Praxis
Der kleine 8-Bit-Acid-Knecht macht dank seiner wertigen Drehköpfe und Schalter und dem robusten Gehäuse einen richtig guten Eindruck auf dem Studiotisch. Man mag kaum glauben, dass es sich hier vom Prinzip einfach um die Slimsynth-Platine µacid8 in einem festen Gehäuse handelt. Aber es ist nicht allein die bessere Haptik, welche die beiden Synths voneinander unterscheidet: Das Ausgangssignal ist lauter und rauscht weniger, das Teil kann ohne Tricks oder Spezialkabel in alle möglichen Hardware-Umgebungen integriert werden und das robuste Metallchassis macht eine sinnvolle Nutzung unter professionellen Bedingungen überhaupt erst möglich.
Wellenformen
Jede der drei Grundwellenformen Rechteck, Sägezahn und Dreieck hat vier Variationen: normal, distorted, fat und harmonized. Weil diese sich nicht direkt anwählen lassen, muss User alle nach und nach durchsteppen, um von der ersten bis zur vierten Variante zu gelangen. Im Unterschied zur „normalen“ Wellenform verfügt die zweite „Distorted“ über viel mehr Sättigung, was sich auch in viel höherer Lautstärke äußert. Die Intervalle bei der dritten und vierten Variante „Fat“ (detuned) und „Harmonized („Quinte“) sind festgelegt und lassen sich nicht verändern. Gerade Harmonized eignet sich hervorragend für Hooklines und Lead-Riffs. Im Zusammenspiel von Arp, Decay und Accent lassen sich sehr knackige und prägnante Sounds erzeugen. Das Tiefpassfilter ist nicht analog wie beim Acid Mk.II, aber es klingt besser als bei der µacid8. Allein mit dem Filter entstehen keine interessanten Klänge, aber im Zusammenspiel aller Parameter leistet das Filter einen wichtigen Beitrag zum Klanggeschehen.
Der Sequenzer
Man kann den Acid8 Mk III sowohl per Step-als auch Liveprogrammierung mit Noten befüllen, allerdings nur 16 Steps auf 16 Pattern. Benachbarte Patterns können gechained werden, egal ob zwei oder alle 16. Noten lassen sich live einspielen, ein etwas zu dezent pulsierendes Metronom gibt dabei den Takt vor. Im Live-Modus blinken alle Klaviatur-LEDs und es darf eingespielt werden. Während der Sequenzer läuft, können dann nach Herzenslust Noten geändert, oktaviert und mit Akzent und Slide abgeschmeckt werden. Die Eingabe der Noten per Step-Recording geschieht bei gestopptem Sequenzer. Auch die so entstandene Sequenz kann dann bei laufendem Gerät angepasst werden. Ich empfinde die Programmierfunktion am großen Bruder Acid8 Mk II allerdings als übersichtlicher und zielgerichteter. Beim Mk III geht der Überblick über die programmierte Sequenz leicht verloren.
So bleiben zum Beispiel die Oktavschalter bei der Step-Programmierung nicht in ihrer jeweils letzten Position, sondern springen stets wieder auf die Ausgangsstellung zurück. Elende Doppeltipperei ist die Folge. Auch beim Patternumschalten muss man höllisch aufpassen, dass man nicht aus Versehen Patterns zusammenführt, die gar nicht zusammengehören. Gleiches gilt für das Echtzeit-Transponieren: Allzu schnell hat man unabsichtlich einen Transpositions-Loop kreiert, der nun ständige Tonhöhenwechsel nach sich zieht. Natürlich hat der Acid8 Mk III-Sequenzer auch die anderen Tricks des µacid8 drauf, also Step-Längen von einem bis zu 16 Steps bei laufendem Sequenzer einstellen, eine live modulierbare Skip-Step-Funktion zum Auslassen gerader oder ungerader Noten, Swing-Faktor und einen Patternzufallsgenerator.
Play-FX
Gegenüber dem Acid8 Mk II fehlt die Scrub-Funktion, mit der sehr spontane musikalische Stottereffekte möglich sind. Auch der Mk III hat einen Stutter-Effekt, welcher aber längst nicht so präzise genutzt werden kann. Es ist immer etwas Glück dabei, ob man in der Sequenz eine verwertbare Stelle trifft, bei der das Stottern auch effektiv klingt. Spin Down simuliert das Stoppen eines Plattenspielers: Die letzten Töne werden tiefer gepitcht und die Sequenz danach stummgeschaltet, solange die Tastenkombination für den Effekt gedrückt ist. Die Länge des Effekts ist mit dem Accent-Poti einstellbar. Das kann cool klingen, wenn man die richtige Notenkombination trifft, aber die Idee nutzt sich auch relativ schnell ab. Den Arp-Effekt würde ich eigentlich zu den klangformenden Parametern zählen: Stimmig eingesetzt, verleiht er einer Sequenz sehr viel perkussiven Bounce. Gleiches gilt für den Wobbler, einen Pseudo-LFO, der etwas Wabern in die Noten bringt, einen echten LFO aber nicht ersetzen kann.
In der DAW
Das für die Acid8 Mk III genutzte Plugin ist das gleiche wie für die µacid8, darum ist es auch so benannt. Sind im Plugin einmal die MIDI-Zuordnungen korrekt angeklickt, kann die Acid8 Mk III via Plugin moduliert werden. Leider arbeitet das Plugin unidirektional, es kann nur Veränderungen an die die Hardware senden, aber nicht empfangen. Außerdem lassen sich die einzelnen Parameter nicht direkt in der DAW aufnehmen. Zumindest für Ableton Live-Verwender gibt es aber einen eleganten Umweg: Die Parameter lassen sich via Configure der Ableton-Plugin-Oberfläche zuordnen und können dann per Maus oder Controller (z.B. APC40) gesteuert und aufgenommen werden. Dadurch sind dann auch Parameter gemeinsam modulierbar, die auf der Hardware wegen Shift-Funktion nicht gleichzeitig zur Verfügung stehen. Im DAW-Betrieb fällt auch auf, dass der Acid8 Mk III via MIDI nur zwei Anschlagsdynamikwerte aufweist: Bis 64 normal, darüber wird der Akzent ausgelöst.
