Die beiden Schlachtschiffe Fender Precision und Fender Jazz Bass gehören heute immer noch zu begehrtesten Bassmodellen weltweit. Für beide Modelle gibt es daher auch einen enorm großen „After Market“. Mit diesem Begriff ist alles gemeint, was nach dem Kauf zusätzlich zum Instrument erworben werden kann: Bei einem Defekt bekommt man schnell das entsprechende Ersatzteil, oder man kann problemlos den Look seines Schätzchens verändern. Außerdem kann man seinen Bass bei Bedarf nachträglich aufwerten – upgraden, wie man heute sagen würde. Das ist vor allem für günstigere Modelle interessant, wie zum Beispiel die Fender-Mexico-Modelle, wie Player, Player Plus, Vintera etc. Für einen günstigen Preis bekommt man hier bereits einen „echten“ Fender, den man dann mit verschiedenen sogenannten Replacement Parts aufrüsten und die Lücke zum USA-Modell nahezu schließen kann. Was hier alles möglich ist und was Sinn macht, möchte ich heute an einem Selbstexperiment zeigen!
- Upgrades für Jazz Bass – Ausgangslage
- Große Auswahl auf dem After Market für Jazz Bass
- Upgrades für Jazz Bass: Neues Pickguard (Schlagbrett)
- Upgrades für Jazz Bass: Neue Bass-Brücke
- Upgrades für Jazz Bass: Neue Tuner (Stimmmechaniken)
- Upgrades für Jazz Bass: Neuer String Guide (Saitenniederhalter)
- Upgrades für Jazz Bass: Neue Bass-Elektronik
- Upgrades für Jazz Bass: Neue Pickups (Tonabnehmer)
- Upgrades für Jazz Bass: Neue Basssaiten
- Upgrades für Jazz Bass – Sounds vorher/nachher
- Upgrades für Jazz Bass – der Umbau-Prozess im Video
- Upgrades für Jazz Bass – Fazit
Upgrades für Jazz Bass – Ausgangslage
Auf der Suche nach einem preiswerten Fretless-Bass stolperte ich unlängst in einem Musikgeschäft über einen bundlosen Fender Mexico. Das Modell machte mir auf Anhieb Spaß und war als Ausstellungsstück zudem etwas günstiger.
Schon beim Kauf hatte bereits den Hintergedanken, das Modell in der Zukunft an der einen oder anderen Stelle upzugraden, und zwar in Sachen Sound, Funktionalität und Optik. Ein ganz wichtiger Aspekt war dabei für mich, das Instrument zu „meinem“ Bass zu machen, es also individuell meinen Wünschen anzupassen.
So sah mein maxikanischer Fender Jazz Bass Fretless im originalen Zustand aus:
Große Auswahl auf dem After Market für Jazz Bass
Fender selbst hat eine große Auswahl an Replacement Parts im Angebot, aber auch viele Drittanbieter haben hier viele schöne Teile im Programm. Bis auf wenige Ausnahmen sind sie alle mit den Standard Serien von Fender USA (Professional, Performer, Elite etc) Fender Mexico (Player, Player Plus etc.) kompatibel.
Aufpassen sollte man bei Instrumenten aus dem Custom Shop, Vintage- bzw. Vintera-Modellen etc. Hier können die Maße schon mal aufgrund der vom Hersteller angestrebten historischer Authentizität von der Norm abweichen.
Neben dem offensichtlichen – aber auch eher seltenen Fall – eines Defekts gibt es drei Gründe für den Kauf von Replacement Parts: Look, Funktionalität und Sound. Manche Teile beeinflussen natürlich auch zwei oder alle drei der Aspekte.
Upgrades für Jazz Bass: Neues Pickguard (Schlagbrett)
Außer bei einem Defekt steht hier natürlich der Look im Vordergrund. Fender bietet auf diesem Gebiet leider gar nicht so viel Auswahl: Es gibt Ausführungen in Weiß, Schwarz und Tortoise – das war es dann aber auch schon!
Einige Mitbewerber haben da mehr zu bieten, man sollte allerdings bei der Anzahl und Positionierung der Bohrlöcher dringend prüfen, ob das neue Schlagbrett wirklich passt. Ich habe mich für ein Original von Fender in Schwarz entschieden, um einen Kontrast zum Body und den cremefarbenen Pickupkappen (siehe Pickups) zu haben.
