Die Firma Toontrack ist ein echter Spezialist in Sachen Drumsounds. Angefangen hat alles im Jahr 1999 mit einer Sample-Library, die den bezeichnenden Titel „Drumkit From Hell“ trug. Mit dem gerne auf seine Initialen abgekürzten DFH wurden zur Jahrtausendwende erstmals Multichannel-Samples angeboten, die es dem Benutzer erlaubten, das Direktsignal und den Raumanteil einzelner Trommeln getrennt voneinander zu bearbeiten und je nach Gusto aufeinander abzustimmen. Ein Feature, das für einen aus damaliger Sicht unerhörten Realismus sorgte. Trotzdem passte aber noch alles auf eine einzelne CD.
Der wahre Sample-Wahnsinn um den natürlichen Drumsound brach bei dem schwedischen Hersteller erst 2004 aus. Angespornt von der britischen Konkurrenzfirma FXpansion und deren virtuellem Vorzeigeschlagzeuger BFD, veröffentlichte Toontrack das ebenfalls sehr umfangreiche DFH Superior. Beide Drum-Module trennten die Aufnahmen einer Trommel nun nicht nur in Signale des Close-Mikes und der Overheads, sondern machten den nächsten logischen Schritt im Wettrüsten: Übersprechen auf den Kanälen. Beispielsweise war somit eine Snaredrum nun auch auf den Mikros der Hi-Hats und Toms zu hören – wie im richtigen Leben eben. Gepaart mit verschiedenen Spieltechniken und einer hohen Anzahl von verschiedenen Anschlagstärken zwischen zart und hart, pumpte dieses Konzept die Größe der Libraries in bisher ungeahnte Maße auf.
Verständlicherweise wurde damit auch der Anspruch an Festplattenplatz und Arbeitsspeicher vervielfacht, wobei es sich um eine Entwicklung handelt, die sich in den letzten Jahren im kompletten Markt der virtuellen Instrumente und Effekte abzeichnet und nicht immer nur auf Zuspruch stößt. Abgesehen davon braucht es zur Arbeit mit hochgradig realistischen Drum-Samples auch eine gewisse Erfahrung, wenn es darum geht, sie in einen Mix einzupassen. Als Konsequenz wurden in den Reihen der Anwender wieder die Forderungen nach einfacheren und schlankeren Libraries laut. Die Antwort darauf lieferte Toontrack 2006 mit dem EZdrummer (Easy Drummer), der sich auf das Wesentliche konzentriert und einen bereits vorbearbeiteten Klang bietet, der sich auch in dichten Arrangements gut durchsetzt. Die Samples des originalen DFH wurden übrigens für diese Engine wieder aufbereitet und sind neben einer ganzen Riege von anderen Erweiterungspacks erhältlich.
So viel zum Stammbaum der Toontrack-Familie. Der Superior Drummer 2 (S2), um den es in diesem Testbericht gehen soll, kam im Juli 2008 als Nachfolger des DFH Superior in die Läden und hat bis heute den Ruf des Sample-Schwergewichts für akustische Drumsounds. Die Philosophie des Vorgängers wurde größtenteils beibehalten: Für jedes Instrument im Drumset gibt es unzählige Samples in verschiedenen Lautstärken und Spielweisen, die mit bis zu 22 Mikrofonen gleichzeitig aufgezeichnet wurden und so auch abrufbar sind. Zusätzlich wurden gemäß dem Trend zur Vollständigkeit ein flexibler Mixer mit Effekten und eine eigene MIDI-Engine integriert. Auf den nächsten Seiten werden wir tief in die Welt des Instant-Drummings eintauchen und sehen, was Versionsnummer 2.2.1 konkret zu bieten hat und ob es die Bezeichnung „Superior“ auch wirklich verdient hat. Vorhang auf!
Facts zu Lieferumfang und Installation Der Superior Drummer 2 läuft als VST-, AU- und RTAS-Plug-in in allen gängigen Host-Sequencern auf allen gängigen Plattformen, also PC, PPC (Mac) und Intel-Mac. Das Komplettpaket besteht aus dem S2 selbst, einem als EZplayer Pro betitelten MIDI-Organizer und einem MINI-Host, der eine Standalone-Anwendung des Plug-ins ermöglicht und auf den Namen Toontrack Solo hört. All das findet sich auf insgesamt fünf DVDs und nimmt auf der Festplatte knapp 25 Gigabyte in Anspruch. Damit ist der S2 sogar etwas schlanker als der um ca. 10 GB stattlichere Vorgänger, was laut Toontrack einer eigens für diesen Zweck entwickelten Form von Datenkompression zu verdanken ist. Diese “Toontrack Percussive Compression” spart bis zu 70% Festplattenplatz und Arbeitsspeicher, indem sie die Audiofiles im Moment des Abspielens extrahiert, ohne dabei erwähnenswerte Prozessorlast zu verursachen. Ein feines Konzept, das inzwischen auch bei anderen virtuellen Instrumenten Verwendung findet und sich bei großen Libraries gerne weiter durchsetzen darf.
