Seit 2010 feiern die schwedischen Drumsample-Spezialisten von Toontrack alljährlich im November den Metal Month und beglücken dabei nicht nur die langhaarige Fraktion ihrer Anhängerschar, sondern auch die übrigen Anwender mit größtenteils stark reduzierten Preisen und gleich mehreren neuen Produkten. Dass dabei vor allem die härtere musikalische Gangart bedient wird, versteht sich von selbst. Und auch im fünften Jahr der Aktion präsentieren die Schweden mit der Made Of Metal EZX eine neue Erweiterung für den EZdrummer, die sich vorrangig auf Musik konzentriert, die tief, laut und böse ist.
Nachdem der Metal Month 2014 mit einem Youtube-Clip, zu dessen Hauptdarstellern ein animierter Riesen-Roboter aus Schlagzeug-Equipment gehört und dem bedeutungsschwangeren Leitspruch „SOMETHING BIG IS COMING YOUR WAY“ eingeläutet wurde, entstanden zum Teil sogar Spekulationen auf den möglichen Release eines Superior Drummer 3. In dieser Hinsicht darf die Anwendergemeinde die Kirche (oder den schwarzen Tempel) aber im Dorf lassen. Dass es sich „nur“ um eine neue Metal-Erweiterung für den EZdrummer handelt, könnte den ein oder anderen Fan nach all der Furore fast ein wenig enttäuscht haben. Und dies ist natürlich ein weiterer Grund für uns herauszufinden, ob die Library das Zeug dazu hat, selbst den hartgesottenen Metalheads die Freudentränen in die Augen zu treiben.
Details
Anders als die Anderen
Produktpflege durch regelmäßige Add-Ons wurde bei Toontrack schon immer ausgiebig betrieben, und so handelt es sich bei der Made Of Metal EZX um die mittlerweile 23. Erweiterung für den EZdrummer. Nachdem das leichtgewichtige Drumstudio im letzten Frühling einem Major-Update auf die zweite große Version unterzogen wurde, gilt diese nun auch als Voraussetzung für alle neuen Erweiterungen, was Toontrack vor allem mit der schlagkräftigeren Sample-Engine begründet, die aus dem Superior Drummer übernommen wurde. Dies soll an dieser Stelle nicht angezweifelt werden, andererseits wäre es den Schweden aber wohl auch nicht übelzunehmen, wenn sie ein offenes „Leute, wir wollen einfach, dass ihr unsere Upgrades kauft!“ aussprechen würden. Dank vieler neuer wirklich kreativer Features dürfte sich dies für die meisten Anwender lohnen, und auch in unserem zugehörigen Test konnte die Software durchweg begeistern. Wer allerdings die aktuellste Version des Superior Drummer sein Eigen nennt, der kann die Made Of Metal EZX auch damit verwenden und direkt ohne kostenpflichtige Upgrades losrocken.
Unter den EZX-Librarys, die sich schon über ihren Titel demonstrativ und unverblümt zum Metal bekennen, handelt es sich um das bisher vierte und (gemessen am reinen Datenvolumen von etwa 2 GB) umfangreichste Add-On für den EZdrummer. Tatsächlich fällt die Made Of Metal EZX schon alleine im Grundklang erfreulich weit aus dem Rahmen. Im Direktvergleich der jeweiligen „Original Mix“ Presets (Grundklang ohne Effekte) wirken die Samples unseres Testkandidaten überraschend naturbelassen, und von der für viele Metal-Produktionen typischen Badewannen-Frequenzkurve, die Bässe und Höhen betont und Mitten absenkt, ist kaum etwas zu bemerken. Dies führt uns bereits sehr früh im Test zu einer ersten Schlussfolgerung: Wer keinerlei Mixing-Erfahrung hat und einen fertigen und von vornherein hochglanzpolierten Metal-Sound sucht, der wird wohl mit einem der anderen Pakete glücklicher. Die Made Of Metal EZX ist dagegen vor allem für Bands und Produzenten interessant, die entweder nach einem hochgradig natürlichen Klang suchen oder aber selbst Hand anlegen wollen, um möglichst flexibel zu sein. Dass in letzterem Fall oft die homogeneren Mixes entstehen, ist wohl mehr als nur ein Gerücht.