Upgrades für Jazz Bass: Neue Bass-Brücke
Die Brücke eines E-Basses besitzt einen großen Einfluss auf Look, Funktionalität – und vor allem auf den Sound, daher ist sie ein wichtiger Bestandteil des Instruments. Der relativ einfache von Fender werksmäßig verbaute Blechwinkel hat durchaus seine Vorteile, ist also nicht per se schlecht. Im After-Market-Bereich hat man jedoch die Wahl zwischen verschiedenen Optionen, von luftig-leichten bis sehr massiven Konstruktionen (High Mass Bridge).
Ich habe mich für meinen Fretless für eine High-Mass-Brücke der Firma All Parts entschieden, denn sie hat positiven Einfluss auf das Sustain (Ausklingphase des Tons) und kann bei etwaigen Dead Spots auf dem Griffbrett helfen. Dieser Umstand erschien mir für einen bundlosen Bass am sinnvollsten. Zudem wollte ich als Kontrast zum Alpin White Finish gerne auch eine schwarze Brücke.
Upgrades für Jazz Bass: Neue Tuner (Stimmmechaniken)
Bei diesem Punkt dreht sich alles um Funktionalität. Die verbauten Original-Mechaniken besitzen keinen guten Wirkungsgrad und zudem etwas Spiel zwischen Achse und Welle. Das macht den Stimmvorgang nicht unbedingt zu einem Vergnügen.
Leider passen keine (zumindest mir nicht bekannt) hochwertigen erhältlichen Mechaniken 1:1 auf einen Fender Mexico. Neue Bohrlöcher oder das Vergrößern der vorhandenen lässt sich folglich nicht vermeiden.
Die angebotenen Mechaniken von Fender selbst würden zwar passen, bringen preislich jedoch kaum einen Mehrwert. Ich habe daher entschieden, lieber die Finger davon zu lassen. Wer allerdings den Aufwand mit den Bohrungen nicht scheut, findet hier ein einen interessanten Kandidaten:
Diese Vertreter wären sogar passgenau:
Upgrades für Jazz Bass: Neuer String Guide (Saitenniederhalter)
Ein String Guide sorgt für den nötigen Winkel der Saite zum Sattel und somit für den wichtigen Anpressdruck. Bei Fender Mexico gibt es einen String Guide für die D- und G-Saite. Bei vielen Instrumenten kommt es aber zu einem Schnarren der A-Saite, da deren Winkel selbst bei korrekter Wicklung der Saite um die Mechanik noch zu flach ist. Abhilfe schafft hier ein zusätzlicher String Guide.
Upgrades für Jazz Bass: Neue Bass-Elektronik
Im Elektronikfach meines mexikanischen Fender-Basses wurde auch nicht unbedingt geklotzt: Keinerlei Abschirmung und relativ einfache und dünne Drähte bestimmen hier das Bild, und die Ausführung der Lötarbeiten kann man wohlwollend als „funktional“ bezeichnen. Klar, alles arbeitet einwandfrei, aber durch den Tausch der Pickups werden hier ohnehin Lötarbeiten fällig.
Daher habe ich mich auch an dieser Stelle für ein Upgrade entschieden. Neben hochwertigen Kabeln mit Vintage-Stoffummantelung kommt für die Tonblende ein „Orange Drop“-Kondensator zum Einsatz. Ob diese Aktion klanglich etwas bringt, vermag ich nicht zu sagen. Der Name klingt jedenfalls beeindruckend und taugt zum Angeben. Also ausprobieren!
Kleiner Wermutstropfen: Der Knopf für die Tonblende passt nicht mehr über das neue Switchcraft-Poti. Zudem sind die beigelegten Kabel mit Stoffummantelung sehr knapp bemessen. Zwar konnte ich alle Kabel austauschen, musste aber irgendwann das Weiße für die eigentlich Schwarz gekennzeichnete Masse verwenden. Nix Schlimmes, aber ein längeres schwarzes Kabel wäre wünschenswert.
Upgrades für Jazz Bass: Neue Pickups (Tonabnehmer)
Vom Tausch der Tonabnehmer ist natürlich die größte Klangverbesserung zu erwarten. Hier ist die Auswahl enorm groß – doch das Ergebnis lässt sich leider nicht genau vorhersagen. Also muss man irgendwie die Auswahl eingrenzen. Erster Punkt: das Budget. Ich wollte für meinen Mexico-Fender keine irrsinig teuren Pickups, die Relation zum Preis des Instruments sollte stimmien. Da ich beim Fretless zumeist den Bridge-Pickup nutze, ist eine brummfreie Version sinnvoll.