Als potentieller Käufer hat man die Wahl, sich für eine Download-Version oder die klassische Variante in der guten alten Pappschachtel zu entscheiden. Was all das ein wenig nivelliert ist die Tatsache, dass auch für die volle Nutzung der digitalen Variante zusätzliche Installer-DVDs benötigt werden – der Download ist wegen der stattlichen Datenmenge auf die wichtigsten Sounds reduziert. Die für eine Nutzung der vollen Library benötigten DVDs erreichen auch den Online-Kunden auf dem Postweg. Empfehlenswert ist diese Möglichkeit also vor allem für diejenigen, die einen engen Terminplan haben, möglicherweise auf eine Deadline zusteuern und schnellstmöglich loslegen müssen oder einfach tierisch ungeduldig sind.
Wie viele andere Plug-ins müssen der S2 und auch der EZplayer Pro zunächst mit der Seriennummer für einen Account auf der Hersteller-Website aktiviert und über ein Challenge/Response-Verfahren autorisiert werden. Toontrack räumt dem Anwender dabei zwei gleichzeitig aktive Installationen auf verschiedenen Systemen ein. So kann man die Software beispielsweise auf einem Desktop-PC und einem Notebook verwenden. Auf virtuelle Behördengänge hat in der Regel niemand wirklich Lust, und gerade deshalb ist es umso erfreulicher, dass die gesamte Prozedur für unseren Test wie am Schnürchen lief.
Sobald Aktivierung und Autorisierung abgeschlossen sind, empfiehlt es sich, die neusten Updates herunterzuladen. Auch eine Sammlung von MIDI-Files, die von der Studiodrummer-Koryphäe Nir Zidkyahu (kurz: Nir Z – Genesis, John Mayer, etc.) eingespielt wurden, ist hier verfügbar. All das ist auf der Website übersichtlich gestaltet und passiert im Handumdrehen.
New York, New York – Die Library des S2 Zwei Vorteile von virtuellen Instant-Drummern sind, dass weder sie im Timing, noch wir das Equipment schleppen. Gerade bei umfangreich ausgestatteten Trommlern werden die vorbelasteten Musiker-Bandscheiben uns den zweiten Punkt danken. Was die Ausstattung an schwerem Gerät angeht, zeigt sich die als „The New York Studio Legacy Series Vol. 1“ betitelte Core-Library aber ohnehin übersichtlich – auch im Vergleich zum ursprünglichen Superior Drummer, der weit mehr einzelne Trommeln im Gepäck hatte. Hier stößt man zum ersten Mal auf die Philosophie „Ein Studio – Ein Drumset“, auf die wir später noch zurückkommen werden.
Sehen wir uns die Inventarliste unseres Superior Drummers einmal genauer an: Den Kernsound bildet ein Kit aus der New Yorker Trommelschmiede GMS, das in den New Yorker Avatar Studios aufgenommen wurde. Die je nach Setup bis zu fünf Toms und zwei Bassdrums liegen größtenteils in je zwei Versionen vor, die sich durch die Fellauswahl (Coated und Clear) unterscheiden. Für Nicht-Schlagzeuger: Ein beschichtetes Coated-Fell klingt weich und singend, während sich die durchsichtige Clear-Variante kräftiger und attackreicher verhält. Für die Snaredrum, die gerne als der am meisten charakterformende Teil eines Drumsets bezeichnet wird, stehen insgesamt sieben Instrumente zur Auswahl. Neben vier Modellen, die ebenfalls aus dem Hause GMS stammen, präsentieren sich drei der großen Klassiker: eine Ludwig Black Beauty, eine Slingerland aus den 70ern und eine Rogers Holz-Snare. Das Beckensortiment liefert eine umfangreiche Auswahl an Hi-Hats, Rides, Crashes und Effekt-Cymbals und liest sich fast wie ein Produktkatalog des Herstellers Sabian. Hier findet man wirklich alles, was das Studiodrummer-Herz (eines Sabian-Endorsers) begehrt. Als kleinen Bonus gibt es auch noch eine Cowbell.
