Praxis
Verwendungszweck
Als geschlossener Studio- und HiFi-Kopfhörer mit guter Dämpfung eignet sich der Ultrasone Performance 880 als Monitoring-Kopfhörer aufzunehmender Künstler, auch wenn er aufgrund seines schicken Outfits nicht so wirklich in verruchte Aufnahmeräume passen will wie die üblichen Arbeitsbienen. Zum Editieren, Mischen und Mastern sehe ich das neue Ultrasone-Modell nur bedingt geeignet, was ich im Kapitel „Klang“ ausführlich darlegen werde. Meines Erachtens liegt die Bestimmung des 880 doch eher im HiFi-Bereich. Tendenziell mobile Musikliebhaber werden das neue Ultrasone-Modell wegen seiner geschlossenen Bauart und der damit verbundenen Vorzüge (Dämpfung von Außengeräuschen) zu schätzen wissen.
Tragekomfort
Der Tragekomfort geschlossener Kopfhörer erreicht bekanntermaßen selten die Leichtigkeit der offenen Verwandschaft. Den Anpressdruck des 880 empfinde ich allerdings als auffallend kräftig, auch im Vergleich zu anderen geschlossenen Modellen meiner ständig wachsenden (Wo soll das noch hinführen…?) Kopfhörersammlung. Für lange Hörsessions erscheint mir der Ultrasone-Kopfhörer daher ungeeignet. Dafür sitzt er jedoch sehr sicher und passt sich meiner Kopfform perfekt an, selbst das einseitige Tragen nach DJ- oder Sängerart ist durch die flexiblen Ohrmuscheln möglich. Die oval geformten Ohrpolster umschließen meine Ohren komplett, auch die Tiefe ist für meinen Geschmack optimal gewählt, nichts liegt auf. Gut so! Die körperaufliegenden Teile aus Protein-Leder sind bequem gepolstert und bieten keinen Anlass zur Kritik. Aufgrund der steifen Steckverbindung in der linken Ohrmuschel wird durch Kontakt zu Hemdkragen oder Hoodie-Kapuze leider ein unangenehmer Körperschall mit Gänsehaut-Effekt erzeugt. Derartige Artefakte, die mir auch schon bei einigen anderen Headphones begegnet sind, empfinde ich persönlich als sehr störend. Somit kann ich den Schönling vom Starnberger See in dieser Disziplin nicht ohne Kritik davonkommen lassen. Wie ist es denn um die klanglichen Qualitäten bestellt?
Klang
Auch der Ultrasone Performance 880 wurde für diesen Test an folgenden Kopfhörerausgängen bzw. Verstärkern betrieben:
- iPad 4
- Apogee Duet2
- SPL 2Controll
- Lake People G93
- Teenage Engineering OP-1
- Novation Bass Station 2
Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, übliche DAW- und Mix- und Mastering-Tätigkeiten) habe ich einen stilübergreifenden Mix eigener und fremder Produktionen über den Ultrasone-Kopfhörer angehört und analysiert.
Frequenzgang
Die Frequenzabbildung des 880 hat einen deutlichen HiFi-Charakter, was absolut nicht abwertend gemeint ist, professionelle Klangbeurteilungen aber ausschließt. Die Wiedergabe der Höhen beispielsweise ist zur optimalen Aufdeckung von editierungs-relevanten Artefakten eindeutig zu mild und weichzeichnend, zum entspannten Musikhören allerdings gut geeignet. Der Bassbereich ist durchaus kräftig abgestimmt, ohne dabei schwammig zu wirken, lediglich der Oberbass wirkt in einigen Produktionen einen Hauch zu dominant. Die Mitten sind weder besonders über- oder unterrepräsentiert und fügen sich harmonisch ins Gesamtbild ein, wobei ich unter tontechnischen und kreativen Gesichtspunkten einen leichten Spot auf diesen Bereich bevorzuge, um beispielsweise Tonalitäten und Gesangsstimmen besser beurteilen zu können.
Ich möchte anmerken, dass mir die Frequenzabbildung des 880 bei meinen allerersten Hörproben spontan nicht besonders zusagte. Wenn man sich aber ein wenig „eingehört“ hat, empfindet man seinen Klang als sehr rund und harmonisch zum Musikgenuss. Weiterhin fiel mir auf, dass bei einigen Musikproduktionen leichte Färbungen der oberen Mitten auftreten, die meiner Meinung nach mit der dezentralen Beschallung durch die S-Logic-Technologie in Zusammenhang stehen könnten. Diese Nuancen sollten für Musikkonsumenten von geringer Relevanz sein, von klangentscheidenden Entscheidungen als Tonschaffender würde ich allerdings abraten.
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Impulsverhalten
Die bereits mehrfach erwähnte dezentrale Beschallung beeinflusst vermutlich auch die Wiedergabe von Dynamik und Transienten. Diese wirkt etwas indirekt, als säße man nicht – wie bei ARD und ZDF – in der ersten, sondern in der zweiten Reihe. Somit sehe ich den 880 nicht als optimales Abhörwerkzeug zur Editierung und Dynamikbearbeitung von Audiomaterial, was seinen Einsatz als Studiokopfhörer, als der er ja unter anderem angepriesen wird, nochmals schmälert.
Diese Wiedergabeeigenschaft erlaubt allerdings ein recht entspanntes Hören, was bestimmt einigen HiFi-Fans entgegenkommt. Außerdem habe ich die folgende Entdeckung gemacht: Der Ultrasone 880 versteht sich prima als mobiler Begleiter meines Teenage Engineering OP-1! Die etwas räumlichere und indirekte Wiedergabe eignet sich sehr gut zur kreativen Arbeit direkt an Klangerzeugern, deren Ausgangsmaterial eben noch nicht tiefengestaffelt oder „aufgeräumt“ , sondern häufig brutal und staubtrocken ist. Headphones mit kompromissloser Transientenwiedergabe können an OP-1, Bass Station 2 und Co. teilweise schon sehr anstrengend klingen.
Räumliche Abbildung
Man muss dem 880 von Ultrasone einfach zugestehen, dass er für einen geschlossenen Kopfhörer einen bemerkenswerten Raumeindruck vermittelt. Das typische Abschottungs-Gefühl, das häufig mit dieser Kopfhörer-Bauform einhergeht, wird durch die hauseigene „S-Logic-Plus“-Technologie erfolgreich eliminiert! Die Separierung und Ortung verschiedener Schallereignisse oder Instrumente im Raum ist erstklassig und muss sich vor keinem offenen Kopfhörer verstecken. Aufgrund bereits genannter Punkte der vorhergehenden Klangkategorien empfehle ich eher Musikkonsumenten, in den Genuss dieser transparenten Wiedergabe gelangen. Im Vergleich zu mir vertrauten professionellen Abhörsituationen zeigt sich bei einigen Produktionen eine gewisse Tendenz zu nuancierten aber dennoch ungewohnten Klangveränderungen, die nach meiner Einschätzung der besagten Technologie anzulasten sind. Aus diesem Grund würde ich bei professionellen Anwendungen stufenlose Crossfeed-Funktionen, wie sie etwa in verschiedenen SPL Kopfhörerverstärkern zum Einsatz kommen, zu Steigerung der natürlichen Raumempfindung den Vorrang geben. Da es meines Wissens keine derartigen mobilen Lösungen gibt, ist die Technologie des Performance 880 aber in jedem Fall eine fantastische Bereicherung, um unterwegs Musik zu hören.