Professionelle Coverbands spielen meist die originalen Tonarten, daher müssen sich die Sänger/innen auf sämtliche Tonlagen einstellen können. Da kommen in der Setliste ganz schnell mal die Top Ten der weltweit besten Sängerinnen und Sänger zusammen. Songs von Stars wie Lady Gaga, Tina Turner, Stevie Wonder, Bruno Mars oder Beyoncé nachzusingen, ist eine große Herausforderung und fällt nicht jedem Sänger, jeder Sängerin leicht. Angenehmer ist es natürlich, wenn die Band sich darauf einlässt die Tonarten anzupassen. Doch dabei sollte man darauf achten, dass sich der Song energetisch durch eine tiefere Tonart nicht zu sehr verändert. Wer nicht den Anspruch hat, den Song in der Originalversion zu singen, sondern sich den Song zu eigen machen möchte, sollte zunächst die geeignete Tonart finden. Wie das geht, erklären wir im Folgenden anhand von neun zentralen Fragen.
1. Der Stimmumfang
Welchen Stimmumfang habe ich?
Um herauszufinden, welchen Stimmumfang du hast, kannst du ganz einfach am Klavier nachprüfen, wo deine untere und obere Grenze liegt. Singe die Töne laut und leise nach. Dann weißt du, wie flexibel deine Stimme in den unterschiedlichen Tonlagen ist. Wenn du an der unteren bzw. oberen Grenze nur noch Luft und kaum noch einen Ton rausbringst, dann weißt du, dass dieser Tonbereich außerhalb deines Stimmumfangs liegt. Quietschtöne an der Obergrenze deiner Stimme sind eventuell nur noch als Effekt einsetzbar.
2. Die geeignete Tonart finden
In welcher Tonart kann ich am besten singen?
Um die geeignete Tonart zu finden, probiere einen Song, den du gut singen kannst, in verschiedenen Tonarten aus. Dazu musst du herausfinden, wo sich der höchste und der tiefste Ton im Song befinden. Überprüfe, ob diese Töne noch in deinem singbaren Bereich liegen. Danach singst du den Song in deinem tiefstmöglichen Bereich. Stelle dir folgende Fragen:
– Gefällt mir, was ich höre?
– Wie fühlt sich diese Tonlage für mich an?
– Kann ich laut genug singen?
– Kann ich die Klangfarbe gut umsetzen, die ich mir vorstelle?
Probiere nun höhere Tonarten schrittweise aus. Du kannst in Halbtonschritten oder gleich in Ganztonschritten nach oben gehen. Achte darauf, dass du auch nach oben hin noch in deinem singbaren Tonbereich bist. Singe den Song in jeder Tonart so laut, wie du ihn dir vorstellst. Gehe keine Kompromisse ein. Wenn du deinen Stimmklang aufgrund der Tonart wechseln musst, berücksichtige das für deine Bewertung . Alles ist machbar, solange das Resultat in deinen Ohren gut klingt.
3. Der ideale Tonbereich zum Singen
In welchem tonalen Bereich gefällt mir mein Sound?
Der ideale Tonbereich ist relativ. Liegt dein idealer Tonbereich dort, wo du dich am wenigsten anstrengen muss, also in deiner Comfort Zone? Oder gibt es einen Lieblingstonbereich, in dem du deinen Stimmklang am schönsten findest? Die Antwort auf die Fragen können dieselbe sein oder variieren, das ist sehr subjektiv. Jede/r Sänger/in hat einen bestimmten Tonbereich, in dem er/sie sich am besten gefällt bzw. fühlt.Manchmal muss man natürlich auch mal über seinen Schatten springen, um in einem Tonbereich außerhalb der Komfortzone so singen zu können, dass man sich selbst gut gefällt. Hohe Tonarten erfordern meist etwas mehr körperliche Anstrengung. Das sollte bedacht werden. Wichtig ist das du am Ende das Klangergebnis beurteilst. Und nicht den Energieaufwand.
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4. Wahl des Ausdrucks im Song
Bin ich in der Lage meine Klangfarbe meiner Vorstellung entsprechend anzupassen?
