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Universal Audio Ampeg SVT Plug-In Bundle Test

Praxis

Einer der größten Vorteile digitaler Technologie für Audio-Aufnahmeprozesse, ob im Tonstudio oder Zuhause, ist wohl die Möglichkeit des “Total Recall”, also der Option, jegliche Einstellung eines Kanalzugs, Plug-Ins, etc. abzuspeichern und später wieder aufrufen zu können. Alleine diesbezüglich ist es geradezu unmöglich, eine spezifische Aufnahmesituation in der rein analogen Welt zu 100% wiederherzustellen, nachdem sie einmal verändert wurde. Schon das geringe Verschieben einer Mikrophonposition oder Justierung der Klangregelung am Amp lässt sich bereits nach wenigen Minuten kaum noch rückgängig machen – man findet einfach nie mehr 100%ig zur Ausgangseinstellung zurück. Möchte man eine bestimmte Einstellung rekonstruieren, die Tage, Wochen oder gar Monate zurückliegt, wird das Ziel faktisch unerreichbar!
Andererseits ist es ja gerade die analoge Technik mit ihren klanglichen Eigenschaften, die man so gerne in das musikalische Ergebnis einfließen lassen möchte. Ich persönlich habe immer Studiosituationen geliebt, in denen ich mit Amp aufnehmen “durfte”. Diese Fälle wurden irgendwann immer seltener und mittlerweile zählen sie eher zu den Ausnahmen. Schon Studiolegende Leland Sklar erwähnt, dass ein großer Teil seiner Studioarbeit in anderer Menschen Wohnung oder im Hotelzimmer während einer Tournee stattfindet. Analoge Signalkette adé! Um so schöner ist die Möglichkeit, einen klassischen analogen Röhren-Basssound im Postproduktionsprozess einsetzen zu können. Man kann sich in Ruhe dem Sound widmen – zu einem Zeitpunkt, an dem der Basspart bereits sicher im Kasten ist. Die Vorteile sind eklatant! Dabei muss jedoch das eingesetzte Werkzeug, also die verwendete Simulation eines Amps, wirklich überzeugen, ansonsten folgen schnell Frustration und Ernüchterung.
Dass bei der Erstellung der Universal Audio “Ampeg SVT Plug-Ins” jemand Hand angelegt hat, der wirklich wusste, was er tat, zeigt sich in jedem Detail dieser zwei getesteten Softwaresimulationen. Die optische Gestaltung ist schon einmal “erste Sahne”. Wer sich glücklich schätzen kann, die beiden Originale zu kennen (so wie ich), der wird visuell schon einmal begeistert sein. Zu der gelungenen optischen Umsetzung kommen als nächstes das Verhalten der Regler und Schalter und deren Auswirkung auf den Sound, die wirklich sehr authentisch reagieren. Der Faktor “Vertrautheit” ist hier nicht zu unterschätzen. Wenn der Umgang mit dem Plug-In auf dem Bildschirm genau so wirkt wie die Bedienung des Amps im Original, dann findet man enorm schnell zu seinem gewünschten Ziel. Dazu gehört vor allem die tonale Äquivalenz zum Original. Man bekommt wirklich den Eindruck, als würde man via Fernbedienung über einen Amp spielen, der in einem benachbarten Raum steht und dort seine reale analoge Magie entfaltet! Der Sound wirkt genau so, wie ich ihn von beiden Topteilen kenne. Vor allem das Klangverhalten der Röhrenvorstufen mit deren Obertonreichtum, der enormen Tiefe in den Bässen und den seidigen Höhen wirkt zu 100% realistisch, ohne wenn und aber.

