The Bridge Test

Von A nach S – Ableton Transport Protocol
Perform your Beats. Wow, eine Ableton-Produktion ganz seiner Gepflogenheiten per Timecode zu steuern und dabei Scratch-Live-Bordmittel und auch noch das Ableton-Repertoire einzubeziehen, das hat schon was. Da stellt sich mir doch gleich die Frage, welche Performanceauswirkungen ein SL3-Triple mit Bridge Plugin auf ein 2008-er Macbook haben wird. Mal sehen. Um Live 8 aus SSL zu dirigieren, müssen erstmal beide Programme geöffnet werden. Das frisch installierte Brücken-Feature ist im Plugins-Tab zu aktivieren und es kann losgehen. In der Benutzeroberfläche wird eine neue Schaltfläche mit der Beschriftung ABLETON sichtbar. Nach einem Klick erscheint der Ableton-Player unterhalb der Softwaredecks. Er besteht aus einer 8 x 8 Zeilen-Clip-Matrix mit Master-Out und FX-Panel. Öffnet er nun eine Live-Session, aktualisiert sich die Scratch-Live-Ansicht äquivalent zum Session-View, übernimmt also aktuelle Bezeichnungen und Farbcodierungen. Nun kann der Akteur das Arrangement direkt auf ein SSL-Deck ziehen und die Wiedergabe intern, synchronisiert oder über ein Timecode-Medium starten. Die Soundausgabe erfolgt über das entsprechende Scratch Live-Deck (TTM 57SL, SL1), optional über Aux beim Rane 68 (Test hier) oder Rane SL3 (Test hier) oder über die voreingestellte Soundkarte in Ableton-Live. Der DJ kann komplette Szenen abspielen, Clips einstarten, Muten, Faden und so weiter. Mit der Buttonleiste navigiert der DJ durch die Matrix. Ein grafischer Pitchschieber und Pitch-Bend-Buttons passen das Tempo während des internen Wiedergabemodus an. Neben der Geschwindigkeit wird auch die aktuelle Songposition angezeigt, die Gesamtlaufzeit wird zu Beginn des ersten Taktes auf dem Beatmarker im Deck angezeigt. Pro Kanal stehen ferner zwei Sends zur Verfügung. Wer stattdessen Effekte direkt auf den Bus lädt, nutzt das FX-Panel mit seinen 8 Reglern zur Manipulation der einzelnen Attribute. Leider ist es momentan nicht möglich, Serato-Effekte auf den Live-8-Stream zu legen, dabei sind gerade einige der neuen Presets sehr interessant geraten, wie ihr nachstehend hören könnt. ….

Audio Samples
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Breaker Lazzal Crusher ZX Spectrum Loop Roll LPF Normal LPF Up Suka Sea Phaser Smelly Flanger Vocal Bar Delay

Die Komposition aus SSL heraus umzugestalten und Stacks oder Clips zu verschieben, ist ebenfalls nicht gestattet.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Ruhe vor dem Sturm…

Gerade gelernte Turntablisten schätzen oftmals Softwarelösungen, deren Bedienoberflächen ihrem gewohnten TMT-Setup (Teller-Mixer-Teller) ähneln. Ein zentrales Mischpult, wie bei Traktor, ist in Scratch Lives User-Interface nicht zugegen, dennoch erinnert die Optik weitaus eher an ein DJ-Setup als das GUI von Live-8. Eine kreative Mixsession läuft jedoch nicht komplett linear ab, sondern lebt von spontanen Frequenzmanipulationen, Scratches, Loops und dergleichen und ist somit quasi als einzigartiger Live-Remix zu betrachten. Auch Ableton gibt dem DJ die Möglichkeit, spontane Ideen live, in Echtzeit und simultan umzusetzen und unterscheidet sich in dieser Hinsicht stark von der linearen DAW, wo solche Arbeitstechniken normalerweise nicht einzusetzen sind.

