Der von uns getestete Universal AudioTeletronix LA-2A ist der legendärste Optokompressor aller Zeiten – und das ist auch kein Wunder, es handelt sich hier nämlich um den Dynamikprozessor, welcher diese Gerätegattung begründete. Folglich müssen sich alle anderen Dynamikwerkzeuge mit optoelektronischem Regelelelement letzlich an dieser grauen Eminenz messen lassen.
Bis zur Mitte der 60er-Jahre herrschte in der Musikproduktion die Vollröhrtentechnik vor. Dies betraf sämtliche Verstärkerstufen und damit auch die Regelelemente von Kompressoren und Limitern. Als Vollröhrengeräte basierten diese allesamt auf dem sogenannten Vari-Mu-Prinzip, bei dem eine Röhre das Herzstück des Regelelements darstellt.
In den 1960ern jedoch begann sich dieses Feld zu diversifizieren, neue Schaltungstechniken wie Diodenbrücken, FET-Transistoren und eben Optokoppler erweiterten die Palette merklich. Den Anfang dieses munteren Reigens machte der Teletronix LA-2A, der erste Nicht-Vollröhrenkompressor, der das Licht der Welt erblickte. Entwickelt wurde das Gerät auf Basis eine Optokopplers zur Mitte der 60er-Jahre in Kalifornien (wo sonst…). Zwar zeichnete nicht Bill Putnam selbst für das Design verantwortlich, aber der Universal-Audio-Mastermind erkannte doch das ungeheure Potenzial des Gerätes und kaufte die Herstellerfirma kurzerhand auf, um sie in sein Firmenimperium zu integrieren. Der LA-2A wurde zunächst bis zum Ende der 60er weitergebaut, bis er schließlich vom transistorisierten (und kaum minder legendären) Nachfolger LA-3A abgelöst wurde.
Details
Weniger ist mehr
Abgesehen vom revultionären Optokoppler bleibt der LA-2A aber dennoch ein Vollröhrengerät – in anderen Worten: halbleiterfreie Zone. Geräte aus dieser Ära kommen oftmals im Verglich zu heutigen Designs mit wenig Bedienelementen aus, aber diese Tendenz treibt der LA-2A definitiv auf die Spitze. Er ist die Urform eines sogenannten „Zweiknopf-Kompressors“: Threshold einstellen, Ausgangspegel setzen, fertig! Dazu verfügt das Gerät über die beiden Potis „Peak Reduction“ und „Gain“. Wer aber denken sollte, dass der LA-2A aufgrund seiner wenigen Bedienelemente völlig unflexibel sei, der hat die Rechnung ohne die Optozelle gemacht: Denn diese ist gewissermaßen das personifizierte Programm-adaptive Regelverhalten. Bestimmte Effekte, die ich etwas weiter unten erläutern werde, sorgen nämlich dafür, dass der LA-2A gar keine Einstellmöglichkeiten etwa für Attack und Release benötigt, weil sich das Regelelement von selbst hevorragend auf das Audiomaterial einstellt.
Limit/Compress: Weniger starke Änderung als der Name glauben macht
Neben den genannten Potis verfügt der LA-2A nur über wenige weitere Bedienelemente. Der Limit/Compress-Schalter verändert die Kompressionrate, mit der das Gerät arbeitet. Es handelt sich beim LA-2A um einen Softknee-Kompressor, der zudem im Feedback-Modus arbeitet, das Sidechain-Signal wird also hinter dem Regelelelement abgegriffen. Das bedeutet, dass das Gerät ohnehin eher sanft zu Werke geht, und deswegen hat der Limit/Compress-Schalter einen weit weniger dramatischen Einfluss auf den Klang, als man vielleicht denken sollte. Bei den Vintage-Geräten befand sich dieser Schalter sogar auf der Rückseite des Gehäuses. Man sollte hier keinen großen Unteschied erwarten, allenfalls bei wirklich starker Pegelreduktion lassen sich klangliche Differenzen ausmachen. Die beiden weiteren Bedienelemente auf der Frontplatte betreffen das Metering. Das VU-Meter kann entweder die Pegelreduktion oder den Ausgangspegel bezogen auf +4 oder +10 dB anzeigen, und eine kleine Madenschraube/Trimmpoti dient der Kalibrierung der Nullposition der Nadel.
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Relikt: Schraubanschlüsse
Auf der Rückseite befindet sich aber noch eine weitere Madenschraube, die den Sound des Kompressors beeinflusst. Das prosaisch „R37“ betitelte Bedienelement justiert den Einfluss hoher Frequenzen auf die Kompression – ein Überbleibsel aus der Zeit, in der der LA-2A (heute unvorstellbar…) als Sendelimiter eingesetzt wurde. Dieser Trimmer war dazu gedacht, die Emphasis/Höhenanhebung vor dem FM-Transmitter im Sidechain zu kompensieren, kann aber auch in der Musikprodudktion gewinnbringend eingesetzt werden, wenn man z.B. ein Signal mittels Kompression runder machen möchte. Ansonsten befinden sich auf der Rückseite die gleichen „Barrier Strip“-Schraubklemmen für die Audioanschlüsse, über die auch das Vintage-Original verfügte, sowie als sinnvolle, zeitgemäße Ergänzung ebenfalls zwei XLR-Anschlüsse.
