Die Roland CR-78 CompuRhythm kam 1978 auf den Markt, also ein paar Jahre vor der TR-808 und der TR-909. Damit ist sie auch die erste Drum Machine-Legende des japanischen Herstellers. Ihr prägnanter Sound prägte Hits dieser Zeit wie „Heart of Glass“ von Blondie, „Vienna“ von Ultravox, „Enola Gay“ von OMD und natürlich „In the Air Tonight“ von Phil Collins – der Song, der die CR-78 unsterblich machte.
Aber auch heute noch setzen Künstler wie Radiohead oder Modest Mouse auf die Sounds dieser eigentlich eher simplen Rhythmusmaschine. Was macht den kleinen alten Drum-Würfel mit den bunten Knöpfen eigentlich so interessant? Das untersuchen wir in unserem Vintage Drum Machine Special.
Details
Der Reiz der Roland CR-78
Was macht die Roland CR-78 so interessant? Die Polka kann es nicht sein – denn dieser Rhythmus fehlt leider im ansonsten perfekten Angebot an Preset-Rhythmen für klassische Tanzmusiker. Auch der Marsch fehlt. Aber zum Glück lassen sich eigene Rhythmen programmieren, sodass man sich in den vier (!) Speicherplätzen nach Herzenslust mit eigenen Kreationen austoben kann… okay, Spaß beiseite. Der Reiz und die Qualität liegt für mich im speziellen Sound des CR-78, der sicherlich Vorbild für den Preset-Nachfolger CR-8000 und später die TR-808 war, aber doch deutlich anders klingt. Meine persönlichen Highlights sind neben der Bedienung und dem „Groove“ die Snare, Kick und Metallic Beat. Toms scheinen übrigens noch nicht in Mode gewesen zu sein, Bongos und Lo Conga müssen als Ersatz reichen! Auch der Clap war wohl noch nicht erfunden – hier muss noch von Hand geklatscht werden! Ein Sample-Pack für die Maschine gibt es übrigens am Ende des Artikels.
Polyphonie und mehr
Laut Spezifikation ist die Roland CR-78 vierstimmig polyphon und bietet 11 analoge Sounds. Das klingt zunächst einmal nach wenig, aber durch die Kombination von Presets und programmierten Rhythmen kommen weitere Sounds hinzu, sodass es eigentlich mehr sein müssen. Die Klangwelt der Maschine bewegt sich irgendwo zwischen TR-808 und CR-8000. Die Sounds können ohne Mod auch nicht verändert werden, einen Mixer wie beim CR-8000 oder dem Konkurrenten Korg KR55 gibt es ebenfalls nicht. Bei der CR-78 muss man sich mit einem Balance-Regler zwischen Kick/Snare und Percussion sowie (immerhin) drei zusätzlichen Volumen-Reglern für HiHat/Becken, Tambourine und Guiro begnügen.
Das Bedienfeld der Roland CR-78
Die Oberfläche bzw. Frontplatte der Roland CR-78 ist übersichtlich gestaltet. Die Regelparameter befinden sich in der oberen Hälfte des Gerätes, die Rhythmusauswahl und die Start/Stop-Funktionen im unteren Bereich. Gleich der erste Taster Variation ermöglicht dabei die Auswahl von sieben vorprogrammierten Breaks und zwei Fills. Diese können mithilfe des darunter liegenden Buttons Measure in der Frequenz alle 2, 4, 6, 8, 12 oder 16 Takte eingestellt werden. Direkt darunter befindet sich dann noch ein Schalter, mit dem diese Fills automatisch oder manuell per Taster oder Fußschalter ausgelöst werden können. Lebensechte Drumbegleitungen für den Lounge-Lizard sind also garantiert!
Roland CR-78 – Mischerfunktionen & Programmer
Die nächste Sektion beginnt mit den etwas eingeschränkten Mischfunktionen. Neben der Gesamtlautstärke des Monoausgangs kann man die Balance zwischen Kick/Snare und Percussion einstellen, sowie Cymbal / Hihat / Metallic Beat, Tambourine und Guiro hinzufügen. Diese Sounds sind wie „analoge Loops“ und laufen kontinuierlich durch.
Unterhalb der Mix-Sektion befindet sich der integrierte Programmer mit Soundauswahl, die „Track“-Anzeige für die 4-stimmige Polyphonie, sowie Speicher- und Löschfunktion. Die Bezeichnung “Programmer” bei der Roland CR-78 ist insofern irreführend, als dass man ohne den optionalen Zusatzschalter TS-1 oder Roland WS-1 Programmer erst einmal gar nichts machen kann – außer löschen. Wie das Programmieren genau funktioniert, zeige ich später.