Bevor wir uns die Funktionalität des S2 genauer ansehen, machen wir einen kleinen Querschnitt durch die Library, bei dem mitgelieferte MIDI-Files zum Einsatz kommen. Neben dem Standard-Repertoire von Nir Zidkyahu habe ich im zweiten Track auch eine Passage aus dem nagelneuen Songwriters Drumpack verwendet, der statt zwei- bis viertaktigen Loops ganze Songteile anbietet und von dem schwedischen Trommler Ricard „Huxflux“ Nettermalm eingespielt wurde. Die Leute bei Toontrack scheinen Drummer mit lustigen Namen zu mögen!
Die Audiofiles im Player sind der Einfachheit halber nach den Snaredrums im Drum-Setup benannt, aber auch sonst ändert sich einiges: Im Laufe der ersten drei Beispiele kommen alle Bassdrums und Hi-Hats zum Einsatz. Außerdem verwendet der rockige Groove (Slingerland) statt Coated-Fellen die aggressiveren Clear-Felle auf den Toms. Zum Abschluss gibt es noch einen Vergleich zum Vorgänger, der auf dem MIDI-Arrangement des ersten Tracks beruht, und auch eine Gegenüberstellung zu FXpansions BFD2 bietet sich an. Ihr hört den unverfremdeten Sound der Libraries. Bei keinem der Beispiele wurden zusätzliche Effekte verwendet.
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Ludwig Black BeautyGMS PiccoloSlingerlandDFH Superior 1BFD 2
Der Sound der Core-Library wirkt im Gegensatz zu BFD2 und auch zum DFH Superior sehr viel aufgeräumter und durchsetzungsfähiger – oder schlicht und einfach fetter. Mit gutem Gewissen möchte ich unterstellen, dass hier die eine oder andere Effektkette eingeschleift wurde, um den Klang der Samples gehörig aufzupolieren. Ob das nun gefällt oder nicht, ist eine Frage des Geschmacks. Richtigen „Schmutz“, wie mit dem roheren BFD2, wird man mit dem S2 nur schwer in seine Tracks bekommen. Die britische Variante von FXpansion ist also definitiv näher an einem echten Ergebnis nach einer „normalen“ Schlagzeugaufnahme. Der andererseits große Vorteil des vorbearbeiteten S2-Sounds ist, dass man ähnlich wie beim EZdrummer nicht viel drehen und putzen muss, um einen knackigen Grundklang zu erhalten, denn der ist von vornherein da, und zwar inklusive aller Übersprechungen, Spielweisen und Dynamikabstufungen.
Stichwort Dynamikabstufungen! Hier hat Toontrack sich ein eigenes Konzept einfallen lassen. Die Anschläge auf den Trommeln und Becken sind nicht ausschließlich aufeinanderfolgend von leise bis laut angeordnet, sondern in drei Kategorien unterteilt: Soft, Gradient und Hard. Die eben beschriebene lineare Anordnung findet sich nur im mittleren Bereich (Gradient) und zwar mit bis zu 15 Schritten. Alle extrem leisen und lauten Schläge greifen auf einen Pool von bis zu 25 alternativen Multisamples zu, die nach einem System abgespielt werden, das einen unerwünschten Machinegun-Effekt praktisch unmöglich macht. Eine sehr sinnvolle und praxisorientierte Struktur, die der Wahrnehmung beim Hörer recht nahe kommen sollte, da das Ohr gerade in den extrem leisen Bereichen die feinen Unterschiede nicht mehr deutlich wahrnimmt. Trotzdem darf man nun die Angaben von oben nicht einfach für jede Trommel und jedes Becken zusammenzählen, denn die Instrumente unterscheiden sich in ihrem dynamischen Detail sehr deutlich voneinander. Crashbecken kommen zum Teil mit gerade einmal sechs bis sieben Layern aus, während die Bassdrums und Toms vor allem im Hard-Bereich sehr umfangreich gesampelt sind und die Snaredrums je nach Instrument zwischen insgesamt 33 und 59 Layern liegen.