Licht ins Dunkel
Aus heutiger Sicht verblüfft, wie einfach der Signalweg des LA-2A aufgebaut ist. Eine Handvoll Röhren, Widerstände, Kondensatoren und ein Optokoppler – fertig ist die Kompressor-Legende. Von den vier Röhren liegen zwei in der Ausgangsstufe, und zwar eine 12AX7-Doppeltriode und eine 12BH7 danach als Kathodenfolger. Das Signal durchläuft den Eingangsübertrager, danach den Optokoppler, anschließend das Gain-Poti, und dann eben nur noch die beiden Röhren und den Ausgangsübertrager. Zwei weitere Röhren (12AX7 und 6AQ5) liegen im Sidechain und dienen dort als Treiber für die elektrolumineszente Folie des Optokopplers. Und damit sind wir direkt im Herzen des LA-2A angekommen. So simpel und archaisch diese Schaltung heute auch anmuten mag, damals war es eine echte Revolution, dieses Bauteil in einem Dynamikkompressor einzusetzen. Optokoppler wurden bis dato vornehmlich in der Mess- und Medizintechnik eingesetzt, etwa zur galvanischen Trennung zweier Schaltkreise, da die Information in diesem Bauteil eben nicht durch eine elektrisch leitende Verbindung übertragen wird, sondern durch Licht. Es ist eine schlichtweg geniale Idee, daraus ein Kompressor-Regelelement zu stricken – das Funktionsprinzip ist wie folgt: Abhängig vom Pegel des Eingangssignals wird eine elektrolumineszente Folie zum Leuchten gebracht (moderne Optokompressoren arbeiten häufig mit LEDs), auf die ein fotoelektrischer Widerstand montiert wurde. Dieser ändert seine Impedanz abhängig von der Intensität (Stärke und Dauer), mit der die EL-Folie Licht auf die Fotozelle abgestrahlt hat. Diese ganze Baugruppe sitzt nun als veränderlicher Widerstand im Massezweig eines Spannungsteilers. In weniger technischen Worten: Das Regelelement arbeitet wie ein ganz gewöhnliches Potenziometer, nur dass eben keine Hand am Poti dreht, sondern das Eingangssignal selbst.
Der Schlüssel zum einzigartigen Regelverhalten
Der Attackparameter wird dabei durch die Reaktionszeit des ganzen Apparates bestimmt, und das Release-Verhalten grenzt praktisch an Zauberei – hier liegt der Schlüssel zum einzigartigen Regelverhalten des LA-2A. In einfachen Worten erklärt: Fällt der Pegel des Eingangssignals ab, so hört die EL-Folie auf zu leuchten. Die Fotozelle erlangt aber nicht sofort ihren Ruhewiderstand zurück, sondern erst einen Moment später, und zwar abhängig von der Intensität der unmittelbar vorangegangenen Lichteinstrahlung. Je länger und heller das Licht geschienen hat, desto später erreicht die Fotozelle ihren Ausgangszustand. Und daraus resultiert die einzigartige, Programm-adaptive Releasephase des LA-2A. Die Pegelreduktion schnellt relativ fix in etwa 60 Millisekunden auf etwa die Hälfte des vorangegangenen Maximalwertes zurück, für die zweite Hälfte benötigt das Regelelement dann aber 0,5-5 Sekunden, eben abhängig davon, wie laut das Eingangssignal davor war. In musikalische Begriffe übesetzt bedeutet das, dass der LA-2A spielerischen Bögen von selbst folgen kann, bei intensiveren Passagen die Kompression länger hält, bei kürzeren, leiseren Peaks aber schnell wieder in den Ruhezustand zurückkehrt. Gepaart mit dem Softknee-Verhalten und dem Vintage-typischen Feedback-Design, welches die Kompression buchstäblich weiter abrundet, erhalten wir mit dem LA-2A ein Dynamikwerkzeug, das auf bestimmte Signale mit fantastischer Sensibilität reagiert, ohne dass überhaupt Einstellmöglichkeiten für die Zeitkonstanten nötig wären.
