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Die Hardware und die Installation
Einen aktuellen Rechner heute mit der alten UAD-1 aufzurüsten wäre, als würde man in seinen Porsche zusätzlich den Motor eines Mofas einbauen. Mal ganz abgesehen von den in letzter Zeit hohen Benzinpreisen, würde hier die logische Handlungsgrundlage fehlen, denn der Zusatzmotor ist ja nicht ganz billig und belegt außerdem einen Steckplatz unter der Haube unseres GHz-Boliden. Anders ist das glücklicherweise bei der UAD-2, die es in drei Varianten gibt, bei denen sich entweder ein, zwei oder vier der Floating-Point Prozessorkerne vom Typ SHARC 21369 auf der Platine befinden. Ein einzelner Chip läuft etwa zweieinhalbmal so schnell wie der Vorgänger, und je nach Solo-, Duo- oder Quad-Ausführung hat sich die Leistung der Hardwarebeschleunigung damit bis auf das Zehnfache pro Karte erhöht.
Der Einbau gestaltet sich problemfrei. Damit die Plug & Play Erkennung richtig funktioniert, installiert man zuerst die Software, mit der auch die entsprechenden Treiber auf die Festplatte gepackt werden. Danach einfach das Gehäuse des Rechners öffnen, Slot-Abdeckung entfernen, Karte einstecken, festschrauben, Gehäuse wieder schließen, fertig. Wenn der Rechner schon einmal offen ist, bietet es sich an, mit einem Föhn mit Kaltlufteinstellung den Staub aus den Eingeweiden des Studiogehirns zu blasen. Wer trotz aller Einfachheit Bedenken hat, mit dem Schraubenzieher auf seinen Computer loszugehen, kann sich vorher mit der beigefügten Tutorial-DVD fit machen. Ein einfacher PCI-Express Steckplatz reicht aus, aber natürlich lassen sich, wenn vorhanden, auch die vier-, acht- und sechzehnfachen Slots verwenden. Bei hohem Leistungsbedarf können bis zu vier Karten gleichzeitig betrieben werden, und wer noch die alte UAD-1 sein Eigen nennt, kann diese ebenfalls in bis zu vier Instanzen nebenher laufen lassen. Probleme mit der Stabilität der Treiber sind in unserem Test nicht aufgetreten. Alles lief von vornherein wie am Schnürchen. Erfreulich ist auch, dass die UAD-2, im Gegensatz zu manchem Konkurrenzprodukt, in einem kompakteren Computergehäuse Platz findet. Außerdem gibt es für Notebooks eine UAD-2 Solo/Laptop Variante, die laut Angaben des Herstellers über die gleiche DSP-Power wie der große PCIe-Bruder verfügt und über eine ExpressCard-Schnittstelle angeschlossen wird.
Wenn alles installiert ist, müssen die erworbenen Plugins noch autorisiert werden. Dazu ist zunächst ein Account auf www.uaudio.com nötig, der innerhalb weniger Minuten angelegt ist. Wenn der Rechner über eine Internetanbindung verfügt, läuft die Freischaltung auf Tastendruck im UAD-Meter Control-Panel, der Steuersoftware der Karte. Von dort wird man zum Download eines Authorisation-Files weitergeleitet. Diesen lädt man sich am besten auf den Desktop und zieht ihn dann auf das UAD-Meter, um die Prozedur abzuschließen. Sollte kein Internetzugang vorhanden sein, wickelt man die Autorisierung über einen anderen Rechner ab und transportiert die entsprechende Datei am besten über einen USB-Stick auf den Studio-Computer. Besitzer einer UAD-1 werden sich freuen, dass sie alle ihre Plugins kostenlos auf die UAD-2-Version crossgraden und in Zukunft je nach Bedarf auf beiden Karten laufen lassen können. Einzige Ausnahme ist der Gitarren-Multieffekt „Nigel“, der nicht auf die UAD-2 portiert wurde, denn hier gab es wohl Probleme mit der Lizensierung.
