die nachfolgenden Tests. Im Anschluss daran findet ihr die ausführliche Audio-Vergleichsseite und das Gesamtfazit des Testmarathons. Wir wünschen viel Vergnügen!

Einzeltests

Audio-Vergleichsseite

Gesamtfazit

Eine wichtige Info vorweg: dieser Artikel ist im Jahr 2015 erstmalig auf bonedo erschienen. Daher sind mittlerweile drei der acht Boxen nicht mehr als Neuware erhältlich. Auf dem Gebrauchtmarkt findet man die Boliden jedoch weiterhin, weshalb wir uns entschlossen haben, den Artikel in voller Länge ein weiteres Mal zu re-releasen!
Unterm Strich waren wir überrascht, wie stark sich die Boxen doch im Soundverhalten unterscheiden. Die Orange beispielsweise äußerte sich durch eine etwas aggressivere Note als alle anderen Boxen, klang aber gleichzeitig sehr souverän in allen Stilistiken. Vor allem erschien sie uns am wenigsten vom Charakter des jeweils angeschlossenen Verstärkers abhängig zu sein. Es mag paradox klingen, aber sie besitzt trotz allem einen eigenen Charakter, der das Signal jedoch nicht wesentlich färbt. Andererseits kommen durch diese Eigenschaft auch die ganz speziellen Charakteristiken der Topteile nicht voll zum tragen. Es scheint fast so, als wäre es egal, welches Topteil gerade an der Orange-Box betrieben wird – sie klingt einfach immer gut!
Alle anderen Testkandidaten reagierten weitaus sensibler auf die Unterschiede der Topteile. Sehr starken Eigencharakter zeigte die Gallien Krueger, die eindeutig klassische GK-Soundeigenschaften hervorhebt, die sich vorrangig durch abgesenkte Mitten äußern. Davon abgesehen lieferte die Box einen sehr druckvollen, aber auch sehr harten, straffen Ton. Ähnlich verhielt es sich mit der TecAmp-Box, allerdings mit weniger Eigenfärbung. Wir gewannen den Eindruck, dass die TecAmp-Box vorrangig von Topteilen profitiert, die einen sehr cleanen und modernen Sound liefern. Viel Wärme vermochten wir ihr mit den verwendeten Tops nicht zu entlocken, jedoch enormen Druck und Klarheit.
Die Eden-Box verhielt sich wie eine Frequenzumkehr der Gallien Krueger. Während sich die Gallien Krueger durch eine Mittenabsenkung charakterisiert, so liefert die Eden definitiv einen deftigen Mitten-Push, und zwar sowohl in den unteren wie auch in den oberen Mitten. Das macht sie eindeutig zu einer Kandidatin, die vor allem in Rock und Blues angesiedelt ist. Oder man muss bei der Klangregelung je nach Verstärker einige Korrekturen vornehmen, will man einen lineareren Sound. Das ist durchaus möglich, aber Tatsache ist auch, dass keine der anderen Boxen derartig drastische Eigenfärbungen erzeugte.
Am deutlichsten im Vintagebereich angesiedelt erschien uns die Box von Ashdown, welche leistungsstark ist und gut klingt, aber bei attackreicheren und höhenlastigeren Sounds nicht so souverän mitspielt wie die Konkurrenz. Vor allem in Anbetracht ihres günstigen Preises spielt sie jedoch im Testfeld gut mit.
Von der Fender-Box hatten wir uns eigentlich viel mehr Vintagesound erwartet, aber sie erschien weitaus moderner und auch flexibler, weil sie sich klanglich sehr neutral verhält. Die Box kann tatsächlich alles ungefähr gleich gut, aber sie bleibt auch etwas im Dilemma des Alleskönners stecken. Allerdings war sie von allen Neodym-Boxen diejenige, die in ihrem Soundverhalten am ehesten an die Eigenschaften herkömmlicher Speaker heranreichte. Hier ist Fender also durchaus erfolgreich der Spagat zwischen technisch modernen und gewichtssparenden Lautsprechern einerseits und traditionellen Sounds andererseits gelungen.
Als wir die Ampeg anschlossen, wurde klar, warum diese Box auch nach 45 Jahren immer noch als Klassiker gilt: sie entfaltet enorm viel Wärme und Druck und liefert ein sehr sattes Fundament. Ganz klar, ein Vergleichstest ohne diese Box wäre nutzlos gewesen. Sie ist nach wie vor als Referenz zu betrachten und wir waren durch die Bank begeistert. Allerdings neigt sie dazu, in den Tiefbässen sehr dominant zu werden, was bekanntermaßen auf großen und resonanzreichen Holzbühnen dazu führen kann, dass diese Box etwas schwammig klingt. Im sehr trocken klingenden Studioraum entfaltete sie ein sehr rund klingendes Signal bei allen Soundbeispielen und konnte voll überzeugen.
Die Box, die uns alle am meisten beeindruckte, war die Aguilar. Sie lieferte bei allen Soundbeispielen und mit beiden Testverstärkern ein sehr harmonisches Frequenzbild im Raum und konnte dieses Bild auch über große Distanz transportieren, obwohl die Soundfiles das nicht voll abzubilden vermögen. Wenn man vor der Box stand oder auch sonst an beliebiger Position im Raum, hörte man eine sehr starke Definition im Grundtonbereich sowie eine sehr klare Ortung. Auch bei immenser Lautstärke war stets deutlich, welche Töne gespielt wurden, es gab keinerlei Artefakte, Verzerrungen oder Irritationen, unter denen die Klarheit des Originalsignals gelitten hätte. Ähnlich souverän transportierten übrigens auch Orange und Ampeg den Sound. Bei diesen drei Kandidaten klang es vor der Box genau so wie in fünf Meter Entfernung. Die Neodym-Modelle von Fender und TecAmp konnten ähnlich weit transportieren, allerdings nicht mit dem Gefühl von Volumen und Wärme. Auf resonanzreichen Bühnen allerdings könnten sich diese Eigenschaften durchaus zu einem Vorteil wenden. 
Am direktesten und brutalsten agierte für uns alle die Gallien Krueger. Diese Box wurde eindeutig auf die Soundeigenschaften von GK-Topteilen zugeschnitten. Wem diese Eigenschaften von Haus aus gefallen, der dürfte diese Box auch mögen. Sie ist enorm laut und verfügt über ein sehr schnelles Impulsverhalten. Der Hochtöner ist mit Vorsicht einzusetzen, denn über reichlich Höhen verfügt die Box auch schon ohne ihn.