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Vergleich Acid8 Mk II vs µAcid8 vs Acid8 Mk III
Twisted Electrons präsentieren mit dem Acid8 Mk III keinen Nachfolger des Mk II, sondern stellen dem großen Mk II eine große Variante des Slimsynths µAcid8 zur Seite, die auch professionellen Ansprüchen genügt. Obwohl die verwendete Soundengine im Kern die Gleiche ist, klingt der Mk III viel brachialer, lauter, digitaler als der Mk II, der sich klanglich eher auf seine Funktion als Bass-Synth konzentriert. Der Mk III tanzt mehr aus der Reihe, kann auch Bass, ist aber längst nicht so vielseitig, weil sein überschäumendes 8-Bit-Temperament auch ganz schnell sehr schräg, perkussiv und dissonant klingt. Der µAcid8 wiederum ist ein Schnäppchen für alle, die einfach mal mit 8-Bit-Synthese herumspielen wollen und dafür nicht viel Geld ausgeben möchten. Im Homestudio ist er dank USB-Connectivity und eigenem Plug-In easy eingebunden, aufgrund der nackten Platinen-Bauart allerdings nur sehr bedingt bühnentauglich. Außerdem rauscht der Audioausgang für wirklich professionelle Anwendungen viel zu sehr.
Dafür kann der Slimsynth auch mit zwei AA-Batterien betrieben werden. Wer bereits einen µacid8 hat und liebt: Der Acid8 Mk III ist quasi das Hardware-Upgrade zur nackten Acid-Platine. Die Mk II-Variante ist am flexibelsten, sie bietet im Vergleich zur Mk III auch einen MIDI-Ausgang, vor allem aber mehr Buttons für Echtzeitzugriff und nicht zuletzt eine übersichtlichere Programmierung dank des Endlos-Push-Buttons, der klar zwischen Performance-Betrieb und Programmierbetrieb umschaltet. Und schließlich bietet der Große mit 128 Patterns und fünf Chains zu je acht Patterns sehr viel mehr Platz für Sequenzkreationen mit sattem Klang und gutem Rauschabstand. Allerdings benötigt er ein Netzteil, verfügt über keinen USB-Anschluss und klingt weniger wild im Vergleich zum Mk III.
Der Mk III bietet zwar nur 16 Pattern, aber genauso hochwertige Potis, Schalter, Gehäuse und Verarbeitung wie der Mk II. Dazu kommt die Transponierungs-Programmierung, die man aber mögen muss. Ich persönlich ziehe die Echtzeit-Transponierung des Mk II vor. Der Stutter-Effekt des Mk III ist kein adäquater Ersatz für den von mir gern eingesetzten „Scrub“-Effekt des Mk II. Auch Filter-Wobbler und Vinyl-Spin-Down hauen mich nicht vom Hocker. Beim neuesten Acid8 überzeugt vor allem das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten, die im Idealfall zu wirklich prägnanten, schrägen und polternden Sounds fähig sind. Dank der supereinfachen USB-Anbindung habe ich den internen Sequenzer öfters außen vorgelassen, die MIDI-Clips für den Acid8 Mk II in der DAW programmiert und einige wirklich gute Loops für meine nächsten Technotracks aufgenommen, die ich so easy und organisch weder mit dem Acid8 Mk II noch mit einem anderen Instrument, oder Plug-In hinbekommen hätte: Strange, dissonant, anders. Und genau für diese Attribute holt man sich so ein Teil ja schließlich.
Audiobeispiele zu Twisted Electrons Acid Mk III
Und nur am Rande und weil das Thema in Gesprächen mit Kollegen immer wieder auftauchte: Auch der neue Acid8 Mk III ist wie seine Geschwister kein 303-Klon, sondern ein in Handarbeit hergestellter 8-Bit-Synthesizer. Daher kann, soll, und will er auch nicht mit dem Behringer TD-3 verglichen werden, der als lupenreiner TB-303-Nachbau ja weniger als die Hälfte des Acid8 Mk III kostet.
Features | Acid8 Mk III | µacid8 | Acid8 Mk II |
---|---|---|---|
Größe | mittel | klein | groß |
USB | mini-USB | micro-USB | nein |
MIDI-In | x | – | x |
MIDI-Out | – | – | x |
Trigger in | x | x | x |
Trigger Out | x | x | x |
Audio Out | 3,5mm | 3,5mm | 3,5mm |
Audio-Eingang (stereo) | – | 3,5mm | – |
Stromversorgung | USB | USB + 2 x Batterie | Netzteil |
Drehknöpfe | 6 | 6 | 7 |
Endlos-Push-Regler | – | – | x |
Filter | digital | digital | analog |
Wellenformen | 3×4 | 3×4 | 4×4 |
Oktaven | 5 | 5 | 3 |
Pattern | 16 | 16 | 128 |
Step-Programmierung | x | x | x |
Realtime Programmierung | x | x | x |
Patternchain | x | x | x |
Tempo | tap | tap | tap + dial |
Swing | x | x | x |
Step-Skip | – | – | x |
Plugin für DAW | x | x | – |
Play-Effekte | x | x | x |
Arp | x | x | x |
Wobbler | x | x | – |
Bitcrush | x | x | x |
Scrub | – | – | x |
Twisted Electrons acid8 MK III Sound Demo (no talking)
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