PRAXIS
Die Online-Autorisierung ist schnell gemacht, darüber muss ich nicht viele Worte verlieren. Wollen wir lieber mal sehen, ob der Satellit auch genug Geschwindigkeit mitbringt, um in einer echten Produktionsumlaufbahn kreisen zu können. Obwohl sich bekanntermaßen im Weltall keine Luft – ergo kein Medium zur Verbreitung von Schall – befindet, werde ich natürlich überprüfen, was die digitalen Klangveränderer so auf dem Kasten haben.
Wenn ich auf alle verfügbaren Plugs so ausführlich eingehen würde wie bei Einzeltests, würde dieser Artikel wahrscheinlich so umfangreich wie das “Getting Started”-Manual der Ariane. Ich habe aber einmal im Plug-In-Angebot gewütet und euch einige Beispiele zusammengestellt, die von der hohen gebotenen Audioqualität zeugen. Ich beginne mit Reverbs: Ein Faltungshall ist nicht verfügbar, die gemodelten Klassiker beschränken sich auf das Lexicon 224 und die beiden bekannten (und vorhin genannten) EMTs: das 140 und die “Weltraumheizung” 250. Natürlich hätte ich da noch einiges auf der Wunschliste, als Freund des “British Sound” ist diese angeführt vom AMS RMX16. Man kann natürlich nicht alles haben, schließlich ist ein gemodeltes Plug-In nicht über Nacht erstellt und es gibt ja immer noch die Möglichkeit, nahtlos native Plugs zu verwenden. Klanglich macht vor allem das EMT 250 richtig Spaß. Fehlt nur noch, dass die Plug-In-Oberfläche so viel Abwärme wie das Original produziert.
Größer ist die Auswahl bei den EQs. Schon im Startpaket befindet sich der sexy Pultec-EQ mit seiner ungewöhnlichen Bedienung. Mit Hilfe eines Akustikgitarren-Files kann ich überprüfen, was dieses Plug-In zu leisten imstande ist. Praktisch: Vor nicht allzu langer Zeit habe ich den von Softube gemodelten Tube-Tech-Nachbau getestet. Ich möchte jetzt hier nicht werten, aber als Beweis, dass die UA-Version in der gleichen Liga spielt, reicht ein Hörvergleich ganz bestimmt:
Wer die legendäre Sony Oxford Digitalkonsole zu schätzen weiß, wird sich vielleicht über den sauberen “Cambridge EQ” freuen. Ich muss gestehen, dass er mich aber nicht so richtig vom Hocker reißt, ich empfinde ihn nicht als sonderlich “tough” und “bossig”.
Den Charme, den Bedienspaß und die optische Wirkung großer Analogschüsseln kann ein DSP-System natürlich nicht liefern, doch der Sound ist bei den UAD-Plug-Ins nah dran. Außerdem ist die Auswahl hier recht groß. Soll die Produktion eher nach SSL oder nach Neve klingen? Diese Frage, die früher oft bei den Planungen zur Studiobuchung gestellt werden musste, kann heute im Grunde auf den Mixdown verschoben werden. Übrigens geraten heute viele Engineers in die Versuchung, aufgrund der vielen verfügbaren Plugs in jedem Signal einen anderen EQ zu verwenden. Das muss meistens nicht sein, wie ich finde. Auch mit den Restriktionen einer EQs (Frequenzen, Q, Phasenprobleme, etc.) “bewusst zu leben”, macht manche Mixes erst charaktervoll.
Für dich ausgesucht
Besonders gut gefällt mir, dass es für die UAD die EQs der (hierzulande unverständlicherweise immer noch als Exot geltenden) Harrison-Pulte zu kaufen gibt. Ich möchte dazu eigentlich nichts weiter tun, als einen Begriff in eure Welt zu schmeißen, der dann alles regeln sollte: “Thriller”. Über Michael Jackson muss man nicht einer Meinung sein, aber darüber, dass dieses Album einen für seine Zeit einfach nur wahnsinnig guten Sound hatte, bitte schon.
Zu Manleys bekanntesten Produkten zählt der gewaltige “Massive Passive”, den es wie in der Hardware-Ausgabe in einer separaten Mastering-Version mit gerasterten Potis gibt… und der bei UAD wie „in Wirklichkeit“ herausragend klingt.
