Praxis
Für den Praxistest verschaffen wir uns erst einmal einen Überblick über den neutralen Cleansound. Dafür stelle ich alle Regler der Klangregelung und das Clean-Volume-Poti auf die 12-Uhr-Position. Wir erhalten einen ausgewogenen Cleansound, bei dem der Bassbereich leicht dominiert.
Mit einem kleinen Eingriff in die Klangregelung lässt sich aber auch sehr schnell ein schlanker Cleansound für perkussive Spielweise zurechtbiegen. Bässe und Mitten etwas zurück und die Höhen weiter aufgedreht, und schon sind knackige Funk-Grooves aus dem 12“ Speaker zu hören.
In dieser Einstellung haben wir einen schönen knackigen Sound, die Endstufenkompression ist sehr deutlich hör- und spürbar. Man kann hart anschlagen und der Ton wird knackig wiedergegeben. Allerdings reicht der Schalldruck bei dieser Einstellung noch nicht für eine „laute Band“, aber ohne Weiteres für einen entspannten Jazz-Gig. Beim Einsatz mit den Kollegen in einer lärmenden Funk-Band mit Bläsern und Keyboards allerdings müsste man noch eine Schippe drauflegen. Aber wir sind ja auch erst bei 12 Uhr Clean-Volume. Also dann, ein Viertel mehr …
Aha! Hier ist sie also, die Bühnentauglichkeit. Wo andere Amps nach 12 Uhr eher in die Knie gehen und nur noch etwas mehr Verzerrung an den Tag legen, kommt der VHT etwas stärker in Fahrt. Klar, der Ton ist ein wenig verzerrt, aber es ist ausreichend Schalldruck vorhanden, den Kollegen in der Band Paroli zu bieten.
Jetzt treiben wir ihn einmal etwas in die Enge, der Clean-Volume-Regler wird voll aufgedreht und eine Humbucker-Gitarre angeschlossen. Mal sehen, wie weit er sich zum Zerren bringen lässt. Damit es nicht zu trocken klingt, habe ich etwas Reverb hinzugefügt.
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Respekt! Auch bei voll aufgedrehtem Volumen und Humbucker-Gitarre lässt sich dem Lead 20 nur eine leichte Verzerrung entlocken, das Ganze bei gehobener Übungsraum-Lautstärke. Da der Clean-Kanal also auch bei hohen Lautstärken noch unverzerrt ist, kann man sehr gut mit den beiden Kanälen im Live-Betrieb arbeiten.
Jetzt geht es weiter zum Overdrive-Channel. Auch hier zuerst die 12-Uhr-Einstellung, alle Regler in die Mitte, Reverb ausgeschaltet.
Mit der Strat gibt es eine Medium-Verzerrung, das Klangbild ist dem Cleansound entsprechend warm und rund, keine übermäßigen Anhebungen in einem bestimmten Frequenzbereich. Diesem Thema widmen wir uns als nächstes, weil wir die Klangregelung genauer unter die Lupe nehmen.
Bass
Der Bassregler geht frequenzmäßig sehr weit nach unten, also lässt sich mit ihm der Tiefbass-Bereich einstellen. Die Unterschiede bei den Hörbeispielen werdet ihr über iPod-Kopfhörer oder Notebook-Lautsprecher vermutlich nicht deutlich hören, denn der Haupt-Einsatzbereich ist bei 120 Hz und tiefer. Ihr hört im folgenden Beispiel zuerst den Bass-Regler komplett abgedreht, dann auf 12 Uhr und danach voll auf.
Middle
Der Mittenbereich liegt tief und wird um 800 Hz „badewannenförmig“ abgesenkt. Komplett abgedreht ist der Klang sehr weich, voll aufgedreht gibt es ein klares britisches Mittenbrett. Hier ist von Metalsounds mit abgesenkten Mitten bis zum Classic-Rock alles machbar.
Treble
Ab 2 kHz aufwärts wird heftig abgesenkt. Bei komplett zurückgedrehtem Regler erhalten wir einen sehr muffigen Sound, dreht man den Treble-Regler voll auf, wird er extrem bissig. Ein sehr guter Wirkungsbereich, mit dem sich allerhand einstellen lässt.
Als Resümee kann man sagen, dass die Klangregelung sehr gut arbeitet und man mit ihr recht viel bewirken kann. Aber leider ist die Anpassung der beiden Kanäle nicht ganz gelungen. Hat man beispielsweise einen knackigen, höhenbetonten Cleansound eingestellt und wechselt dann auf den verzerrten Sound, ist dieser schon fast zu bissig. Nimmt man die Höhen weg, dann hat man einen sehr muffigen, unverzerrten Ton.
Das heißt, die Klangregelung muss mit viel Fingerspitzengefühl und der Bereitschaft zu klanglichen Kompromissen bedient werden. Auf der nächsten Seite warten ein paar Klangvariationen des Overdrive-Channels.
Los geht es mit einem typischen Classic-Rock-Sound mit mittenbetonter Verzerrung. Die SG bleibt angeschlossen und am Amp werden die Mitten und Höhen etwas aufgedreht. Mit relativ geringer Gain-Einstellung kommen wir dem typischen britischen Rocksound sehr nahe.
Jetzt das andere Extrem: ein Metal-Sound mit viel Gain und einer Mid Scoop Einstellung. Hier lassen sich sehr viele Klangfacetten mit dem Einsatz des Treble-Reglers realisieren. Bei der Aufnahme stand er auf 14 Uhr, aber schon ein klein wenig mehr macht den Sound spitzer, weniger erheblich dumpfer. Wer gerne mit solchen kleinen Soundveränderungen arbeitet, wird hier seinen Spaß haben. Den Bassregler habe ich nicht weiter aufgedreht, denn der liefert bei höherer Einstellung einen heftigen Tiefbass-Schub, der schon mit dem Sound des Bassisten in der Band kollidieren könnte.
Als nächstes kommt eine Einstellung, die sehr gut zum Solospielen geeignet ist. Mit weit aufgedrehtem Gain erhält man einen fetten Ton mit gutem Sustain und einer sehr guten Durchsetzungsfähigkeit im Bandgefüge.
Jetzt nehmen wir die Reaktion auf das Volumenpoti bei hoher Gain-Einstellung unter die Lupe. Dreht man den Volumenregler an der Gitarre zurück, dann wird auch die Verzerrung entsprechend geringer. Ähnliches passiert auch mit der Anschlagsdynamik, allerdings ist Akkordwiedergabe bei voll aufgedrehtem Volumen an der Gitarre etwas undifferenziert und leicht matschig.
Mit dem Reverb kann ich mich nicht so ganz anfreunden, denn es klingt etwas blechern und hat eine recht lange Nachhallzeit. Bei Einstellungen von acht bis zehn Uhr ist der Sound noch recht dezent, aber dann ist der Federhall nur noch als purer „Effektsound“ einsetzbar. Es ist leider nicht der übliche warme Federhall, der vor allem von Puristen so geschätzt wird. Im folgenden Beispiel hört ihr drei Einstellungen des Reverbs, zuerst auf 9, dann 12 und danach auf 15 Uhr.