Bereits vor zehn Jahren habe ich die Vermona DRM1 MK3 getestet und viele Jahre selbst verwendet, bis sie irgendwann „aus Platzmangel“ gehen musste. Und wie es so ist, hinterfragt man solche Entscheidungen hin und wieder auch mit etwas Wehmut.
Umso schöner also, dass die neueste Version jetzt vor mir steht und ich mir die Frage stellen darf: Wollen wir es noch mal versuchen?
Details
Lang, lang ist´s her
Vermona ist keine Modeerscheinung und war bereits zu DDR Zeiten die Marke für elektronische Musikinstrumente, insbesondere für E-Orgeln und Peripherie, gefertigt unter dem mächtigen Konglomerat der „VEB Klingenthaler Harmonikawerke“, dem größten Hersteller für Musikinstrumente im Osten überhaupt und bekannt vor allem für „Weltmeister“ Akkordeons, die „Bandmaster“ Mundharmonikas sowie die „Regent“ Verstärker.
Rhytmuscomputer kamen schon ein paar Jahre vor der Wende hinzu, besondere „Däschno“-Bekanntheit erlangte der Hersteller aber erst nach der Wende durch marktorientierte und privatwirtschaftliche Fortführung der Geschäfte, unter der auch die erste Syncussion DRM-1 – so wie wir sie heute kennen – das Licht der Welt erblickte.
Mittlerweile bietet der Hersteller vielerlei moderne Synthesizer und Drum Machines, die besonders von Techno und House Producern aka „Produzenten elektronische Tanzmusik“ gefeiert werden, auch weil sie äußert robust und in amtlicher Größe gebaut werden; kein Spielzeug also.
Keine halben Sachen, Mark 4
Die DRM1 MKV ist ein analoger Drum-Synthesizer ohne eigene Sequenzer und daher auch als Expander zu beschreiben, wenn für meinen Geschmack der Begriff auch etwas angestaubt und negativ behaftet ist. Gefertigt wird Sie – weil für mich Drum-Machines grundsätzlich feminin sind – in Handarbeit in Markneukirchen; und damit wie früher im Vogtland in Sachsen, nur eben nun unter dem Dach der HDB electronic GmbH.
Fürstlich auf einer gebürsteten 3 mm starken Alu-Platte arrangiert, in 19-Zoll und 5 HE Größe sowie bei einer maximalen Einbautiefe von 92 mm finden auch dickste Wurstfinger genügend Spiel. Das restliche Gehäuse ist ebenfalls aus Metall, sehr steif und solide, und so überrascht auch das stattliche Gewicht von rund 3,5 kg keineswegs. Auch als Desktop-Unit taugt der Kasten und neigt sich dann sogar leicht zum Nutzer.
WYSIWYG ist nach wie vor angesagt und jedes der acht Instrument wird von sieben grau-gummierten Potis parametrisiert. Hinzukommen die roten Mixer-Parameter Pan und Volume, welche die Instrumente am rückseitigen Stereo-Ausgang (Dual-Mono) verteilen. Außerdem steht jedem Instrument ein manueller Trigger-Taster vor, der sogar das flinke MIDI-Mapping und Detail-Einstellungen übernimmt.
Neue Anschlüsse
Die Rückseite und Anschlüsse sind vernünftig eingerückt, sodass es keinen Stress mit dem Rack-Nachbarn gibt. Stilecht gibt es einen ordentlichen IEC-Stromanschluss plus Hauptschalter, also kein labbriges externes Netzteil wie bei den Billo-Kollegen aus China. Das händische Umstellen der Versorgungsspannung, wie beim Vorgänger entfällt, weil die Schaltung neu und damit sogar effektiver ist.
Richtiges DIN-MIDI ohne sinnlose Adapter ist ebenfalls am Start, neu ist ein zusätzlicher USB Typ-B Anschluss, der natürlich auch MIDI kann. Dynamische Trigger-Eingänge kennt die Vermona auch, falls man sich diese ca. 100 Euro teure Aufpreis-Option gönnt. Dann wird aus dem Kasten sogar ein Trigger-Interface via USB und MIDI-Out. Letzterer Anschluss ist neu, macht aber wirklich nur in Verbindung mit den Trigger-Inputs Sinn – doch dazu später mehr.
