Praxis
Der grundsätzliche Einrichtungsworkflow ist mit VCV Rack 2 derselbe wie schon in Version 1, egal ob man die Plugin- oder die Stand-alone-Version nutzen will. Man legt sich auf vcvrack.com einen Account an und loggt sich anschließend damit in der Software ein. Online kann man Modul-Suiten von Drittanbietern zu seinem Account hinzufügen, die dann mit den Programmen auf dem Rechner synchronisiert werden. Patches können auf diese Weise gesichert und als „Presets“ wieder geladen werden.
Clock-Sync: noch nicht ganz sauber
All das ist auch in der Plugin-Version möglich, plus Steuerung und Synchronisierung mit anderen Softsynths und externen Geräten über die DAW. Aber: Das funktioniert aktuell leider nicht zuverlässig. Die Clock der Interfaces verschiebt sich in einigen DAWs (bei uns in Ableton Live 11) nach dem Start von Loops langsam, aber sicher – ein Bug, der laut Hersteller bald behoben sein soll, und das sollte er wirklich, denn so ist VCV Rack 2 leider nicht zu gebrauchen.
DAW-Sequenzierung und Automation
Wenn der denn (hoffentlich) bald behoben ist, wird es möglich sein, VCV-Sounds mit der DAW zu sequenzieren. Erstellt man in Ableton oder Bitwig dann einen MIDI-Clip, wird dessen Datensatz vom MIDI-to-CV-Modul in V/OCT-, Gate-, Velocity- und andere VCV-Informationen gesplittet, die verpatcht werden können.
Wird das kreativ getan, offenbart sich die Flexibilität von Eurorack-Simulationen in digitaler Form sehr schnell. Denn umgewandelte MIDI-Daten müssen in VCV nicht zwingend für Tonhöhen, Gates und Velocity genutzt werden. Bei Patches mit einem Oszillator und einem Filter eignet sich der letztgenannte Wert genauso gut für die Filterresonanz oder die Pulsbreitenmodulation einer Pulswelle. Einfach ausprobieren lautet hier die Devise!
Parallel dazu können die Module in der Plugin-Version auch von der DAW mittels Automationsspuren moduliert werden. Das ist clever und intuitiv gelöst: Wird beispielsweise in Ableton der Automationsmodus aktiviert, legt die Software automatisch den zuletzt in VCV angeklickten bzw. bearbeiteten Parameter auf die aktive Automationsspur. Dann muss nur noch eine Automationsbewegung in die Ansicht gezeichnet oder mit einem Controller aufgenommen werden und schon bewegen sich die Regler im VCV-Rack automatisch. Wer Max for Live oder Bitwig-Modulationsgeräte nutzt, kann diese auch auf Parameter oder MIDI CCs mappen.
Hier zwei repräsentative Audiobeispiele für einen derartigen Einsatz:
Für dich ausgesucht
Die trockene Sequenz der ersten Aufnahme wurde für die zweite durch das Replika-Delay von Native Instruments geschickt und über Ableton automatisiert. So wurde aus einer recht simplen Sequenz im Handumdrehen ein komplexeres melodisches Gefüge.
16 Spuren gleichzeitig aufnehmen
Hat man nach ein wenig Experimentieren ein Patch mit mehreren Stimmen erstellt, kommt das nächste großartige Feature der VST-Software zum Tragen: Mehrspuraufnahmen. VCV Rack 2 Pro kann über die erwähnten Audio-Interface-Module bis zu 16 Mono- und 8 Stereospuren ausgeben, die dann in der DAW in einzelne Spuren geroutet und aufgenommen werden können – genial!
Mehr Effektketten und Mixkontrolle
In Ableton Live kann man dafür die MIDI-Spur mit VCV Rack 2 auf „Sends Only“ stellen und dann einzelne Audiospuren für die jeweiligen Ausgänge des virtuellen Eurorack-Interfaces erstellen. Bei zwei Stereostimmen bekäme die erste dann die Ausgänge 1 und 2 der VCV-Spur und die zweite die Ausgänge 3 und 4. Der Vorteil: Die in VCV Rack generierten Sounds können in der DAW mit unterschiedlichen Effektketten bearbeitet werden.
Und weil man natürlich bei entsprechender CPU- und vor allem GPU-Leistung mehrere Instanzen von VCV Rack 2 nutzen kann, ist die Anzahl der virtuellen Ausgänge quasi endlos. Man kann mit dem Plugin in der DAW ganze modulare Kompositionen erstellen und aufnehmen.
Ansätze davon hört man in den drei Beispielen unten: Für eines habe ich mit der klassischen Modulkombination aus Rings und Clouds von Mutable Instruments gearbeitet, die beide für VCV Rack 2 verfügbar sind. Für das zweite wurde eine Sequenz in einer Instanz mit dem VCO von VCV und einem Kickdrum-Modul gepaart – und die dritte demonstriert mit vier FM-Sequenzen sowie externem Delay und Reverb die polyphonen Fähigkeiten des Plugins:
Noch nicht alles läuft glatt
Beim Patchen und Aufnehmen lief das meiste bereits problemfrei. Aber nicht alles ist rosig: So ließ sich das Plugin leider nicht ganz problemlos öffnen. Es wurde im Live-Vollbildmodus erst immer in einem weiteren Vollbildmodus gestartet, dort aber mit einem unschönen schwarzen Hintergrund. Erst wenn man dann zurück zu Live ging, lief die Anzeige korrekt und das flexible Vergrößern und Verkleinern des Fensters funktionierte. Außer diesem Bug und dem hoffentlich bald behobenen Clock-Problem lief bis auf einen einzigen Absturz alles gut. Ein unterm Strich stabiler erster Release, der aber noch ein paar Updates vertragen kann.