Powerchords
Die wichtigste Basis für die typischen Gitarrenriffs der Rockmusik bilden Powerchords. Ein Powerchord besteht aus nur zwei unterschiedlichen Tönen, nämliche dem Grundton und der Quinte. Im Vergleich dazu: Ein Dur- oder Mollakkord besteht immer aus drei Tönen, dem Grundton, der Terz und der Quinte. Aus diesem Grund spricht man hier auch von Dur- und Molldreiklängen. Die Terz bestimmt in einem Dreiklang das Tongeschlecht (Dur oder Moll). Ein Powerchord ist also weder Dur noch Moll, da er nur aus Grundton und Quinte besteht. Er hat einen neutraleren, klareren Klang – was gerade bei stärker verzerrten Sounds einen Vorteil bringt. Mit ein Grund, weshalb sich Powerchords in der Rockmusik von jeher größter Beliebtheit erfreuen.
Powerchords werden in Akkordsymbolschreibweise durch einen Großbuchstaben mit einer 5 dargestellt, z.B. C5. Die beiden Töne eines Powerchords können auch gedoppelt oder umgekehrt werden. Bei einer Umkehrung wird die Reihenfolge der Töne innerhalb des Akkords geändert. Das bedeutet, dass nicht immer der Grundton der tiefste Ton sein muss.
Kehren wir einen Powerchord um, ändert sich sein Rahmenintervall von einer Quinte zu einer Quarte. C – G = Quinte G – C = Quarte
Smoke On The Water
Das erste Beispielriff, “Smoke On The Water”, wird im Original auf der Gitarre mit umgekehrten Powerchords (Quartgriffen) gespielt. Um der Ukulelenstimmung besser gerecht zu werden und das Resultat voller klingen zu lassen, verwende ich hier Powerchords in Grundstellung mit Oktave.
Paranoid
Bei “Paranoid” beinhaltet das originale Gitarrenriff Powerchords in Grundstellung. Den besonderen Wiedererkennungswert erhält die Figur durch den eingebauten Quartvorhalt. Zuerst werden Quarte und Grundton angeschlagen, dann die Quarte durch ein Hammer-On (Aufschlagsbindung) zur Quinte erhöht.
Diese Besonderheit habe ich bei der Bearbeitung für die Ukulele beibehalten, jedoch verwende ich umgekehrte Powerchords, um der Tonlage der Ukulele entgegenzukommen.
Eye Of The Tiger
Der Song “Eye Of The Tiger” wird mit zwei Gitarren gespielt, wobei die erste Gitarre fast durchgehend die markanten abgedämpften Sechzehntel spielt (mit Wechselschlag). Die zweite Gitarre spielt ein Powerchordriff, das sich vor allem durch den besonderen Rhythmus auszeichnet. Bei der Bearbeitung für die Ukulele habe ich beide Gitarrenstimmen kombiniert. Spielt man den Song mit zwei Ukulelen, kann die erste Ukulele weiter die Sechzehntelfigur spielen.
Vorsicht: Bei der Wiederholung des Riffs (in Takt 8) gibt es eine kleine, aber entscheidende rhythmische Veränderung zu beachten!
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Money For Nothing
Beim nächsten Beispiel handelt es sich um “Money For Nothing” von den Dire Straits. Um die typische Melodie innerhalb der Powerchordbewegung beizubehalten, habe ich oftmals wieder andere Umkehrungen als im Original verwendet. Mark Knopfler spielt das Gitarrenriff mit den Fingern (Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger). Der Daumen wird dabei rhythmisch unabhängig von den anderen Fingern benutzt, dadurch bedarf es u.U. etwas Übung, bis das Beispiel im Originaltempo funktioniert. Ich spiele den Song auf der Ukulele ebenfalls mit den Fingern. Töne, die mit dem Daumen angeschlagen werden sollen, sind im Notenbild mit einem Notenhals nach unten versehen.
