Praxis
Der Deluxe Amp ist ein Verstärker, der extrem auf das ankommende Signal reagiert und damit eindeutig zur Kategorie “Mitspieler” gehört, also ein Amp, mit dem man spielt und nicht, über den man spielt. So ein Verstärker reagiert auf feinste Nuancen im Spiel und es entsteht eine klare Interaktion zwischen Gitarrist und Amp. Daher ist der Sound die eine Sache, die Ansprache und das Umsetzen des Spielgefühls in die virtuelle Welt aber das andere und weitaus schwierigere Unterfangen. Wer das Plug-In quasi dreidimensional nutzen möchte, sollte im Besitz eines Apollo Audio Interfaces sein, denn dort wird es direkt auf dem Prozessor geparkt, was das Spielen mit minimaler Latenz (wie bei einem digitalen Effektgerät) gewährleistet. Außerdem sind die Eingänge des Apollo und die Input-Sektion des Plug-Ins genau auf das Gitarrensignal abgestimmt, womit Aktionen mit dem Volume-Poti wie im richtigen Leben durchgeführt werden können. Und das wollen wir jetzt genauer untersuchen, bevor ich auf die unterschiedlichen Sounds und Möglichkeiten zu sprechen komme. Ich habe meine mit P90 gepimpte Jaguar direkt an das Apollo Twin angeschlossen und mit einigen Klangbeispielen versucht herauszufinden, inwieweit das Plug-In auf die Signale der Gitarre reagiert.
Wir starten mit den verschiedenen Eingängen und deren klanglichen Auswirkungen. Hier tut sich schon einiges, die Eingänge sind unterschiedlich ausgelegt, denn der Inst-Input war beim Original für Gitarre gedacht und am Mic-Input fand häufig das Mikrofon für die Blues Harp seinen Anschluss. Der Instrumenteneingang hat mehr Höhen und kommt im Bassbereich knackiger, während der Mikrofonanschluss etwas muffiger klingt. Die oberen Eingänge (2) sind im Pegel reduziert und bieten so eine bessere Anpassung an Humbuckergitarren. Bei der Kombination der beiden Kanäle erhält man ein wenig mehr Gain.
Speaker | Tone | Inst | Mic | Input | |
---|---|---|---|---|---|
Instrument Input 1 (Jaguar P90) | JP12 | 6 | 3 | 3 | Inst 1 |
Instrument Input 2 (Jaguar P90) | JP12 | 6 | 3 | 3 | Inst 2 |
Microphone Input 1 (Jaguar P90) | JP12 | 6 | 3 | 3 | Mic 1 |
Microphone Input 2 (Jaguar P90) | JP12 | 6 | 3 | 3 | Mic 2 |
Mic 1 und Inst 1 Input gleichzeitig (Jaguar P90) | JP12 | 6 | 3 | 3 | Comb 1 |
Mic 2 und Inst 2 Input gleichzeitig (Jaguar P90) | JP12 | 6 | 3 | 3 | Comb 2 |
Jetzt kommt der Test mit der Anschlagsdynamik (Beispiel 1), das Ganze in fünf Stufen:
- Hals-Pickup mit leichtem Fingeranschlag
- Steg-Pickup mit leichtem Fingeranschlag
- Steg-Pickup mit leichtem Pick-Anschlag
- Steg-Pickup mit hartem Pick-Anschlag
- Steg-Pickup mit Crescendo auf A Powerchord
Beim zweiten Beispiel wird die Interaktion des Plug-Ins mit dem Volume-Regler der Gitarre getestet. Der virtuelle Amp ist weit aufgedreht und zuerst das Volume-Poti sehr weit zurückgenommen, das dann pro Durchgang etwas weiter aufgedreht wird. Die Reglerpositionen an der Gitarre können mit 3, 5, 7 und 10 (Vollgas) umschrieben werden. Beim ausklingenden Akkord habe ich dann wieder auf Stufe 3 zurückgedreht und ich muss sagen: Alle Achtung, das funktioniert erstaunlich gut!
Speaker | Tone | Inst | Mic | Input | |
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Anschlagsdynamik Check | JP120 | 5 | 8 | 8 | Inst 1 |
Gitarre Volume-Poti Check | JP120 | 5 | 11 | 8 | Comb 1 |
Das Spielgefühl ist erstklassig und man beginnt tatsächlich, direkt mit dem Plug-In zu spielen. Auch das Kompressionsverhalten bei weit aufgedrehtem Volume fühlt sich sehr natürlich an, wenn der Amp bei hartem Anschlag in die Knie geht. Wer auf diesen speziellen Fender-Zerrsound steht, wird seine helle Freude am Plug-In haben. Auf jeden Fall kann hier viel Klanggestaltung mit den Möglichkeiten des Instrumentes passieren, das Plug-In reagiert ausgezeichnet.
Für dich ausgesucht
Speaker | Tone | Inst | Mic | Input | |
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Maximaler Zerrgrad (Les Paul) | JB120 | 12 | 12 | 12 | Inst 1 |
Blues Style, erst hart, dann soft mit Fingern angeschlagen (Les Paul) | JB120 | 7 | 6 | 3 | Inst 1 |
Funk Groove mit Cleansound (Strat) | GB25 | 9 | 2 | 0 | Inst 2 |
Bisher habt ihr nur den nackten und sehr direkten Ampsound gehört. Im Gegensatz zu den Marshall Amp Plug-Ins gibt es hier kein Raummikrofon, das ich persönlich aber auch nicht vermisse. Mit einem guten Hall-Plug-In kann der virtuelle Gitarrenamp problemlos in einen Raum gestellt werden. UAD-User profitieren von der akustischen Nachbildung des Aufnahmeraums des Ocean Way Studios, womit der Gitarrensound bereits etwas mehr Tiefe und Raum erhält. Ihr hört das im folgenden Beispiel. Danach gibt es noch einmal das volle Programm, nämlich mit dem Amp Plug-In im kompletten Bandkontext. Auch dort sind Bestnoten zu verteilen, denn der Gitarrensound hat auch in einem größeren Arrangement eine sehr gute Durchsetzungsfähigkeit und kann mit sehr vielseitigen Klängen überzeugen. Alle Gitarrenspuren wurden mit dem Fender Tweed aufgenommen und fast der komplette Zoo war im Einsatz mit Jaguar, Strat, Les Paul, Tele und Gretsch.