Zur Demonstration gibt es nun ein Crescendo auf der Rogers Snare durch den gesamten Bereich der Velocity-Werte. Gegen Ende ist ein deutlicher Sprung zu hören. Das liegt nicht etwa daran, dass ein Layer gewechselt wird, sondern passiert, weil die Snaredrum bei maximalem Anschlagwert die Spieltechnik auf Rimshots ändert. Die lauten Kantenschläge, bei denen der Drummer zusätzlich zum Fell auch den Metallrahmen der Snaredrum trifft, haben verständlicherweise einen ganz anderen Klangcharakter.
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Snare CrescendoRodsBesenMallets
Alternativ zu den normalen Drumsticks können wir unserem Drummer entweder Besen, Rods oder Mallets in die Hand drücken. Der Bassdrum-Beater lässt sich für die Core-Library zwischen weichem Filz und hartem Plastik umschalten, und der Snareteppich, der für den typischen „schnarrenden“ Klang einer Snaredrum verantwortlich ist, lässt sich ebenfalls vom Resonanzfell der Trommel lösen. Auch wenn nicht jedes Instrument in Verbindung mit jedem Stick und jedem Schlagfell in der Library zu finden ist, kommt der S2 trotzdem zu einer opulenten Bandbreite an Sounds. In den folgenden Audios gibt es einige der möglichen Kombinationen zu hören. Im letzten Beispiel (Mallets) ist der Snareteppich gelöst.
Wem die Standard-Ausstattung nicht ausreicht, der kann den S2 weiter ausbauen. Momentan bietet Toontrack selbst drei verschiedene Erweiterungspacks an, eine weitere wurde jüngst angekündigt, und auch eine Drittanbieter-Library ist auf dem Markt. Diese klingen zum Teil roher und unbehandelter als die Core-Library (v.a. das Metal Foundry SDX) und wurden jeweils in unterschiedlichen Studios aufgenommen. Abgesehen davon hat das Interface des S2 keinerlei Berührungsängste mit anderen Produkten der schwedischen Drumsound-Spezialisten und importiert problemlos Drumsets aus der Vorgängerversion und dem EZdrummer. So wird das Plug-in zur Verwaltungsoberfläche des kompletten Toontrack-Fuhrparks. Vorbildlich!
Das Plug-in ist frisch installiert, freigeschaltet und flimmert fröhlich über den Bildschirm des Studiorechners. Der erste Blick fällt auf das Construction-Window, in dem sich der Set-Aufbau konfigurieren lässt. Schon beim ersten Öffnen freue ich mich, dass die Sounds im Hintergrund geladen werden und der S2 während des Datenschaufelns nicht die komplette Hostumgebung lahmlegt, wie das bei manchen anderen Plug-ins der Fall ist.
Auch während die Samples noch eingelesen werden, kann man die ersten Änderungen in der Zusammenstellung vornehmen. Das gestaltet sich ganz einfach: Ein Klick auf einen der kleinen Pfeile in der grafischen Darstellung öffnet ein Kontextmenü, in dem für jeden Sound-Slot die zur Verfügung stehenden Instrumente ausgewählt werden. Dabei empfiehlt es sich, die Memory & Status Anzeige links unten im Auge zu behalten, die jederzeit Aufschluss über den aktuellen Speicherbedarf des S2 gibt. Falls dieser zu groß werden sollte, gibt es schon hier die Möglichkeit, die Sounds von 24 Bit auf 16 Bit zu abzuspecken oder die Engine anzuweisen, nur Samples zu laden, die wirklich benötigt werden. Außerdem lässt sich im Bereich Voice & Layer neben der maximalen Stimmenanzahl je Instrument auch die Anzahl der Lautstärkeabstufungen für die Bereiche Soft, Gradient und Hard festlegen. Die einfachste Speichersparmaßnahme ist aber, ein kleineres Drumset zusammenzustellen, worauf die nicht verwendeten Sound-Slots, wie auch im Screenshot zu erkennen, transparent dargestellt werden.
Tipp: In der Default-Einstellung werden nicht von vornherein alle verfügbaren Layers geladen. Wer das Potenzial des S2 vollständig ausnutzen will und dies auch mit der Leistungsfähigkeit seines Systems vereinbaren kann, sollte diese Beschränkung also aufheben und das Ganze als Preset speichern.
Ebenfalls Teil des Construction-Windows sind eine Hüllkurve und ein Pitch-Modul. Beide ermöglichen tiefgreifende Veränderungen im Sound der einzelnen Instrumente, und im folgenden Video seht ihr unter anderem wie das funktioniert und wie es klingt.