Im Direktvergleich wirkt die Made Of Metal EZX wegen des unbearbeiteten Klangs zunächst recht unspektakulär und beinahe wie ein kleines Mauerblümchen neben drei langbeinigen und überschminkten Rassemodels in nietenbesetzter Lederkluft. Um den Sound auf ein mit den anderen Erweiterungen vergleichbares Energie-Level zu bringen, wurden für den letzten Track also Bässe und Höhen deutlich angehoben und das Summensignal ein wenig ankomprimiert. Zum Einsatz kamen dabei ein UAD Pultec EQ und ein UAD Fairchild 670. Vor allem fällt dabei auf, dass die Library tatsächlich ein ganzes Stück lebendiger wirkt als die älteren Vertreter und der gefühlte Plastik-Faktor deutlich abgenommen hat. Auch wenn der Realismus (geschweige denn die Flexibilität) der um ein Vielfaches größeren Librarys für den Superior Drummer natürlich nicht ganz erreicht wird, so handelt es sich hier doch um einen wirklich klar spürbaren klanglichen Fortschritt. Ob dies nun einfach einem erweiterten Sample-Pool oder der erwähnten neuen Engine des EZdrummer 2 zu verdanken ist, lässt sich nur schwer beantworten. An den erfreulichen Fakten ändert das aber natürlich nichts.
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Studio, Team und Equipment
Die zentrale Figur hinter der Made Of Metal EZX ist der britische Produzent Colin Richardson, der im Metal sozusagen zuhause ist und eine stattliche Liste an Referenzen vorzuweisen hat. In seiner Karriere produzierte er über 100 Alben aus verschiedenen Sub-Genres und arbeitete unter anderem mit Slipknot, Sepultura, Machine Head, Kreator und Anathema, um nur eine kleine Auswahl seines Klientels zu nennen. Was den Ort für die Aufnahmen angeht, wurde Richardson von Toontrack vor die freie Wahl gestellt, und er entschied sich für die Galaxy Studios in Belgien. Wenn man sich auf der zugehörigen Website umsieht, dann bekommt man vor allem den Eindruck, dass es sich hier um ein Studio handelt, das auf die Aufnahme von Film-Soundtracks bzw. Post-Production spezialisiert ist. Um an die rein musikalischen Referenzen zu kommen, muss man ein wenig suchen, doch die Suche trägt natürlich Früchte. Vor allem Rock- und Metal-Bands aus Deutschland waren hier zu Gast – unter anderem Rammstein, Scorpions, Guano Apes oder auch Primal Fear.
Was Richardson dazu bewog, gerade dieses Studio auszuwählen, war wahrscheinlich vor allem der mit 330 Quadratmetern wirklich gigantisch große Hauptraum, der dementsprechend für ein ebenso gigantisch wirkendes natürliches Reverb sorgt. Aufgenommen wurde mit rund 30 Mikrofonen, von denen zehn alleine für den Raumklang zuständig waren. Die Einzelsignale liefen durch eine API Vision Konsole, und hierbei handelt es sich ausnahmsweise nicht um eine hochgradig geschichtsträchtige Vintage-Ikone, sondern um ein Pult, das den trocken-punchigen API-Sound mit aktueller Technik vereint. Eingetrommelt wurden die Samples von Jason Bowld, der unter anderem mit den Bands Pitchshifter, Axewound und Killing Joke unterwegs ist, aber beispielsweise auch die Drums zur Musik der Video-Games Halo und Grid 2 eingetrommelt hat. Wer hätte gedacht, dass in diesem Bereich tatsächlich mit echten Drums gearbeitet wird!