Handling
Die klassische Variante: Ein Musikstück wird in das erste Deck gezogen, der Ableton Track ins das Zweite. Die Songs werden manuell mit dem Pitchfader und Tellerschubsen angeglichen. Das Ohr weist den Weg. Das bedarf wahrscheinlich keiner näheren Erklärung. Wer keine Lust auf Beatmatching hat, nutzt AUTOSYNC – dass zu meinem Bedauern nur für den Ableton-Player zur Verfügung steht. (Nachtigall, ick hör Dir trotzdem trapsen). Damit die Songs ordnungsgemäß synchronisiert werden können, bedarf es eines Taktrasters. Viele Traktor-User nutzen es seit Jahren, XONE:DX Itch-User seit kurzem und nun werden auch SSL-Enthusiasten ins Boot geholt. Zumindest, wenn sie den computergestützten Gleichschritt der laufenden Songs anstreben.

Fotostrecke: 4 Bilder Beatgrids mit Werkzeugen in Traktor

Das Raster wird manuell angelegt, indem der DJ im Deck oder Offline-Player den Edit-Mode aktiviert, an die Stelle des Aufschlagtaktes navigiert und den Downbeat per Tastatureingabe („x“) setzt. Die Software mappt von dort aus Taktmarker über das gesamte Musikstück anhand der kalkulierten Beats per Minute. Klappt ganz gut, allerdings wäre es vorteilhaft, wenn der Wellenformansicht ein höherer Zoomfaktor (Tastatur +/-) zur Verfügung stände. Wer seine Downbeats on-the-fly im laufenden Song „eintappen“ will, kann dies natürlich ebenfalls bewerkstelligen und … man höre und staune, handgemachte Eingaben werden an die nächstgelegene Transienten verschoben. Stößt das nicht auch die Tür für quantisiertes Cuejuggling auf? – Vielleicht mit dem nächsten SSL-Update?

Downbeat-Marker werden in rot angelegt, die anderen Viertelmarken in weiß. Sollten die Linien nicht mit den tatsächlichen Beat-Positionen übereinstimmen, ist es möglich, den Offset nach vorn oder hinten zu verlegen oder das gesamte Grid zu stauchen, beziehungsweise zu strecken. Sollte auch dies nicht zum ersehnten Erfolg führen, weil der Song zum Beispiel live eingespielt wurde und daher Timing-Schwankungen besitzt, sind individuelle Downbeats anzulegen. Wem das alles zu viel ist, der überlässt die ganze Arbeit einfach der Software. ANALYZE-Files liest die gesamte Musikbibliothek mit den erforderlichen Daten ein, setzt die Raster und der Anwender macht Kaffeepause. Eine Wellenformanzeige für Live-Sessions gibt es nicht, da der Feed kontinuierlich berechnet wird und kein gerendertes Wellenform-File zur Verfügung steht. Dafür werden aber Beatmarker mit Positionsdaten angezeigt. Rückwärts-Aktionen wie Reverse oder Censor sind aktuell nicht implementiert und auch das Scratchen des Ableton-Tracks in SSL ist nicht möglich.

Manuelles Beatgridding im Offline-Player
Manuelles Beatgridding im Offline-Player

Die Vorarbeit ist nun getan, der DJ betätigt einen der Sync-Buttons und die Tracks marschieren synchron. Der zuvor von Live-8 belegte Player wird freigeräumt. So kann der DJ einen weiteren Song ins Spiel bringen, er verliert jedoch die separaten Kontrollen zum Beispiel für Loops. Je nach Hardware und Audiorouting bleiben die Mixfunktionen (EQ, Fader) an einem eigenständigen Mischpultkanal natürlich erhalten. Sollte es während der Laufzeit mal zu einem Versatz kommen, bewirken die Pitch-Bend-Taster im Ableton-Deck ein Offset der Synchronisationszeit. Es gibt aber noch eine weitere Alternative um den Ableton-Track zu steuern. Wie bei den Serato-Decks gibt es auch beim Live-8-Deck einen internen Modus Abspielmodus. Die Zuweisung ist wahlfrei, bei einem SL3 also entweder auf das linke, rechte oder Aux-Deck. Die Geschwindigkeitsanpassung wird per Tempo-Slider und Pitch-Bend-Taster in der Softwareoberfläche gelenkt. Der DJ arbeitet dann mit der Maus oder mappt mixrelevante Bedienelemente des Ableton-Players auf einen MIDI-Controller.

