Wenn man sich das Cover der Rock Warehouse SDX ansieht, dann scheint es so, als hätte sich die schwedische Sample-Schmiede Toontrack an der Paradedisziplin einiger ihrer Landsmänner versucht: Gigantische Lagerhallen bis unters Dach mit allerhand Artikeln zu befüllen. Im Gegensatz zu der ebenfalls schwedischen und allseits bekannten Möbelhauskette mit dem blau-gelben Logo findet sich in Toontracks Warenlager aber natürlich keine Inneneinrichtung, sondern wie gewohnt ausgesuchtes Schlagzeug-Equipment in Sample-Form.
Auf das Mieten eines Kleinlasters zum Transport kann man dementsprechend verzichten. Das Herumschrauben an den Sounds ist erfahrungsgemäß aber gerade im Fall der generell sehr flexiblen SDX-Pakete durchaus möglich. Im Test sehen wir uns die Erweiterung aus dem Rock-Lager genauer an.
Details
Allgemeines
Die einzelnen SDX-Pakete (SDX = Superior Drummer Expansion) sind weit davon entfernt, klanglich immer wieder in die gleiche Kerbe zu schlagen. Die Aufnahmen stammen größtenteils aus unterschiedlichen Studios und wurden dementsprechend von unterschiedlichen Teams mit ganz unterschiedlichen Philosophien gemacht. Das hört man natürlich. Bevor wir uns die Rock Warehouse SDX genauer ansehen, gibt es als kleine Orientierungshilfe also zunächst noch einmal einen kurzen Blick auf die grundlegenden Eigenschaften der Software und auf die bislang erhältlichen Libraries: Metal Machinery SDX, The New York Studios Vol. 3 SDX, Roots SDX, Music City USA SDX, Custom & Vintage SDX, The Metal Foundry SDX, The New York Studios Vol. 2 SDX und Core-Library (The New York Studios Vol.1).
Generell gilt für alle Sprösslinge der Superior-Familie, dass sich die Anzahl der Einzelsamples für jedes Instrument im Drumset über verschiedene Spielweisen, Anschlagstärken und Übersprechungen in eine umfangreiche Auswahl an verschiedenen Mikrofonen ergibt. Toontrack bietet also prinzipiell einen äußerst umfassenden Sample-Pool, der den Klang jeder Trommel und jedes Beckens über jedes der verwendeten Mikrofone beinhaltet. So hört man beispielsweise ein Crash-Becken auch in den Tom-Kanälen oder ein Tom in den Snare-Kanälen. Das ist also wie im richtigen Leben, mit dem kleinen Unterschied, dass all das auch in der Lautstärke angepasst oder deaktiviert werden kann.
Die klangliche Vielfalt der unterschiedlichen Erweiterungen macht es nicht ganz einfach, Bestandteile verschiedener SDX-Libraries untereinander zu kombinieren, ohne dabei gewisse Einbußen im Realismus des Klangs zu verzeichnen. Hinzu kommt die deutlich variierende Ausstattung an verschiedenen Mixer-Channels. So wurden die Instrumente der Core-Library beispielsweise zusätzlich von einem trashigen Bullet-Mikrofon eingefangen, die Custom & Vintage SDX bietet einen vorkomprimierten Raum, und um die Snaredrums der Metal Foundry reihten sich im Studio sage und schreibe fünf Close-Mics. Aus diesen Gründen zieht die Engine bewusst eine Trennlinie zwischen den unterschiedlichen Libraries. Eine Integration von Trommeln aus anderen Erweiterungen ist über die sogenannten X-Drums aber natürlich trotzdem möglich. Da dies nicht immer sinnvoll sein muss, ist die Software aber nicht dazu ausgelegt, solche Neukombinationen in die Extreme zu treiben. Das Prinzip der X-Drums wird in unserem ausführlichen Testbericht zum Superior Drummer 2 erklärt.
Bevor es nun ans Eingemachte geht, bekommt ihr ein MIDI-File zu hören, das ohne viel Drehen und Schrauben durch die Standard-Presets der Core-Library und der verschiedenen Erweiterungen gejagt wurde. Schon hier wird deutlich, dass sich die erhältlichen SDX-Pakete zum Teil durch sehr unterschiedliche klangliche Eigenschaften auszeichnen.
