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Tracktion Kult Test 

Tracktion Kult im Test: Tracktion Kult bringt den Chaos-Faktor in die Soft Synths: Zwei Chaos-Oszillatoren erzeugen komplexe Synth-Sounds, wie man sie auch in Novum zu hören bekommt. Auch eine große und vielfältige Preset-Library ist mit dabei. Die Filter- und Routing-Optionen fallen üppig aus.

Nach Abyss, Chop Suey und Novum kommt mit Kult nun das vierte Software-Instrument von Dawesome ins Tracktion-Sortiment. Der rote Faden der VSTs: eine funktionale Oberfläche vor düsterem Hintergrund und grellbunten Elementen, ein bestehendes Instrumentenkonzept wie Granular-Synthese oder FM um drei Ecken weitergedacht und eine mit prominenten Sounddesignern gespickte Preset-Library. Abyss und Novum vereinte außerdem das Cineastische und Drone-ige. Minutenlang konnte man einzelne Töne halten und ihnen beim Mäandern und Lebendigwerden zuhören. Wie hoch ist nun also der „Kult“-Faktor beim neusten Streich?

Checkliste zum Kauf von Tracktion Kult

  • Software Synthesizer mit zwei Chaos-Oszillatoren
  • 35 Wellenformen pro Oszillator
  • Über 300 Presets
  • Sehr organischer, musikalischer Sound
  • (noch) CPU-lastig

Details und Praxis

In Tracktion Kult herrscht Chaos

In Kult erzeugen zwei Chaososzillatoren den Klang. Deren Wellenformen basieren auf dem Prinzip „Strange Attractors“ (dt. seltsame Attraktoren), das aus der Chaos-Forschung stammt. „Strange Attraktors“ sind Kurven im dreidimensionalen Raum, die sich über die Zeit verändern – sie sind im Vergleich zu eindimensionalen Oszillatorwellen damit weitaus komplexer. Dawesome hat ein Verfahren entwickelt, das diese 3D-Wellen zurück in 1D-Oszillatorwellen umwandelt. Heraus kommen sich laufend verändernde, äußerst organisch klingende Klangspektren. 

Tracktion Kult Software Synthesizer Wellenformdarstellung
Die dreidimensionalen Wellenformen der beiden Oszillatoren.

So weit, so technisch. Bisher bin ich dem Prinzip der Chaos-Oszillatoren bei Newfangled Audio Generate (und seinem Freeware-Pedant Pendulate im Vertrieb von Eventide) begegnet. Der Soft Synth gehört zu den innovativsten der letzten Jahre. Er ist allerdings auch nicht ganz leicht zu bändigen. In Generate war die Menge an Verzerrung und rauschnahem Klangmaterial bei eigenem Sounddesign war am Anfang nicht gerade klein. Wie ist das bei Kult? 

Wie klingen die Presets in Kult?

Über 300 Presets sind ab Werk dabei – üppig für eine erste Version. Macher Peter V hat selbst einige Sounds beigetragen, außerdem ist Sounddesignprominenz wie Data Broth, Yuli Yolo oder Spektralisk mit dabei. Aus insgesamt neun Kategorien kann man Presets auswählen. Was hier alles an epischen Pads, kurz vorm akustischen Wahnsinn stoppenden Drones und eklig fiesen Bässen dabei ist, vertont allein eine ganze Horror-SciFi-B-Movie-Sammlung. 

Preset Browser vom Kult von Tracktion
Preset Browser vom Kult von Tracktion

Neben Standards wie Arpeggios im Stranger Things Theme oder Pads für jede Stimmung sind es außerdem vor allem Keys und Leads, die mich (positiv) überraschen. Nicht, weil sie wie der Xte Juno-Klon klingen, sondern, weil ich Sounds dieser Kategorien selten derart natürlich und brachial erlebt habe. Gerade mit einem einigermaßen Velocity-sensitiven MIDI-Controller macht das Spielen vieler Keys- oder Lead-Presets in Kult einfach nur Spaß. 

