Praxis
Für den Praxisteil sieht der Versuchsaufbau folgendermaßen aus: Die Gitarre ist an einen Sovtek MIG-50 angeschlossen, zwischen Gitarre und Amp werden bei Bedarf Overdrive- oder Compressor-Pedale geschaltet. Das Amp-Signal geht dann in einen Universal Audio OX, der die Cab-Simulation übernimmt, und von dort in den Golden Reverberator, damit das Effektsignal in Stereo eingefangen werden kann. Wir starten mit dem Spring 65 und arbeiten uns dann Schritt für Schritt durch die einzelnen Effekt-Typen.
Spring 65
Der Spring 65 liefert einen Federhall in digitaler Form. Im ersten Beispiel hört ihr die drei unterschiedlichen Modes, jeweils mit einem kurzen Akkord, damit man auch den ausklingenden Hall entsprechend wahrnehmen kann.
Und das kann sich hören lassen! Mode A klingt am dezentesten und kommt mit etwas betontem oberen Frequenzbereich, die Bezeichnung Bright passt da sehr gut. Bei den anderen beiden klingt es etwas fülliger. Auf jeden Fall ist der Sound absolut erstklassig, die Hallfahne klingt sauber aus, es rauscht nicht, und das leichte Wackeln oder Vibrieren der Hallspirale ist absolut authentisch. Der Mod-Regler war bei den vorangegangenen Beispielen noch auf 7 Uhr geparkt, aber man kann das Ganze mit etwas Modulation weiter aufpeppen, was dem Hall dann noch einen etwas weicheren und schwebenden Charakter verleiht. Im nächsten Beispiel hört ihr drei unterschiedliche Einstellungen des Mod-Reglers.
Mit dem Spring 65 lassen sich die klassischen Federhall-Sounds vom extremen Surf-Reverb bis zu einem etwas dezenten Federhall für Blues-Sounds ausgezeichnet nachbilden. Die dynamische Ansprache ist hervorragend, das bekannte Klackern des Reverbs erscheint bei harten Anschlägen und klingt auch realistisch. Bei solchen feinen Details trennt sich die Spreu vom Weizen, außerdem ist der Sound auch bei hohen Mix-Settings nie verwaschen, das Direktsignal kommt immer sehr sauber durch. So ist man häufig geneigt, den Hall etwas höher einzustellen, weil es einfach besser klingt und sich angenehmer spielen lässt. Hier sind noch drei Beispiele mit dem Spring 65.
Plate 140
Auch hier hört ihr zuerst wieder die drei unterschiedlichen Modes direkt hintereinander mit relativ neutraler Einstellung und dem Decay-Regler auf 15 Uhr.
Für dich ausgesucht
Da gibt es wirklich nichts zu beanstanden – im Gegenteil: Der Platten-Algorithmus klingt spitzenmäßig, und zwar in einer Qualität, wie ich sie in einem Effektpedal für Gitarre noch nie gehört habe! Die drei Modes unterscheiden sich nicht drastisch, Mode A klingt etwas schlanker als die anderen beiden, aber generell wird hier ein sehr fetter Plattenhall angeboten. Nie wird es in den unteren Frequenzen mulmig oder verwaschen, wie ihr in den Beispielen mit Baritongitarre und Bass VI klar hören könnt. Der Plate-Reverb ist sehr variabel einsetzbar: Mit niedrigen Decay-Einstellungen kann man den Nachhall kleiner Räume simulieren, mit der vollen Packung gibt es einen satten Hall-Teppich, der wunderbar im Hintergrund wirkt und mit Modulations-Zugabe typisch schwebt. Was auch hier wirklich beeindruckend klingt und beim Spielen fast noch beeindruckender ist, sind die dynamische Ansprache und das Verhalten des Reverb-Sounds bei leisem und lautem Anschlag. Es klingt wirklich mächtig und man hat das Gefühl, über eine große Soundpalette zu verfügen, vor allem, wenn man dazu noch mit einem gut agierenden Overdrive spielt. Dann kann man über den Anschlag eine Menge steuern.
Hall 224
Die drei Modes des Hall 224 kommen mit einem ebenfalls sehr üppigen und voluminös klingenden Halleffekt, der beim Ausklingen etwas flattert. Mode B ist etwas höhenbetonter und das Flattern ist bei Mode C am dezentesten. Auch dieser Algorithmus klingt in allen drei Modes sehr edel.
Die maximale Nachhallzeit ist beim Hall 224 am längsten, womit dieser Algorithmus für Ambient-Style-Experimente und Soundscapes mit üppigen Hallfahnen bestens gerüstet ist. Dazu etwas Modulation, und schon ist man im Weltall. Die Möglichkeit der getrennt regelbaren Nachhallzeiten (dem Original entsprechend) für die tiefen und hohen Frequenzen ist natürlich für diese Einsätze optimal. Aber auch kleine Räume mit leichtem Slapback-Sound können mit dem Hall 224 sehr gut erzeugt werden. Hier einige Beispiele.
Chamber & Plate 224
Der vierte Algorithmus, den es nach der Registrierung gratis zum Download gibt, trägt den Namen Chamber & Plate 224, Dabei handelt es sich um Nachbildungen der entsprechenden Chamber- und Plate-Algorithmen aus dem Lexicon 224. Mode A ist der Algorithmus Perc Plate, Mode B Const Plate und der Chamber Algorithmus ist bei Mode C zu hören. Und so klingt das Ganze:
Wie erwartet, gibt es auch hier einen absolut feinen Reverb-Sound. Die klanglichen Unterschiede sind deutlicher, aber das ist auch logisch, denn es sind verschiedene Hallvarianten am Start. Das Perc Plate klingt sehr groß und organisch, das Const Plate kommt mit leichtem Flatterecho im Ausklang, während der Chamber-Modus wieder in einem großen Raum stattfindet. Alles in allem also einige zusätzliche Farben zum Erweitern der Soundpalette. Hier ein paar Beispiele dazu:
Zwischenfazit und Alternativen
Das Golden Reverberator Pedal besticht durch die kompromisslose und detailgetreue Nachbildung der analogen (und digitalen) Schätzchen mit dem Vorteil der digitalen Klangerzeugung: Absolut minimale Nebengeräusche, wartungsfreundlich, kompakt (im Gegensatz zu den Originalen), gleichbleibender Sound. Was der eine oder andere bemängeln könnte, sind eine fehlende MIDI-Steuerung, mehr Speicherplätze oder vielleicht noch ein paar mehr Parameter zum Einstellen, dazu abgefahrene Space- und Shimmer-Reverbs. Wer so etwas benötigt, ist wahrscheinlich mit einem Strymon Big Sky oder einem Eventide H9, die beide mehr Reverb-Parameter und -Algorithmen bieten, besser bedient. Aber das ist auch nicht die Zielsetzung des Golden Reverberators. Bei ihm geht es um eine möglichst authentische Nachbildung von Reverb-Klassikern, und die ist erstklassig gelungen.