Praxis
Neue Audio-Engine schont CPU
Tracktion Waveform Pro 12 nutzt eine komplett neue Audio-Engine. Dadurch sinken die CPU-Leistungsanforderungen der DAW laut Hersteller zum einen um bis zu satte 25 Prozent, außerdem können moderne Mehrkern-Systeme bei der Musikproduktion besser ausgenutzt werden. Das wiederum verspricht mehr Flexibilität beim Signal-Routing.
Da der Rechner, der zu diesem Test verwendet wurde, nur so vor Leistung strotzt, ist die Überprüfung der Herstellerangaben nur schwer möglich, da nicht wirklich spürbar. Im Testbetrieb läuft Waveform 12 zumindest völlig stabil und absolut geschmeidig, das sollte mit der neuen Engine auch auf älteren Systemen möglich sein.
Selbst beim Abspielen größerer Projekte kommt die neue Audio-Engine nicht so schnell ins Schwitzen.
Das Auge isst mit
Das grafische Interface wurde komplett überarbeitet und bietet nun zwei unterschiedliche Modes: Light und Dark. Auch der Color-Editor, den es bereits in früheren Versionen gab, ist zurück. Damit lässt sich die grundlegende Optik der DAW beeinflussen, man kann aber auch Farbakzente setzen und Flächen hervorheben. Color-Schemes lassen sich zusätzlich abspeichern und importieren, oder man nutzt einfach eines der fast 30 vorhandenen.
Für mehr Übersichtlichkeit hat Traktion die ehemals separaten Sektionen für Actions und Properties zu einem Fenster kombiniert, das über den Visibility-Manager ein- und ausgeblendet wird. Den dadurch gesparten Platz füllt das neue dedizierte Action-Panel.
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Endlich gibt es einen Master-Track
Ebenfalls neu in Tracktion Waveform Pro 12 ist der Master-Track. Zum einen gibt es ihn nun als Channel im Mixer-Fenster, in Version 11 gab es den noch nicht. Zum anderen kann der Master-Track nun über das Visibility-Tab, quasi als eigene Spur, in das Arrangement-Fenster eingeblendet werden, um dort zum Beispiel Automationen einzuzeichnen. Zusätzlich ist die Anzahl an möglichen Insert-Effekten für den Master-Kanal von 4 auf 16 nun deutlich erhöht.
Erweiterter Controller-Support
Das Nutzung externer Controller ist in Waveform Pro 12 ebenfalls leichter geworden. Einige Geräte von Herstellern wie Icon, Presonus, Native Instruments und Behringer sind für den besonders schnellen Anschluss bereits integriert, weitere sollen künftig folgen. Außerdem gibt es Presets für Mackies Universal-Control, Korgs nanoKONTROL 2, Arturias Keylab und Geräte von Novation. Fortan kann man auch Befehle der Quick Action Bar über die externen Controller triggern.
In den Einstellungen zum Einbinden externer Controller erfährt man, was man dabei beachten muss.
Lobenswert ist, dass die Controller-Einstellungen die Nutzer darauf hinweisen, was sie beim Anschließen des Geräts beachten müssen. Der Anschluss eines Faderports von Presonus gelingt so auf Anhieb, ohne dass man sich erst ein Tutorial ansehen oder die Instruktionen auf der Webseite durchlesen muss. Außerdem funktioniert das Gerät direkt tadellos – Motor-Fader, die Transportsektion und auch der Push-Encoder harmonieren perfekt mit der DAW.
Durch besseren Browser schneller Dinge finden
Auch am Browser von Tracktion Waveform Pro 12 hat der Hersteller gearbeitet: Er bietet gleich mehrere neue Features. So kann man jetzt endlich die die Tags-Cloud schließen, die hat noch in Version 11 quasi den ganzen Browser in Beschlag genommen. Dann gibt es die Möglichkeit, Plugins und Dateien per Color-Coding zu favorisieren, und sie in Zukunft schneller über das Recent-Tab wiederzufinden. Und jede Suche kann nun in die Kategorien Plugins, Presets, Racks, Samples, Clips und Tracks unterteilt werden, auch das spart viel Zeit.
Neue Instrumente, na ja…
Neue Instrumenten-Plugins sind insgesamt drei mit an Bord, allerdings sind die nicht ganz so überzeugend. Der Micro Sampler ist eine abgespeckte Version des bereits in Waveform 11 enthaltenen Multi Samplers, damit kann er also nur bedingt als Instrument durchgehen.
