Praxis
Als Subgruppen- und Vocal-Prozessor ist der Fairchild auch heute noch allererste Sahne. Beim Summeneinsatz sollte man Vorsicht walten lassen. Heute arbeiten wir mit ganz anderen Stilistiken und Signalen, und oftmals ist dann ein Summenkompressor besser geeignet, der mit langsameren Attack- und schnelleren Release-Zeiten aufwarten kann, um den gewünschten Bass-Punch zu erzielen, den der Fairchild einfach gnadenlos plattmacht. Ich sage damit nicht, dass er im Einzelfall nicht doch funktionieren kann. Aber bloß weil er damals als Summenkompressor eingesetzt wurde, heißt das noch lange nicht, dass das heute immer noch eine Spitzenidee ist – also, an dieser Stelle bitte aufpassen!
Auf ein paar Vocal-Signale losgelassen geht dann auch gleich die Sonne auf. Das Regelverhalten wahrt eine interessante Balance zwischen recht eleganter Zurückhaltung bei geringerer Pegelreduktion und durchaus vorhandenem, typischen Charakter, wenn es heftiger zur Sache geht. Dank der schnellen Attacks arbeitet der Fairchild recht gut als Limiter/Lautmacher, er schafft es, die Signale auf eine angenehme Weise zu verdichten. Dies geht vonstatten ohne das analytische Abarbeiten eines VCA-Kompressors, vielmehr „atmet“ die Kompression in einer Weise, die für interessante Texturen sorgt und recht lebendig klingt. Im Vergleich zum Plug-In-Vorgänger muss man sagen, dass auch dieses schon recht gut war. Aber die neuen Plug-Ins klingen einfach rein was die Pegelreduktion und die Reaktion des Kompressors auf der Signal betrifft, schon eine eine Spur natürlicher und lebendiger. Dazu kommt dann noch das Klangverhalten der Line-Stufen, das vormals fehlte und hier nun wirklich erstaunlich gut gelungen ist. Denn dies verpasst den Signalen eine Samtigkeit, eine leichte Aufrauhung der Konturen, die man tatsächlich so von analogem Röhrenequipment kennt und die mich auch an die paar Hardware-Fairchilds erinnert, die ich bereits bedienen durfte. Die Resultate klingen nicht ganz so reibelig wie etwa Vintage-Neve-Units, vielmehr präsentieren sich die Fairchilds etwas feinkörniger – aber dies hilft sehr schön dabei, diesen dichten, angenehm blockigen Sound zu erzeugen, der die Background-Vocals im Breitwandformat im Mix festnagelt.
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Der Fairchild 660 scheint dabei etwas ungehobelter, gar schon aggressiver zu Werke zu gehen. Die Pegelreduktion erfolgt hier weniger unauffällig, hier ist der typische Charakter des heftigen „60s-Limitings“ stärker zu spüren, was teilweise die Signale vielleicht etwas unruhig werden lässt, andererseits aber auch für einen leicht nervösen Vibe sorgen kann, der ein Signal im Mix noch stärker in den Mittelpunkt rückt. Die zusätzlichen Features helfen sehr, die Plug-Ins in einen modernen Kontext einzubinden. In der „Konsole“ am unteren Ende des Plug-In-Fensters sind ja mit dem Sidechain-Filter und dem Mix-Poti auch ein paar Funktionen hinzugekommen, die beim Legacy-Fairchild-Plug-In so nicht vorhanden waren. Und insbesondere das Filter hilft schon dabei, den Kompressor an moderne Anforderungen anzupassen – es sorgt dafür, dass der Fairchild trotz seiner schnellen Attackwerte die Bässe nicht allzu stark plättet.
luca animoso sagt:
#1 - 09.12.2013 um 22:02 Uhr
Hallo Hannes. Für mich ist es jedes mal ein absoluter Genuss, deine Artikel zu lesen! Keine Ahnung, woher du soviel Hintergrundwissen her hast, welches mir jedes mal ein lächeln ins Gesicht zaubert :-). Kompliment! Deine Artikel sind einfach erste Sahne! 1A! Weiter so ;-) Grüsse, L.A