Ein Paar Turbosound Milan M15 bei bonedo im Test – Es ist schon peinlich, dass viele Bandmitglieder in ihrer Equipmentplanung nicht über ihren Tellerrand schauen. Dabei sind für Proben und kleinere Auftritte weniger die Textur des Röhren-Federhalls der Gitarre, die Qualität der Endstufenröhren im Bassamp oder die neueste Softwareversion mit dem verbesserten EQ im Keyboard für den Erfolg oder Misserfolg verantwortlich: Über eine Anlage verstärkte Signale müssen für Band und Publikum in ordentlicher Qualität funktionieren.
Anforderungen an eine Beschallungsanlage gibt es viele: Sie muss in erster Linie bezahlbar sein, da ja alle schon viel Geld für ihre Instrumente ausgeben (außer dem Sänger, bei dem man ja oft froh sein kann, wenn er sich überhaupt ein eigenes Mikrofon anschafft…). Zudem sollte sie transportabel, leistungsstark, erweiterbar und flexibel einsetzbar sein – also als Monitoranlage, kleine PA und Proberaumanlage nutzbar sein. Turbosounds Milan scheint zumindest auf dem Papier viele dieser Anforderungen zu erfüllen.
Details
Tradition von der Insel
“Turbosound” ist vielleicht nicht die Firmenbezeichnung, die eine Naming-/Branding-Agency heutzutage einem Lautsprecherhersteller empfehlen würde. Doch der Name ist nicht eben erst entstanden: Als ich ihn in den Neunzigern das erste Mal hörte, musste ich ein bisschen in mich hineinlachen, doch selbst da war das Unternehmen aus England schon etwa 20 Jahre alt. Das aus einem einfachen PA-Verleih hervorgegangene Unternehmen wurde 2012 von der Music Group übernommen. Deren CEO Uli Behringer hat damit neben dem Pulthersteller Midas und dem Live-Processing-Spezialisten Klark Teknik das dritte hoch angesehene englische Unternehmen dieser Branche erworben.
Die “englischste Stadt” Italiens als Namensgeber
Angesichts der Namen weiterer Turbosound-Serien wie Dublin, Madrid und Siena, ist davon auszugehen, dass man bei der Benennung wohl nicht den Vogel, sondern die italienische Stadt Mailand im Sinn hatte. Vielleicht konnten sich hier die Branding-Spezialisten so richtig austoben: Die Flagge Milanos ist ein einfaches Georgskreuz – genau wie die Flagge von England!
Zur Auswahl: Drei Tops, zwei Woofer
Aus drei verschiedenen Fullrange-Größen kann man in der Milan-Serie auswählen. Die hier getestete M15 ist die größte daraus, eine Nummer kleiner ist mit einem 12”-LF ausgestattet, die M10 ist deutlich kleiner und weniger leistungsfähig. Alle Polypropylen-Gehäuse lassen sich als Wedge positionieren, aufflanschen oder fliegen. Letzteres ist horizontal wie vertikal möglich, insgesamt sechs M10-Anschlüsse sind zum Einschrauben der Halterungen vorgesehen. “Sehr schön mitgedacht”, wird wohl nicht nur mir beim Anblick der Flanschbuchsen durch den Kopf gegangen sein. Es ist nämlich nicht eine, es sind zwei pro Box: Die zusätzliche ist um 15 Grad geneigt. Gerade in kleineren Venues oder im eigentlich immer zu voll gestellten Proberaum ist es sehr von Vorteil, wenn man die nicht sonderlich schweren Boxen (M15: 27,7 kg) höher, aber dafür gewinkelt betreiben kann. Zum Transport gibt’s einen seitlichen Griff und eine Griffschale auf der Oberseite.
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Richtig “Foffo” dank Class-D
1100: Das ist die Zahl, die vor dem Wort “Watt” steht. Dass die Milan-Serie ein Produkt der Großfamilie Music Group ist, merkt man unter anderem daran, dass Technik von Klark zum Einsatz kommt. Mit 1000 Watt Endstufenleistung für den 15”-LF-Treiber und weiteren 100 für den 1”-Dome-Tweeter kann eine M15 für maximal 123 dB(SPL) Schalldruck sorgen. Die -6dB-Dispersionspunkte liegen horizontal bei 90 und vertikal bei 60 Grad, der Hochtöner ist in ein Waveguide eingelassen. Die Front der M15 sieht sehr einheitlich aus, da sie komplett mit einem Stahlblech-Grill verkleidet ist. Da dieser unterfüttert ist, erkennt man die Treiber und die beiden Bassreflexöffnungen kaum.
Fast ein kleines Mischpult eingebaut
Blickt man auf die Rückseite des Milans, zeigt sich ein Anschluss- und Bedienfeld, welches nicht gerade spartanisch aussieht. Zwei Inputs mit Combobuchse erlauben die Aufnahme von Mikrofon- oder Line-Signalen, die Quelle muss geschaltet werden. Das jeweilige Gain ist per Poti einstellbar, einen Master gibt es leider nicht. Wenn also beispielsweise der Herr Singer/Songwriter seine poetischen Weisheiten mit etwas mehr Nachdruck in die Welt befördern möchte, reicht ihm prinzipiell ein Milan-Top: Gitarrensignal in die eine, Mikrofon in die andere Buchse. Dass Turbosound hier nicht noch eine Phantomspeisung bereitstellt, ist zu verschmerzen, schließlich ist die M15 immer noch eine Aktivbox. Über die Mix-Out-Buchse kann eine Kette gebaut werden, was nicht nur im Monitoring-Betrieb von Vorteil ist: Will etwa Herr Singer/Songwriter noch mehr Personen überzeugen, wird er zwei Boxen anschaffen, die aber möglichst beide das gleiche Signal wiedergeben sollten.
Eine wirklich umfassende Klangregelung gibt es natürlich nicht, doch immerhin stehen für das Gesamtsignal ein HF- und ein LF-Shelf (12 kHz / 80 Hz) mit +/- 6 dB zur Verfügung. Zusätzlich können die Tiefen unter 100 Hz mit einem Hochpassfilter aus dem Geschehen entfernt werden. Selbstverständlich ist dieses Filter für die Verwendung mit den Subs optimiert. Doch je nach Signal und Anwendungsfall, etwa als Wedge für den Sänger, kann man das HPF auch so aktivieren.
Sicherheiten und Begrenzungen
Die M15 werden durch Kurzschluss- und Thermosicherung geschützt, ein zuschaltbarer Limiter begrenzt das Audiosignal. Ein dreistufiger Schalter erlaubt es, das Eingreifen des Limiters für alle sichtbar zu machen, denn in diesem Fall leuchtet das frontseitige Turbosound-Logo auf. Alternativ kann es dauerhaft leuchten oder einfach ausbleiben. Optisches Feedback auf der Panelseite gibt es ebenfalls in Form einer Limiter-LED sowie Power- und Signal-Present-LED.
Enzensberger Werner sagt:
#1 - 19.07.2016 um 01:43 Uhr
Endstufe Class-D 100W / 100W - 100 / 1000 oder ?