PRAXIS
Itchy-Pitchy oder Teenie-Weenie? Kann das Bundle im Praxistest überzeugen?
Der regelbare Mikrofoneingang des VCI-300 kommt unter Traktor Pro zu weit größeren Ehren als unter Itch. Ein angeschlossenes Audio-Technika ATM33a Kondensatormikrofon wurde per Audio-Through Deck C zugewiesen und dieses dann mit der Mixer-Sektion und den beiden Effektbänken bearbeitet. Ein zusätzlich angeschlossener Nano-Kontroller von KORG übernahm hier die FX-Steuerung, und siehe da: Plötzlich kamen ungeahnte Jam-Master-Qualitäten beim Autor durch. Sie sind allerdings noch nicht ausreichend trainiert, um einem größeren Publikum vorgestellt zu werden. Mit zusätzlichen Streaming-Plugins wie edcast ist es außerdem möglich, das Mixsignal abzugreifen und es entsteht eine On-air-in-a-box-Lösung für Webradios. Schöner wäre aber sicherlich die Integration einer Broadcast-Lösung in Itch. Das Audiointerface des VCI-300 klingt gut, der Ausgangspegel ist allerdings ein wenig niedrig augefallen. Die Hersteller haben darauf reagiert und liefern mit dem Softwareupdate die Overdrive-Option. Das so im Pegel angehobene Signal wurde zu Testzwecken in vier Schritten angehoben und aufgezeichnet, mit dem Ergebnis, dass die Overdrive-Funktion den Ausgangspegel um maximal um 10dB anhebt.
Wenn Mickey Mouse auf Barry White trifft
Beim Pitchen eines Tracks kommt es zu Tonhöhenverschiebungen. Beschleunigt man einen Song sehr stark, tritt bekanntermaßen der Mickey Mouse Effekt auf. Serato offeriert mit Pitch’n Time eines der hochwertigsten Timestretch- und Pitchshifting-Plugins. Das macht natürlich neugierig auf die in Itch eingebettete Lösung. Der Pitch-Shifter ist in der Lage, den Track maximal um 100 Prozent zu beschleunigen, oder ihn um 50 Prozent zu verlangsamen. Im Audiobeispiel wird der Track in zwölf Schritten, um jeweils weitere 6 Prozent verändert.
Für dich ausgesucht
Der nächste Abschnitt nimmt die Keylock-Funktion etwas genauer unter die Lupe. In beide Richtungen hört man bei etwa 10,0 % bereits deutliche, ab 20,0 % erhebliche Artefakte. Bei einem Wert von circa 50 % steigt der Keylock aus.
Riverdance zu Zweit -Temposync und Beatmatch
Die Automatische Synchronisation des Tempos läßt schon mal heftige Diskussionen im DJ-Lager aufkommen. Von Segen bis Pest reicht die Spannweite der Meinungen. Unabhängig davon, richtet sich die Feinheit der Synchronisation nach der Qualität der internen Analyse. Nur in Ausnahmefällen ist man besser beraten, den Wert von Hand einzugeben. Die interne Tempoanalyse von Itch ist zuverlässig und hat im Test nicht daneben gelegen. Die Temposynchronisation geschieht auf Knopfdruck und lässt sich ebenfalls wieder abschalten, um zum Originaltempo zurückzukehren. Auch beim Beatmatching wartet das Programm mit einer akzeptablen Leistung auf. Leider ist kein Sync-Lock vorhanden und somit ist in Ausnahmefällen manuelles Nachsynchronisieren von Nöten. Grundsätzlich bleiben die Beats selbst bei extremen Wertveränderungen von 50 % bis 100 % im Takt.
Obwohl Itch AUTO-LOOP besitzt und die meiste Zeit korrekte Loops platziert, sind auch hier seltene Patzer nicht ausgeschlossen. Etwas schwieriger gestaltet sich der Umgang mit manuellen Loops oder Cue Points. Quantisierungs-Einstellungen sind nicht vorhanden und so geht hier selbst bei eingeschaltetem Temposync und Beatmatch häufiger was schief. Meiner Meinung nach, spielt man hier neuseeländisches Roulette. Manuelle Loops im Set – gerade Beats – sind absolut mit Vorsicht zu genießen. Sinnvoller ist es, sie vorher im integrierten Editor anzulegen. Einmal angelegt, kann man sie dann bequem mit den Tasten am Gerät antriggern. Für eine sehr gute Übersicht und wider gelegentlichen Verdrückens sind die Cuepunkte einer Sektion in unterschiedlichen Farben beleuchtet. Das ist praktisch und sieht gut aus.
