Praxis:
Very british, indeed
Beim Querhören weckt die Library der Custom & Vintage SDX Assoziationen mit roten Telefonzellen, essigübergossenen Fischgerichten und dem Aroma von dampfendem Schwarztee ohne Zucker. In diesem Fall ist es aber natürlich nicht das Aussehen, der Geschmack oder der Geruch, sondern der Sound, der eindeutig „british“ wirkt. Dieser ist vor allem im Vergleich zur Core-Library des S2 verhältnismäßig roh und stellt dem sehr groß wirkenden Raumklang der Standard-Ausstattung eine kleinere Studio-Umgebung gegenüber. Der erfreulich hohe Schmutz-Anteil erscheint richtig ungewohnt für den allgemeinhin sauberen Toontrack-Sound und ist in dieser Form auch nicht in der ebenfalls sehr naturbelassenen Metal Foundry SDX zu finden.
Da man als Anwender die Möglichkeit hat, Frequenzbild und Dynamik fast komplett von Grund auf zu formen, ist die Library sehr variabel. Die Kehrseite der Medaille ist ganz folgerichtig, dass diese dritte Erweiterung sich nicht von vornherein so gut in einem Arrangement durchsetzt, wie man es vom S2 gewöhnt ist. Wer beispielsweise bei einer echten Schlagzeugaufnahme nebenbei das Drumset getriggert hat und auf die Schnelle nach einer schlagkräftigen Bassdrum sucht, der wird mit einer anderen Erweiterung glücklicher. In den meisten Fällen werden noch deutliche Eingriffe am internen Mischpult nötig sein, um einen „hochproduziert“ klingenden Charakter zu erreichen. Gerade dieser Punkt wird möglicherweise vielen Anwendern gefallen.
In Bezug auf die Anzahl der vorhandenen Velocity-Layers entspricht die Custom & Vintage SDX den hohen Vorgaben der Core-Library. Auch wenn nicht alle Instrumente in gleichem Maße detailliert abgebildet werden, zeigt die Noble & Cooley Star Series Snare mit 60 alternativen Samples für den normalen Anschlag (in der Mitte des Fells) manchem Konkurrenten, wo der Hammer bzw. der Drumstick hängt. In den Audios hört ihr die verschiedenen Drumsets in Kombination mit wechselnden Snaredrums durch das Standard-Mixer-Preset. Im Falle des Gretsch-Kits wechseln Toms und Snare während des Audiofiles auf die vorgedämpfte Variante. Die Grooves und Fills entstammen alle der enthaltenen MIDI-Library und machen einen sehr lebendigen und im Hinblick auf das Timing zum Teil einen etwas „loose“ gespielten Eindruck, ohne dabei den Groove zu verlieren. Typisch 60er- und 70er-Jahre eben. Selten hat ein Klick auf den Quantisierungsbutton so viel angerichtet wie bei den Custom & Vintage MIDIs.
Ein kleines Studio – Die verschiedenen Mixerchannels
Was die Anzahl der Mixer-Kanäle angeht, fällt die Custom & Vintage Erweiterung etwas magerer aus, als man es vom S2 gewohnt ist. Zusätzlich zu den Close-Mics an den einzelnen Trommeln und den Overheads gibt es neben einem Ambience-Channel noch einen Mono- und einen komprimierten Raum. Weitere Mikrofone, die in unterschiedlichen Entfernungen aufgestellt wurden, oder spezielle Effektkanäle sind diesmal nicht an Bord. Ob das ein echtes Minus ist, liegt im Ohr des Hörers, denn vor allem bei Produktionen von anno dazumal wurde selten ein Wald aus Mikrofon-Stativen um das Drumset herum aufgebaut.
Pimp My Vintage – Weitere Klangbearbeitung
Gerade bei den kaum vorbearbeiteten Samples der Custom & Vintage SDX ist es natürlich interessant zu erfahren, wie sich der Sound macht, wenn man mit der integrierten Effekt-Suite des S2 Hammer und Meißel ansetzt. Dazu gibt es jetzt noch einige der Mixer-Presets zu hören, die ebenfalls im Paket enthalten sind und zwischen denen im Laufe des Audio-Files umgeschaltet wird. Das Drumset bleibt durchgehend ein Camco Oaklawn und an erster Stelle steht zum Vergleich die Default-Einstellung.
Für dich ausgesucht
Leider eröffnet sich dem Benutzer nur die Wahl zwischen neun verschiedenen Voreinstellungen. Die Anwendergemeinde hätte sich sicherlich über mehrere Presets gefreut, vielleicht auch in Form eines Producer-Bundles, wie sie für die Core-Library und die Metal Foundry SDX erhältlich sind.