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Vergleich: T-47 Mikrofon-Bausatz und Neumann U47 Röhrenmikrofon

Ein Mikrofon selbst zu bauen, klingt nach einem verrückten Unterfangen – gibt es doch in jeder Preisklasse eigentlich ALLES fertig zu kaufen. Wie ich in dem Bastelartikel “Mikrofon selbst gebaut: DIY Selbstversuch” beschrieb, gab es aber kein Halten und keine Vernunft: Das Experiment war einfach zu verlockend! Das ausgewählte T-47 Kit von microphoneparts.com war auch wirklich exzellent dokumentiert, und der Zusammenbau klappte problemlos (obwohl ich mich auf der nach oben offenen Löt-Können-Skala eher im unteren Drittel einordnen würde). Außerdem versprach es nach “mehr” zu klingen: Trotz erschwinglichen Preises bemühte man den Neumann Klassiker U47 um den Klangcharakter zu beschreiben. Also wurde gebastelt!

T47_DIY_Microphone_Neumann_U47
Der erste Audiotest mit einer Frauenstimme im Vergleich zu meinen Mikros, lieferte ein für mein Ohren gut klingendes Resultat. Ich mache allerdings bloß Home Recordings, und wollte natürlich wissen, wie dieses Mikro im “ernsthaften” Einsatz performen würde. Und zwar im Vergleich zur Mikrofonlegende schlechthin – dem Neumann U47 Röhrenmikrofon! Einen 350 EUR Bausatz mit einem gesuchten Klassiker im Preisbereich eines gebrauchten Kleinwagens zu vergleichen, mag an den Haaren herbeigezogen klingen – war aber nicht meine Idee. Der Hersteller erwähnt auf seiner Website, dass das Mikro klanglich in die Richtung geht. Auch wenn er im gleichen Atemzug darauf hinweist, dass es kein “Klon” ist, und technologisch anders – der Vergleich steht im Raum. Deshalb wollte ich natürlich wissen, wieviel davon hörbar ist.
Praktischerweise kenne ich einen der erfahrensten Vocal Producer in deutschen Landen: Billy King hat schon von AC/DC über DSDS bis zu Heino, Westernhagen oder Helene Fischer Gesang und Chöre produziert oder aufgenommen. Er ist ein hervorragender Sänger – und hat nebenbei ein paar sehr ausgesuchte Mikrofonschätze zur Hand. Auch die Neumann U-Serie: Also bequatschte ich ihn erfolgreich, dass es nichts Wichtigeres gäbe, als diesen unfassbar wichtigen Test zu machen – und pilgerte zu ihm ins Studio.
Der Testaufbau: So kann Billy in alle Mikrofone gleichzeitig singen.
Der Testaufbau: So kann Billy in alle Mikrofone gleichzeitig singen.

Der Testaufbau

Als Testaufbau wählte Billy eine sternförmige Anordnung, wo T-47, U47 und U47 FET von links nach rechts vor ihm ohne Poppschutz auf 3 Stativen aufgebaut waren. Im zweiten Test wurde das U47 FET durch ein U87 ersetzt, weil Billy fand, dass das T-47 ihn eher daran erinnerte. Doch dazu gleich mehr. Die Mikrofone wurden ohne Bearbeitung wie EQ oder Kompression über ein 02R Digitalpult aufgenommen, das Resultat ist also der “trockene” Mikrofonklang ohne weitere Veränderung.
Billy sang gleichzeitig in alle Mikrofone: “Kein Sänger dieser Welt kann eine Performance hundertprozentig wiederholen. Wenn man einen halbwegs ehrlichen Vergleich haben möchte, muss man also den identischen Take beurteilen,” meint er dazu. “Ich gehe nicht davon aus, dass es Welten sind – wollen wir also feine Unterschiede hören, ist dass hier für mich der einzig richtige Weg”.

Test 1: microphoneparts T-47 gegen Neumann U47 und U47FET

Der erste Test: Neumann U47 und U47FET im Klangvergleich
Der erste Test: Neumann U47 und U47FET im Klangvergleich

Billy war von der Klangqualität des T-47 angetan:”Das Mikrofon gefällt mir gut, im Direktvergleich würde ich aber sagen, dass das U47 am meisten Möglichkeiten im Mix bietet. Es hat zwar die wenigsten Höhen, da die aber recht seidig sind, kann man problemlos zusätzlich welche rein drehen – dann entsteht dieser “Glanz”. Das ist bei den anderen beiden Mikrofonen nicht ganz so einfach, da wird es schneller spitz.” Auch für meine Ohren klang das U47 am voluminösten – das T-47 betonte die Höhen und Konsonanten stärker und war etwas weniger voll. Das U47 hatte auch die meisten Bässe. Das U47FET war da schon näher am Charakter des T-47. Es wirkte im Klang aber noch etwas ausbalancierter im Verhältnis zwischen Präsenz der Konsonanten und dem Rest der Stimme. Unterm Strich gefielen uns alle Mikrofone auf seiner Stimme gut – je nach Stimmlage und Phrase auch durchaus jeweils ein anderes. Das U47 war für unseren Geschmack allerdings schon immer vorn. In den Audiobeispielen singt Billy für euch praktischerweise gleich vor, wie er steht und was er macht – die Unterschiede sollten hoffentlich zu hören sein (sonst gibt es unten noch einen 24Bit Download von Ausschnitten der Aufnahmen):