furanku sagt:
#1 - 25.11.2019 um 05:12 Uhr
Immer wenn ich Worte wie "Magie", "luftiger Klang", "seidige Höhen", ... in einem Testbericht lese, wünschte ich das Gerät wäre einem "klinischen" Doppelblind-Test unterzogen worden. Ganz besonders wenn das Gerät wesentlich teurer als andere Geräte ist und noch mehr wenn "Vintage" drauf steht.Manchmal ist es ja so, dass Vintage-Geräte, die damals einen besonders guten Ruf hatten, diesen nicht hatten, weil sie nach heutigen Maßstäben wirklich so gut waren, sondern weil die Konkurrenz damals so schlecht war, dass sie zu recht in Vergessenheit geraten ist. Und dann nimmt die Legendebildung ihren Lauf ...Auch der akkustische Placeboeffekt ist stark, insbesondere, wenn das Gerät ja tatsächlich komprimiert (was andere, billigere Kompressoren natürlich auch tun). Aber bei den Klangbeispielen ist das "Vocals Compress Mode"-Sample z.B. ein ganzes Stück lauter als das Original Sample. Wer weiß, was in der Kette vom Mikrofon bis zu meinen Kophörern (und letztlich meinen Ohren und meinem Gehirn) da alles "mitkomprimiert" hat.
John sagt:
#1.1 - 26.11.2019 um 17:02 Uhr
Anscheinend haben sie noch nie mit einem LA-2A gearbeitet, denn dann wüssten sie, dass Kompressor nicht gleich Kompressor ist. Der LA-2A ist mit nichts zu vergleichen und die Teile von Universal Audio sind alles andere als „Placebo“!! Klar komprimieren auch irgendwelche billigen Wald und Wiesen Kompressoren das Signal, aber eben nicht so, wie dieses weltweit begehrte und nicht umsonst legendäre Gerät.
Antwort auf #1 von furanku
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenfuranku sagt:
#1.1.1 - 29.11.2019 um 04:37 Uhr
Naja, als ich das letzte mal mit "magischem" Equipment aufgenommen habe, hat sich mein Preamp in ein Einhorn verwandelt und aus meiner DAW kamen lauter Kobolde gekrabbelt. Seitdem bevorzuge ich Geräte, deren klangliche Eigenschaften man auch messen kann, und für die "Seidigkeit" und "Luftigkeit" der Höhen habe ich leider noch kein Messgerät gefunden.
Im Ernst: Ja es gibt natürlich klangunterschiede bei Kompressoren, aber gerade bei extrem teurem Vintage-Equipment ist viel Voodoo dabei. Wer gibt schon 2500€ aus und gesteht sich dann ein, dass es nicht groß anders als ein 500€ Gerät klingt? Deswegen wäre ein Doppelblindtest hier hilfreich und vermutlich ziemlich ernüchternd.
Antwort auf #1.1 von John
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenJohn sagt:
#1.1.1.1 - 01.12.2019 um 14:27 Uhr
Sind Sie sicher, dass Sie den Bericht überhaupt gelesen haben? Ich konnte die Begriffe „magisch“, „seidig“, oder „luftig“ nirgendwo finden.
Antwort auf #1.1.1 von furanku
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenfuranku sagt:
#1.1.1.1.1 - 04.12.2019 um 05:15 Uhr
Das kann ich nur zurückgeben: Im Artikel ist von der "Magie der Vintage-Originale"zu lesen. Aber auch ansonsten wimmelt es von blumigen, schwammigen Umschreibungen, wie z.B. der "reichere Sound", "ohne allzuviel Schärfe".
Antwort auf #1.1.1.1 von John
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenJohn sagt:
#1.1.1.1.1.1 - 09.12.2019 um 03:21 Uhr
Das ist aber ein Testbericht und keine Doktorarbeit. Warum laden Sie sich nicht den Schaltplan vom UAD LA-2A runter, da müssen Sie dann auch keinen „schwammigen“ Umschreibungen lesen. Im Übrigen gefällt mir persönlich der Test sehr gut. Er ist gut und flüssig (Achtung eine schwammige Umschreibung) geschrieben und bestätigt genau das was ich aus der Praxis mit dem LA-2A im meinen Studio Täglich erlebe.
Antwort auf #1.1.1.1.1 von furanku
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenMartin sagt:
#1.1.1.1.1.1.1 - 17.03.2021 um 15:39 Uhr
Ich kann mich da nur anschließen. Ich besitze sowohl günstigere "Arbeitstiere" als auch High-End Geräte im Studio. Während die Arbeitstiere dort aufgrund Ihrer tollen Performance eine Daseinsberechtigung haben, können Sie den wenigen High-End Units in deren Spezialgebieten nicht das Wasser reichen. Und grade Musikproduktion lebt eben nicht nur von statistischen Werten, sondern von den subtilen Nuancen im Sound die am Ende immer den Unterschied machen werden. Und natürlich kann man mit Mid-Level Gear eine tolle Produktion machen, denn ohne gute Songs ist auch das edelste Equipment nutzlos.
Antwort auf #1.1.1.1.1.1 von John
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