Praxis
Sehr gut abgeschirmte verlustarme NF-Kabel gibt es nie oder so gut wie gar nicht als Zugabe bei Plattenspielern. Da bilden hochpreisige Exemplare keine Ausnahme. Ich rate an dieser Stelle wie so häufig zum Kauf eines vorkonfektionierten Kabels mit hochwertigen Steckverbindern oder zum Selbstlöten. Wer 100 Euro investieren kann und möchte, ist zum Beispiel mit einem 1,5 m langen Albedo Mk2 von Sommer sehr gut beraten. Wer sich traut, kann Geld sparen und für maximal 40 Euro selbst eins zusammenlöten. Wer bereits über einen guten bis sehr guten Phonovorverstärker mit symmetrischen Eingängen verfügt und mit dem Kauf eines MC-Systems liebäugelt, sollte anstatt Cinch-Verbinder direkt in XLR-Stecker investieren. Da das Albedo symmetrisch ausgelegt ist, kann es auch hierfür verwendet werden und somit eine symmetrische Übertragung des extrem niederpegeligen Phono-Signals ermöglichen.
Justage
Da kein Tonabnehmer zum Lieferumfang des TD 1601 gehört, habe ich nehmen dürfen, was gerade hier ist. Hierbei handelt es sich um ein 2M Black von Ortofon, ein MM-Tonabnehmer mit einer Diamantnadel mit Shibata-Schliff in der Preisklasse knapp unter 600 Euro. Über ein hochwertiges MC-System verfüge ich leider nicht.
Direkt nach der Montage des 2M Black sollte das Tonarmgegengewicht mit Hilfe des Skalierungsrings auf die empfohlene Auflagekraft gesetzt werden (1,5 g). Bei der Justage des Tonabnehmers gilt es, die hier angewandte Plattenspielergeometrie zu beachten. Thorens hat eigens hierfür eine Justierschablone mitgeliefert, mit dessen Hilfe der Überhang eingestellt und die Kröpfung überprüft werden kann. Anschließend ist der Tonarm derart in der Höhe einzustellen, dass Tonarm und Schallplatte parallel sind. Zu guter Letzt justiere ich die Skating-Kompensation mit der Leer-Seite einer 12-Zoll-Scheibe, was nicht direkt funktionieren will, da ich den Plattenspieler noch nicht hundertprozentig in der Waage hatte. Nachdem das aber erledigt ist, lässt sich auch das Antiskating relativ zügig korrekt einstellen.
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Handling
Das Handling ist in der Tat am Anfang ein wenig gewöhnungsbedürftig, was ich klar auf den Motor-Lift zurückführen kann. Ich hatte bislang eben nur Turntables mit einem manuellen Lift. Doch an den E-Lift gewöhnt man sich eben auch spätestens nach einer guten Woche. Liebhaber der 7-Zoll-Single werden ein Fach für den Puck vermissen, sonst allerdings nichts Wesentliches. Insgesamt lässt sich der TD 1601 gut und intuitiv bedienen, allerdings gab er mir ein Rätsel auf. Jenes der „Endabschaltung“, da der TD 1601 bei einigen wenigen 12er-EPs, die nahezu bis zum Label durchgepresst sind, den Motorlift zu früh aktiviert und den Motor ausschaltet und das Ende des Tracks dann nicht wiedergegeben wird.
Laut Gunter Kürten sollte die Endabschaltung aber durch einen Shortcut (Taster 33+0+45 gleichzeitig drücken und 8 Sekunden gedrückt halten) deaktiviert bzw. sogar justiert werden können, doch auch das funktionierte bei mir nicht, weil ich eines der ersten Exemplare erhalten hatte, das noch mit der ersten Firmware ausgestattet ist/war. Da Herr Kürten und ich keine Stunde voneinander entfernt wohnen, bekam ich dann relativ spontanen Besuch aus dem Hause Thorens für ein Firmware-Update. Sehr zur Freude meinerseits – und das Problem hatte sich erledigt.
Was die gute Entkopplung vom Untergrund angeht, stimmt das, was die Spatzen von den Dächern pfeifen. Ein gutes Subchassis-Laufwerk bringt echt mal gar nichts aus der Ruhe. Man muss dem Plattenspieler schon einen direkten und mittelfesten Stoß verpassen, um Nadelsprünge zu verursachen. Ansonsten wird das ein schwieriges Vorhaben, mit den Füßen auf den Boden zu stampfen oder von einem Tisch herunterzuspringen, reicht hierfür bei Weitem nicht aus.
