Grenzflächenmikrofone (oder kurz: Grenzflächen) sind spezielle Mikrofone, deren Funktionsweise, Nutzen, Einsatzgebiete, Vor- und Nachteile sich nicht jedem erschließen. Wir haben hier Erklärungen zum Mikrofontypus der Grenzflächen, einen Vergleichstest und einen Kaufberater miteinander kombiniert. Dadurch gibt es hier alles zum Thema Grenzflächen an einem Ort.
- Grenzflächenmikros: Grundlagen und Einsatzgebiete
- Was macht Grenzflächenmikrofone aus? Und wie funtkionieren sie?
- Gibt es Unterschiede bei den Grenzflächenmikrofonen?
- Gibt es andere Bezeichnungen für Grenzflächenmikrofone?
- Wofür werden Grenzflächenmikrofone verwendet?
- Gibt es mit der Grenzfläche verwandte Bauformen?
- Gibt es Alternativen zum Grenzflächenmikrofon?
- Grenzflächenmikrofone: Anwendung
- Wo und wie positionieren?
- Wie wichtig ist die Größe der Fläche, auf der ein Grenzflächenmikrofon positioniert wird?
- Grenzflechenmikrofone: Vorteile und Nachteile
- Alle Testkandidaten des Vergleichstests
- Grenzflächenmikros: Unsere Empfehlungen
- Allrounder
- Preis-Leistung
- Bassdrum
- Sprache
- AUDIOFILES IM DIREKTVERGLEICH
- Audiofiles im Direktvergleich
- Akustikgitarre
- Sprache
- Bassdrum innen
- Bassdrum innen
- Bassdrum außen / Front of Kit
- Bassdrum außen / Front of Kit
- ALLE BONEDO-EINZELTESTS VON GRENZFLÄCHENMIKROFONEN
- Alle Bonedo-Einzeltests von Grenzflächenmikrofonen
Grenzflächenmikros: Grundlagen und Einsatzgebiete
Was ist ein Grenzflächenmikrofon?
- Ein Grenzflächenmikrofon ist ein spezielles Mikrofon, welches bündig oder nah an einer möglichst großen, schalharten Fläche (Boden, Wand, Decke, Tisch) oder im Inneren von Instrumenten (Bassdrum, Cajon, Flügel) positioniert wird.
Was macht Grenzflächenmikrofone aus? Und wie funtkionieren sie?
Grenzflächenmikros sind üblicherweise sehr flach, damit die Membran nah an der Grundlage aufliegen kann. Es gibt auch Grenzflächenmikrofone, die in Wand oder Tisch eingebaut werden und dadurch eine mit der sie umgebenden Fläche bündige Membran besitzen. Somit wären Einbaumikrofone das Ideal, aber wir haben sie aus verständlichen Gründen nicht getestet.
Damit der Druckstau die besten Auswirkungen auf das Mikrofon hat, sollte das Empfängerprinzip das eines Druckempfängers sein. Druckempfänger haben prinzipbedingt immer die Richtcharakteristik Kugel. Weil das Mikrofon ja nichts „aus der Wand hört“, sondern nur den ihn umgebenden Luftschall aufzeichnet, wird die resultierende Richtcharakteristik als „Halbkugel“ bezeichnet. Das Mikrofon ist eigentlich eine Kugelcharakteristik.
Es gibt aber noch andere Bauweisen von Grenzflächenmikrofonen, nämlich richtende. Hier wird mit einer Nieren-, Supernieren- oder Hypernierencharakteristik gearbeitet (die dann jeweils „Halb“ heißen, also beispielsweise „Halbe Niere“).
Gibt es Unterschiede bei den Grenzflächenmikrofonen?
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Im Wesentlichen gibt es Mikrofone in Grenzflächentechnik, die für die verschiedenen Anwendungsfälle spezialisiert sind. Solche für Sprache müssen nicht unbedingt Tiefbass und höchsten Höhen übertragen oder besonders hohe Schalldrücke verkraften.
Gibt es andere Bezeichnungen für Grenzflächenmikrofone?
Ja, die gibt es: Im Englichen werden sie „Boundary Layer Microphone“ genannt und entsprechend gerne mit „BLM“ abgekürzt. Das Kürzel BLM findet sich daher auch oft in Produktbezeichnungen von Grenzflächenmikrofonen.
„PZM“ steht für „Pressure Zone Microphone“. Der Begriff ist von Crown geschützt (mittlerweile AKG/Harman, somit Samsung). Genau genommen kommt dort eine andere Technik zum Einsatz, weil die Membran dort mit kleinem Abstand auf die Fläche zeigt, statt bündig mit ihr zu sein.
Wofür werden Grenzflächenmikrofone verwendet?