Standard, Flexi, Nevana und Omni – Die verschiedenen Plugin-Bundles
Der komplette Fuhrpark von Universal Audio umfasst momentan 35 verschiedene Plugins, die entweder zusätzlich zur Standard-Version oder in verschiedenen günstigeren Bundles zusammen mit der Karte erworben werden können. Ein Käufer der Standardausführung erhält das Paket „Mix Essentials II“, in dem sich der CS-1 Channel Strip, der 1176 SE Limiting Amplifier, der Equalizer Pultec EQP-1A und das algorithmische Hallgerät RealVerb Pro befinden. Mit dem Flexi-Bundle wird die gesamte Packung um 300,- Euro teurer (egal ob Solo, Duo oder Quad), aber dafür bekommt man auch einen Gutschein über 500,- amerikanische Dollar, und zwar unabhängig von der aktuellen Sonderaktion, deren Gutschein man noch hinzuaddieren darf. Auch ohne auf die digitalen Rechenvorgänge in der Tonstudiotechnik der 1950er Jahre zurückgreifen zu müssen, sieht man, dass hier ein ordentlicher Preisvorteil liegt. Diesen zu nutzen, bietet sich an, wenn man ohnehin plant, über die Mindestausstattung der UAD-2 hinauszugehen.
Für dich ausgesucht
Die Bezeichnung „Nevana“ lässt ganz richtig vermuten, dass es sich hier um ein Bundle mit Software-Emulationen der geschichtsträchtigen Neve-Konsolen handelt. Die Namensgebung der Solo-, Duo- und Quad-Karten erfährt hier eine kleine Abwandlung. Entsprechend der Anzahl der verbauten Chips gibt es die Versionen Nevana 32, Nevana 64 und Nevana 128, wobei die Zahlen hinter der Bezeichnung schlicht und einfach für die Anzahl der Neve 88RS Channel Strips steht, die gleichzeitig bei 24Bit/44,1kHz als Mono-Plugins betrieben werden können. Die 64er und 128er Varianten enthalten zusätzlich alle anderen verfügbaren Neve-Plugins: Die Equalizer Neve 1073 und Neve 1081 sowie den Kompressor Neve 33609, von denen auch jeweils eine ressourcenschonende SE-Ausführung vorliegt.
Wer über einen bis zum Bersten gefüllten Geldbeutel verfügt, kann mit dem Omni-Bundle richtig in die Vollen gehen und sich das Komplettpaket mit allen 35 Plugins auf die Festplatte holen. Die erwähnten Neve-Emulationen finden sich hier genauso wie die virtuellen Nachbauten der Hardware von Herstellern wie SSL, Roland oder Moog. Ein Highlight ist der legendäre Fairchild 670 Kompressor, und weiterhin gibt es eine ganze Reihe von Tools, die ähnlich wie der CS-1 Channel-Strip nicht auf einem konkreten analogen Vorbild beruhen, sondern sich zum Ziel setzen, die Bedienfreundlichkeit und Flexibilität einer Software mit analogem Klangcharakter zu kombinieren. Für eine vollständige Gliederung aller Plugins riskiert man am besten einen Blick auf die Website von Universal Audio. Sinnigerweise gibt es die Omni-Ausführung nur für Duo- und Quad-Karten, und wenn der Geldbeutel dafür vorübergehend doch ein bisschen zu schlank ist, kann man als Besitzer einer UAD-2 alle erhältlichen Plugins ab einem selbstgewählten Zeitpunkt für 14 Tage in vollem Funktionsumfang testen.