Wähle deinen Partner für den Synchrontanz
Wähle deinen Partner für den Synchrontanz

Feeling
Insgesamt empfinde ich die Steuerung der Ableton-Player nicht so knackig präzise, wie ein herkömmliches SSL-Pendant mit einem Audiofile. Fehlende Reverse-Sounds tragen ihren Teil zum vergleichsweise weniger authentischen Gefühl bei. Die Gesamtperformance ist auch vom Ableton-Arrangement abhängig. Gewarpte Stacks mit kompletten Musikstücken haben einen anderen Einfluss auf das Betriebsverhalten als eine Matrix mit kurzen Samples oder One-Shots oder eine komplette Produktion mit Instrumenten, Loops und aktiven Effekt-Routings. Wie auch immer die Session aussehen mag, so richtig Freude kommt erst in Verbindung mit MIDI-kompatibler Steuer-Hardware auf, denn sie ist der Schlüssel zur Effizienz. (Welcher DJ hat schon Lust mit der Maustaste auf die Softwareoberfläche einzuhämmern) bewährt haben sich Korgs Nanoserie, Akais Minis, Novations Launchpad und die größeren Produkte wie APC40, APC20, Vestax VCM-600. Die Testkonsole APC-40 wird automatisch eingebunden und bietet bequemen Zugriff auf die Clipmatrix, Lautstärkeregler, Browser und Co. TRACK-CONTROL steuert Sends und Pan, DEVICE-CONTROL lenkt das FX-Panel. Das geht flockig von der Hand, egal ob die APC zum Dirigieren eigener Songs, als Remixmaschine oder zum Abfeuern vereinzelter Samples eingesetzt wird. Wenn der Ableton Player zum SSL-Deck synchron läuft, werden frisch getriggerte Clips auf den Beat genau eingestartet. Bei laufenden Loops kleiner 1/1 wird demnach die Kickdrum eines 4/4 Taktes erst nach Beenden der Schleife eingespielt. Ebenfalls eine interessante Fernsteuerung ist die APC20. Hier fehlen zwar Effekt-Regler, dafür kann der DJ aber im optionalen Note-Modus die Matrix wie ein Instrument spielen.

Fotostrecke: 3 Bilder APC40 kommt mit Matrix und Effektsektion

Der Achtunsechziger
Ein besonderer Zugewinn für den Workflow während einer Darbietung kann auch ein Scratch-Live zertifiziertes Mischpult wie der Rane-68 sein. Der Vierkanal-Clubmixer ist mit einem 32 Bit/ 48 kHz Audio-Interface ausgestattet, das sowohl analoge Zuspieler, als auch vier Serato Decks verwalten kann. Jede Mixerflanke ist mit einem Double-Layer-MIDI-Block ausgestattet. Er ermöglicht einen direkten Zugriff auf SSL-Features, wie Cuepunkte, Loops, Rolls oder die Musikbibliothek und bietet zudem freie User-Bänke für Serato-FX oder Video-SL. Sechs interne synchronisierbare Klangverbieger gehören mit zum Pultrepertoire. Ferner können externe Effektgeräte eingebunden werden. Der Knüller ist allerdings der Scratch-Live-Dual-DJ-Betrieb über zwei autonome USB-Ports. Sie ermöglichen beiden Rechnersystemen auch plattformübergreifend (Win/Mac) einen Vollzugriff mit Hotplugging während des laufenden Betriebes. – Und was hat das mit The Bridge zu tun? – Zwei DJs können so gleichzeitig oder nacheinander auf vier Decks auflegen und das Bridge Plug-in mit ihren eigenen Produktionen auf ihren eigenen Rechnern laufen lassen. Die Deck-Synchronisation funktioniert allerdings nicht systemübergreifend. Hier ist Handarbeit in Form von manuellem Beatmatching zwischen den Systemen gefragt, wenn ihr mich fragt: Macht nix. Wollen die Recken ihre Performance zusätzlich noch mit Bewegtbild und Echtzeit-Video-FX per VideoSL Plug-in untermauern, erfordert es aber sehr aktuelle und schnelle Rechner.

Fotostrecke: 2 Bilder Pflichtanschaffung für vier Scratchlive-Decks
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