Ein solides Aufwärm-Programm ist für Gitarristen extrem wichtig. Nur, wenn Muskulatur und Sehnen optimal gedehnt und aufgewärmt sind, kann man perfekt und “gesund” performen – egal, ob auf einem Gig oder der Übesession zuhause.
Im Folgenden möchte ich euch einige Übungen und Erfahrungen an die Hand geben, die mir ganz persönlich schon oft weiter geholfen haben.
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1. Stretching
Am Anfang eines möglichen Warm-Up Programms, sollten ein paar dezente Dehnübungen stehen. Denn nur ein gedehnter Muskel ist optimal leistungsfähig und durch ein paar Minuten Stretchings vor dem Spiel können wir uns äußerst unangenehme Verspannungen und Überanstrengungen ersparen.
Übrigens ist diese Zusammenstellung von Stretchübung in Absprache mit einem Physiotherapeuten entstanden. Ihr müsst also keine Angst haben, euch etwas anzutun, vorausgesetzt ihr übertreibt nicht und dehnt zu weit. Denn hier geht es nicht um “wer kann am weitesten dehnen”, sondern darum, einen ganz leichten Zug zu spüren und ein paar Sekunden (Minimum 20 Sekunden) in der angestrebten Position auszuharren.
Die erste Übung betrifft vor allem die Anschlaghand. Haltet euren rechten Arm gerade vor euch, greift ihn im Bereich des Handgelenks mit der linken Hand und zieht ihn soweit es geht nach links. Als Linkshänder macht ihr das Ganze natürlich anders herum.
Die folgenden beiden Übungen betreffen eher die Greifhand und dehnen die Unterarmmuskulatur. Vielleicht kennen einige unter euch diesen Überanstrengungsschmerz am Handknöchel oder Handgelenk – vieles, was vermeintlich unten in der Hand wehtut, hat seinen Ursprung im Unterarm oder Ellbogenbereich:
Zeit, uns die Gitarre umzuschnallen: In der nächsten Übung solltet ihr alle vier Finger so auf dass Griffbrett setzen, dass zwischen jedem Finger ein Leerbund liegt. Auch diesen Griff ruhig eine Zeitlang halten. Fangt am Besten in einer höheren Lage an, in der die Bundabstände nicht zu groß sind, z.B. 12. – 14. -16. – 18. Bund und arbeitet euch im Laufe der nächsten Wochen oder auch gerne Monate in tiefer Lagen vor – denkt daran, hier geht es nicht um einen Wettbewerb!
2. Synchronisation links – rechts, Picking
a) “eine Saite – mehrere Töne” :
Diese erste Übung bewegt sich horizontal auf nur einer Saite. Ich würde euch empfehlen die Übung auf alle anderen Saiten zu übertragen, denn die tiefe E-Saite fühlt sich nun einmal ganz anders an, als beispielsweise die hohe E-Saite.
Achtet darauf, die hinteren Finger der linken Hand liegen zu lassen, bzw. sie erst hochzuheben, wenn sie an der Reihe sind.
Beim Üben gibt es einige Punkte, auf die ihr achten solltet.
- konsequenter Wechselschlag: konzentriert euch darauf immer eine “ab – auf” Bewegung mit dem Plektrum auszuführen – nie zweimal auf oder zweimal ab
- übt mit Metronom: stellt das Metronom auf eine Geschwindigkeit ein, in der ihr die Übung sauber und akkurat ausführen könnt – übt man zu schnell, wird das Ganze unsauber, übt man zu langsam, verliert man schnell die Konzentration und hat das Gefühl, sich nicht anstrengen zu müssen. Immer im Kopf behalten: Hier geht’s ums Aufwärmen und nicht um Olympiaden!
- Versucht am Anfang all jene Schläge, die auf einem Metronomschlag sitzen, leicht zu akzentuieren – das gibt euch rhythmische Stabilität und Kontrolle.
- Versucht die Töne möglichst gebunden und lange auszuhalten – nichts klingt schlimmer, als wenn die Noten “gehackt” werden. Versucht euch vorzunehmen, dass jede Note so gut und schön wie möglich klingen soll, vergleichbar einem Geiger, der streicht.
Und so klingt das Ganze:
b) “ein Ton mehrerer Saiten”:
Wenden wir uns nun einer Übung zu, bei der es noch stärker um die “linke Hand – rechte Hand” Koordination geht. Diesmal liegen unsere Töne auf verschiedenen Saiten – übt bitte trotzdem alles mit konsequentem Wechselschlag:
3. Legato
Alles nächstes geht’s an die “Legato”-Warm Ups. Hier nehme ich mir ein simples “Three Note per String” – Pattern aus der Dur-Scale vor, das ich auf zwei benachbarten Saiten spiele:
Zwei Punkte, an die man denken sollte:
- Beobachtet den Daumen eurer Greifhand und spürt, wie viel Druck ihr mit ihm ausübt ! Der Daumen sollte nämlich ganz locker sein, hinter dem Hals stabilisieren und nicht das Harz aus dem Holz pressen. Je fester der Daumen drückt, desto unflexibler werden meine Greiffinger – also ganz relaxt sein!
- Vielleicht kennt ihr das Problem: Jeder Finger trifft immer auf einem bestimmten Punkt auf, nur der kleine Finger scheint wild in der Gegend herumzufliegen. Wählt ein Tempo, in dem der kleine Finger die Saite mit einem möglichst kleinen “Kontaktpunkt” berührt und dies möglichst weit oben auf der Fingerkuppe.
Aus dieser Übung lassen sich nun ein paar Variationen ableiten z.B.:
Spielt diese Übungen mit allen Fingerkombinationen, wie z.B.:
Und die Fingersätze noch einmal als PDF zum mitnehmen:
Ich hoffe meine kleine “Warm Up” – Zusammenstellung hilft euch ein wenig dabei, entspannt und locker auf den Gig zu gehen. Viele “Verkrampfungen” haben natürlich nicht nur mit mangelndem Aufwärmen zu tun, sondern sind auch “Kopfsachen”. Auch zu große Erwartungen an sich selbst, können zu Verspannungen führen. Beim Spielen “etwas zu wollen” anstatt es einfach mal passieren zu lassen, kann zu Problemen führen – doch das ist ein gesondertes Thema, mit dem man Bücher füllen könnte. Immerhin – durch ein korrektes Warm-Up lassen sich zumindest ein paar Probleme umschiffen- und man kommt seinem Ziel ein ganzes Stück näher.
Ich wünsche euch viel Erfolg und gutes Gelingen!