Roland CR-78 – Synchronisation mit der Außenwelt
Rechts daneben kann man den Roland-üblichen „Accent“-Anteil zur Betonung gewisser Zählzeiten und das Tempo einstellen. Die Roland CR-78 hat allerdings keine BPM-Anzeige wie die spätere CR-8000, also Einstellung nach Gefühl. Da die Maschine einen Sync-In hat, ist das jedoch kein Problem, denn das Tempo kommt in diesem Fall von außen. Für die Verbindung zur MIDI-Welt verwende ich einen Kenton Pro 2000 MIDI CV-Converter, die Synchronisation funktioniert damit problemlos. Der Kenton liefert in meinem Setup auch parallel Clocks über die AUX-Ausgänge für zwei weitere Maschinen, DIN-Sync für eine CR-8000 sowie CV für 4 Synths – sehr praktisch.
Cancel & Fades
In der Cancel Voice Sektion der Roland CR-78 unterhalb des Temporeglers kann man vier Soundgruppen stumm schalten: Cymbal/Hihat, Bass Drum, Snare Drum und Cowbell/Claves können einzeln oder komplett abgeschaltet werden. Unerklärlicherweise läuft die Hihat in manchen Rhythmen trotzdem mit, sie wird also erst ganz stumm, wenn man den Balanceregler ganz nach unten schiebt. Außerdem wirken die Cancel-Buttons nur auf Preset-Rhythmen, programmierte Beats werden davon nicht beeinflusst. Daneben befindet sich die Sektion mit dem Powerschalter, den Fades und dem großen weißen Start/Stop-Button. Die Fades sind witzig, denn man kann die Zeiten für Fade In und Out getrennt einstellen. Warum man bei einem Drumcomputer den Effekt eines ein- und ausblendenden Drum-Playbacks haben will, erschließt sich mir nicht. Aber damals war das sicherlich der letzte Schrei. Fade-Outs waren damals auch Standard in vielen Produktionen …
Rhythmus wählen
Den Abschluss des Rundgangs auf der Roland CR-78 bilden unten zwei Reihen von Rhythmuswahltastern: Die vier gelben links oben sind für eigene Kreationen, der Rest bietet Zugriff auf die Preset-Rhythmen. Unter den 17 Tastern befinden sich jeweils auch zwei Variationen, die mit dem Rhythm A/B-Schalter rechts außen abgerufen werden. Man kann aber auch automatisch zwischen den Variationen wechseln, wenn man den Variation-Drehschalter auf „Rhythm AB“ stellt.
Die Anschlüsse der Roland CR-78
Auf der Rückseite der Roland CR-78 gibt es zwar eine ganze Reihe von Anschlüssen – aber leider nur einen Mono-Ausgang für die Summe. Dafür aber in nieder- und hochohmig. Ansonsten (von links nach rechts) der Eingang für externe Clock (12 ppqn), der Anschluss für den Programmer, den Triggerpulsschalter 8“ und 16“ mit Triggerausgang, Start/Stop- und den Variation-Fußschalter. Ich habe es mit einem handelsüblichen Sustainpedal ausprobiert und es funktionierte einwandfrei.
Praxis
Roland CR-78 – Presetrhythmen
Die Roland CR-78 ist flexibler, als man auf den ersten Blick vermutet: 20 Preset-Rhythmen hören sich zunächst nicht viel an – die meisten bieten aber eine A/B-Variation. Darüber hinaus gibt es weitere Möglichkeiten durch die „Cancel Voice“-Funktion und die Optionen, Tambourine, Guiro und Metallic Beat hinzuzufügen. Der Clou aber ist, dass man zwei Preset-Tasten GLEICHZEITIG drücken kann: Dann werden die gewählten Rhythmus-Patterns kombiniert. Ein Beispiel dafür ist Blondies klassischer „Heart of Glass“-Beat: Hier klopft ein Mix aus ChaCha und Rhumba mit ein paar stummgeschalteten Voices (siehe Beispiel im Player). Wer sich jetzt wundert, warum die Sounds bei diesem Beat etwas anders klingen: Wahrscheinlich wurde die Bandmaschine damals bei der Aufnahme gepitcht, ich habe versucht, das entsprechend nachzubilden. Hier noch einmal alle Presets zum Anhören. Am Ende die Tambourine, Guiro und Metallic Loops. Variation A und B eines Presets laufen (wenn vorhanden) jeweils im Wechsel durch:
Wie klingt die Roland CR-78?