X-Drums – Import aus anderen Libraries Dem einen oder anderen ist vielleicht aufgefallen, dass wir bisher nur auf Teile der Core-Library aus dem Avatar Studio zugegriffen haben. In den einzelnen Sound-Slots waren auch nur diese verfügbar, obwohl auch die Library des Vorgängers und die Erweiterung „The New York Studio Legacy Series Vol. 2“ auf unserem Testsystem installiert sind. An dieser Stelle treffen wir wieder auf das bereits angedeutete Prinzip „Ein Studio – ein Drumset“, das darin begründet ist, dass der Klang einer Schlagzeugaufnahme nicht nur von der Trommel selbst, sondern natürlich auch von den verwendeten Mikrofonen und dem Aufnahmeraum abhängt. Dementsprechend ist es auch nicht so einfach möglich, eine Bassdrum, die mit anderen Raum-Mikros in einem anderen Studio aufgenommen wurde, einfach mal so in ein Set zu integrieren, denn hier prallen Klangwelten aufeinander. Wer das trotzdem tun will, dem bietet sich natürlich auch dazu eine Möglichkeit, nämlich über den Import einer sogenannten X-Drum aus einer anderen Toontrack-Library. Wie das funktioniert, seht ihr ebenfalls wieder in einem kurzen Video.
Kontrollierte Blutung – Das Mixer-Window Die Signalvielfalt aus bis zu 22 Mikrofonen will gebändigt werden, und dazu hat der S2 einen sehr flexiblen Mixer an Bord. Eine gute Nachricht vorab: Das interne Mischpult ist bereits beim Laden des Default-Sets so eingestellt, dass ein vernünftiger Sound aus dem Plug-in kommt. Diese Voreinstellungen wurden auch schon für die bisherigen Audiofiles in diesem Testbericht verwendet, ohne dass ein Abstimmen der Raumanteile oder Panorama-Positionen nötig gewesen wäre.
Bevor wir weiter auf die Möglichkeiten des Interfaces eingehen, gibt es ein Video, in dem ich die verschiedenen Mikros der Core-Library vorstellen und das hervorragend flexible Management des Bleedings zeigen möchte.
Um den Effekt der Übersprechungen deutlich zu machen, gibt es nun auch noch einmal einen direkten Vergleich zwischen einer Spur mit minimalem Bleeding, das sich auf die Raum-Mikrofone beschränkt, und einer Version mit Bleeding in alle Mikrofone. Die zweite Version wirkt durchaus lebendiger – die zusätzliche Datenmenge, die das erst ermöglicht, hat also ihre Berechtigung.
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Ohne BleedingMit Bleeding
Die Kanäle der virtuellen Konsole sind, wie man das auch aus den meisten Sequencern kennt, in drei Kategorien unterteilt: Die Mikrofone (wenn man so will die Eingänge), 32 Busse (für Subgruppen und Send-Effekte) und 32 Ausgangskanäle. Die Routing-Möglichkeiten sind vielfältig, und prinzipiell kann einschließlich komplexer Sidechain-Schaltungen alles Denkbare umgesetzt werden. Sehr fein ist die Möglichkeit, mit nur einem Mausklick zwischen Stereo- und Multichannel-Konfiguration umzuschalten und so alternativ zum einzelnen Stereo-Out auch mehrere Kanäle im Mixer des Host-Sequencers zu beschicken. Letzteres empfiehlt sich vor allem, wenn die einzelnen Spuren mit der persönlichen High-End Effekt-Suite weiter bearbeitet werden sollen, denn auf diese kann man aus dem S2 heraus natürlich nicht direkt zugreifen.
Trotzdem gibt es aber fünf interne Effekte, die allesamt mit Algorithmen des Herstellers Sonalksis arbeiten. Die Qualität dieser Effekte ist dafür, dass es sich eigentlich nur um Zubrot in einem Plug-in handelt, erstaunlich gut. Neben den Standard-Werkzeugen in Form von Equalizer, Kompressor, Filter und Gate findet sich auch ein hervorragender Transienten-Designer, mit dem man seinen Drum-Tracks eine Extraportion Punch verleihen kann. Im folgenden Video kommen unter anderem alle integrierten Plug-ins zu Wort.