Außerdem gibt es einen dedizierten Bass-Synth namens BassOSC, der allerdings ziemlich schlicht daherkommt. Ein Oszillator trifft auf ein Amp- und ein Filter-Modul, das war’s. Keine weiteren Menüs, Effekte oder Funktionen. Die Wellenform kann stufenlos von Sinus über Dreieck, Sägezahn bis hin zum Rechteck gemorpht werden. Und obwohl ich alle freigeschalteten Inhalte installiert habe, gibt es beim BassOSC kurioserweise keine Presets, eigene können aber abgespeichert werden.
Schließlich beinhaltet Tracktion Waveform Pro 12 noch einen Rompler, der mit 26 Presets aber auch nicht gerade üppig ausgestattet ist. Die Soundqualität ist okay, andere DAWs haben da aber schon eine größere Auswahl. Das Thema Klangerzeugung wir bei Tracktion also immer noch nicht allzu großgeschrieben.
Neue Amp-Simulation
Ganz neu ist die Amp-Simulation namens Dual Guitar IR, die vorrangig für Gitarren und Bässe, aber natürlich auch für viele andere Instrumente und Signale konzipiert ist. Wie der Name bereits verrät, nutzt das Plugin Impulse-Responses von verschiedenen Lautsprechern und Verstärkern. Es enthält aber auch Impulsantworten von unterschiedlichen Räumen, ist also hauptsächlich für Hall- und Echo-Effekte gedacht.
Die beiden Module der Simulation ermöglichen die Bestückung mit unterschiedlichen Antworten, und mit der Delay-Funktion können diese auch zeitlich gegeneinander verschoben werden. Für Live-Einsätze und ähnliche Situationen gibt es das Plugin auch in einer weniger CPU-intensiven Version mit nur einem Modul. Folgende Audiobeispiele zeigen die Möglichkeiten und den Klang von Dual Guitar IR.
Die implementierten Impulsantworten klingen gut und die vorhandenen Presets geben einen guten Überblick darüber, was man mit Dual Guitar IR so alles anstellen kann. Das Plugin liefert tolle Hallfahnen und atmosphärische Echo-Effekte, perfekt für Lofi-Beats und andere chillige Musik. Eine reine Verzerrung scheint damit aber nicht möglich zu sein, dafür gibt es jetzt aber ein eigenes Plugin.
Überarbeitete Effekte, und Utility-Plugins
Tracktion hat auch die Stock-Effekte beim Waveform Pro 12 überarbeitet. Zum einen haben die Plugins nun eine frische Optik, zum anderen verfügen sie aber auch über eine erweiterte Performance und Funktionalität. Deshalb tragen manche Effekte auch andere Namen.
Aus einem Vierband-EQ in Waveform 11 wurden zum Beispiel drei verschiedene EQs, mit einem, drei und acht Bändern, und ein DJ EQ. Beim Hall genauso: Hier gibt es nun einen Plate-, Natural- und einen Non-linear-Reverb. Ganz neu sind Distortion und Gate. Und auch die Utility-Plugins wurden aufgestockt, unter den sechs neuen Helfer-Tools befinden sich: Mono-Plugin, Mid/Side-Splitter und Spectrum Analyser.
Erweiterte MIDI-Funktionen
Auch im MIDI-Bereich hat sich bei Tracktion Waveform Pro 12 einiges getan: MIDI-Daten lassen sich im Editor-Fenster nun gefiltert darstellen. Außerdem ermöglicht MIDI-Fold eine Veränderung der Piano-Roll dahingehend, dass nur noch die Töne einer ausgewählten Tonart angezeigt werden. Das Schreiben zu einer unpassenden Tonart ist somit nicht mehr möglich. Zusätzlich kann man nicht verwendete Töne ausblenden. Wer mit dem Thema Musiktheorie seine liebe Mühe hat, dürfte sich darüber sehr freuen.
Ein bisschen AI wohnt nun auch in der DAW. Die neue Randomise-Funktion ermöglicht die zufällige Auswahl der Werte Velocity, Pitch, Note Start und Note Length. Außerdem zieht Tracktion nun auch mit einem Drum Grid, Probability und MIDI-Strum nach. Letzterer verschiebt den Anfang von Akkordtönen automatisch so, dass der Eindruck entsteht, die Töne seien wie mit einer Gitarre nacheinander angeschlagen worden.
Strip Silence
Zum Schluss noch ein Schmankerl aus der Welt der Audiobearbeitung: Strip Silence. Auf Basis der neuen und verbesserten Audio-Engine ist es nun möglich, Sprach-, Gesangs- und Instrumentenaufnahmen automatisch von störenden Geräuschen zu befreien, und zwar dort, wo die Klangquelle schweigt und somit vermeintliche Stille herrscht. Seien es Atem- oder Störgeräusche oder das Brummen eines Verstärkers: Tracktion Waveform Pro 12 entfernt sie nach den Uservorgaben und heraus kommt eine cleane Aufnahme, ohne dass man das Material stundenlang selbst schneiden muss.