You Shook Me All Night Long
Beim Thema Rockmusik darf natürlich eine Band nicht fehlen: AC/DC! Ich habe mich für den Song “You Shook Me All Night Long” entschieden, da er eine interessante Mischung aus Powerchords, deren Erweiterungen und Durakkorden enthält. Im Refrain (ab Takt 7) ist die Gesangsmelodie mit in die Gitarrenfigur integriert, was ich beim Bearbeiten für die Ukulele natürlich unbedingt beibehalten musste.
Ain’t Talkin ‘Bout Love
Die Gitarrenfigur von “Ain’t Talkin ‘Bout Love” basiert auf einem mit Palm Mute gespielten Am-Arpeggio (Akkordbrechung). Das Ganze erstreckt sich im Original über fast zwei Oktaven. Für die Ukulele würde das bedeuten, dass wir mittendrin die Lage wechseln müssten und die hohen Töne dann etwas “piepsig” klängen. Daher war ich so frei, das Riff etwas zu verändern: Ich spiele die zweite Hälfte des ersten Takts eine Oktave tiefer und kann dadurch in einer Lage bleiben.
Foxy Lady
Auch bei “Foxy Lady” habe ich gegenüber dem Original den Tonumfang des Riffs verringert, indem ich manche Töne um eine Oktave verschoben habe. Würde man das Verhältnis der Töne zueinander nicht verändern und die Figur einfach nur komplett auf die Ukulele übertragen, wären die hohen Töne im Grenzbereich des Spielbaren.
Stairway To Heaven
Jetzt schlagen wir etwas leisere Töne an und wenden uns den Rockballaden zu. Da darf natürlich “Stairway To Heaven” nicht fehlen. Hier haben wir es nicht mit Powerchords zu tun, sondern mit Drei- und Vierklängen, die mit vier Fingern gezupft werden. Dabei ist jeder Finger für eine bestimmte Saite zuständig:
1. Saite: Ringfinger
2. Saite Mittelfinger
3. Saite Zeigefinger
4. Saite Daumen
Die ersten beiden Takte lassen sich recht einfach auf die Ukulele übertragen, ohne dass wir viel verändern müssten. Im dritten Takt habe ich den Fmaj7-Vierklang zu einem F-Dur-Dreiklang vereinfacht, weil das Original-Voicing auf der Ukulele so nicht spielbar ist. Der zweite Teil (ab Takt 6) wird eine Oktave höher gespielt als auf der Gitarre. Da die Vorlage hier aus offenen Akkorden (mit Leersaiten) besteht, musste ich außerdem ein paar andere Umkehrungen verwenden.
Hotel California
Auch bei unserem nächsten Stück, “Hotel California” handelt es sich um einen absoluten Klassiker unter den Rockballaden.
Wir können die arpeggierten Akkorde entweder mit dem Plektrum anschlagen, oder wie im letzten Beispiel mit vier Fingern zupfen. Zur besseren Übersicht habe ich auch dieses Beispiel mit Griffbildern ergänzt. In Takt 4 wende ich einen harmonischen Trick an: Den Fünfklang E7/9 können wir auf den vier Saiten der Ukulele nicht vollständig spielen. Daher lasse ich den Grundton einfach weg. Den Grundton oder die Quinte wegzulassen, ist gerade im Jazz eine gängige Praxis, um komplexe Akkorde auf wenigen Saiten unterzubringen. Der Zuhörer “denkt” sich den fehlenden Ton, da dieser sich aus dem musikalischen Kontext erschließt. In einer späteren Workshopfolge werde ich noch ausführlicher auf dieses Konzept eingehen.
Message In A Bottle
“Message In A Bottle” ist ein Paradebeispiel für den Einsatz erweiterter Powerchords. Andy Summers, der Gitarrist von “The Police” erweiterte gerne Powerchords und Dreiklänge mit der None, dem neunten (oder zweiten) Ton der jeweiligen Durtonleiter. Bei der Ukulelenbearbeitung des Songs habe ich diesen Zusatzton jeweils auf die erste Saite gelegt. Eine Ausnahme stellt der vierte Takt dar: Hier wird von a zu a# ein Slide ausgeführt, das wäre auf der ersten Saite nicht möglich gewesen. Ab Takt 5 spielen wir Powerchords ohne Erweiterungen, in den letzten Takten Vierklänge.