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Rock Solid goes Superior
Zeit, den Spot wieder auf unseren Testkandidaten zu richten! Die etwa 20 Gigabyte große Library liegt, gemessen an ihren Datenvolumen (ähnlich wie die zuletzt veröffentlichten New York Studios Vol. 3), im Mittelfeld der verfügbaren Erweiterungen. Sobald die Files von den drei Installations-DVDs in das Superior-Verzeichnis auf der Festplatte kopiert wurden, wird die SDX automatisch erkannt und ist direkt über die GUI des Superior Drummer 2 abrufbar. Die nötige Online-Autorisierung läuft gewohnt problemlos über ein Challenge-Response-Verfahren. Genauso wie bei allen anderen Toontrack-Produkten kann die Software für jeweils zwei Rechner gleichzeitig aktiviert werden.
Nutzer des schlankeren EZdrummer (sprich: „Easy Drummer“), mit dem Toontrack das günstigere Preissegment abdeckt, werden mit einigen der Sounds dieser SDX möglicherweise schon Bekanntschaft gemacht haben, denn Teile des verwendeten Materials wurden bereits 2012 mit der Rock Solid EZX (EZdrummer Expansion) veröffentlicht. Wie gewohnt, ist der Detailgrad der Samples in der Superior-Variante aber sehr viel höher als bei den insgesamt nur 530 MB wiegenden Kits für den EZdrummer. So finden sich neben einer erweiterten Auswahl an Equipment vor allem mehr Spielweisen, Velocity-Layer und Mixer-Channels, was letztendlich für einen weitaus realistischeren Klang und größere Flexibilität sorgt.
Studio und Equipment
Die Liste der Top-Studios dieser Welt, in denen Toontrack noch keine Drumsamples aufgenommen hat, wird zusehends kürzer. Auch hinter das Warehouse Studio in Vancouver kann das Team um Gründer und Mastermind Mattias Eklund nun einen Haken machen. Das Gebäude, das heute die Studioräume beherbergt, diente ehemals als Stadthalle, Gefängnis und später als Lagerhaus einer Glasmanufaktur. Im Jahr 1997 kaufte kein Geringerer als Bryan Adams das geschichtsträchtige Bauwerk und begann den Studiobetrieb. Die Liste der Künstler, die dort Aufnahmen für ihre Alben machten, ist erwartungsgemäß ellenlang und höchst beeindruckend (AC/DC, R.E.M., Slayer und viele, viele weitere), und auch der Hausherr arbeitete dort natürlich an seiner Musik. Anhand dieser Informationen lässt sich also bereits absehen, dass der Zusatz „Rock“ im Titel dieser SDX nicht ganz unpassend gewählt ist.
Aufgenommen wurden die Samples in Studio 2, einem etwa 170 Quadratmeter großen Tracking-Raum mit einer Deckenhöhe von gut sieben Metern. In dieser Beziehung passt sich die Rock Warehouse SDX also in die Reihe der akustisch größer dimensionierten Drums ein (z.B. Core-Library, New York Studios, Music City) und setzt sich gleichzeitig von den tendenziell tighter klingenden Räumen (v.a. Custom & Vintage, aber auch Metal Foundry) ab. Technisches Herzstück des Studios ist eines von weltweit drei existierenden Neve Air Mischpulten, die 1977 von Rupert Neve für George Martin (den „fünften Beatle“) gebaut wurden. Bedient wurde die Konsole von Produzent und Engineer Randy Staub, der unter anderem mit Metallica und Bon Jovi an der Entstehung von echten Meilensteinen der Rock-Geschichte beteiligt war. Die Drums wurden vom ehemaligen Nickelback-Drummer Ryan Vikedal bedient, der auch den zugehörigen MIDI-Content über E-Drums eintrommelte.
Bei der Rock Warehouse SDX handelt es sich mit Sicherheit nicht um eine Library, die alte Vintage-Ikonen aus den 1950er und 1960er Jahren wieder aufleben lassen will. Das verwendete Instrumentarium ist aus tendenziell modernerem und jüngerem Equipment gewählt. Insgesamt wurden drei komplette Kits aufgenommen: Ein Ayotte Custom, ein Gretsch USA Custom und ein Dunnett Titanium. Die zwei zusätzlichen Bassdrums und fünf zusätzlichen Snares runden die interessante Auswahl ab, die auch vor manchen exotischeren Sounds nicht zurückschreckt. Zudem wurde jedes der drei Kits mit einem zugehörigen Beckenset (alles von Zildjian) aus je einer Hi-Hat und vier Crash-Becken gesampelt. Ride-Becken gibt es insgesamt zwei, auch zwei Chinas, zwei kleine Splash-Becken, ein Becken-Stack, ein Tamburin und eine Cowbell sind zu finden.