Vorweg: Dies ist kein gewöhnlicher Workshop, sondern eher ein Hybrid aus Erfahrungsbericht und Einstiegshilfe zum Musizieren, Editieren und Mischen mit Universal Audios brandneuer „kostenloser“ und etwas ungewöhnlicher DAW-Software namens Luna.
Das Fundament dieses „Workshops“ ist mein persönliches Learning by Doing über einen mehrwöchigen Zeitraum (mit kleineren Unterbrechungen) seit dem Release der Software hinweg, wodurch ich möglicherweise noch nicht alle Features zu 100 Prozent erfasst, mir aber einen soliden Überblick über die Mondoberfläche angeeignet habe.
Dabei habe ich berücksichtigt, worauf beim Einstieg mit Luna zu achten ist und wo die Vorzüge und auch Nachteile bei der Arbeit mit dieser noch jungen und doch recht speziellen DAW liegen.
Details und Praxis
Was dieser Workshop nicht bietet:Wer dies liest und möglicherweise bereits Nutzer von Plugins und Hardware des US-amerikanischen Herstellers ist, hat wahrscheinlich schon Erfahrungen mit DAW-Hostprogrammen gesammelt, sodass ich hier grundlegende Basics, wie z. B. „wie nehme ich eine Spur auf?“, ausklammern werde.
Die Bedienoberfläche von Luna kann man als gelungenen Mix etablierter Programme bezeichnen, daher sollte sich eigentlich jeder spontan zurechtfinden. Stattdessen fokussiere ich nennenswerte Unterschiede zur „Konkurrenz“ und Besonderheiten des DAW-Rookies.
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Was ist Luna eigentlich?
Luna ist eine DAW-Software, die von Nutzern von Universal Audios Apollo und Arrow Interfaces (bisher nur Thunderbolt und Mac) kostenlos installiert werden kann.
Neben der erwartungsgemäßen Nutzbarkeit vorhandener UAD-Plugins gehören einige virtuelle Instrumente zur Grundausstattung. Weiterhin werden diverse kostenpflichtige Inhalte (VIs, Libraries, Summing Emulation etc.) angeboten, auf die ich an späterer Stelle eingehen werde.
Hierbei ist zu beachten, dass diese Inhalte ausschließlich und exklusiv mit Luna verwendet werden können. Ein elementar wichtiger Punkt ist die AU-Kompatibilität, die es ermöglicht, AU-Plugins und Klangerzeuger in Luna zu verwenden.
Was macht die Installation von Luna lohnenswert?
#1 Tracking
Als langjähriger und zufriedener Nutzer von Universal Audios Hard- und Software stellte sich mir trotzdem die Frage, ob sich die Installation für mich lohnt, da ich bereits mit zwei Hostprogrammen (Pro Tools, Logic) ausgestattet bin – schließlich siegte die Neugier und der Entdeckergeist.
Die erste Besonderheit ist die unmittelbare Einbindung meiner Apollo Audiointerfaces, was bedeutet, dass das Öffnen von UADs Console Software zum Recording nicht mehr notwendig ist. Alle Einstellungen bezüglich der Aufnahmekette und des Monitorings können in Luna vorgenommen werden, was definitiv ein (zumindest haptischer) Vorteil ist, da man während der Aufnahme nicht mehr dazu gezwungen ist, zwischen zwei Programmfenstern zu toggeln.
Wie flexibel und leistungsstark Luna als Tracking-Tool ist, erkennt man, wenn man sich die folgende Abbildung einmal in Ruhe anschaut – hierzu einige Stichpunkte:
ARM (Accelerated Realtime Monitoring): Nahezu latenzfreie Spuren, Instrumente und Busse bei Verwendung hauseigener Plugins. Die Anzahl der „ARM-Spuren“ ist abhängig von der DSP-Power des verwendeten UAD-Interface. praktikable Flexibilität bei der Verwendung (Aufnahme/Monitoring) von Plugins in der Aufnahmespur sehr übersichtlicher Signalfluss und Zugriff auf Monitoring-Optionen
#2 Neve Summing und Tape Emulation
Die unmittelbare Integration derartiger (teilweise kostenpflichtiger) Funktionen in Bussen und Einzelspuren ist auf jeden Fall ein nicht alltägliches Merkmal für DAWs, sondern eher als Plugin von Drittherstellern zu finden.