Große Klinke, Einzelausgänge
Jedes der acht Instrumente verfügt zusätzlich zum Stereo-Out über einen Einzelausgang auf der Front. Je nach Beschaltung des eingeführten Kabels ergeben sich unterschiedliche Szenarien: Einzel-Abgriff plus Mute auf dem Master, Einzel-Abgriff ohne Mute sowie auch Insert-Kabel sind möglich! Die fest verschraubten Klinkenbuchsen dienen somit also auch zum äußerst unkomplizierten Einschleifen von Effekte und Pedalen. It´s a verry nice (mit Borat-Akzent).
Logisch, dass der Single-Out unsymmetrisch ist, etwas schade – aber kein Beinbruch – das dies beim Master-Out ebenfalls der Fall ist. Pegel werden übrigens mit bis zu +18 db rausgefeuert, einen separaten und kräftigen Kopfhörer-Ausgang mit eigenem Volume-Regler gibt es ebenfalls. Selbstverständlich ist, dass alle Klinkenbuchsen in „erwachsenen“ 6,35 mm ausgeführt sind, da wir alle wissen: In der Hölle gibt es einen Extra-Topf für Miniklinke.
Acht analoge Instrumente
Zu den acht Instrumenten zählen eine Kick, eine Snare und eine Clap sowie zwei identische HiHats, die beide auch noch einen Open/Close-Befehl kennen. Natürlich sind Letztere auch im Stande, andere Becken-Sounds zu erzeugen; Clap und Snare verfügen sogar über „Reverb“, der im Grund nur aus einer zweiten Hüllkurvenableitung des Rauschgenerators besteht und geil dirty ist.
Hinzukommen die beiden sehr ähnlichen Drum 1 und Drum 2 Instrumente, welche für Toms und Bass-artiges dienen sowie der berühmt-berüchtigte Multi-Synth der besonders für Laser-Sounds prädestiniert ist, Piu-Piu! Grundsätzlich gilt aber: Das klangliche Spektrum ist für analoge Drum-Sounds weit und die Beschriftung nur als Orientierung zu verstehen.
Dezentes Finetuning aka MK3 vs. MK4
Die Instrumente sind im Vergleich zu den älteren Versionen faktisch gleich, nur kleinere Detailanpassungen der Parameter-Bereiche finden sich neben schaltungstechnischen Veränderungen unter der Haube. Da ich keinen klanglichen 1:1-Vergleich mehr zu Vorgängern habe, belassen wir es an dieser Stelle bei der Theorie, und diese lautet wie folgt:
Drum 1 und Drum 2 waren früher hinsichtlich ihrer Tunings gleich, jetzt ist Drum 1 tiefer und Drum 2 höher gestimmt. Die Kick wiederum hat einen „saubereren“ Sinus erhalten, der sie damit 808-weicher und voluminöser macht. Die alte MK3 bot da eher ein leichtes Dreieck und klang schärfer. Auch der Attack wurde etwas angepasst und weicher. Wie es bei der Alten klang hört man am Attack von Drum 1/2, die noch den „alten Attack“ besitzen. Ferner wurde die HiHat stabiler, was sich vor allem an der konstanteren Lautstärke bei verändertem Tune bemerkbar macht.
Wer tiefer gehende Parameter-Beschreibungen benötigt, findet diese im Handbuch, zwei gesunde Ohren reichen aber aus. Im Folgendem nur die Auflistung der Klang-Parameter, sodann wir uns gleich mit dem Sound in der Praxis beschäftigen können!
- Kick: Decay, Pitch, Bend, Time, Wave, Noise, Attack
- Drum 1 & 2: Decay, Pitch, Bend, Attack, FM Int, FM Freq, Wave
- Multi: Decay, Pitch, Bend, Attack, Pitch 2, Pitch 3, Highpass
- Snare: Decay Rev, Reverb, Decay Noise, Noise, Attack, Resonance, Filter
- HiHat 1 & 2: Decay, Filter, Bend, Attack, Resonance, Mix, Pitch
- Clap: Decay Rev, Reverb, Clap, Noise Color, Noise, Resonance, Filter
Falk sagt:
#1 - 03.06.2021 um 15:50 Uhr
Mit dem Autor stimme ich da hundertprozentig überein. Für mich ist das mal eine genial puristische Klangquelle für analoge Drumssounds, ohne Sequenzer, externem Netzteil, Miniklinke & Co.