PRAXIS
Was an einem Analogsynth natürlich zuallererst interessiert, ist der Sound der Oszillatoren. Können sie nicht überzeugen, ist durch kein Filter der Welt und auch durch kein anderes Funky-Feature noch etwas zu retten. Schon die erste Version des Perfourmer fuhr auf diesem Gebiet Bestnoten ein, und daran hat sich beim MkII nichts geändert. Die Oszillatoren klingen richtig gut. Im Vergleich mit zwei anderen modernen Analogen, dem Alesis Andromeda und dem Minimoog Voyager – beides Geräte der Luxusklasse –, müssen sie sich, was Charakter und Durchsetzungsfähigkeit angeht, nicht verstecken. Für meinen Geschmack hat Vermona hier vor allem einen sehr guten Mix bei den Wellenformen gefunden, der bei einem sehr warmen und gefälligen Sinus beginnt und bei einem schön knarzenden Sägezahn endet. Beim Sägezahn ist der Vermona im übrigen sehr nah dran am Voyager.
Da offenbar eine gute analoge Soundbasis gelegt ist, wenden wir den Blick in Richtung Filter, dem nächsten wesentlichen Soundkriterium. Vermona kann in diesem Bereich z. B. mit dem “Action Filter” auf Kompetenz im eigenen Hause verweisen. Dennoch gehört das Filter für mich nicht zu den absoluten Prunkstücken des Perfourmer. Es verrichtet sicherlich ordentlich seinen Dienst, zeigt sich aber z. B. im Vergleich mit dem Moog-Filter (das ich im Soundbeispiel mit dem gleichen Signal gefüttert habe) als etwas aseptisch und charakterschwach. Außerdem rauscht es komischerweise merklich, sobald man bei tiefer Cutoff-Frequenz die Resonanz reindreht. Viele hatten wohl auch die Hoffnung, Vermona würde den Perfourmer MkII mit einem Multimode-Filter ausstatten, was die Soundmöglichkeiten natürlich noch einmal beträchtlich vergrößert hätte. Die Filter des Perfourmer als Minus zu werten, wäre aber sicherlich unangebracht. Dennoch lässt der Hersteller hier für mich ein paar Punkte beim Spiel um die Analog-Meisterschaft liegen.
Wie nun lassen sich die vier Einzelsynths zum Zusammenspiel bewegen? Vermona sieht hierfür einige Optionen vor, die insgesamt eine durchaus komplexe Verdrahtung ermöglichen. Relativ naheliegend ist die Verbindung über das Zuordnen von MIDI-Kanälen. Stellt man z. B. Sektion 1 bis 3 auf MIDI-Kanal 1 und Sektion 4 auf Kanal 2, so erhält man de facto zwei unabhängige Mono-Synths, und zwar einen mit drei Oszillatoren – die allerdings den Luxus eines jeweils eigenen Signalwegs genießen können – und einen mit einem Oszillator.
Apropos Einstellen des MIDI-Kanals: Bei einem Gerät ohne Display und folglich ohne Menüs (was ja durchaus zu begrüßen ist) kann die Manipulation verborgener Parameter schon mal abenteuerlich sein. Vermona hat hier eine verblüffend einfache und effektive Bedienung entwickelt. Beispiel MIDI-Kanal: Man betätigt den Taster “MIDI CH”, wählt an einem Drehrad eine Zahl von 1 bis 16 und drückt anschließend den Taster jener Synthsektion, der man diesen Kanal zuordnen möchte. Einfach und logisch. Drückt man zu Anfang nicht MIDI-CH, sondern EDIT, kann man über das Drehrad verschiedene Parameter anwählen, deren jeweiliger Status sich dann wiederum mit dem Taster der jeweiligen Sektion ein- oder ausschalten lässt. So ist zum Beispiel wählbar, ob eine Sektion auf Pitchbend reagiert oder nicht, ob die Hüllkurve sich anschlagsdynamisch verhält (neues Feature), ob der LFO Rechteck oder Sägezahn liefert und so fort. 10 Parameter sind so einstellbar, und die Handhabung wird durch eine kleine Liste auf dem Bedienpanel denkbar einfach gehalten. Ich finde das vorbildlich gelöst.
Will man dem Perfourmer nun Polyphones entlocken, kommt man über die schlichte Lösung mit MIDI-Kanälen nicht weiter. Hier kommen die Spielmodi zum Zuge. Es gibt derer sechs Stück, je 2 für den monophonen, den duophonen und den polyphonen Betrieb. Die Modi P1 und P2 machen den Perfourmer vierfach polyphon und unterscheiden sich lediglich darin, ob der Perfourmer sich die Reihenfolge gleichzeitig gehaltener Töne merkt oder nicht. Für den monophonen Betrieb bieten sich M1 und M2 an, wobei M1 alle vier Kanäle zu einem 4-Oszillator-Powerhouse schichtet. Im Modus M2 hingegen spielt der Perfourmer die Kanäle nacheinander ab, also Kanal 1 für den ersten eintreffenden Note-Befehl, Kanal 2 für den zweiten und so weiter. Dies sorgt bei Arpeggios für ganz schönen Wirbel.