Audio Samples
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T-47 Aufnahme U47 Aufnahme U47FET Aufnahme

Test 2: T-47 gegen Neumann U47 und U87

Der zweite Test: Neumann U47 und U87 im Klangvergleich
Der zweite Test: Neumann U47 und U87 im Klangvergleich

„Nach U47 klingt das Mikro für mich eigentlich nicht“, meinte Billy. „Mich erinnert das eher an ein U87“. Gesagt getan – er zauberte an Stelle des U47FET ein U87 aufs Stativ und sang erneut. Tatsächlich – natürlich klingt das T-47 nicht GENAU wie ein U-87, aber die Richtung war ähnlicher. Beide lassen Höhen und Konsonanten deutlicher hervorstechen als ein U47. Auch hier fanden wir, dass die Neumann Mikrofone nochmal deutlich mehr Tiefe und “Größe” haben – sie klingen voller. Auch der Nahbesprechungseffekt ist stärker ausgeprägt. Mein Bastelmikrofon schlug sich aber trotzdem gut. Hier die Audiobeispiele (unten wie gesagt ein ZIP mit 24-Bit Files zum Download):

Audio Samples
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T-47 Aufnahme U47 Aufnahme U87 Aufnahme

Zwischenfazit des Klangvergleichs im Studio

Die Abhörsession nach erfolgter Aufnahme
Die Abhörsession nach erfolgter Aufnahme
Ein Mikrofonvergleich ist ja immer so eine Sache: Wie klingt die Stimme? Was ist der “richtige” Sound für die Aufnahme? Wie wird sie weiter bearbeitet? Bei einer Stimme mit extrem viel Bass kann ein Mikro mit weniger Bassbetonung zum Beispiel genau das Richtige sein – bei einer eher mittigen Stimme eins mit weniger Mittenbetonung. Ein Pauschalurteil wäre also quatsch. Rauschabstand, Frequenzgang und Dynamik eines Mikros müssen selbstverständlich stimmen: Das ist aber bei allen 3 Kandidaten hier der Fall. Mit dem von mir verlöteten empfohlenen “konservativen” Widerstand im T-47 (der laut Hersteller mehr Headroom und einen cleaneren Sound bieten soll), klang das T-47 für unsere Ohren eher in Richtung U87 als U47. Ich wollte nicht erneut unnötig am Mikro rumlöten, um einen zweiten Vergleich ziehen zu können. Deshalb kann ich nicht sagen, ob der andere Widerstand den Klang MEHR in Richtung U47 verdichten würde. Aber ein Neumann ist doch schon noch eine Schippe drauf.
Unterm Strich ist es ein gut klingendes Mikrofon zum fairen Preis mit eigenem Charakter. Der Bausatz war sehr gut dokumentiert, und der Bau problemlos. Ein paar letzte Worte von Billy: “Nichts geht für mich über ein U47. Aber das T-47 ist gar nicht so schlecht, und für den Preis natürlich attraktiv. Ich würde es nicht vergleichen mit einem U47 Röhrenmikrofon. Empfehlen kann man es schon, der Charakter des T-47 klingt viel moderner. Ich finde, es wird immer Schindluder getrieben mit dem großen Namen des U47, weil sich ein Mikro dann natürlich besser verkauft. Einsetzen kann man das T-47 sicher für Vieles, jede Klangquelle ist anders. Meine Erfahrung ist einfach, dass ein U47 fast immer funktioniert. Das T-47 ist ähnlich einem U-87 eher höhenlastig, deshalb denke ich, dass es für reifere Stimmen besser geeignet ist – bei unerfahrenen oder eher “piepsigen” Stimmen würde ich es deshalb nicht als erste Wahl einsetzen.” 
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T47_DIY_Microphone_Neumann_U47 Bild

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Matthias Schuette sagt:

#1 - 05.09.2018 um 15:23 Uhr

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Sorry, aber ein 02R für einen solchen Test zu benutzen....Nee, nicht wirklich. Dafür muss man doch kein so betagtes Digitalpult nehmen. Nichts gegen das 02R, habe lange genug damit gearbeitet, aber dann kann man die Abhörsituation auch gleich auf einen x-beliebigen Hauptbahnhof legen...

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