Praxis
Keine Schönheit
Für gut hundert Euro hält man mit dem the t.bone MB 20 ein schweres, recht ordentlich verarbeitetes Stück Tontechnik in den Händen. Keine Schönheit und kein Design-Award-Aspirant, aber auch kein Mikrofon, das mit seinem Äußeren um Aufmerksamkeit buhlen will. Die Installation in der elastischen Halterung ist unerlässlich. Das Mikrofon sitzt sicher darin, sollte aber schon so fixiert werden, dass es im gewünschten Winkel einigermaßen in Balance ist. Montiert man die Spinne beispielsweise mittig und neigt es stark nach vorn, gibt es doch eine signifikante seitliche Kraft auf die Verbindung zwischen dem Anschlussgewinde und dem Mikrofonarm oder -stativ. Im Idealfall hängt oder steht das MB 20 also genau im Gleichgewicht. Dass bei drei Schraubanschlüssen der Halterung und den Rippen des MB 20 einer der Teller, der das Mikrofon fixiert, keinen vollflächigen Kontakt mit dem eigentlich Mikrofon hat, war vor der Installation nur eine theoretische Befürchtung: Im Praxisbetrieb blieb diese Verbindung absolut starr, auch wenn das Mikrofon ruppig bewegt wurde.
Gut, aber nicht wie die Platzhirsche
Doch Mikrofone wollen nicht nur montiert sein, sondern auch benutzt. Und hier zeigt sich, was das t.bone MB 20 zu leisten imstande ist. Mikrofone von der Bauart großer Tauchspulenmikrofone werden mit geringen Abständen besprochen, so auch dieses. Der Sprecherklang ist voll, satt und wirkt professionell. Die Poppempfindlichkeit auch bei naher Besprechung ist auf dem Niveau konzeptionell vergleichbarer Mikrofone. Im Vergleich mit den teureren Vertretern zeigt sich aber, dass das MB 20 nicht die Kernigkeit und die geliebte tiefe Brustton-Note wie das SM7B mitbringt und bei der Klarheit der Konsonanten und somit der Sprachverständlichkeit hinter dem RE20 steht (welches schließlich auch etwa um den Faktor fünf mehr kostet).
Klassenunterschiede
Im Bass wirkt das t.bone im Vergleich zum SM7B, besonders aber zum RE20, etwas runder, „wolliger“ und indifferenter. Das ist nicht schlimm, zeigt aber die nachvollziehbaren Klassenunterschiede auf. Mit der menschlichen Stimme ist es auffälliger als mit Instrumenten, für die sich das MB 20 natürlich auch empfiehlt.
Das preislich konkurrierende PreSonus PD-70 geht einen gänzlich anderen Weg: Dieses setzt besonders auf schneidende, durchsetzungsfähige Signale. Für manche Signale, besonders Stimmen, könnte das aber auch bei naher Besprechung zu wenig Bass sein und zu blechern-mittig wirken. Andersherum hat das MB 20 die wenigsten Probleme mit bissig-scharfen Stimmen, sodass der De-Esser oftmals arbeitslos sein wird – gut für Recording-Rookies, die sich mit dieser Technik noch nicht beschäftigen wollen.
Sprache:
Vocals:
Präsenzfilter kann aktiviert bleiben
Von der Ausgangslage her, also ohne aktivierte Filter, ist das MB 20 ein wenig verhaltener, indirekter in der Wiedergabe. Das ändert sich mit dem Boost der Präsenzen, der vor allem ab 5 kHz merklich ist. Das Signal rückt ein Stückchen nach vorne, ohne schneidend zu werden – und war im Testbetrieb meist das passendere Setting als ohne. Das Hochpassfilter macht seine Arbeit gut, das Signal wir ohne negative Auswirkungen schlanker und straffer. Wer etwas größere Abstände bevorzugt, wird darauf wahrscheinlich verzichten, denn das RE20 zeigt sich bei 10 Zentimetern und darüber noch mit mehr Pfund als das MB 20. Die elastische Halterung des t.bone fängt Trittschall ordentlich ab, dürfte für noch höhere Effektivität gerne auch ein wenig weicher sein.
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Gute Nachrichten für User einfacher Interfaces
Dynamisch liefert das the t.bone MB 20 das, was man von diesem Mikrofontypus verlangen kann. Besonders grobdynamisch hat man nicht das Gefühl, es mit einem preiswerten Mikrofon zu tun zu haben: Es ist rauscharm und gleichzeitig pegelfest, liefert auch einen robusten Pegel zum Mirkofonvorverstärker, der über dem von RE20 und SM7B liegt. Das sind gute Nachrichten vor allem für die Nutzer von preiswerten Audio-Interfaces, die üblicherweise nicht über potente Mikrofonverstärker verfügen. Feindynamisch geht das Signal in Ordnung, reicht von Detailgehalt und -treue aber beispielsweise nicht an das EV RE20 heran.
Hyperniere hat Vor-, aber auch Nachteile
Die Hyperniere beschert dem t.bone MB 20 eine hohe Ausblendung von Umgebungsgeräuschen, was im Falle von Gerätelüftern, Geschehnissen von außen oder einfach für eine hohe Kanaltrennung beispielsweise bei der Instrumentenaufnahme mit mehreren Schallquellen vorteilhaft ist. Besonders beim anzuratenden geringen Abstand ist damit das Signal im Pegel so deutlich über den meisten seitlichen Geräuschen, dass man sich um Probleme bei der Frequenz- und Dynamikbearbeitung keine Sorgen machen muss. Bei geringen Abständen mit der Stimme ist es wichtig, dass sich die Schallquelle nicht zu weit aus der Mitte entfernt. Neben für diese Richtcharakteristik typischen Pegeleinbrüchen hat man dann bisweilen mit Klangfarbenänderungen zu kämpfen, die man im Nachhinein kaum beheben kann: Seitliche Signale, und zwar schon deutlich vor einem Winkel von 45 Grad, werden mit teils klar erkennbaren Abweichungen im Pegel- und Phasenfrequenzgang quittiert. Die Files zeigen, dass das Mikrofon dann recht dosig klingt. Ein dynamisches Hypernierenmikrofon, welches diese Disziplin besser beherrscht, ist beispielsweise das altgediente Beyerdynamic M88 – aber auch hier zeigt sich wieder, dass derartige Fähigkeiten eben bezahlt werden müssen. In jedem Fall zeigt sich hier erneut, dass man das MB 20 möglichst mit geringem Abstand benutzen sollte anstatt in einer akustisch komplexen Recording-Situation mit bewegten Quellen, starken Reflexionen und Bleed von anderen Schallquellen.