Die duophonen Modi schließlich spalten den Perfourmer in zwei Synths mit je zwei Oszillatoren, so dass Kanal 1 & 2 sowie 3 & 4 zusammenspielen. Um die Komplexität zu vervollkommnen, können hier die Stimmen gleichzeitig oder – wie in M2 – hintereinander zum Zuge kommen.
Mit diesem Portfolio lässt sich schon eine Menge anstellen. Verrückt wird das Ganze dann zusätzlich dadurch, dass sich alle Stimmen vollkommen autonom behandeln lassen. Wenn ich also den Perfourmer vierstimmig spiele, für jede Stimme aber eine andere Wellenform, unterschiedliche Releasezeiten, Cutoff-Frequenzen und Pan-Einstellungen wähle, kommt dabei natürlich etwas völlig anderes heraus, als wenn ich dies auf einem “gewöhnlichen” vierstimmig polyphonen Synth tue. Allein, dass ich die Oszillatoren ja gegeneinander verstimmen kann, wie ich will – und zwar nicht pro Ton, sondern pro Stimme – sorgt schon für spannende Reibungen. Zwar ist es gar nicht so leicht, vierstimmige Chords so zu (de)tunen, dass es am Ende aufregend und nicht einfach nur schief klingt. Aber ich mochte diesen Effekt sehr, denn er lässt ein tolles Analogfeeling aufkommen, gerade so wie bei alten Synths, wo ja viel Charme dadurch entsteht, dass die Mehrklänge eben nicht so lupenrein gestimmt daherkommen.Nehmen wir jetzt noch hinzu, dass sich noch externe Signale einspeisen oder Effekte einschleifen lassen, muss man schon mal tief Luft holen, um zu begreifen, wie breit gefächert die Optionen sind, die einem der Perfourmer anbietet. Toll finde ich, dass er dabei tatsächlich auf eigenes Terrain vorstößt, auf das ihm ein konventioneller polyphoner Synth oder vier Monophone nicht so ohne weiteres folgen können.
Gekrönt wird diese Artenvielfalt auch dadurch, dass Vermona den Perfourmer mit viel kluger Praxistauglichkeit ausgestattet hat. Beispiel: Wer mit Analogen arbeitet, wird die Problematik kennen, dass man die Dinger halt stimmen muss und zwar gerne mehrmals am Abend. So banal diese Sache ist, so blöde steht man damit manchmal im Regen. Nicht selten habe ich mir beim Voyager mit einer iPhone-Stimmapp behelfen müssen. Der Prophet 5 hat vorgemacht, dass ein einfacher 440Hz-Stimmton an Bord Wunder wirkt. Als neues Feature der MkII-Version kann der Perfourmer per Kippschalter ebenfalls einen solchen Ton erzeugen, was die Stimmung der Oszillatoren ermöglicht. Ein weiteres Beispiel: Möchte man den Sound des Perfourmer einstellen, fällt einem natürlich auf den Fuß, dass das Instrument keine Tastatur besitzt. Wie aber soll man ihm einen Ton entlocken, ohne gleich den Computer zur Hilfe nehmen zu müssen? Ganz einfach: Jede Synthsektion verfügt über eine Trigger-Taste. Betätigt man diese, spielt der Perfourmer entweder einzelne Töne oder sogar ganze Sequenzen ab. 16 Optionen sind hier über das bereits erwähnte Drehrad wählbar. Eine schlichte und elegante Lösung für das Problem. Und weil so etwas beim Live-Gefuchtel auch schon mal unbeabsichtigt ausgelöst werden kann, lässt sich diese Funktionalität auch abschalten. Toll gemacht. Einzig auf die Sequenzen selbst hätte Vermona sehr gerne ein wenig mehr Kreativität verwenden können. Technisch machen die Tonfolgen mit verschieden hohen und langen Tönen durchaus Sinn, aber musikalisch bewegen sie sich auf Augenhöhe mit “Alle meine Entchen” und laden nicht gerade zu stundenlangem, genussvollem Schrauben ein.
Es gibt sogar noch weitere Optionen, um das System in Wallung zu bringen. Jeder Synth-Strang lässt sich nämlich über FM vom darüberliegenden modulieren – und zwar in einstellbarer Intensität, entweder mit Auswirkung auf die Tonhöhe oder die Filterfrequenz. Auf das dann als Modulator arbeitende Signal des ersten Stranges wirken sich dabei alle eingestellten Parameter aus, also auch Filter und EG, was die Sache schon vielgestaltig macht. Noch wilder wird es, wenn man bedenkt, dass der so modulierte zweite Strang seinerseits als Modulator für den dritten und dieser für den vierten zu Werke gehen kann. Man mag sich kaum vorstellen, welche Art Wellenformen da am Ende herauskommen können. Gleichzeitig lassen sich, wie schon erwähnt, auch die LFOs der einzelnen Sektionen miteinander synchronisieren, so dass weitere Fäden zwischen den 4 Sektionen gesponnen werden.
Tom sagt:
#1 - 14.05.2012 um 00:41 Uhr
Also ich find die internen Sequenzen Klasse! Die mögen zwar kein spezielles Genre abdecken, aber gerade das macht sie so vielseitig einsetzbar. Sowohl für Bass und Sequenzerläufe, als auch für Percussions. Und sie grooven!
Und natürlich kann man jeden der vier Synthstränge einzeln anstarten lassen.