Als EQ-Klassiker für Vocals bei Rock- und Pop-Produktionen darf auch getrost Neve angeführt werden, neben dem 31102 ist auch der oft kopierte 1081 zu bekommen. Neve selbst sind bekanntlich auch nicht in ihrer Entwicklung stehen geblieben. Eines der neuesten analogen Großpulte ist die wundervolle 88RS, deren Equalizer im Rahmen des Channelstrips verfügbar ist. Ein schönes Schmankerl ist übrigens, dass der notorisch unterschätzte (weil wirklich bottenhässliche!) Trident-A-EQ verfügbar ist. Geheimwaffe! Fehlen mir eigentlich nur noch der Orban und ein API…
In eine höhere Umlaufbahn kommt man allerdings, wenn man sich anschaut und anhört, was im Dynamiksektor alles verfügbar ist. “Ich will das alles haben”, schreit da das Kind im Tontechniker. “Du hast nicht genug Taschengeld!” schreit die virtuelle Mutter dann leider schnell zurück. Ich möchte euch trotzdem eine kleine Liste vorlegen. Habt ihr ein Taschentuch parat, falls ihr jetzt anfangt, zu sabbern…? 1176 als Blackface und Silverface (mitsamt All-Buttons-Mode…Shift-Click!), LA-2A, LA-3A, der SSL Bus-Kompressor aus der G-Serie, ein dbx 160 (leider nicht noch in X-Version), Neve 33609 und – eigentlich Ehrensache – ein Fairchild 670. Ich kann wirklich allen Plug-Ins bescheinigen, absolut hervorragend zu arbeiten. Angenehm preiswert und dennoch wirklich hervorragend ist der recht “liebe” Universal Audio Precision Bus Compressor, den man momentan im Store für 140 Dollar bekommt. Aus dieser Serie gibt es übrigens für $ 500 ein Mastering-Bundle, das wirklich einen Blick wert ist.
Clones von Studioklassiker-Kompressoren gibt es wie Sterne am Himmel oder Weltraumschrott in Erdnähe, sagt ihr? Ok, und was ist mit einer gemodelten Studer-Bandmaschine? Aha! Und hier wären wir auch schon bei meinem persönlichen Highlight in der Plug-In-Liste: Da wurde doch tatsächlich eine gute, alte, schweizer Zweizoll-Vierundzwanzigspur gemodelt. Die Bandlaufgeschwindigkeiten sind zwischen 7 1/2, 15 und 30 ips wählbar, ja sogar verschiedene “Bänder” lassen sich auflegen – ich schwöre auf das Ampex 456. Selbst an Umschaltung des Out-Signals (In, Synckopf, Reprokopf) und die Möglichkeit, an den EQ-Karten und der Kalibration zu werkeln wurde gedacht. Klingen tut das Ganze spitze, gut gemacht! Ob in Zukunft noch weitere Maschinen zu erwarten sind? Eine A80, vielleicht eine Otari?
Auch der Fatso EL7 von ELI ist in gemodelter Version verfügbar. Wer sich einmal mit der kauzigen und vollkommen überfrachteten Bedienoberfläche arrangiert hat, wird dieses Gerät lieben – oder hassen, das soll vorkommen. Ich liebe es auf verschiedenen Signalen als einen der angenehmsten „Dickmacher“, kann aber in jedem Fall zur Verwendung der “Senior”- gegenüber der “Junior”-Version raten, da sich nur dort vernünftig auf die mit der Andickung einhergehende Kompression Einfluss nehmen lässt. Schade: Den “Distressor” von Empirical Labs hätte ich mir für die UAD-Plattform auch noch gewünscht (…including the “British Mode”, please mate).
Unter den weiteren Specials finden sich De-Esser, der praktische Transient-Designer von SPL und das äußerst praktische Phase-Alignment Tool von Little Labs. Mit diesem Ding kann man nicht nur üblen Kammfiltern zu Leibe rücken oder sogar manche Mikrofonierungsfehler abschwächen, sondern Phasenschweinereien auch forcieren. Must have!