Es gibt vier große Anwendungsfelder für Grenzflächenmikrofone: Sprache, Musik/Raum, Flügel und Bassdrum.
Musik: Im Recording werden Grenzflächenmikrofone gerne dann eingesetzt, wenn ein Kammfiltereffekt zu vermeiden ist. Dadurch, dass sie mit dem Boden oder anderen Flächen fluchten, hat man nicht mit Reflexionen zu kämpfen, die das Klangbild färben. Grenzflächen kommen beispielsweise vor Akustikgitarren und Celli oder an der Decke über Drumkits zum Einsatz. Live ist eine derartige Antwort selten – aufgrund der Feedback-Gefahr.
Darüber hinaus werden Grenzflächenmikros gerne als Raummikrofone eingesetzt: Durch den Druckstaueffekt vergrößert sich der Pegel. Das ist bei entfernt aufgebauten Mikrofonen aus technischen Gründen natürlich von Vorteil. Allerdings klingt das Signale auch bei großer Entfernung reichlich „direkt“.
Bassdrum (Studio und Live): Im Inneren der Bassdrum können Grenzflächenmikrofone zum Einsatz kommen. Meist werden spezielle Grenzflächenmikros dafür verwendet, die den enormen Schalldruck im Inneren der dicken Trommel verzerrungsarm übertragen können und den Sound schon „in Wunschrichtung“ pushen – also Subbass und Kick-Attack anheben. Oft gibt es dafür einen Boost-Switch am Mikrofon.
Flügel (Studio und Live): Auch im geöffneten Flügeldeckel können ein oder zwei Grenzflächenmikrofone eingeklebt werden, ohne dass sie optisch ins Auge fallen.
Installation/Sprache/Konferenzen: Weil Grenzflächenmikrofone flach sind und nicht axial besprochen werden müssen, können sie unauffällig auf Tischen installiert und kaum fehlbedient werden. Zur Vorformung des Signals werden an manchen der Mikros Filter angeboten.
Gibt es mit der Grenzfläche verwandte Bauformen?
Das Crown SASS-P hat im Grunde eine eingefaltete Grenzfläche. Es ist ein leicht zu erkennendes, großes Stereomikrofon, welches optisch an einen Lautsprecher oder ein Megaphon erinnert. In ihm ist die Grenzfläche vereinfacht gesprochen „eingebaut“.
Das Schoeps KFM6 ist ein „Kugelflächenmikrofon“, welches vor allem für klassische Stereoaufnahmen als Hauptmikrofon verwendet wird – und Ähnlichkeiten mit dem Kunstkopf für binaurale Aufnahmen aufweist.
Beide Mikrofone werden nicht mehr hergestellt.
Gibt es Alternativen zum Grenzflächenmikrofon?
Da Grenzflächenmikrofone ja im Grunde Mikrofone sind, die bündig zu Boden, Wand oder Decke sind, kann man auch ein wenig DIY-Geist wehen lassen. Natürlich kann man beispielsweise Mikrofone aufbauen, aber ich habe in Ermangelung zweier identischer Grenzflächen bei einer Orgelaufnahme in einer Kirche einfach zwei Oktava mit Druckempfängerkapseln auf den Steinboden neben den Altar gelegt, um den Raumklang einzufangen. Das Ergebnis war klasse!
Grenzflächenmikrofone: Anwendung
Für die Benutzung aller Grenzflächenmikrofone gelten ein paar Grundlagen, die beachtet werden sollten:
Aufbau: Bei der Verwendung sollte man darauf achten, dass die Grenzflächenmikros so platziert und gekennzeichnet sind, dass sie nicht aus Versehen beschädigt oder zugestellt werden. Schließlich sehen diese Mikrofone für den Laien nicht nach Mikrofonen aus. So manches Mikro wurde daher schon kaputtgetreten, vom umkippenden Wasserglas reichlich bewässert oder schlichtweg mit einer Blumenvase zugestellt oder von Manuskripten zugedeckt. Nah am Mikrofon vorbeilaufende Menschen mit harten Absätzen sind bisweilen sehr laut zu hören. Auch kann ein Konferenzteilnehmer, der mit seinem Kugelschreiber nervös an das Gehäuse eines GFM tickt, Aufnahmen unbrauchbar machen. Markierungsband (Neon-Gewebeband zum Beispiel) und Hinweise mit Filzmarker sowie eventuell Instruktionen sind hier hilfreich.
Ausrichtung: Richtet die Grenzfläche? Wo ist vorne? Genau: Es gibt schließlich neben Halbkugel- auch Halbnieren- und Halbsupernierencharakteristiken. Somit muss die Ausrichtung bei diesen Varianten beachtet werden – das ist nicht immer einfach zu erkennen, steht aber fast immer auf der Unterseite.