Als drittes ist da noch die „Schwarm-Intelligenz“, also die Bewertungen im Netz. Zudem kann man auf den meisten Hersteller-Webseiten nachlesen, in welche klangliche Richtung welcher Pickup geht. Alle Aspekte zusammen ließen eigentlich nur die DiMarzio DP123 übrig. Sie liegen preislich noch im Rahmen, werden überall gut bewertet, und sind laut DiMarzio aufgrund ihres klanglichen Fingerabdrucks sehr gut für Fretless geeignet. Ein Set in Schwarz war nicht lieferbar, also wurde es die Version in Creme.
Upgrades für Jazz Bass: Neue Basssaiten
Der letzte Schritt meines Upgrades für Jazz Bass waren neue LaBella Flatwound-Basssaiten, welche die Werkssaiten von Fender ersetzen. Wenn man schon den ganzen Aufwand macht, ist dieser Schritt natürlich sinnvoll.
Fertig – so sieht das endgültige Ergebnis meines Jazz-Bass-Upgrades aus:
Upgrades für Jazz Bass – Sounds vorher/nachher
Kommen wir zum ultimativen Test! So klang meine Fender Fretless im originalen Zustand:
Und so klingt er nach Vornahme aller Upgrades:
Natürlich lässt sich nicht sagen, welche Komponente genau welchen Anteil beiträgt. Aber der Aufwand, jedes einzelne Upgrade (Verkabelung, Pickups, Brücke) abwechselnd mit den alten und den neuen Saiten zu testen, wäre mir dann doch etwas zu viel des Guten. Immerhin: Entscheidend ist für mich letztlich das Gesamtergebnis.
Upgrades für Jazz Bass – der Umbau-Prozess im Video
Und hier der komplette Prozess in bewegten Bildern:
Upgrades für Jazz Bass – Fazit
Fast 400,- Euro hat mich der Spaß gekostet – ungefähr die Hälfte des Neupreises also! Das Gute ist jedoch, dass man natürlich nicht alle Upgrades auf einmal vornehmen muss. Auf diese Weise kann man die Kosten über einen längeren Zeitraum verteilen, so man dies möchte.
Mir persönlich gefällt der neue Look definitiv besser. Aber auch klanglich hat sich einiges getan: Ich würde den Sound einfach mal als „etwas mehr von Allem“ bezeichnen. Besonders die Mitten und die Definition des Tons haben eindeutig gewonnen.
Allerdings lösten die originalen Singlecoils in den Höhen besser auf als die neue brummfreie Version. Ich bin allerdings kein Fan von höhenlastigen Fretless-Sounds und nutze diesen Umstand daher eindeutig zu meinem Vorteil.
Wie immer ist das reine Geschmacksache! Mein Jazz Bass ist nach den Upgrades nun ohne Frage ein Unikat und zudem in meiner Wahrnehmung irgendwie mehr „meiner“. Ob die gesamte Aktion ihr Geld wert ist, würde ich für mich mit „Ja“ beantworten. Das darf aber jeder für sich selbst beurteilen.
Habt auch ihr Erfahrungen mit Upgrades für Jazz Bass aus dem After Market gemacht? Dann schreibt uns eure Meinung gerne in die Kommentare!
Bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt
Holgi sagt:
#1 - 31.05.2023 um 15:35 Uhr
"Die verbauten Original-Mechaniken besitzen keinen guten Wirkungsgrad und zudem etwas Spiel zwischen Achse und Welle. " Was bitte ist der "Wirkungsgrad" bei Bassmechaniken? Der Anteil der reingesteckten kinetische Energie beim Drehen, der nicht in Saitenspannung umgesetzt wird, sondern in Wärme "verbrät" ist die Verlustleistung? Ganz davon ab, etwas Spiel in den Mechaniken bemerkt man i.d.R. nur ohne Saiten, sobald Spannung drauf ist, wird das Zahnrad fest in die Schneckenflanke gezogen...
Thomas sagt:
#2 - 07.06.2023 um 13:07 Uhr
Hallo Holgi, bei günstigen Mechaniken kommt es durchaus vor, dass man erst ein Stück drehen muss, damit tatsächlich eine Wirkung entsteht. Sie haben also häufig etwas "Spiel". Hochwertige Mechaniken (natürlich mit gleicher Übersetzung) packen sofort zu. Für die gleiche Wirkung muss ich also weniger drehen bzw. weniger Energie reinstecken. Das meine ich mit dem Terminus "Wirkungsgrad". Hat man mal mehrere Mechaniken in den Händen gehabt, kennt man sicher dieses Phänomen. Zumindest kenne ich keinen Kollegen oder Kollegin, der oder die mir das nicht genauso bestätigt hat. Ich hoffe, das beantwortet deine Frage. Liebe Grüße, Thomas