Workflow und Oberfläche von Tracktion Kult sind etwas anders

Im Vergleich zu Vorgänger Novum haben Modulationsmatrix und Preset-Browser bei Kult die Seiten getauscht: Erstere ist nun links, letzterer rechts. Dazwischen sitzen die beiden Oszillator-Slots. In beiden wählt man aus 35 Wellenformen nach seltsamer Attraktorenart. Darunter befinden sich Klassiker wie diverse Unterarten der Saw-, Square- und Sine-Fraktion, aber auch sehr ungewöhnliche Wellen. Die jeweilige Wellenform kann man anschließend im Oszillator-Slot mit dem Regler Saw mehr nach Sägezahn und mit dem Regler SQ mehr nach Rechteck klingen lassen. Dazu wird es mit den Parametern F-Shift (Frequency Shift) und S-Shift dissonant. 

Auswahl an Wellenformen im Synthesizer Kult
Große Auswahl bei der Wellenform.

In der Mitte zwischen den (Wellenformdisplays) thront der Fade-Regler, der für die Signalanteile beider Oszillatoren zuständig ist – hervorragend für Modulationen mit LFOs und Hüllkurven. Im unteren Bereich gibt es separat für jeden Wellenerzeuger eine große Sektion zur weiteren Klangveränderung. Neben der Tonhöhe (Pitch) gibt’s hier je einen FM- und einen AM-Bereich für komplexe Modulationen mit Obertönen noch und nöcher. Mit dem Vowel-Filter lässt Kult Stimmen fast wie Daft Punk sprechen. Unison hingegen vervielfacht die einzelne Welle für epische Breite bis zu fünfmal. 

Dual-Filter und Effekte im Soft Synth

Das Ganze wird dann von einem dualen Filter-Modul gezähmt, entweder seriell hintereinander oder parallel. Klassisch stehen Lowpass, Bandpass und Highpass in den üblichen Flankensteilheiten 12 und 24 dB pro Oktave zur Auswahl. Das ist aber noch längst nicht alles. Jedes Filter verfügt über einen eigenen vorgeschalteten Verzerreffekt und einen separaten Kamm-Filter. Wer dem Obertonregen aus den Oszillatoren nachtrauert, kann hier nachbessern. 

Filterbereich im Software Synthesizer Tracktion Kult
Ein Cutoff, zwei Filter – alle anderen Einstellungen kann man separat vornehmen.

Wenig Überraschendes bei den Effekten: fünf Slots, zwei Effektwege und sieben Effekte sind dabei, darunter drei Reverb-Geschmäcker, Delay, Modulation und EQ. Die beiden Effektwege sind allerdings sehr praktisch, da es jeweils separate Dry/Wet-Regler gibt. So kann ich einen Weg mit sanftem Reverb und einem EQ dahinter voll dazudrehen, während im zweiten nur ein Delay ein trockenes Echo erzeugt wird. 

Modulation und Arpeggiator in Tracktion Kult 

Links lädt man die Modulatoren. LFOs, Hüllkurven, ein Step Sequencer und ein Random-Modul sind genauso dabei wie diverse MIDI- und MPE-Modulatoren – zum Beispiel CC, Pressure oder Slide. Der Workflow für Modulation: Modulator anklicken, das Ziel wählen (wie den Cutoff im Filter oder Tune im Oszillator) und anschließend die Modulationsstärke durch Aufziehen des kleinen Rädchens bestimmen (siehe Bild). Gerade der Sequencer verwandelt mithilfe von rhythmischer Modulation auf Parametern wie FM, AM, SQ oder Vowel selbst langweilige Saw-Waves in Glitch-Partys. 

Modulatoren im Software Synthesizer Tracktion Kult
Slide, Glide, Lift und Pressure sind polyphone Modulatoren, pro Stimme für MPE-Instrumente.

Weniger Glitch, dafür mehr Melodie kommt aus dem Arpeggiator. In Traktion Kult ist eine Ausführung inklusive Akkord- und Tonart-Modul dabei. Ganz ähnlich wie im Chord-Werkzeug von Ableton Live stellt man auch in Kult die Intervalle zum gespielten Ton ein. Und schon wird selbst aus einer gehaltenen Note ein bis zu sechsstimmiger Akkord. Damit dieser tonal auch auf mehreren gespielten Noten funktioniert, legt man unter Scale die leitereigenen Töne fest. Das gesamte Gebilde lässt sich bei „Pitch“ dann bequem in jede Tonhöhe transponieren. Dazu gibt es sechs Pattern. Diese bestimmen ähnlich wie die „Up/Down“-Einstellungen anderer Arpeggiatoren die Abspielrichtung. 