Aber man kann ja so viel erzählen – hören wir doch einfach einmal rein! Ohne die Klangregelung mit einzubeziehen und quasi in “Auslieferungseinstellung” der FX Chain mit 8×10-Box klingt das reine Hinzuschalten der Plug-Ins in den Signalpfad bereits hervorragend. Hier der Vergleich zwischen trockenem DI-Signal und Plug-In:

Audio Samples
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DI Signal (Slap) SVT3-Pro Flat (Slap) SVT-VR Kanal 1 „Normal“ Flat (Slap)

Das finde ich bereits absolut hörenswert und ziemlich überzeugend. Der Grundsound des SVT3-Pro besitzt eine leichte Mittenabsenkung, was dem Slapsound entgegenkommt, während die SVT-VR-Simulation eher die Mitten hervorbringt. Hier muss für den Slapsound ein wenig “gebogen” werden. Die Mitten werden bei 800 Hz abgesenkt, die Bässe angehoben, der “Ultra Hi”-Schalter aktiviert – und schon geht die Sonne auf:

Auch ein knalliger Slapsound lässt sich durch beherzte Eingriffe am EQ realisieren.
Auch ein knalliger Slapsound lässt sich durch beherzte Eingriffe am EQ realisieren.
Audio Samples
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SVT-VR mit EQ (Slap)

Von der Flat-Einstellung der SVT-VR-Simulation ausgehend, möchte ich kurz demonstrieren, wie unterschiedlich bereits die vier Eingänge klingen. Bereits ohne die Klangregelung zu bemühen, können hier viele tonale Nuancen durch die Wahl des Eingangs vorbestimmt werden.
SVT-VR Direktvergleich der vier Eingänge bei Nullstellung aller Regler:

Audio Samples
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SVT-VR Kanal 1 „Normal“ (EQ Flat) SVT-VR Kanal 1 „Bright“ (EQ Flat) SVT-VR Kanal 2 „Normal“ (EQ Flat) SVT-VR Kanal 2 „Bright“ (EQ Flat)

Hier ein anderes Beispiel im Fingerstyle. Man erkennt deutlich die grundsätzlichen Charakterunterschiede beider Amp-Simulationen. Beim SVT3-Pro versuche ich mittels EQ einen tiefmittigen Sound zu erzeugen, mit klaren Höhen via zugeschaltetem “Ultra Hi”-Filter. Der Grundsound des SVT-VR kommt dem Fingerspiel stärker entgegen. Die Möglichkeiten der Soundveränderung mit Filtern und EQ sind enorm. Faszinierend ist, wie stark und deutlich man detaillierte Nuancen im Spiel durch das Anheben der Höhen in der SVT-VR-Simulation hervorheben kann, ohne den Eindruck zu bekommen, hier würde ein steriler EQ sein Werk vollziehen!

Audio Samples
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DI Signal (Finger) SVT3-Pro Flat (Finger)
In diesem Screenshot kann man deutlich die markante "Mittennase" im grafischen EQ erkennen.
In diesem Screenshot kann man deutlich die markante “Mittennase” im grafischen EQ erkennen.
Audio Samples
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SVT3-Pro mit EQ (Finger) SVT-VR Flat (Finger)
Auch beim SVT VR hat Oliver Poschmann die Mitten stark geboostet, damit sich der Sound schön knurrig durchsetzt.
Auch beim SVT VR hat Oliver Poschmann die Mitten stark geboostet, damit sich der Sound schön knurrig durchsetzt.
Audio Samples
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SVT-VR mit EQ (Finger)

