Wohl nie zuvor haben sich so viele Menschen mit der Aufnahme von Sprache befasst wie heute. War dieses Genre in der Vergangenheit in erster Linie denen vorbehalten, die sich mit dem Medium Rundfunk beschäftigten, so sind heute die einstigen Domänen der Radiostationen wie die Produktion von Hörspielen oder anderen Sprachaufnahmen überwiegend an private Firmen ausgelagert. Und mit dem Medium Internet nehmen immer mehr Menschen die Gelegenheit wahr, sich direkt und persönlich an ihre Mitmenschen zu wenden. Ideale Werkzeuge für Sprachaufnahmen sind Kondensatormikrofone – ob im professionellen Tonstudio oder zur Produktion des eigenen Podcasts – und mit den aktuellen Produkten ist es möglich, schon mit minimalem Einsatz respektable Ergebnisse zu erzielen.
Der Markt für Kondensator-Mikrofone war noch nie klein, aber seit einigen Jahren wächst er scheinbar ungebremst und besonders im unteren Preissegment nahezu explosionsartig. Neue Herstellernamen, von denen man nie zuvor gehört hat, erscheinen in immer kürzeren Abständen in den Angeboten des Einzelhandels, und auch renommierte Marken mischen munter mit. Waren deren Produkte bisher für Heimanwender oftmals unerschwinglich, werden heute neben den bewährten Premium-Produkten auch Schallwandler weit unterhalb der 1000-Euro-Grenze angeboten. Sogar für Beträge unter 100 Euro, die man durchaus auch schon für ein stabiles Mikrofonstativ hinblättert, kann man heute in der Kondensator-Liga mitspielen. Aber was taugen diese Mikrofone?
Ein Mikrofon allein anhand der technischen Daten zu beurteilen, die uns die Hersteller präsentieren, fällt meist nicht nur schwer, sondern ist in der Realität kaum möglich. Zahlen und Daten sagen über die tatsächliche Qualität eines Mikrofons wenig bis nichts. Allzu sehr unterscheiden sich die Werte ohnehin selten: Einen Übertragungsbereich von 20Hz-20kHz können sie alle aufweisen, beim sogenannten äquivalenten Eigengeräuschpegel wird die Messung so lange frisiert, bis sie passt, und der maximal verträgliche Schalldruckpegel eines jeden Mikrofons lässt es zu, dass man mit ihm auch einen Düsenjet aufnimmt. Denn eigentlich geht es einzig und allein um die berühmte Frage nach des Pudels Kern. Und die lautet bei einem Mikrofon natürlich: Wie klingt es? Und wie bewährt es sich in der Praxis?
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ZU DIESEM TEST
Wir haben für euch eine Auswahl verschiedener Kondensatormikrofone in der Preisklasse bis 100 Euro in unserem Studio getestet. Im Allgemeinen handelt es sich dabei um Großmembraner, allerdings haben wir auch Modelle mit Membranen kleiner als 1“ darunter, wie zum Beispiel das AKG Perception. Da wir bei LAUSCH Hörspiele produzieren, ging es vor allem darum, die Mikrofone in Bezug auf Sprachaufnahmen unter die Lupe zu nehmen. Alle Tontechniker(innen) und Fachleute, die mit wissenschaftlichem Anspruch diesen Bericht betrachten, seien darauf hingewiesen, dass dieser vor allem unsere Wahrnehmung der Mikrofone für den Laien verständlich (“aus dem Bauch heraus”) erklären soll. Mikrofone in diesem Preisbereich werden eher im Fokus von nicht-professionellen Anwendern stehen, denen mit Fachchinesisch nicht geholfen ist. Deshalb werden bei den einzelnen Tests die grundsätzlichen technischen Daten in den Previews erwähnen, um dann im Fazit eher die Erfahrungen aus der Praxis zu beschreiben. Alle Mikrofone wurden mit einem SPL Track One vorverstärkt und ohne Kompressor oder andere Regelverstärker über ein RME Fireface 800 Audio-Interface aufgenommen. Eine Sprecherin und ein Sprecher wurden dann abwechselnd zuerst aus 30 cm und aus weniger als 10 cm Abstand aufgenommen. Falls vorhanden, kam noch eine Aufnahme mit Low Cut hinzu. Zum Vergleich haben wir unter denselben Bedingungen mit dem Neuman TLM-103 ein klassisches Sprechermikrofon aus dem teureren Preissegment als Referenz eingesetzt.
Außerdem sei noch erwähnt, dass die angegebenen Preise unverbindliche Preisempfehlungen der Hersteller sind und daher den Rahmen teilweise sprengen. Die Mikrofone wurden jedoch alle im Handel für maximal 119,- Euro erworben.