Praxis
Unter der Lupe
Auch wenn wir mit dem the t.bone PS 100 auf dem Papier ein Mikrofon vor uns haben, das dem Mackie EM-Chromium bis auf wenige Parameter gleicht wie ein Ei dem anderen, zeigen sich im Praxistest tatsächlich Unterschiede. So ist etwa unter dem Standfuß des PS 100 eine Schaumschutzschicht aufgeklebt, die zwar den Untergrund schont, aber auf glatten Flächen deutlich weniger Halt bietet als die rutschfeste Matte unter dem Fuß des EM-Chromium. Trotz des geringeren Gewichts gegenüber seinem Zwilling steht das PS 100 dennoch ebenso umsturzsicher wie sein Vorbild. Da sein USB-Kabel doppelt so lang ist als das Kabel beim Mackie, lässt sich das the t.bone-Mikrofon deutlich flexibler aufstellen als sein Doppelgänger.
Leider zeigt auch dieses Mikrofon eine erfolgreiche USB-Verbindung nicht per LED oder ähnlichem Indikator an. Stattdessen verweisen die Geräteauswahl in DAW oder Wave-Editor sowie ein dort anliegender Eingangspegel auf eine erfolgreiche Verbindung. Ist das Mikrofon erst per USB mit einem Recording-Device verbunden, überrascht mich sein Mute-Schalter. Denn anders als bei einem „gewissen sehr ähnlichen” Mikrofon macht dieser beim Betätigen keinerlei Geräusche. Irritierend ist bei der Bedienung des Mikrofons jedoch, dass der Auswahldrehschalter für die Richtcharakteristik Spiel in sämtliche Himmelsrichtungen hat und deshalb keinen sehr robusten Eindruck macht. In der Praxis ist die Bedienung des Audio-Interfaces selbsterklärend, die gebotenen Features sind überschaubar, aber hilfreich. Auch wenn dem Mix-Regler, für meinen Geschmack, eine Rasterung an seiner Mittelposition fehlt. Das ist in der Praxis kein Beinbruch, wäre aber ein Nice-to-Have.
Eigenständiger Sound
Wenn sich der Sound, den ein Mikrofon ausgibt, bei zwei verschiedenen Geräten unterscheidet, muss das nicht zwangsläufig an den Mikrofonen selbst liegen. Entscheidend sind selbstverständlich auch Parameter wie Mikrofonplatzierung und Performance. Ich habe deshalb zum Testen des PS 100 das gleiche kurze Akustikgitarren-Riff aufgenommen, das ich auch beim EM-Chromium gespielt habe. Und habe das the t.bone-Mikrofon an derselben Stelle im Raum platziert und auch dasselbe Instrument an ein- und demselben Fleck gespielt.
Mit Blick auf die nahezu identischen technischen Werte der beiden Mikrofone ist das Ergebnis deshalb überraschend. Denn das the t.bone PS 100 klingt im Praxis-Check der Nierencharakteristik deutlich weniger warm als das Mackie-Mikrofon. Und auch der Stereo-Modus zeigt deutliche Unterschiede. Das Stereobild des PS 100 scheint ein wenig “off” zu sein. Noch dazu tritt bei ihm der Mangel an Wärme im Klang noch deutlicher zutage als bei der Niere. Das ausgegebene Signal wirkt insgesamt dünn und wenig dimensionsreich, klangliche Eigenschaften, mit denen mich Mackies EM-Chromium überzeugen konnte. Dass bei hohen Verstärkungsgraden ein wahrnehmbares Preamp-Rauschen einsetzt, ist in dieser Preisklasse einerseits nicht selten, muss aber dennoch erwähnt werden.
Für dich ausgesucht
Auch bei einer Sprachaufnahme aus nächster Nähe zeigt sich der Mangel an “Bassigkeit” im Signal, das das PS 100 ausgibt. Während sein Zwilling einen leicht satten Sound liefert, der Stimmen mehr Gewicht verleihen kann, bleibt das the t.bone-Mikrofon hier deutlich zurück. Und diese Klangsignatur kommt auch bei mittlerer Distanz des Mikrofons zum Sprecher zum Tragen. Letztlich handelt es sich hier überraschenderweise eben doch um zwei gerade auch klanglich voneinander verschiedene Mikrofone. Das PS 100 besticht eher durch massig vorhandene Höhen und hat aufgrund seines Frequenzbildes eine hohe Sprachverständlichkeit. Wärme und Fülle gehen dem Signal aber fast vollständig ab. Das äußert sich in der Recording-Praxis dann so, dass beim PS 100 definitiv mit einem Popp-Schutz gearbeitet werden sollte, der neben Plopplauten auch Zischlaute im Zaum halten kann. Im täglichen Einsatz ist dieses Mikrofon deshalb eher für Stimmen geeignet, denen es an Brillanz und Präsenz fehlt. Dagegen kann das EM-Chromium höhenreiche und sehr präsente Stimmen zähmen. Beide Mikrofone sind also klanglich grundverschieden aufgestellt.
Scott Becker sagt:
#1 - 24.04.2021 um 17:45 Uhr
Mein Eindruck stimmt mit den Deinen absolut überein. Hatte das Mikro gekauft und prompt zurückgesendet. Der Sound ist für Akustik-Gitarre ungeeignet (zu dünn, zu wenig warm, und auch zu wenig transparent in den Höhen), also interessiert es dann wenig, ob man auch den zusätzlichen Eingang (für das Pick-up-Signal) mit nutzen möchte. Schließlich muss es auch so klingen, und das tut es eben nicht. Auch nicht für Gesang, und auch nicht für einfach Moderatoren-Stimme-Aufgaben (YouTube). Das Design und die Verarbeitung sind gut, aber der Sound... Gewonnen hat für mich am Ende das AKG Lyra (besonders gut für Akustikgitarre im Tight-Stereo-Modus). Es schlägt alles in der Preisklasse in Sachen Natürlichkeit. Auch der Gesang ist sehr gut damit. Im Test hatte ich auch Samson Meteor (guter Grundsound für Musik aber schlechter in der Handhabe, da es von überall her Sound einfängt und auch keinen eigenen Gain-Regler hat) sowie das Samson G-Track Pro. Das G-Track Pro ist hevorragend für Gesprochenes (schöne Bassanhebung bei guter Klarheit ohne sprüde zu klingen), schneidet aber bei Gitarre und Gesang aber deutlich schlechter als das AKG Lyra ab. In diesem Rennen hat das T Bone das schlechteste Ergebnis von allen erreicht.