Praxis
API ist ja mittlerweile auch im UAD-Universum kein Fremdwort mehr. Mit dem 550A und dem 560 sind bereits zwei API-EQs von Universal Audio „eingemeindet“ worden, aber der Vision Channelstrip bringt nun das volle Programm. Hier geht es nicht vordergründig um APIs Vintage-Technik (Obwohl: Ein Kanalzug aus 312, 550A und 525 wäre ebenfalls ein Knaller!), sondern um die satte Power, die in den aktuellen, großen Class-A-Konsolen steckt. Heute muss in dieser Liga ein Vierband-EQ an Bord sein, und auch das restliche Processing braucht sich bezüglich des Funktionsumfangs nicht zu verstecken. Mit umfangreichen Dynamics und nicht zuletzt der Filtersektion wird hier funktional einiges geboten. Das ist auch gut so, denn als Konsolen-Kanalzug handelt es sich hier schließlich um einen Prozessor, der per definitionem für jedes Signal gut sein soll – in einer großen Konsole wird er gleich ein paar Dutzend Mal nebeneinander montiert.
Der Hersteller von der Ostküste ist nicht gerade für sein seidig-samtiges Klangbild beliebt. Vielmehr steht API seit jeher für einen tighten, präsenten, konturierten Ton, der sich extrem gut durchsetzt. Die erste API-Generation mit den Modulen 550A und 525 kann durchaus dick und rund klingen, die späteren Einheiten, zu denen auch der hier eingesetzte 550B-EQ zählt, kommen eine Ecke schärfer rüber, sie kippen teilweise gar ins kantig-aggressive. Dieser Charakter wird auch vom Vision Channelstrip gut eingefangen. Die Dynamics klingen konturiert und bisweilen gerade straff und drahtig, sie eignen sich wunderbar, um snappy Drum-Transienten zu formen. Wer musikalisch in der härteren Gangart unterwegs ist, der wird diese Durchsetzungsfähigkeit zu schätzen wissen. In die gleiche Kerbe schlägt auch der 550L-EQ. Wie sein Schaltungszwilling, der 550B, liefert auch er das klar umrissene, trockene Klangbild, das an den API-Entzerrern so geschätzt wird. Auf der Liste der EQs mit dem meisten Punch steht diese Einheit ziemlich weit (wenn nicht sogar ganz) oben. Der knochig-trockene Sound der Filter kommt auch bei diesem UAD-Plug-In gut zur Geltung: Insbesondere wenn man in den Bässen und Tiefmitten ordentlich Zunder gibt, dann kann der Plug-In-550L seine Herkunft nicht verhehlen. Das ist unverkennbar API: konturiert, wuchtig, und niemals schwammig, immer klar, manchmal fast schon zu klar umrissen. Wer ein sich wolkig aufplusterndes Lowend sucht, der muss zum 10XX-Neve oder einem Pultec greifen, denn der Vision Channel klingt tight, tight und abermals tight.
Wie gut sich beispielsweise eine verunglückte Bassdrum-Aufnahme in den Griff bekommen lässt, zeigt unser Klangbeispiel. Hier kann der Vision Channelstrip die Muskeln spielen lassen und damit exakt das tun, was ihm am besten liegt. Wenn man den Kompressor etwas weicher klingen lassen möchte, dann bietet sich der Feedback-Modus („old“) an. Hier kommt auch das Sweep Filter vorteilhaft ins Spiel, das sich ja schließlich im Sidechain des Comps platzieren lässt. So geschehene muss man sich zum Bass-Aufpumpen nicht allein auf den EQ verlassen. Nimmt man die fundamentalen beiden Oktaven mit dem Filter aus dem Detektorzweig des Kompressors heraus, so kann der EQ danach nochmal so effektiv greifen: Auch dieses Einsatzgebiet ist eine Domäne des API-Kanalzugs.
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Fährt man die Preamp-Sektion etwas heißer an, so stellen sich tatsächlich irgendwann Verzerrungen ein, hier bildet das Plug-In das nichtlineare Klangverhalten der analogen Schaltkreise in deren Grenzbereich nach. Allerdings setzen die Verzerrungen etwas abrupter ein als ich das erwartet hätte, sie haben zudem auch eine etwas harsche Note, die mit gerade im Airband etwas zu dick aufgetragen erscheint. Wie gut, dass man (siehe das Rhodes-Beispiel) mit dem Filter gegensteuern und ein paar der höchsten Sättigungsprodukte auf diese Weise wieder loswerden kann. Das klingt doch gleich viel „analoger“!