Praxis
Bedienung/Praxis
Zuerst ein paar Worte zum Testaufbau. Das Torpedo Studio ist in stereo an das Audio-Interface angeschlossen und wird von meinem Sovtek MIG-50 mit einem vorgeschalteten Weehbo Helldrive gefüttert. Beim Test des Torpedo VB-101 hatte ich unterschiedliche Sounds benutzt, um die klangliche Vielfalt zu zeigen. Das ist diesmal anders. Diesmal wird gnadenlos ein Sound den Test beherrschen, und ihr müsst auch fast immer die gleichen Akkorde ertragen. Das sollte es einfacher machen, auch die Nuancen, die das Gerät zu bieten hat, besser zu identifizieren.
Ich habe im Setup-Menü die Einstellung Stereo gewählt, das bedeutet, dass der Amp an zwei simulierte Speaker angeschlossen ist und diese werden jeweils mit einem Mikrofon abgenommen. Speaker 1 wird auf dem linken Kanal ausgegeben, Speaker 2 auf dem rechten. Es ist auch möglich, einen Mix von beiden Speakern/Mikrofonen auf einem Kanal auszugeben und ein direktes Signal auf dem anderen Kanal. Das hat den Vorteil, dass man das aufgenommene Direktsignal noch mal später per Re-Miking durch das Torpedo Studio laufen lassen kann. Bevor wir ins Detail gehen, hören wir uns ein paar Presets an. Im internen Speicher lassen sich 100 Einstellungen sichern, 50 Speicherplätze sind bereits mit unterschiedlichen Lautsprecher/Mikrofon-Kombinationen vorgefertigt. Ein leicht angezerrter Sound ist vorbereitet, hier kommen vier Presets, Crunch 1 bis 4.
Wie ihr hören könnt, sind die klanglichen Unterschiede bei den angewählten Speakern und Boxen sehr groß. Das liegt allerdings nicht nur an den verschiedenen virtuellen Cabinets, sondern auch an der Nachbearbeitung, denn das Torpedo Studio bietet auch eine Effektsektion mit Low Cut, EQ, Exciter und Compressor, mit der sich das “abgenommene Gitarrensignal” noch etwas aufpolieren lässt. Die Presets hauen mich klanglich nicht unbedingt vom Hocker, obwohl die Vielseitigkeit eigentlich für sich spricht. Auf jeden Fall sind sie aber eine gute Orientierung, vor allem, weil sie nach den typischen Genres (Clean, Crunch, Metal, Bass, etc.) sortiert sind und man sich schnell und gut zurechtfindet. Aber jetzt geht es erst einmal zurück auf Los, die Effekte bleiben weg und der Klang wird in seine einzelnen Bausteine zerlegt. Wir beginnen mit einem Mono-Sound und nur eine Box wird aufgenommen. Ich habe eine 4×12 Greenback Box ausgewählt, die für meinen Geschmack die Zerrfaktoren von Amp und Overdrive authentisch umsetzt und mache mich an die Mikrofonierung. Zum besseren Hörvergleich folgen jetzt ein paar Akkorde mit unterschiedlichen virtuellen Mikrofonen. Ihr hört nun nacheinander sechs verschiedene Typen: Knightfall (Blue Dragonfly), Cnd 87 (Neumann U87), Rbn 121 (Royer R121), Rbn 160 (Beyer Dynamic M160), Dyn 421 (Sennheiser MD421), Dyn 57 (Shure SM57).
Die Charaktere der verschiedenen Mikrofontypen sind gut getroffen, und auch hier ist der Sound wie im richtigen Leben sehr unterschiedlich. Das 57er hat bissige obere Mitten und der krasse Gegensatz dazu ist das simulierte Royer 121 mit einem sehr warmen Ton, für mein Empfinden etwas zu muffig. Aber jetzt kommt der nächste Schritt, das Positionieren des Mikrofons. Zur Justierung stehen uns sechs Parameter zur Verfügung:
Distance – Entfernung zum Lautsprecher
Center – Die Entfernung zur Mitte des Lautsprechers
Position – Vor oder hinter dem Lautsprecher
Variphi – Phasenverschiebung
Overload – Übersteuerung der simulierten Lautsprecherbox (“Pappenzerre”)
Dry/Wet – Mischungsverhältnis zwischen direktem Ampsignal und mikrofoniertem Speaker
Interessant sind die ersten beiden, denn mit ihnen kann entscheidend Einfluss auf den Klang genommen werden. Ihr hört nun das simulierte Royer 121 mit drei unterschiedlichen Center-Werten: 100% (ganz am Rand), 30% (ca. zwischen Membran und Kalotte) und 0% (genau in der Mitte)
Mir gefällt die mittlere Position am besten, nun geht die Reise weiter und wir gehen mit dem Mikrofon vom Lautsprecher weg. Zuerst ist das Mikrofon direkt vor dem Speaker (0%), dann bei 30% und 100%.
Hier wird einiges geboten. Die realistischen Bereiche sind für mich bei Distance und Center zwischen 0 und 30 %. Alle höheren Werte klingen mir persönlich etwas zu künstlich, aber das ist mitunter Geschmacksache. Auf jeden Fall kann auch hier ein hoher Grad an Finetuning betrieben werden. Und vor allem läuft kein Bassist vorbei und wirft das Mikrofon um, das nach stundenlangen Experimenten endlich im Sweet Spot gestanden hatte ;-).
Nun wird noch etwas Klangkosmetik mit Equalizer und Exciter betrieben. Beim EQ habe ich einen Low Cut bei 60 Hz aktiviert und den Mittenbereich leicht angehoben. Dazu kommt noch ein Hauch Exciter (3%), der ab 3,6 kHz künstliche Höhen hinzufügt. Die Post FX-Sektion ist sehr hilfreich, man sollte allerdings sehr sparsam mit EQ und Exciter umgehen, denn bei hohen Werten klingt das Ganze in meinen Ohren zu klinisch. Ihr hört nun zuerst das unbearbeitete Signal, dann mit Equalizer und in der dritten Runde kommt noch der Exciter hinzu.
Für dich ausgesucht
Generell kann man sagen, dass der Prozessor beim Torpedo Studio einen besseren Job macht als beim Vorgänger. Der Sound ist knackiger und die dynamische Ansprache hat sich auf jeden Fall verbessert. Und jetzt geht es auf die Zielgerade, das zweite Cabinet wird eingerichtet und dann sollen beide in Stereo aufgenommen werden. Hier macht es auch Sinn, unterschiedliche Einstellungen zu kombinieren, die sich im Zusammenspiel sehr gut ergänzen. In den folgenden Beispielen hört ihr die Cabinets einzeln und dann in moderatem Stereo (Panorama auf 10 und 14 Uhr). Die Kombination der beiden Cabinets hat Punch und Druck, während die einzelnen Speaker im Vergleich dazu einen Hauch matter daherkommen.
Auch beim Torpedo Studio ist es möglich, die Einstellungen komfortabel über die Remote Software vorzunehmen, die von der Hersteller-Website heruntergeladen werden kann. Die komplette Darstellung könnte zwar eine Idee größer sein, aber man hat auf jeden Fall alle Parameter übersichtlich auf einen Blick dargestellt.