Je nach dem welchen Ausdruck du in den Song legen möchtest, wirst du deinen Stimmklang wählen. Soll er eher leise und zerbrechlich wie Billie Eilish oder laut und kraftvoll wie Beyoncé klingen? Hast du das entschieden, kannst du schauen, in welcher Tonlage du diesen Stimmklang am besten umsetzen kann.
5. Die Größe der Band
Wie groß bzw. laut ist meine Band?
In kleineren, akustischen Besetzungen hat man eher die Möglichkeit einen intimen Ausdruck zu kreieren. Daher bietet es sich oft an, die Tonarten etwas nach unten zu transponieren. Das klingt entspannter und vielleicht auch authentischer.Bei lauten und großen Bandbesetzungen lassen sich die tiefen Tonarten weniger gut einsetzen, denn laute Töne lassen sich leichter in höheren Tonlagen singen. Der notwendige Kraftaufwand kommt dann von ganz allein, zumal auch eine laute Band für den nötigen Schub sorgt.
6. Dramaturgischen Aufbau einkalkulieren
Will ich noch Spielraum nach oben lassen, um eventuell Ad Libs zu singen?
Viele Pop-Sängerinnen und Sänger haben es vorgemacht. Ob bei Mariah, Whitney, Céline oder Stevie - Sie alle planen ein, dass der Song sich im Verlauf energetisch steigert und dementsprechend ihr Gesang sich in der Tonlage nach oben bewegt. Die berühmten Ad Libs am Ende eines Songs sind oft die höchsten Gesangsstellen. Damit dieser Spielraum im Verlauf noch möglich ist, sollte die Tonart so tief wie möglich gesetzt werden. So hast du am Anfang tiefe bis mittlere Tonhöhen und kannst am Ende so richtig schön in der Höhe powern. Für den Gänsehauteffekt.
7. Flexibilität
Kann in mich an die anderen Musiker/innen in der Band anpassen?
Irgendwann entwickelt man ein Gefühl dafür, welche Tonarten für die jeweiligen Songs geeignet sind. Nach einiger Zeit und Übung wird man auch flexibler mit der Stimme, sodass ein Halb- oder Ganzton nach oben oder unten keinen großen Unterschied macht. Im Jazzkommt es zumal häufig vor, dass sich die begleitenden Instrumentalist/innen in manchen Tonarten schwerer tun als in anderen. In solchen Fällen kann man als Sängerin auf die Wünsche der Instrumentalisten zumindest versuchen einzugehen. Wie gesagt, einen Halb- oder Ganzton runter oder hoch kriegt man meistens ganz gut hin.
8. Alter
Verändert sich meine Tonlage mit dem Älterwerden?
Mit Anfang 20 konnte ich noch kein tiefes F singen – es klang ganz leise und hatte sehr viel Hauch. Das hat mich viele Jahre lang geärgert, weil ich unbedingt tief singen können wollte. Mit den Jahren – wenn nicht Jahrzehnten – ging das aber immer besser. Mittlerweile habe ich ein sattes tiefes D zur Verfügung, was mich sehr glücklich macht.
Das heißt aber nicht, dass ich an Höhe verloren habe. Die eigenen Tonarten können sich also mit der Zeit verändern. Um in der Höhe auch noch viele Jahrzehnte gut singen zu können, muss man seine Stimme einfach gut pflegen und trainieren. Die Tiefe allerdings kann man in jungen Jahren nicht erzwingen. Sie kommt mit der Zeit von ganz allein.
9. Wer entscheidet, welche Tonart gespielt werden soll?
Kann meine Band bei der Wahl der Tonart mitbestimmen?
Bei den Proben mit der eigenen Band kann man sehr gut gemeinsam entscheiden, welche Tonart für einen Song optimal klingt. Manchmal muss man verschiedene Tonarten ausprobieren, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie der Bandklang insgesamt sein soll. Dementsprechend kriegt man vielleicht auch neue Ideen für ein Arrangement oder einfach für die Dynamik. Ich kann nur allen Sängerinnen und Sängern empfehlen, mit dem Thema offen umzugehen und ruhig die Band nach ihrer Meinung zu fragen.
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