Eignung: Nicht alle Grenzflächenmikrofone sind für jeden Job geeignet. Besonders Bassdrum-Grenzflächenmikros besitzen eine sehr hohe Pegelfestigkeit, rauschen aber bei entfernter Besprechung mit Sprache. Einige Sprecher-Grenzflächen hingegen übertragen Tiefbässe und Höhen schlecht.
Filterung: Einige Grenzflächenmikrofone bieten Filterungen, vor allem im Bassbereich. Da Sprache os gut wie keine relevanten Frequenzanteile unterhalb on 100 Hz besitzt, kann in diesem Fall die Filterung problemlos gesetzt werden und verhindert besonders bei Nierenmikros die Trittschallübertragung. Kaum ein Tisch ist massiv genug und kaum eine Grenzfläche mechanisch ausreichend gedämpft, als dass der Tritt gegen Stuhlbeine nicht seinen Weg in das Audiosignal finden würde.
Versorgungsspannung: Ist die Phantomspeisung eingeschaltet? Grenzflächenmikros sind fast ausnahmeslos Kondensatormikrofone, die zum Betrieb eine Versorgungsspannung benötigen.
Wo und wie positionieren?
Unabdingbar für die gewünschte Funktion ist, dass eine geeignete Fläche vorhanden ist – diese sollte möglichst schallhart sein, um auch in den Höhen zu funktionieren. Parkett und Dielen, Tischplatten und möglichst glatte Wände sind ideal, Teppich und dergleichen weniger. An Wänden, Böden und Decken ist der Effekt umso besser, je freier diese Flächen sind. Regale oder Vorsprünge an der Wand, Sitzmöbel oder große Boxen auf dem Boden, Gerätschaften auf Tischen beeinträchtigen den Effekt.
Wie wichtig ist die Größe der Fläche, auf der ein Grenzflächenmikrofon positioniert wird?
Kurz: Sehr! Das gilt vor allem für die “echten” Grenzflächenmikrofone, also den Kugeln. Unterhalb einer bestimmten Flächengröße nimmt die Bassübertragung ab. Um den notwendigen Durchmesser eine (zu Vereinfachung angenommen runden!) Fläche zu bestimmen, kann man die entsprechende Wellenlänge einer Frequenz rechnen. Bei normalen Luftverhältnissen (v.a. Temperatur) ergibt sich somit
Frequenz | ungefährer Flächendurchmesser |
---|---|
30 Hz | 11,4 m |
50 Hz | 6,8 m |
100 Hz | 3,4 m |
500 Hz | 0,68 m |
1000 Hz | 0,34 m |
5000 Hz | 0,068 m |
Aber auch unterhalb dieser Frequenz funktioniert das Mikrofon natürlich. Bei rechteckigen Flächen ist der Übergang meist sanfte bis zur Diagonalen.
Und natürlich ist es auch möglich, bewusst ohne oder nur mit sehr kleinen Flächen zu arbeiten. Bei dieser Klassikaufnahme hat unser Autor Andreas Ederhof seine eigenen, von der Form an das Neumann GFM 132 erinnernde Grenzflächenmikrofone in Betrieb gehabt – frei im Raum.
Grenzflechenmikrofone: Vorteile und Nachteile
Vorteile
- höherer Ausgangspegel, besserer Rauschspannungsabstand
- kein Kammfiltereffekt durch Reflexionen der Fläche
- geringerer Hallradius als frei stehendes Mikrofon (mehr Direktschallanteil)
- bewegte Signalquelle ändert sich klanglich kaum
- einfache Positonierung (mit Einschränkungen)
- Festinstallation möglich
- einfache Nutzung für Sprecher oder Musiker
- keine Beeinträchtigung für Sprecher oder Musiker, natürliches Gefühl bei der Performance
- unauffällige Platzierung, nicht im Bild (bei Aufnahme und mit Publikum)
- (richtende GFM: Publikum-Ausblendung möglich)
Nachteile
- entsprechende Fläche benötigt
- Anbringung und Positionierung bisweilen schwierig (vor allem an Decken)
- Gefahr für das Mikrofon und seine Funktion (Zustellen, Tritte etc.)