Sound
Was den Klang angeht, gibt sich das Gespann aus Thorens TD 1601 und Ortofons 2M Black nicht die Spur einer Blöße. Die beiden harmonieren sehr gut miteinander und gaben ein durchaus empfehlenswertes Paar ab. Dennoch denke ich, dass der TD 1601 noch mehr Potential hat, so dass sich auch der Kauf eines MC-Tonabnehmers im Preissegment um 1000 Euro absolut lohnen wird, einen hochklassigen Phono-Preamp vorausgesetzt. Für die Audiobeispiele diente ein TPR-3 von Dynavox mit zwei frischen Röhren, der für diese Preisklasse enorm warm und transparent klingt; auch dahingehend wäre noch Luft nach oben.
Als Referenz dient mir hier ein Pioneer PLX-1000 mit Fußdämpfern von Isonoe, einem Nagaoka Magnesium Headshell, unter dem ein DJ200i von Grado hängt, dessen Nadel nahezu unbenutzt ist (Ich hatte sie vor dem Test extra getauscht, um eine bessere Vergleichbarkeit zu erzielen.) Das gepimpte DJ-Laufwerk entspricht etwa einem finanziellen Gegenwert von 1200 Euro, während unser Testgespann auf einen Gesamtwert von knapp 3500 Euro kommt. Im Prinzip ist das nur schwer vergleichbar, ich habe aber eben nichts besseres hier – und dann muss es eben reichen. Es wird auch bei jedem Audiobeispiel überdeutlich, welches das hochpreisige Gespann darstellt, was immerhin dann auch für das Gespann spricht.
Es ist schon sehr beeindruckend, mit welcher stoischen Ruhe das Laufwerk den Platter dreht und auch der Tonarm den Abtaster mit nur 1,5 g Auflage führt. Noch nie habe ich einen derartig druckvollen Bass, kombiniert mit derart analytischen Mitten und so viel Luft nach oben gehört. Durch die unfassbare Durchsichtigkeit entsteht eine Räumlichkeit, wie man sie nur sehr selten hört. Die Stereobasisbreite erscheint mir breiter, weil die Kanaltrennung weit besser ist, als ich gewohnt bin. Das Gespann überzeugt vor allem mit seiner Schnelligkeit, insbesondere das Abklingverhalten ist echt stark. Volle Kontrolle über jedwedes Release! Dadurch klingen die Bässe viel konturierter und knackiger und scheinen deswegen viel tonaler. Spätestens bei Yellos Race wird man aufgrund des lebendigen und spritzigen Klanggeschehens nicht nur wach, der Puls ist erhöht und als Betthupferl hätte ich mal besser St. Germain oder Portishead herausgekramt, was ich dann mal nachholen sollte. Klanglich bewegen wir uns, egal was auf dem Plattenteller liegt, auf High-End-Niveau, soviel steht für mich fest. Aber bildet euch selbst eine Meinung und hört:
Marco Heger sagt:
#1 - 04.08.2020 um 22:43 Uhr
Ach nur 3000 Euros, die hab ich noch aufm Giro so rumliegen......halt stopp, da hätt ich noch mein Original Thorens von 1976, der geht noch. Mist 3000 Öcken gespart! Wohin nur mit dem Geld?
Gerd sagt:
#2 - 24.10.2022 um 17:01 Uhr
Gut geschriebener Testbericht! Aber interessant wäre einmal ein Vergleich zwischen dem unkaputtbaren Thorens 160/147 (mit Endabschaltung) aus Ende der 70er Jahre und dem Quasi-Nachfolger Thorens 1600/1601. Gute gebrauchte 160/147 kann man schon ohne Tonabnehmer ab ca. 300 € in der Bucht oder in den Kleinanzeigen ergattern. Selbst einen verbesserten ATR-Thorens 160 mit Mayware-Einpunkt-Tonarm bekommt man ab ca. 350 €. Der 1600/1601 ist also fast 10x so teuer. Und mein 147er (gekauft 1983) hat nach ca. 10 Jahren Spielpause in 2020 das erste mal einen neuen Riemen und ein neues System Goldring 1042 bekommen, da der Riemen gelängt war. Selbst das ursprüngliche 10 Jahre nicht genutzte Audio technica OC7 spielte immer noch top (keine Verhärtung der Gummilagerung klanglich feststellbar). Aber da ich damit nie richtig zufrieden war (Audio Technica MC,s waren bekannt für einen zwar spritzigen, hoch auflösenden, aber auch etwas dünnen, spitzen Klang) bin ich auf das Goldring MM-System umgestiegen und rundum glücklich damit. Warum sollte ich also 3.000 € ausgeben, wenn ich Vergleichbares für höchstens den halben Preis bekommen kann? Deshalb würde mich ein solcher Vergleich interessieren!