Drummer und Noten – Das Grooves-Window Wer viel mit echten Drummern spielt, der weiß: Wenn man einen Schlagzeuger aus dem Konzept bringen will, legt man ihm ein Blatt Notenpapier vor die Nase. Wenn man ihn ernsthaft traumatisieren will, schreibt man auch noch Noten darauf. All diese Probleme kennt unser Superior Drummer natürlich nicht. Im Gegenteil – er spielt sklavisch und ohne Widerspruch das was man von ihm verlangt.
Einen komplexen MIDI-Editor wie beispielsweise bei BFD2 bietet der S2 nicht an, aber der ist in diesem Fall auch nicht nötig. Die „Noten“ werden auf klassischem Weg von einer MIDI-Spur im Sequencer oder einem beliebigen Controller empfangen und dann von der Engine des Plug-ins entsprechend abgespielt. Trotzdem gibt es mit dem Grooves-Window aber eine Verwaltungs-Seite, auf der die mitgelieferten MIDI-Files angezeigt werden und natürlich vorgehört werden können. Die Anordnung in „Songs“, also eine übergreifende Struktur für ähnliche Grooves mit dazugehörigen Variationen und Fills, scheint sehr sinnvoll und übersichtlich. Sobald man sich für ein File entschieden hat, lässt sich dieses über Drag and Drop ganz einfach in eine Spur des Sequencers ziehen, und dort sind weiteren Bearbeitungen natürlich keine Grenzen gesetzt. Sehr schön ist auch die Möglichkeit, nur die Parts einzelner Instrumente zu extrahieren und diese im Sequencer neu zusammenzufügen. Die Hi-Hats aus einem Groove mit der Bassdrum und Snaredrum aus zwei anderen kombinieren? Kein Problem!
Die einzige wirkliche MIDI-Bearbeitungsfunktion des Grooves-Windows ist ein Velocity-Regler, mit dem sich festlegen lässt, wie sensibel oder eben auch unsensibel unser Drummer mit seinem Instrumentarium umgeht. Über den Instrument-Bereich rechts unten, der auch von den meisten anderen Ansichten aus zugänglich ist, kann man dies auch für einzelne Trommeln oder Becken einstellen. Beim Drag and Drop in den Sequencer werden diese Einstellungen dann übernommen.
Damit kommen wir auch zum ersten wirklichen Kritikpunkt, den ich am Superior Drummer 2 habe: Es gibt weder Swing-Quantisierung oder eine Art Groove-Lock, noch eine Humanize-Funktion für das Timing. Die Möglichkeit, auf Preview-Basis verschiedene Feels anzutesten, ein bestehendes MIDI-File als Grundlage für das Mikrotiming zu verwenden oder allzu menschliche Schwankungen im Tempo hinzuzufügen, stünde dem Plug-in schon wirklich sehr gut zu Gesicht. All dies muss über den Editor des Host-Sequencers gemacht werden.
Notes and Nodes – Das Mapping-Window Wie schon mehrfach angedeutet, bietet der S2 je nach Instrument eine geballte Auswahl von verschiedenen Spieltechniken an. Die Hi-Hats präsentieren sich in diesem Kontext am vielfältigsten und bieten 14 Möglichkeiten, wie der Drummer seinen Stick, Rod, Besen oder Mallet auf das Beckenpärchen herniedersausen lassen kann. Diese hohe Anzahl hängt unter anderem damit zusammen, dass die Hi-Hats im wirklichen Leben die Möglichkeit bieten, sie mit dem Fuß zu gewissen Graden zu öffnen, und dem wird im Plug-in Rechnung getragen. Ebenfalls sehr umfangreich zeigen sich die Snaredrums. Normale Schläge in der Mitte des Fells, Schläge im äußeren Bereich, abgedämpfte Schläge, Rimshots, Rimclicks … Insgesamt gibt es hier je nach Stockauswahl bis zu zehn Techniken. In Anbetracht einer solchen Menge an Sounds erscheint es also nötig, eine gute Organisation hinter die verschiedenen Artikulationen zu bringen, die idealerweise so flexibel ist, dass sie sich auf oft sehr unterschiedlich konfigurierte Controller einstellen kann.
Um es kurz zu machen: Das Mapping-Window bietet genau diese Organisation an. Über MIDI-Learn bringt man dem S2 in kürzester Zeit die Sprache eines jeden Controllers bei. Einzelne Spieltechniken lassen sich den Pads, Tasten oder Triggern frei zuweisen, und für Hi-Hats und Snare gibt es zudem Kombi-Programme, die auf komplette E-Drumsets zugeschnitten sind.
