Im Jahre 1990 verkaufte der legendäre Luthier Michael Tobias seine Firma an den Gibson-Konzern, weil er die wachsende Nachfrage in den 1980er-Jahren mit seiner kleinen Edelbass-Schmiede schlicht und einfach nicht mehr bewältigen konnte. Nach dem Verkauf arbeitete Michael noch bis 1992 als Berater für Gibson und half beim Übergang der Produktion in die Gibson-Fabrik in Nashville. In den darauffolgenden Jahren wurde es immer ruhiger um die einstige Edelbassmarke, bis sie im Jahre 2008 schließlich komplett eingestellt wurde. Tobias-Fans können jetzt allerdings aufatmen, denn die Marke feiert 2025 ein überraschendes Comeback! Gibson bietet aktuell die drei Modelle Classic, Growler und Killer B als Vier- und Fünfsaiter an – jeweils in Varianten für Rechts- und Linkshänder. Für diesen Test haben wir uns das Flaggschiff der Neuauflage, den fünfsaitigen Tobias Classic, ins Testlabor liefern lassen. Das Modell beeindruckt mit einer eleganten Decke aus Wölkchenahorn und bietet darüber hinaus eine hochwertige Ausstattung aus feinsten Komponenten: Die Tonabnehmer und die Elektronik kommen von Bartolini, während die Hardware von Babicz und Gotoh geliefert wird. Das klingt doch schon mal lecker, oder? Ob der edle Tobias Classic V genauso gut klingt, wie er aussieht, klären wir in diesem Test.

Erster Eindruck
Nach der Übernahme von Tobias Guitars durch Gibson im Jahr 1990 wurden die Bässe größtenteils weiterhin in den USA hergestellt. Bei der Neuauflage ist dies nun jedoch nicht mehr der Fall; alle Modelle werden derzeit in Fernost – genauer: Indonesien – hergestellt. Dieser Umstand wirkt sich jedoch keineswegs negativ auf die Verarbeitungsqualität aus. Ganz im Gegenteil: Mein Testbass überzeugt mit einer makellosen Verarbeitung und wirkt nicht nur auf den ersten Blick äußerst hochwertig und edel!
Auch optisch finde ich den Classic V ausgesprochen gelungen: Die schöne Wölckenahorn-Decke sorgt in Verbindung mit der goldenen Hardware für eine schicke Eleganz, die auch schon viele der originalen Tobias-Bässe aus dem Workshop des Meisters auszeichnete.
Ausgeliefert wird der schnieke Fünfsaiter in einer Gigbag, die die Bezeichnung „Tobias Premium Gigbag“ trägt. Für den Transport zum Proberaum oder Gig ist die leicht gepolsterte Gigbag auch vollkommen in Ordnung, wer seinen Bass jedoch z. B. im Bandbus wirksam vor Beschädigung möchte, sollte lieber in ein stabileres Softcase mit verstärkten Seitenwänden bzw. ein richtiges Case investieren.
Hölzer
Kommen wir nun zu den Zutaten, aus denen der Tobias Classic V besteht. Als Herzstück des 34“-Longscale-Fünfsaiters kann man die aufwändige durchgehende Halskonstruktion bezeichnen. Sie setzt sich aus drei Streifen Ahorn zusammen, die mit zwei etwas schmaleren Streifen aus Amaranth (Purpleheart) gesperrt wurden.
Für zusätzliche Stabilität sorgt ein dickes Griffbrett aus harter Wenge, in dem 24 sehr akkurat abgerichtete und an den Enden verrundete Bundstäbchen sitzen. Auf Lagenmarkierungen wurde zugunsten eines cleanen Looks verzichtet, an der Griffbrettflanke gibt es aber selbstverständlich die üblichen Dots zur Orientierung.
Der Hals endet in einer leicht nach hinten abgewinkelten, schlanken Kopfplatte, die im originalen Tobias-Design gehalten ist – natürlich inklusive der typischen runden Aussparung und des eingelegten Tobias-Logos.
Angeleimte Bodyflügel
An das andere Ende der Halskonstruktion wurden zwei Korpusflügel geleimt, die im Kern aus Walnussholz bestehen. Für die attraktive Optik sorgt eine Decke aus Wölckchenahorn, die durch eine zirka 6 mm starke Zwischenschicht aus Wenge von den Flügeln aus Walnuss abgesetzt ist.
