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Vermona ReTubeVerb Test

Praxis

Abgesehen von diesen Überlegungen ist das ReTubeVerb einausgesprochen unkomplizierte Geselle. Ein Blick ins (derzeit nur in englischer Sprache vorliegende) Manual ist eigentlich nicht nötig. Eingangspegel mit dem Input-Poti und dem Magischen Auge angepasst (sehr schön, wirklich!), Effektanteil und Ausgangspegel eingestellt – fertig!

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Flute Original Flute Original und Reverb

Wer sich nun über den etwas schepperigen Klang des Federhalls wundert, der sollte einfach nicht weiterlesen. Das macht „sproing“ und „zoing“, und das ist genau der Sound, den wir haben wollen, wenn wir solch einen Effekt einsetzen. Hier geht es nicht um den edlen Studio-Haupthall à la Quantec, Bricasti oder Lexicon, sondern um einen Charaktereffekt, der natürlich stilecht mono ist und bleibt. Parameter wie die Nachhallzeit lassen sich aufgrund der mechanischen Eigenschaften der Accutronics-Spirale nicht beeiflussen, es bleibt im Prinzip das gleiche Einstellspektrum wie beim Hall am Gitarrenamp: viel oder wenig, aber immer mit der gleichen Länge.

Ist kein digitaler Edelhall, will aber natürlich auch keiner sein: Vermona ReTubeVerb
Ist kein digitaler Edelhall, will aber natürlich auch keiner sein: Vermona ReTubeVerb

Viele Airband-Höhen kommen von der Spirale nicht zurück, aber die würde man eh nicht haben wollen. Vielmehr bietet das ReTubeVerb einen charakteristischen vintagemäßigen Sound, dem seine Mittigkeit sehr gut steht. Auch die EQ-Punkte verwundern also nicht, sie sind im Gegenteil sogar sehr gut gewählt. Es fällt auf, dass die Bässe teilweise sehr lange nachschwingen, was ich zunächst fälschlicherweise für ein Netzbrummen gehalten habe. Dieser Effekt lässt sich beispielsweise mit dem EQ sehr gut kontrollieren bzw. in Schach halten.

Als Ausgangsmaterial bieten sich alle möglichen Quellen an, wobei der Schwerpunkt hier sicherlich bei Midrange-Instrumenten wie Keyboards, Synths und Gitarren liegen dürfte. Aber auch auf Vocals und Pecussions macht sich das ReTubeVerb sehr gut, hier kann es ebenfalls im wahrsten Sinne des Wortes effektiv eingesetzt werden. Dass der Hall dabei mono bleibt, stört – siehe das Drum-Beispiel – keineswegs. Vielmehr unterstützt dies nur den ohnehin vintagemäßigen Charakter des Effektes. Allerdings kann man mit entsprechendem Panning sehr schöne Stereo-Effekte erzielen. Wie das eine Rhodes-Beispiel zeigt, bei dem das Direktsignal hart links und das Effektsignal hart rechts gepannt wurde, entstehen auf diese Weise extrem breite und lebendige Klanglandschaften, bei denen man einen Stereo-Hall rein gar nicht vermisst.

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Drums Original Drums Original und Reverb Rhodes Original Rhodes Original und Reverb Rhodes Original und Reverb (Panning) Rhodes Reverb Rhodes Original und Reverb mit EQ Rhodes Effect-Stop-Modus

Auch die Sättigung der Röhrenstufen lässt sich – ob mit oder ohne Hall – sehr vorteilhaft nutzen, wie erneut das Rhodes-Beispiel zeigt. Der Sound wird schön crunchy und bissig, allerdings muss man sich etwas zurückhalten, da ab einem gewissen Punkt harte Verzerrungen einsetzen, die bisweilen zu brachial sein mögen. Die Dosis macht hier das Gift, und wenn man sich eben etwas beherrscht und auch beim Gainstaging sorgfältig vorgeht, dann kann das ReTubeVerb die Vorzüge seines 50er-Jahre Signalwegs schön in den Vordergrund stellen. Dass ein Gerät mit diesen Eigenschaften nicht ganz billig sein kann, dürfte sich von selbst verstehen. Dennoch finde ich den Kaufpreis des Vermona ReTubeVerbs angemessen, zumal, wenn man sich ähnliche Effektgeräte anschaut. Das Fulltone Tape Delay ist mechanisch noch aufwendiger und auch noch etwas teurer; der Fender-Standalone-Federhall etwas günstiger, wobei man hier auf die symmetrische Studiotauglichkeit (und einiges mehr) verzichten muss.

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