Will man Kammfiltereffekte erzeugen, kann man auch den klassischen Weg gehen und ein kurzes Delay benutzen. Der Cooper Time Cube mkII zum Beispiel ist ein hervorragendes Spielzeug, nutzt das Original zur Verzögerung doch eine Art Gartenschlauch. Wenn ihr jetzt panisch nach links und rechts guckt und euch fragt, ob die Aliens schon Besitz von euren Sinnen ergriffen haben, schreibe ich es noch einmal: Gartenschlauch. Ihr seid nicht verrückt, alles bestens. Ja: Ein grüner Schlauch, durch den das Signal geschickt wird. Das klingt so:
Tape-Delay ist eine weitere Möglichkeit, charismatische Verzögerungen zu erzielen. Der UA-Store bietet dafür unter anderem den Roland-Klassiker “Space Echo”. Aus gleichem Hause sind Dimension-D und die von Gitarristen verehrte Tretmine Boss CE-1. Dass die Umsetzung gelungen ist, muss hier wohl kaum noch einmal verdeutlicht werden, oder? Vielleicht ganz gut zu wissen: Auch die UAD-Plug-Ins können Sync-Informationen bekommen, um zum Beispiel Zeiten in Notenwerten festzulegen.
Im Betrieb hatte ich kein einziges Mal ein Problem mit der Kommunikation zwischen DAW und Satellite, die Bedienung ist kinderleicht. Wird FW400 benutzt und hängt dort auch noch ein Audio-Interface dran, sollte man jedoch auf Probleme gefasst sein. Wichtig ist, dass man in der Host-Software mit Latency-Compensation arbeitet, denn sonst muss man auf seine bearbeiteten Signale so lange warten wie auf eine Funkanwort der Voyager (ok, das war jetzt maßlos übertrieben). Natürlich kann diese Kompensation die eigentliche Bearbeitung nicht beschleunigen, doch werden damit Phasen- oder sogar rhythmische Probleme verhindert.
Schnell vergisst man, dass man externe Hardware benutzt. So soll es sein. Die DSPs auszulasten, erscheint auf den ersten Blick schwierig, doch den Luxus, sämtliche Einzelspuren “auf Bandmaschine” aufzunehmen, mit Neve-EQ und Universal-Audio-Kompressor zu bearbeiten, kann man in Produktionen normaler Größe mit “nur” einer Satellite Quad in den Wind schießen. Es ist ein Satellit, keine MIR oder ISS. Und gönnt man zu vielen Signalen ein VIP-Treatment mit Plugs aus der Silberkiste, wird das “UAD Meter”-Fenster leider ein ständig geöffneter Begleiter bei der Produktion.
Doch selbst vier dieser Kisten sind aber natürlich um einen riesigen Faktor günstiger als die Originale. Klanglich lässt sich das durchaus vergleichen, doch müssen wir erst auf die virtuelle 3D-Studioumgebung mit “Haptomatic” warten müssen, um das Gefühl modellieren zu können, an einer Studer und einer Neve zu arbeiten. Universal Audio gehen mit ihrem UAD-System jedenfalls den richtigen Weg. Sie bieten eine leistungsfähige, erweiterbare Plattform für Plug-Ins an, die man nach Bedarf dazukaufen kann. Ich persönlich fände etwas geringere Preise oder zumindest höhere Bundle-Rabatte wünschenswert. Es sollte einem jedoch bewusst sein, dass UA mit diesem System in erster Linie offensichtlich die Produktion von – im weitesten Sinne – Popmusik im Sinn haben. Mit diesen Plugs möchte man Funk-Drums bearbeiten, Blues-Sängerinnen, Metal-Gitarren, Reggae-Snares. Nicht, dass die UAD-Plugs für elektronische Musik wirklich fehl am Platze wären, doch ist die generelle Ausrichtung offenkundig.
stefan sagt:
#1 - 29.10.2012 um 21:50 Uhr
also, ich weiß jetzt nicht was der test mit dem satellite-system zu tun hat. hier wurden aus meiner sicht sehr oberflächlich ein paar plug ins vorgestellt. auf fragen zum satellite-system (performance über firewire-bus, anzahl an plug ins, probleme mit dem system) wird überhaupt nicht eingegangen. Ich sag mal so...der artikel braucht eine andere überschrift ;-)