Geschafft: Die 8x10er zu testen, war ein Kraftakt, hat sich aber gelohnt!
Geschafft: Die 8x10er zu testen, war ein Kraftakt, hat sich aber gelohnt!

Generell fühlen wir uns nach dem Test bestätigt, dass Boxen mit Neodymlautsprecher vom Charakter her härter klingen und bei hohen Lautstärken auch schon mal brutal bis schmerzhaft werden können, während herkömmliche Lautsprecher offensichtlich dem Ohr harmonischer und dezenter begegnen. Dafür erkauft man sich mit konventionellen Lautsprechersystemen den Nachteil des höheren Eigengewichtes. Bei der Menge der Lautsprecher und in Verbindung mit speziellen Bauweisen bedeutet das immerhin über 45 Kilo, die man durch Neodymlautsprecher an Gewicht einspart (vergleiche TecAmp/39kg mit Aguilar/85kg). Das ist sicherlich für manchen Bassisten ein hochrangiger Faktor für die Kaufentscheidung.
Wir hoffen, wir konnten euch mit diesem Test einen Überblick vermitteln und besonders denjenigen, die gerade mit der Anschaffung einer 8×10“-Box liebäugeln, eine Entscheidungshilfe bieten, welche der hier genannten Modelle oder Konzepte in die engere Wahl einzubeziehen wären. Für uns jedenfalls war es eine sehr lehrreiche und wertvolle Teststrecke!

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Kommentieren
Profilbild von Sven

Sven sagt:

#1 - 27.09.2014 um 07:02 Uhr

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Ich finde den Test nicht gut gelungen. Die ausgewählten Amps passen oft gar nicht zu den Boxen, so werden sie ihrem jeweiligen Potenzial einfach nicht gerecht. Die Audiobeispiele sind auch nicht schön anzuhören. Das war wohl eher eine Totenwache als ein Marathon.

Profilbild von Oliver - Bonedo (Red. Bass)

Oliver - Bonedo (Red. Bass) sagt:

#2 - 27.09.2014 um 13:34 Uhr

0

Lieber Sven,
glaube mir, wenn ich sage: Während dieses Testmarathons hätten wir wohl eher Tote aufgeweckt, als über sie zu wachen. Mit Deiner Kritik werden wir Tester leben müssen, so wie Hersteller ja auch mit unserer Kritik leben müssen.Vielleicht noch einmal zur Erläuterung:
Bei diesem Test ging es für uns nicht darum, einen Ästhetik- oder Schönheitswettbewerb zu gewinnen, sondern darum, die einzelnen Klangeigenschaften der unterschiedlichen Boxenkonzepte neutral miteinander zu vergleichen. Welcher Verstärker dabei verwendet wurde, war im Prinzip egal. Wir benötigten lediglich eine Referenz, die immer gleich klingt. Dadurch kann man dann die unterschiedlichen Charakteristika der Boxen objektiv vergleichen. Im Prinzip hätte das jeder x-beliebige Amp sein können, solange er die Leistung liefert, die wir für den Test benötigten.Wir haben zwei sehr unterschiedliche Verstärkker gewählt. Warum, haben wir in den Ausführungen zu dem Aufnahmeverfahren explizit erläutert. Auch warum wir welche Audiobeispiele eingespielt haben, erklären wir. Sie müssen einem musikalisch nicht gefallen, sie sollen lediglich der Vergleichsanalyse bestimmter Boxen-Eigenschaften dienen - und diese Funktion erfüllen sie.Hätten wir nun begonnen, für jede Box einen "passenden" Amp zu finden, wäre der Test für die ein oder andere Box vielleicht "schöner" ausgefallen, das Ergebnis für einen Vergleichstest zwangsläufig wertlos geworden.Für uns selber war der Test ein grandioser Augenöffner, bei dem wir viel gelernt haben und ich hoffe, das möglichst viele Leser ähnlich positive Aspekte für sich selber darin entdecken können.mit herzlichen GrüßenOliver Poschmann (BONEDO -Redaktion Bass)

Profilbild von Sven

Sven sagt:

#3 - 09.10.2014 um 03:25 Uhr

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Lieber Oliver,es ist schön, dass euch der Test gefallen hat. Ich dachte nur, dass es euch vielleicht auch interessiert was euer Publikum dazu zu sagen hat. Sei's drum...

Profilbild von Ray

Ray sagt:

#4 - 22.02.2015 um 00:20 Uhr

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Geiler Test! Danke für die Mühe, die ihr euch gemacht habt. Genial!
Die Orange ist wirklich der Hammer.Interessant wäre auch noch, dem Test ab und an ein Update zu geben und bspw. die neue Ashdown reinzunehmen.

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