In Verbindung mit der im Browser prominent präsentierten AAF-Import-Option könnte man auf die Idee kommen, Luna als organisch klingende bzw. prägende Mix-DAW oder auch zum kreativen Stem-Mastering zu verwenden – unabhängig davon, mit welcher Software der Song bis dahin produziert wurde.
Auch wenn ich die klanglichen Möglichkeiten dieser Features noch nicht detailliert analysiert habe, kann ich sagen, dass mir Mixes mit Neve Summing eindeutig besser gefallen. Das Ergebnis fühlt sich „stimmiger“ und runder an, ohne dass man benennen könnte (oder müsste), welche konkreten Parameter diese meist subtile Veredelung im Detail ausmachen.
#3 Klangerzeuger
Die bereits zur Grundausstattung gehörenden Sounds des Sample Players „Shape“ erscheinen bei der allerersten Durchsicht der Instrumentenkategorien und Preset-Namen etwas hausbacken und die Auswahl ist längst nicht so üppig, wie man es von anderen DAWs – Extremfall Logic – gewohnt ist.
Aber: Das Gebotene klingt wirklich top, lebendig, quasi produktionsfertig und äußerst inspirierend! Abgespeckte und dennoch sehr gut einsetzbare Versionen (z. B. nur eine Artikulation) der optional erhältlichen Inhalte von Spitfire Audio sowie eine Light-Version des Pianos (Ravel) sind ebenfalls in Shape enthalten.
Im folgenden Audiobeispiel sind verschiedene Instanzen von Shape sowie Ravel zu hören. Darauf folgt ein kurzes Arrangement, das ausschließlich mit 11 Instanzen des kostenpflichtigen Minimoog entstanden ist. Hierzu wird es möglicherweise in Kürze einen Vergleich mit virtueller und analoger Konkurrenz geben, wo sich – so viel vorweg – der Luna-Minimoog sehr gut schlägt.
Weitere Besonderheiten und Nützliches
Console Tracking Mode Als professionelles Recording-Tool folgen Spuren, die zur Aufnahme scharfgeschaltet sind, prinzipiell dem klassischen „Bandmaschinenmodus“: Das Eingangssignal ist sowohl während der Aufnahme als auch im Stop-Betrieb hörbar.
Im Play-Betrieb hört man – sofern vorhanden – das bereits aufgenommene Spursignal, was die Standardeinstellung für Punch-In/Out-Recording ist. Eine Alternative hierzu ist der „Console Tracking Mode“, der im Transportmenü aktiviert werden kann und dafür sorgt, dass das Eingangssignal ständig präsent ist, also auch während der Wiedergabe.
Workflow
Oberhalb des Arrangierbereichs lassen sich sogenannte Workflow-Menüs einstellen, die für die jeweiligen Arbeitsbereiche Record, MIDI, Edit und Mix nützliche Short Cuts und Parameter bereitstellen.
„Spill“ nennt sich ein nützlicher kleiner Button, den man auf Bussen und dem Master Out findet. Bei Betätigung werden alle Spuren ausgeblendet, die kein Signal in diesen Bus schicken. Sehr gut!
Auto Save: Es fällt mir tatsächlich sehr schwer, meinen Command-S-Reflex zu unterdrücken, aber Luna sichert automatisch bei jeder Änderung, die man vornimmt. Zum Glück lässt sich jede Version des Songs, die durch Datum und Uhrzeit gekennzeichnet ist, wiederherstellen.
Fazit
Wie Luna von der musikschaffenden Gemeinde und auch von mir in Zukunft angenommen und werden wird, ist eine spannende Frage. Universal Audios DAW bietet durchaus Inspiration und für einige Produktionsabschnitte und auch einen tollen Workflow, wodurch Luna aus meiner Sicht sowohl für versierte Musiker als auch für Mix Engineers ein interessantes Kreativ-Tool ist. EDM-Frickler und Editierhelden finden in anderen Programmen bisher allerdings eindeutig bessere Alternativen, wobei man nicht vergessen darf, dass Luna noch ganz am Anfang steht und vermutlich bereits an diesen Defiziten gearbeitet wird.
Welche Erfahrungen habt ihr ggf. mit Luna gemacht und inwiefern werden eure DAW-Pläne hierdurch beeinflusst? Nutzt hierzu gerne unsere Kommentarfunktion!