- Klang wird oft als etwas zu „nüchtern“ wahrgenommen
Alle Testkandidaten des Vergleichstests
- AKG Crown PCC160 – Testbericht – Produkt im Thomann-Shop
- Audio-Technica U851R – Testbericht – Produkt im Thomann-Shop
- Schoeps BLM 03 C – Testbericht – Produkt im Thomann-Shop
- Sennheiser e 901 – Testbericht – Produkt im Thomann-Shop
- Sennheiser MEB 114 – Testbericht – Produkt im Thomann-Shop
- Shure Beta 91A – Testbericht – Produkt im Thomann-Shop
- Shure Centraverse CVB W/C – Testbericht – Produkt im Thomann-Shop
- Superlux E100, E303B und E304 – Testbericht – Produkt (E303B) im Thomann-Shop
- the t.bone BD 500 Beta – Testbericht – Produkt im Thomann-Shop
Pro
- sehr weiter Frequenzgang
- hervorragende Auflösung
- frei von richtungsabhängigen Klangfärbungen
- unauffällige und robuste Bauform
Contra
- keins
Pro
- ausgewogener Klang
- vielseitig einsetzbar
- drehbare XLR-Buchse
- solide verarbeitet
- gut ausgestattet
Contra
- keins
Pro
- straffer, präsenter Klang
- sehr unempfindlich gegenüber Rückkopplungen
- extrem stabil verarbeitet
- gut ausgestattet
Contra
- Boost EQ nicht für alle Quellen geeignet
- fummeliger EQ-Schalter
- relativ teuer
Pro
- gute Verwendbarkeit in den angedachten Einsatzgebieten
- E303B liefert an allen Quellen straffe Sounds
- robuste Verarbeitung
- sehr günstiger Preis
Contra
- E304 klingt recht schwammig an der Akustikgitarre
- E100 lässt in der Bassdrum etwas Präsenz und Druck vermissen
- mäßiges Rauschverhalten bei leiseren Quellen (Sprache, Gitarre)
Grenzflächenmikros: Unsere Empfehlungen
Allrounder
Man muss kein ausgewiesener Fanboy sein, um das Grenzflächenmikrofon von Schoeps zu mögen. Tatsächlich war es im Vergleichstest bei uns so, dass wir im ersten Durchlauf zuerst das Schoeps BLM 03C gehört haben und beim nächsten dann laut auflachen mussten. Das sagt wohl einiges… In jedem Fall ist das Schoeps eben ein Schoeps: Es ist unfassbar natürlich und detailliert, die Klangänderungen bei unterschiedlichen Schall sind minimal. Klingt klasse, oder? Keine Haken? Eigentlich nicht, außer dass man für hochqualitative Technik Made In Germany eben auch einmal Geld in die Hand nehmen muss. Und: Es ist selbstverständlich nicht explizit für die Bassdrum geeignet und kann nicht vorgedämpft werden.
Preis-Leistung
Das (mit Abstand) beste Preis-Leistungsverhältnis bietet das Audio-Technica U851R. Wie so oft zeigt sich, dass das japanische Unternehmen besonders im mittelpreisigen Segment eine Qualität zu liefern, die recht nah an die Spitze heranreicht.
Bassdrum
Für die Bassdrum-Anwendungen sind die Platzhirsche Shure Beta 91A, Sennheiser e910 und Beyerdynamic TG D71c definitiv zu empfehlen. Allerdings haben wir die Empfehlung für das t.bone BD 500 Beta ausgesprochen. Dieses dem Shure auffällig ähnlich sehende Mikrofon ist aber nicht etwa besser, sondern schlichtweg deutlich preisgünstiger bei annähernd gleicher Performance.
Sprache
Will man natürliche Sprache aufnehmen, greift man erneut zum Schoeps. Alles andere ist zweite Wahl, das kann man nicht anders audrücken. Unter den richtenden Sprecher-Grenzflächen konnte Audio-Technica mit dem U851R sowohl AKG/Crown als auch Sennheiser, Shure und Superlux in die Schraken verweisen.
Audiofiles im Direktvergleich
Achtung: Wir haben uns aus didaktischen Gründen dafür entschieden, auch die Aufnahmen von Mikrofonen zu zeigen, die sich für einen bestimmten Anwendungsfall nicht eignen. Ein für Sprache optimiertes Grenzflächenmikrofon liefert weder den Frequenzgang noch die Pegelfestigkeit, um in der Bassdrum eine gute Performance zu liefern. Andersherum rauschen Bassdrum-Grenzflächen bei Sprache einfach zu stark, weil sie für höhere Pegel designt worden sind.
Wenn also das Schoeps BLM 03 C in der Bassdrum nur “Tick” von sich gibt und das Shure Beta 91A bei den Sprachfiles stark rauscht, ist das keine Qualitätsaussage, sondern schlichtweg eine Fehlnutzung.
Akustikgitarre
Sprache
Bassdrum innen
solo
Bassdrum innen
im Kit
Bassdrum außen / Front of Kit
solo
Bassdrum außen / Front of Kit
im Kit
Detlef Stapel sagt:
#1 - 03.02.2020 um 16:57 Uhr
habe noch drei audio technicas über, bei Bedarf:
https://www.ebay-kleinanzei...
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