Während der Pandemie ist die Internetnutzung in vielen Ländern stark gestiegen. Ob Homeoffice mit Zoom, ausgeprägte Netflix-Marathons oder durch die Nutzung diverser Streamingangebote. Die Musik- und Veranstaltungsszene war stark betroffen, weshalb viele Künstler den Weg zum Livestreaming gefunden haben. Dies könnte zumindest auf Twitch bald der Geschichte angehören. Welche Bereiche von den Urheberrechtsverletzungen betroffen sind, erfahrt ihr hier.
Die Streamingplattform Twitch informierte zahlreiche Nutzer, dass Videos aufgrund der Nutzung von lizensierter Musik gelöscht werden mussten. Bei zukünftigen Verstößen drohe außerdem ein permanenter Bann. Nachrichten mit vergleichbaren Inhalt erhielten viele Twitch User, die sich nun Gedanken um zukünftige Streams machen müssen.
Weshalb die plötzliche Aufregung?
Vielen besorgten Twitch-Usern zufolge, steckt die RIAA – Recording Industry Association America – hinter den Urheberrechtsbeschwerden. Dabei sind Songs von großen Labels besonders oft betroffen, zum Beispiel “7 Rings” von Arianna Grande (siehe Tweet). Das Twitch den Beschwerden folge leistet und betroffene Videos bzw. Streams offline nimmt, ist logisch. Nach dem “Safe Harbor Law” werden Plattformen wie Youtube, Facebook, Soundcloud, Twitch, etc. nicht für Copyrightverstöße der Nutzer bestraft, solange sie Schritte zur Unterbindung unternehmen. Youtube löst dies unter anderem mit Filtern und dem Content-ID System.
Auch Twitch hat in den AGBs durchaus Vorgaben zur Nutzung von lizensierter Musik. Dennoch war das bisherige Vorgehen der Plattform relativ milde. In den Twitterdiskussionen zu diesem Thema gibt es einige Meldungen von Usern, die mit Mitarbeitern von Twitch durch das Partnering-Programm gesprochen haben. Demnach hätten sie keine Strafen zu befürchten, weshalb die Nutzer weiterhin lizensierte Musik genutzt haben.
I’ve been issued 2 copyright strikes on my channel (both from clips over a year old) in the past week and told that if they find one more violation in my clips, my twitch account will be permabanned. (1/4) pic.twitter.com/y8pft3spdq
— fuslie (@fuslie) June 7, 2020
Twitch zeigt Verständnis für User
Die Streamplattform von Amazon äußerte sich schnell auf Twitter zu dem Fall und bestätigte viele Beschwerden anhand des DMCA-Gesetztes. Das Problem für viele Nutzer ist neben der Ungewisseheit, welche Videos potenziell betroffen sein könnten, dass es nicht möglich ist vorsorglich alle Clips zu löschen. Stattdessen müssen Clips einzeln betrachtet und gelöscht werden. Hier verspricht Twitch allerdings Besserung:
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This week, we’ve had a sudden influx of DMCA takedown requests for clips with background music from 2017-19. If you’re unsure about rights to audio in past streams, we advise removing those clips. We know many of you have large archives, and we’re working to make this easier.
— Twitch Support (@TwitchSupport) June 8, 2020We adhere to the DMCA, which requires that we take action on content and streamer accounts upon notice from rights holders, as happened this week. Our guidelines for music have not changed, so please reference them here. https://t.co/ln16yRNdif
— Twitch Support (@TwitchSupport) June 8, 2020
Welche Bereiche sind betroffen
Laut den Richtlinien für Musik sind folgende Tätigkeiten verboten:
- Radioähnliche Musiksendung – Ein Stream oder VOD auf Twitch, in dem Musik gespielt wird, die dir nicht gehört und für die du über keine Lizenz zum Teilen auf Twitch verfügst.
- DJ-Set – Spielen und/oder Mixen von bereits aufgezeichneten Musiktiteln, die Musik enthalten, die dir nicht gehört oder für die du über keine Lizenz zum Teilen auf Twitch verfügst.
- Karaoke-Performance – Singen oder Performen einer Karaoke-Aufnahme, bei der es sich nicht um eine für dich zum Teilen auf Twitch lizenzierte Ingame-Karaoke-Performance, z. B. eine Twitch Sings-Performance, handelt.
- Performance mit Lippensynchronisation – Pantomime, Gesang oder Gesangsnachahmung zu Musik, die dir nicht gehört und für die du über keine Lizenz zum Teilen auf Twitch verfügst.
- Visuelle Darstellung von Musik – Texte, Musiknotation, Tabulatur oder beliebige andere visuelle Darstellungen von urheberrechtlich geschützter Musik, bei der es sich nicht um Musik handelt, die dir gehört und für die du über eine Lizenz zum Teilen auf Twitch verfügst, oder auf dem Bildschirm angezeigte Texte oder Darstellungen von Musik, die von Twitch im Rahmen des Twitch Sings-Gameplays zur Verfügung gestellt werden und in Streams oder VODs deiner Twitch Sings-Performances erfasst werden.
- Performance eines Cover-Songs – Performance eines Songs, der einer anderen Person gehört. Ausgenommen hiervon sind Live-Performances in deinem Twitch-Stream. Wenn du einen Cover-Song in einem Live-Stream auf Twitch performst, bemühe dich bitte darum, den Song wie vom Songwriter geschrieben zu performen, und erstelle alle Audioelemente selbst, ohne dabei Instrumentalspuren, Musikaufnahmen oder beliebige andere aufgezeichnete Elemente, die anderen Personen gehören, zu verwenden.
Live-DJ Sets, Karaoke-Shows oder Radiosendungen scheinen damit Geschichte zu sein. Twitch wird wohl kaum das Risiko eingehen, für zukünftige Verstöße belangt zu werden, weshalb das zu sorgfältigeren Filter zum Zensieren von Inhalten führen könnte, ähnlich dem Content-ID System von Youtube.
Die Richtlinien gibt es schon seit längerer Zeit, dennoch wurden viele dieser Verstöße in der Vergangenheit nicht von Twitch bestraft. Wie es sich mit Gaming Inhalten verhält, durch die Twitch erst richtig groß geworden ist, scheint unklar. Auch in vielen Videospielen wie FIFA oder GTA befinden sich lizensierte Musikstücke, an denen der User in der Regel keine Rechte hält. Ob also auch Gamer betroffen sein könnten, ist bis jetzt noch nicht ganz klar.
Bezieht sich das Vorgehen auch auf Deutschland?
Die bisherigen Fälle betreffen grundsätzlich nur die USA, da die meisten Beschwerden auch von einem amerikanischen Verband stammen. Twitch hat sich zu länderspezifischen Regeln noch nicht genau geäußert. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Copyright Probleme nicht nur die USA, sondern auch weitere bedeutende Märkte, in Europa oder Asien, betreffen werden. Die aktuellen Fälle sind noch sehr neu, weshalb man hier erstmal auf weitere Statements der Plattformbetreiber warten sollte.
Phillip Steven Albright sagt:
#1 - 18.01.2021 um 08:40 Uhr
Wie sieht es denn eigentlich umgekehrt aus? Kann ich als Band, die auf Twitch ihre eigenen Songs spielt eine GEMA-Liste einreichen (wenn ja, wer ist der Veranstalter) oder sogar GVL-Vergütung einfahren?