Mit den MIDI-Nodes bietet Toontrack eine weitere sehr schöne und funktionale Idee an, die auf dem Grundgedanken beruht, verschiedene Instrumente oder Artikulationen auf einer MIDI-Note (also z.B. einer Taste des Controller-Keyboards) zu kombinieren. Welche weiteren Möglichkeiten dabei bieten, erfahrt ihr im Video!
Was bei all der Variationsbreite von verschiedenen Spieltechniken und Samples fehlt, ist eine ordentliche Mute-Funktion zum zeitgenauen Abstoppen eines klingenden Beckens. Zwar gibt es die Mute-Artikulation, bei der ein Crashbecken angeschlagen und sogleich wieder abgedämpft wird, diese ist aber für manche Arten von Stöcken und generell für Ride-Becken nicht verfügbar. Für Breaks, in denen völlige Stille herrschen soll, muss man also leider auf Automatisierung der Lautstärke zurückgreifen, um das nachschwingende Metall zum Schweigen zu bringen. Ein kleiner Wermutstropfen in einem sonst hervorragenden Konzept.
Ein Noten-Dolmetscher – Der EZplayer Pro An dieser Stelle möchte ich kurz den ebenfalls im Paket enthaltenen EZplayer Pro einschieben. Dieser MIDI-Organizer ist zwar kein direkter Bestandteil der Oberfläche des S2, sondern ein eigenes Plug-in, steht aber in direkter Verbindung mit dem Grooves- und Mapping-Window. Hier lassen sich MIDI-Files auf internen Arrange-Tracks zusammensetzen, die der klassischen MIDI-Spur in etwa entsprechen. Tiefgreifende Bearbeitungen sind auch hier nicht möglich, aber erwähnen möchte ich den Player hier wegen der wirklich genialen Funktion, einen Groove in das Mapping anderer Drum-Sampler übersetzen zu können.
Gerade bei der großen Bandbreite verschiedener Spielweisen gibt es keinen Standard für die Belegung der MIDI-Noten, was es oft schwierig macht, Grooves von anderen Herstellern zu verwenden. Ist die Note auf dem C1 nun ein Bassdrum oder doch ein Rimclick? Der EZplayer behebt dieses Problem und spricht beispielsweise fließend BFD2, Addictive Drums und Battery (und weit mehr), importiert diese Files entsprechend und spielt darauf den Dolmetscher für ein Plug-in nach Wahl. Voraussetzung ist natürlich, dass dort das Standard-Mapping verwendet wird. Sehr schön!
Die interne Bounce-Funktion Und schon sind wir nach dem kleinen Ausflug zum EZplayer wieder zurück auf der GUI des S2 selbst. Die interne Bounce-Funktion ermöglicht es, eine komplette Passage als Audio-Files in den Host-Sequencer zu exportieren und somit den Arbeitsspeicher, den der S2 in Beschlag nimmt, wieder freizugeben. Hierfür gibt es einige sehr interessante Optionen.
Wer zu den aktiven RAM-Sparern gehört, wird während des Programmierens oder Einspielens möglicherweise einen Teil der Übersprechungen abgeschaltet haben. Für den fertigen Track lassen sich diese zusätzlichen Samples aber in den Mixdown mit einbeziehen und zwar ohne dass es nötig wäre, sie zu laden. Die einzelnen Instrumente können in 16 oder 24 Bit entweder direkt oder durch den Mixer gebounct werden. Auf Wunsch erzeugt der S2 sogar separate Spuren für Close-Mic und Bleeding, und auch die verschiedenen Becken können entweder gemeinsam als Overheads-Track oder getrennt als einzelne Dateien abgelegt werden. Je mehr Einzelspuren man hier exportiert, desto größer wird natürlich der Platzbedarf auf der Festplatte, aber eben auch die Flexibilität in der weiteren Bearbeitung.
Der Vorgang gestaltet sich relativ einfach: Man schaltet die Funktion scharf und lässt darauf die gewünschte Passage im Sequencer laufen. Nach Beendigung der Wiedergabe zeigt das Interface an, wie viele Samples gezählt wurden und erzeugt nach einem Klick auf den Bounce-Button die entsprechenden Dateien in einem Ordner nach Wahl. Übermäßig genial wäre es natürlich, wenn der S2 sich diese Files im Hintergrund merken könnte und es erlauben würde, den internen Mixer mit ihnen zu füttern. So könnte man das RAM freigeben und das Mischpult trotzdem bis zum Abschluss der Produktion weiterverwenden.