Das UAD-Meter & Control-Panel
Werfen wir, bevor wir uns mit einzelnen Plugins und ihrem Klang auseinandersetzen, noch einen kurzen Blick auf die Steuerzentrale der UAD-2. Das UAD-Meter zeigt die Auslastung der Karte an und lässt sich mit einer „Always-On-Top“-Funktion wunderbar in die Sequencerumgebung einbinden. In meinem persönlichen Fenster-Layout von Cubase 5 hat es inzwischen einen festen Platz neben der VST-Leistungsanzeige gefunden. Anders als beim Vorgänger gibt es hier nicht zwei, sondern drei Performance-Balken. Der oberste mit der Bezeichnung „CPU“ zeigt erwartungsgemäß die verbleibenden Prozessorkapazitäten an. „PGM“ steht für Program Memory – dieser Wert ist neu hinzugekommen und bezieht sich auf den Speicherbereich der Karte, der zur Funktion der Plugins nötig ist. Der unterste mit dem Kürzel „MEM“ versehene Balken analysiert dagegen die Auslastung des gesamten vorhandenen Speichers der UAD-2 und schließt so beispielsweise auch Delays oder Hallfahnen von bearbeiteten Signalen mit ein. Dieser wird beim Abschalten von Plugins im Gegensatz zur Program Memory nicht freigegeben.
In der Ansicht „System-Info“ im Control-Panel kann man sich die Werte des UAD-Meter noch einmal genauer und in Bezug auf die bis zu vier Prozessorkerne ansehen. Außerdem wird angezeigt, wie hoch die momentane Latenz der Hardware ist. Diese wird von aktuellen Sequencern wie Cubase oder Logic bei der Wiedergabe automatisch ausgeglichen. Für Pro Tools übernimmt das Plugin Mellowmuse ATA die Latenzkompensation, wobei auch dies natürlich für eine Anwendung beim Abmischen, also der Wiedergabe, gedacht ist. Wer die UAD-2-Effekte auch beim Tracking verwenden möchte und für das Monitoring ultrakurze Latenzen benötigt, wird sich über den „LiveTrack“-Mode freuen, der über einen kleinen Button an den entsprechenden Plugins selbst aktiviert werden kann. Dadurch wird zwar die CPU des Studio-Rechners mit beansprucht, aber diesen Preis kann man während der Aufnahme in der Regel problemlos zahlen, da das System in dieser Phase normalerweise noch nicht an die eigene Performancegrenze stößt.
Hinter der Registerkarte „Plugins“ verbirgt sich eine Liste aller erhältlichen Effekte und deren aktuellem Status in Sachen Autorisierung. Hier kann man für jedes Plugin entscheiden, ob es auf der UAD-1 oder der UAD-2 laufen soll oder aber die 14-tägige Demo-Periode starten. Unter „Configuration“ gibt es noch einige interessante Optionen. So lässt sich für eine ökonomische Ressourcenplanung ein Performance-Headroom einrichten, der die DSP-Power auf bis zu 75% der vollen Leistung reduziert. Wer außerdem dauerhaft bestimmte Funktionen eines Effekts abschaltet, kann sich mit einem Haken im Feld „DSP LoadLock“ absichern, dass diese bei einer stärkeren Auslastung der Prozessoren einen reservierten Platz im Rechenplan haben und auch im Nachhinein reaktivierbar bleiben. Die Option „Extra Buffering“ gewährt Kompatibilität zu Hosts wie Soundforge oder Sonar, indem sie eine Latenz von 64 Samples einfügt. Darauf sollte man also nur zurückgreifen, wenn es wirklich nötig ist.
So viel zur grauen Theorie hinter der UAD-2. Im folgenden Praxis-Teil sehen und hören wir uns die Basis-Ausstattung der Karte, also die Plugins der Mix Essentials II, ein wenig genauer an. Natürlich bietet die UAD-2 noch wesentlich mehr, aber alle 35 Plugins zu testen, würde diesem Test wohl biblische Ausmaße verleihen.
Christian Roethlisberger sagt:
#1 - 23.10.2015 um 15:39 Uhr
"digital" ist mehrdeutig. Der Duden beschreibt das ganz gut:
http://www.duden.de/rechtsc...Wir gebrauchen den Begriff hier doch eher in Zusammenhang mit Technik und nicht mit Medizin...