Scratch me up – but make it funky
Ist die technoide Seite meines Herzens nahezu resistent gegen Scratch-Attacken jeglicher Art, so kann sich die House-Hälfte gegen vereinzelte Versuche mit Schallplatte oder Timecode nie richtig wehren. Durch den Einzug der ersten Controller-Generation und ihrer anfangs noch hakeligen, kleinen Jogs kam allerdings beim Scratchen nie richtig Freude auf. Beim Itch gab es plötzlich wieder ein lang vermisstes Zucken in der rechten Hand, dem ich instinktiv nachgehen musste. Den Berliner Breakbeat-Kollegen Arson hat dies naturgemäß noch heftiger befallen. Hier ist sein Statement, dem ich mich 1:1 anschließen kann:
„Wenn man wie ich von den Turntables kommt und zudem das erste Mal einen MIDI-Controller einsetzt, ist es am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig. Dennoch muss ich sagen, dass mich der VCI-300 begeistert hat. Einige Techniken lassen sich zwar nicht so leicht umsetzen und man hat einfach weniger Spielraum für Moves, doch von der Dynamik und vom Grip ist das Gerät klasse und nahe am Turntable. Richtig gut gefallen hat mir die Option, die Jog-Dials genau nach meinen Wünschen zu justieren. Weil alles näher zusammenliegt, bietet sich mir nun auch eher die Chance, ein wenig Klangmanipultion mit ins Set zu packen. Wenn man eine gewisse Affinität für Knöpfchen mitbringt, ist das Teil definitiv einen Versuch Wert. Und ja, mann kann damit Scratchen.“
Der VCI-300 als Fremdsprachenkorrespondent?
Dass Itch nicht vorgesehen ist, um mit anderer Hardware zusammenzuarbeiten, schränkt den Käuferkreis und die Verwendung unnötig ein. Mir persönlich gefällt das aufgeräumte Layout des VCI-300 sehr gut, doch aufgrund der limitierten Anzahl an Buttons und gerade Potis, tut sich der Controller mit effektlastigen Programmen wie Traktor, Deckadance oder VDJ schwerer. Mehrfachbelegungen sind hier an der Tagesordnung und man kann schnell den Überblick verlieren. Wer sich dennoch dazu entschließt, der muß oftmals auf die hochauflösenden Jogs und Fader verzichten. Für Nutzer von TS-Pro gibt es einen Patch, der die HD-Daten zwar konvertiert, aber trotzdem präzise wiedergibt. Weder Vestax noch Serato liefern ASIO-Treiber mit, sondern verwenden nach eigenen Angaben generische System-Treiber. Also muss Asio4All wieder mal in die Bresche springen. Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss, inwieweit Fremdsoftware unterstützt wird.
|
ITCH |
TS-Pro |
Deckadance |
VDJ |
Cue5 |
Buttons |
ja |
ja |
ja |
ja |
ja |
Potis |
ja |
ja |
ja |
ja |
ja |
Jogs |
ja |
ja |
ja |
nein |
nein |
Fader |
ja |
ja |
ja |
nein |
nein |
Midimapping |
Nativ |
Learn |
Learn |
Bomes |
Bomes |
Out1 |
1/2 |
1/2 |
1/2 |
1/2 |
1/2 |
Out2 |
1/2 |
1/2 |
1/2 |
1/2 |
1/2 |
Headphone |
3/4 |
3/4 |
3/4 |
3/4 |
3/4 |
Aux-In |
ja |
ja |
ja |
nein |
nein |
Mic-In |
ja |
ja |
ja |
nein |
nein |
Mithilfe des Asio4All Treibers kann man die MIDI-LEARN fähigen Programme zumeist gut steuern. Bei VDJ und Cue5 ist zusätzlich Bomes-Midi-Translator einzusetzen. Wenn man mit einem externen Mischpult arbeiten will, muss man wohl oder übel den Kopfhörausgang als zweiten Kanal verwenden, da die rückseitigen Ausgänge geklont und somit nicht in der Lage sind, zwei unterschiedliche Streams abzuspielen. Dann wäre aber immerhin die Klangregelung am Gerät zur Steuerung anderer Parameter frei. Für effektlastige Programme ist der VCI-300 für mich daher nur zweite Wahl.