CPU-Schwergewicht Kult

Durch die Kombination aus Unison-Engine und Chord-Modul sowie die ewig ausklingenden Sounds geht es bei den Oszillator-Stimmen teilweise bis hin zu 500 Stimmen Polyphonie. Das hat selbst auf meinem gut ausgestatteten M1 Pro Macbook Pro zu CPU-Overloads und hörbarem Knacksen geführt. 

Tracktion Kult Soft Synth
Durch das festgelegte Polyphonie-Maximum ist Kult selbst bei komplexen Patches CPU-freundlich.

Auf Nachfrage empfiehlt Dawesome, die maximale Polyphonie von 500 auf 100 oder niedriger zu drosseln – das geht in Kult ganz unten rechts. Was auch hilft, ist die Oversampling-Qualität (direkt daneben) schrittweise auf „Eco“ herunterzusetzen. Nachdem ich beides angepasst hatte, konnte ich störungsfrei weiter arbeiten.

Einziger Stolperstein: Der Arpeggiator hat im laufenden Betrieb gerne mal den Anschluss zum DAW-Tempo verloren und lief nicht synchron. Aber auch auf diese Anfrage liefert Dawesome nicht nur eine Antwort, sondern auch gleich die nächste Beta, in der der Fehler behoben ist. Version 1.02 ist eventuell beim Erscheinen dieses Tests bereits draußen.

Audio Samples
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01. YY Cynephyl 02. BIREAKTOR 03. Strongtowns 04. LD Phonet 05. Plucked 06. Settlement – Invasion

Fazit

Tracktion Kult klingt großartig. Lange haben mich Instrument-Presets nicht mehr so sehr zum Spielen gebracht. Andere Soft Synths wie Pigments oder Novum glänzen da nämlich eher mit Sounds, die man genauso gut programmieren kann. Kult macht hingegen Spiellaune. Über 300 Sounds in Version 1 beizulegen, ist außerdem eine Ansage. 

Die CPU-Belastung ist für mich der einzige, aber erwähnenswerte Stolperstein. Vielleicht findet Dawesome einen Weg, Kult mit zukünftigen Updates so zu optimieren, dass auch komplexe Presets nicht so schnell über die Stränge schlagen.

Schaut man sich nämlich die Entwicklung von Pigments an, kann ich mir eine ähnliche Richtung für Tracktion Kult sehr gut vorstellen – die erste Version war bereits gut, zwang CPUs aber laufend in die Knie. Bis zum Leichtgewicht Version 4 hatte sich das aber längst erledigt.

Traktion Kult Test

Features

  • Polyphoner Software-Synthesizer mit zwei Chaos-Oszillatoren
  • 35 Wellenformen bei jedem Oszillator (Saw, Sine und Square, White Noise u. v. m.)
  • 314 Presets in sieben Kategorien: Bass, Brass, Pad, Lead, Drone, FX, Keys, String, Rhythm
  • Pro Oszillator Sound-Shaping-Module Pitch, FM, AM, Vowel und Unison
  • Duales Filter (seriell oder parallel) mit Lowpass, Bandpass, Highpass, Dazu pro Filter ein zusätzlicher Comb-Filter und eine Distortion-Einheit
  • Arpeggiator mit Chord Funktion, 6 Arp-Pattern, Scale-Funktion zum Festlegen der Tonart,
  • Effekte: Sieben Effekte in sechs Slots, zwei Effektwege
  • Modulation: 9 MIDI-Modulatoren (CC, Modwheel, Keytrack, Glide und mehr) und 4 automatische Modulatoren (LFO, ADSR, Step und Random)
  • GUI in drei Größen skalierbar
  • Preis: Tracktion Kult 4 120,99 Euro (Straßenpreis 16.01.2023 bei Plugin Boutique)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Lead und Keys-Sounds in Kult klingen sehr musikalisch und organisch
  • Große Bandbreite in den über 300 Presets
  • Übersichtliche Oberfläche
  • Ungewöhnliche Sounddesign-Möglichkeiten (AM, S-Shaping)
  • Zwei Effektwege
Contra
  • CPU-lastig
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