Sowohl die Ahorndecke als auch das Wenge-Furnier sind relativ dick, sodass hier sicherlich auch ein Effekt auf den Sound zu erwarten ist. Die beiden harten Holzschichten dürften dem tendenziell eher warmen und mittenbetonten Sound der Walnuss etwas mehr Attack und Höhen verleihen – so zumindest meine Theorie.
Hardware
Hinsichtlich der Hardware für den Classic V geht Gibson/Tobias keinerlei Kompromisse ein und verwendet hochwertige Produkte von renommierten Herstellern: Die gekapselten Stimmmechaniken stammen von Gotoh, und bei der Brücke handelt es sich um das innovative „FCH-5“-Modell von Babicz.
Die Babicz-Brücke wurde ursprünglich als Replacement für Fender-Bässe entwickelt und weist einige Besonderheiten im Vergleich zu herkömmlichen Stegkonstruktionen auf: Die Saitenreiter stehen bei dieser “Full Contact Bridge” nicht auf kleinen Schrauben, sondern haben durch das patentierte “eCAM”-Design großflächigen Kontakt zur Bodenplatte der Brücke, damit die Energie der Saiten effizienter in den Korpus übertragen werden kann.
Die Einstellarbeiten für Saitenlage und Intonation lassen sich trotzdem sehr einfach bewerkstelligen. Kleine Schrauben fixieren die Saitenreiter nach dem Setup, damit die Positionen beim Spielen und beim Saitenwechsel stabil bleiben. Die komplette Hardware des Tobias Classic V wurde in goldfarbener Ausführung installiert.
Pickups und Elektronik
Bereits in den 1980er-Jahren, als sich die Marke Tobias auf dem Markt etablierte, kamen standardmäßig Bartolini-Tonabnehmer und Bartolini-Elektroniken bei den meisten Modellen zum Einsatz. Auch bei der Neuauflage setzt Tobias/Gibson auf die bewährten Produkte des US-amerikanischen Traditionsherstellers. Für den Sound sind zwei Bartolini MT5C Humbucker zuständig, die das Signal an eine 18Volt-Elektronik mit 3-Band-Equalizer von Bartolini namens „NTMB+FL“ schicken. Die Oberseite der Pickups besitzt übrigens einen an die Saitenhöhen angepassten Radius, sodass die Abstände zu dem Strings immer gleich sind. Das war schon bei den UR-Tobias-Bässen so und fühlt sich beim Spielen wirklich ganz ausgezeichnet an!
Geregelt wird am Bass mit einem Lautstärkeregler, einem Balance-Regler für das Tonabnehmerverhältnis und schließlich drei Reglern für Bässe, Mitten und Höhen des Equalizer. Einen passiven Betrieb gibt es beim Tobias Classic V nicht, sodass man stets ein Auge auf den Zustand der Batterie haben sollte. Die beiden 9-Volt-Blöcke sitzen im Elektronikfach auf der Rückseite des Basses.
Zum Wechseln der Stromspender muss man den mit drei Schräubchen befestigten Deckel lösen, was in der Hitze des Gefechts schon mal etwas Zeit kosten kann – ein praktischer Klappmechanismus für die Batterien, wie ihn viele andere Hersteller verwenden, wäre hier wahrscheinlich praktischer.
Ewiges Streitthema: Plastik vs. Holz
Der Deckel des E-Fachs besteht zudem – wie bei zahlreichen Edelbässen US-amerikanischen Designs üblich – aus Plastik und passt daher in meinen Augen nicht so ganz zur ansonsten super edlen Anmutung des Tobias Classic V. Ähnliches gilt für die relativ große Abdeckung des Zugangs zum Halsspannstab am Ende des Griffbretts.
Meiner Ansicht nach hätte man zumindest auf der Vorderseite des Basses eine dekorative Holzabdeckung verwenden können, die dem Gesamtbild besser entspricht. Hier gehen erfahrungsgemäß die Geschmäcker dies- und jenseits des Atlantiks etwas auseinander. Aber auch manchen Usern hierzulande wird die Diskrepanz womöglich gar nicht auffallen.