Der Toontrack Superior Drummer 2 trägt seinen Namen wirklich völlig zu Recht. Für sein Geld bekommt man sehr saubere und druckvolle Drum-Samples in hoch detaillierter Form, die sich von vornherein sehr gut in einem Arrangement durchsetzen können. Die Philosophie „Ein Studio – ein Drumset“ macht Sinn. Statt eines ganzen Fuhrparks von Instrumenten bekommt man ein Drumkit, das mit verschiedenen Arten von Stöcken und Fellen aufgenommen wurde und in Kombination mit der Auswahl an Snaredrums und Becken ein breites Spektrum an Klangmöglichkeiten eröffnet. Trotz der großen Datenmenge kann der Arbeitsspeicher des Rechners auf vielerlei Art entlastet werden, so dass auch mittlerweile etwas angegraute Systeme problemlos mit dem Plug-in umgehen können.
Das Interface ist übersichtlich gestaltet, lässt sich intuitiv bedienen und läuft zudem höchst stabil. Während der gesamten Testphase kam es zu keinerlei Abstürzen. Der interne Mixer bietet mit den Effekten aus dem Hause Sonalksis eine hochwertige Palette an Bearbeitungsmöglichkeiten, mit denen der recht hohe Wiedererkennungswert der Toontrack-Drums geschmälert werden kann und ist genauso wie die Organisation des Mappings sehr flexibel. Die einzige Erbse unter meiner Matratze ist das Fehlen von erweiterten Quantisierungs-Funktionen und einer Möglichkeit, den Klang der Becken zeitgenau abzustoppen.
Wer auf der Suche nach einem hochwertigen Drum-Modul ist und keinen erhöhten Wert auf völlig unbearbeitete und rohe Sounds legt, der sollte zuschlagen!
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
erstklassiger vorbearbeiteter Sound
Import und Verwaltung aller anderen Toontrack-Drums
Ein wirklich hervorragender Test, der eigentlich mehr ein Tutorial ist! Habe sowohl den Text, als auch die Videos als äußerst hilfreich empfunden. Hiermit konnte ich die Möglichkeiten des Programms noch besser nutzen. Vielen Dank Alexander Berger!
sehr schön erklärt, jedoch habe ich nach der Installation des SP 2.0 das Problem das sämtliche Soundfiles in Grooves bzw. allgemein in der Library fehlen. Woran liegt das und wie kann ich es beheben?
Hi Stefan, soweit ich mich erinnere, vollzieht sich die Installation in zwei Schritten: Zuerst das Plug-in, danach wird ein eigener Installer für den Content gestartet. Falls das nicht das Problem ist, und du den Content bereits installiert hast, guck doch mal auf die Settings-Seite auf der Plug-in Oberfläche und sieh nach, ob die Pfade zu den Library-Ordnern stimmen. Vielleicht hilft das. Liebe Grüße, Aggi Berger.
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Hansmann sagt:
#1 - 19.06.2013 um 03:41 Uhr
Super Bericht, bzw. super Tutorial! Vor allem die Videos sind sehr schön gemacht und super erklärt!
Sebastian sagt:
#2 - 20.06.2013 um 17:12 Uhr
Ein wirklich hervorragender Test, der eigentlich mehr ein Tutorial ist!
Habe sowohl den Text, als auch die Videos als äußerst hilfreich empfunden. Hiermit konnte ich die Möglichkeiten des Programms noch besser nutzen.
Vielen Dank Alexander Berger!
Stefan sagt:
#3 - 30.01.2014 um 23:57 Uhr
sehr schön erklärt, jedoch habe ich nach der Installation des SP 2.0 das Problem das sämtliche Soundfiles in Grooves bzw. allgemein in der Library fehlen. Woran liegt das und wie kann ich es beheben?
Aggi Berger sagt:
#4 - 31.01.2014 um 05:18 Uhr
Hi Stefan, soweit ich mich erinnere, vollzieht sich die Installation in zwei Schritten: Zuerst das Plug-in, danach wird ein eigener Installer für den Content gestartet. Falls das nicht das Problem ist, und du den Content bereits installiert hast, guck doch mal auf die Settings-Seite auf der Plug-in Oberfläche und sieh nach, ob die Pfade zu den Library-Ordnern stimmen. Vielleicht hilft das. Liebe Grüße, Aggi Berger.