Der Rahmen der verfügbaren Möglichkeiten ist hier jedoch noch lange nicht ausgeschöpft, denn zieht man nun noch die vielen modellierten Boxentypen, Mikrofontypen und deren Kombinationen hinzu, die man unter dem Menü-FX “Ampeg Cabinets & Recording Chain” aufrufen kann, kann einem schon fast schwindlig werden. Das Entscheidende ist hierbei, dass alle Presets auf akribischer Mikrofonierung basieren. Man erhält eine Signalkette wie in einer hochprofessionellen Studiosituation, ohne sich Gedanken machen zu müssen, an welcher Stelle die Lautsprecher mit welchem Mikro abgenommen werden müssen, oder ob Phasenprobleme bei der Abnahme auftauchen. Leider konnte ich nirgendwo eine Liste finden, die exakt die verwendeten Komponenten aufschlüsselt, aber die Kürzel in den Dropdown-Menüs geben zumindest Anhaltspunkte.
Generell stehen drei Boxentypen zur Auswahl: 8×10, 4×10 und 1×15. Dazu kommen die reichhaltigen Mikrophonierungsarten, den Kürzeln zufolge unter anderem mit Mikros wie Shure SM57, Sennheiser 409, Neumann 563, Sennheiser 421, Bändchenmikro etc. Man sollte sich ohnehin mehr auf das konzentrieren, was man hört, statt sich auf die Bezeichnungen der Presets zu versteifen.
Alle Soundbeispiele bis hierhin wurden mit 8×10″-Box und 563 kreiert. Hier nun ein paar Beispiele, die verdeutlichen, wie stark der Einfluss der Presets unter “Ampeg Cabinets & Recording Chain” auf das Endergebnis wirkt:

Audio Samples
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SVT3-Pro DI (Pick) SVT3-Pro; Flat; Preset Recording Chain: 8×10 563 (Pick) SVT3-Pro; Flat; Preset Recording Chain: 1×15 Dyn7 (Pick) SVT3-Pro; Flat; Preset Recording Chain: 4×10 409 (Pick) SVT3-Pro; Flat; Preset Recording Chain: 8×10 2×57 (Pick)

Glücklicherweise hat man bedacht, dass der User angesichts der vielen Wahlmöglichkeiten vielleicht schlicht überfordert werden könnte. Daher findet sich die äußerst hilfreiche Auto-Funktion an Bord. Hier kann man einstellen, ob das Plug-In während der Wiedergabe der Bassspur im Playback nach ein, zwei oder vier Takten automatisch zum nächsten Preset der Recording Chain wechseln soll. So kann man sich bequem zurücklehnen und nur aufmerksam zuhören. Sobald einem ein Preset gefällt, kann man “Stopp” drücken und die Auswahl dauerhaft selektieren. Die Erfahrung zeigt, dass man sich ohnehin nach einer eingehenden Kennenlern- und Testphase höchstwahrscheinlich eine Handvoll Favoriten-Settings abspeichern und ab dann vorrangig verwenden wird. Es lohnt sich auf jeden Fall die Vorgehensweise, zu Beginn der Soundsuche die Klangregelung des Plug-Ins zunächst unangetastet zu lassen und sich durch die verschiedenen Recording Chains zu klicken. Hat man dort einen passenden Favoriten für seinen Song auserkoren, kann man mit der Feinabstimmung fortfahren.
Die Möglichkeiten sind sehr komfortabel und durch die gelungene Optik sehr intuitiv umzusetzen. Ich bin wirklich restlos begeistert von diesen Plug-Ins! Das Tor von der analogen zur digitalen Welt scheint endgültig ohne Kompromisse durchschritten worden zu sein.
Hier noch ergänzend das Plektrum-Riff über das SVT-VR Plug-In gespielt:

Hier seht ihr das verwendete EQ-Setting für das Plektrum-Klangbeispiel.
Hier seht ihr das verwendete EQ-Setting für das Plektrum-Klangbeispiel.
Audio Samples
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SVT-VR; Flat; Preset Recording Chain: 8×10 563 (Pick) SVT-VR; Channel One mit EQ; Preset Recording Chain: 8×10 563 (Pick)
Kommentieren
Profilbild von Mx

Mx sagt:

#1 - 17.11.2015 um 14:29 Uhr

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Mit welchem Bass sind die DIs eingespielt? Klingt alles sehr ordentlich - Top! :)

    Profilbild von Oliver (BONEDO - Red. BASS)

    Oliver (BONEDO - Red. BASS) sagt:

    #1.1 - 17.11.2015 um 14:44 Uhr

    0

    Alle Beispiele wurden mit einem Fender Japan Jazz-Bass (1966 Re-Issue) eingespielt.herzliche GrüßeOliver (BONEDO - Red. BASS)

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