Sweet Child O´ Mine
Das nächste Beispiel, einer der größten Hits von Guns `N´ Roses, besteht aus einer sich wiederholenden Melodie, die beim Akkordwechsel alle zwei Takte leicht variiert wird. Bei der Übertragung auf die Ukulele gab es hier keine Schwierigkeiten, da hier im Original auch nur die unteren vier Gitarrensaiten verwendet werden. Am besten klingt die Figur, wenn eine zweite Ukulele die zugrunde liegenden Akkorde spielt, für die ich Griffbilder in das Notenbeispiel eingefügt habe.
Enter Sandman
Ein weiteres Highlight der Rockmusik: “Enter Sandman” von Metallica. Metallica-Riffs basieren häufig auf dem Gebrauch der leeren E6-Saite, so auch in diesem Song. Das bereitet uns auf der Ukulele natürlich Schwierigkeiten, weil wir nur vier Saiten zur Verfügung haben. Ich habe mich daher entschieden, den Song für unseren Zweck von E-Moll nach G-Moll zu transponieren. So ist es am einfachsten, den Sound und die Spielweise des Originals zu erhalten.
Johnny B. Goode
Für das letzte Beispiel des heutigen Workshops machen wir noch einmal einen Zeitsprung in der Musikgeschichte: Wir reisen mit Chuck Berry zurück zu den Wurzeln des Rock ‘n’ Roll. Ich habe den “Johnny B. Goode” zwecks besserer Spielbarkeit von Bb-Dur nach C-Dur transponiert. Lesern der letzten Folge zum Thema Blues und den Blueskennern unter uns wird auffallen, dass der Song auf einer Variante des zwölftaktigen Bluesschemas basiert.
Ab Takt 5 werden hier eigentlich Powerchords im Wechsel mit Sextgriffen gespielt, die klassische Rock `n´ Roll-Begleitung schlechthin. Ich habe diese in meiner Ukulelenbearbeitung durch Durakkorde und Dursextakkorde ersetzt. So klingt die Begleitung etwas voller.
Das war’s für heute mit unserem kleinen Streifzug durch die Rockgeschichte, ich wünsche euch viel Spaß beim Nachspielen!
Ukeblog sagt:
#1 - 28.05.2013 um 18:38 Uhr
Super Sache, passt zu meinem Repertoire! Allerdings etwas schade, dass die Umsetzung nicht im Standardtuning gelöst wurde. Mit der tiefen G-Saite geht imho leider jegliches quietschig-quakende Ukulelefeeling verloren.Klar dürfte eine solch originalgetreue Umsetzung mit hoher G-Saite sicherlich nicht in dem Umfang zu realisieren sein, aber ist es nicht gerade dieser Kompromiss, der das Ukulelespiel erst so kreativ und vielseitig werden lässt? Für das hier verwendete Tuning brauche ich keine Ukulele, da reicht eine Gitarre mit Capo im 5. Bund.Aber gute Denkanstöße. Rock auf der Ukulele kommt immer saugut und beschert verblüffte Gesichter!
Christian Konrad sagt:
#2 - 28.05.2013 um 20:14 Uhr
Danke für den Kommentar!
Sicher hast du recht, dass die Standardstimmung einfach noch mehr nach Ukulele klingt.
Mein Anspruch dieser Reihe ist es aber, Gitarristen den Einstieg in das Thema Ukulele und das Umdenken möglichst einfach zu machen, ohne sie gleich mit einer ungewohnten hohen Saite abzuschrecken. Und für viele ist es eben so schon schwer genug, sich auf diesem kleinen Instrument zurecht zu finden.
Vielleicht hab ich fortgeschrittenen Ukulelespielern wie dir ja damit zumindest Anregungen und Inspiration für eigene Rockbearbeitungen geliefert, gerne natürlich auch in Standardstimmung!