Die Roland CR-78 klingt bereits sehr organisch. Nimmt man die Sounds einzeln auf, hört man hier und da deutliche Rauschfahnen. Das soll sich übrigens durch den Austausch der ELKOs verbessern lassen, siehe Abschnitt „Modden und Service“. Ich habe alle Sounds mal trocken gesampelt, da hört man das sogar ganz gut. Wenn man diese aber „säubern“ würde, verlören die Sounds ihren Ausklang, wodurch sie sehr eckig klingen. Also… lieber mit Rauschen! Das Samplepack gibt es am Ende des Artikels! Den Loop von Heart of Glass als Einzelspur gibt es zusätzlich, ohne Effekte und ungepitcht.
Roland CR-78 Video
Wie flexibel die Maschine trotz der Beschränkung auf Preset-Rhythmen ist, habe ich im folgenden Video versucht einzufangen: Durch die Kombination zweier Rhythmen und den Einsatz der Cancel Voice Buttons lässt sich eine Menge herausholen. Und die programmierbaren Beats können auch noch hinzugefügt werden. Aber: What you see is what you get! Einen Songmodus gibt es leider nicht und die Performance kann man auch nicht automatisieren, man müsste also das Audio direkt in der DAW aufnehmen.
Roland CR-78 – Programmieren eigener Rhythmen
Den Bedienungsluxus einer TR-808, TR-606 oder CR-8000 darf man bei der Roland CR-78 nicht erwarten. Ohne den mittlerweile sündhaft teuren optionalen Roland WS-1 Switch (teilweise für 900 Euro und mehr auf Ebay angeboten!) ist das Programmieren garantiert kein Vergnügen. Es gibt zwar die Möglichkeit, ein günstiges handelsübliches Sustainpedal zu verwenden, aber die Programmierung erfolgt ausschließlich in Echtzeit und ohne Quantisierung. Also: Maschine einschalten, mit dem Drehregler an der Front den zu programmierenden Sound auswählen und dann immer schön Taster drücken. Und das bitte GENAU im Beat: Die „volle“ Auflösung von 1/32 lässt stolpern, was nicht ganz genau drauf ist. Step-Programmierung gibt es dann nur beim WS-1. Ein Metronom fehlt übrigens auch – da kann aber das Tambourin aushelfen. Oder man lässt einen anderen Rhythmus im Hintergrund laufen – auch das geht. Diese Methode erfordert allerdings viel Geduld. Im folgenden Video kann man die „Misere“ sehen und hören:
Roland CR-78 Video
Roland CR-78 – Modding
Sowohl tubbutec mit dem unipulse als auch CHD mit dem CRX8-M bieten interne MIDI-Interfaces an, die neben der Synchronisation auch Zugriff auf die Sounds bieten. Kostenpunkt: ca. 150 – 200 EUR plus Installation (Stand 2017). Der Akku für den Speicher in der Maschine steht bei der Wartung ganz oben auf der Liste. In meinem verrichtete noch das Original von 1978 seinen Dienst und war zum Glück noch nicht ausgelaufen. Bei meinen Recherchen bin ich auf einen Blog von Synthpeter gestoßen, wo man sehr schön sehen kann, was Korrosion anrichten kann. Die Batterie wird anscheinend nicht mehr hergestellt, aber bei eBay kann man noch die eine oder andere finden. Meine kam aus Israel. Wichtig: Es gibt eine erste Generation, die noch 5,6 V Spannung braucht (bis Seriennr. 862899), die späteren benötigen 3,6 V. Alternativ kann man auch auf Lithium-Batterie umsteigen, wie hier zu sehen.
Recapping & Service
Außerdem ist es wohl ratsam, die Kondensatoren zu „recappen“. Nach Rücksprache und Überprüfung des Netzteils mit meinem Fachmann haben wir jedoch beschlossen, zu warten, bis ein Fehler auftritt. Übrigens, wenn eine Maschine unnatürlich rauscht, soll ein Recapping Wunder wirken, wie ich in einem anderen Blog lesen durfte. Mir reicht es allerdings, wie es ist! Man findet zwar ein paar Videos und Fotos von modifizierten Maschinen, aber anscheinend keine Beschreibungen im IKEA-Stil, wie man beispielsweise einzelne Outputs selbst einbauen kann. So etwas wäre für einen Hobbyelektroniker wie mich eine Grundvoraussetzung. In der Maschine gibt es laut einigen Einträgen eine ganze Reihe von Trimmpotis, an denen man sein Glück bei der Soundeinstellung versuchen könnte – mir gefällt es so. Hier noch ein Link zum Service Manual: Roland CR-78 Service Manual.
Roland CR-78 – Gedanken vorm Schluss
Die Roland CR-78 ist eine Drum-Machine aus der Zeit vor der TR-808. Der Sound ist von einigen Klassikern der Popmusik bekannt, allerdings lässt sich am Klang ohne Modifikationen nicht viel ändern, außer dem Pegel und der Balance einiger Sounds. Als Ausgang gibt es nur Mono – Einzelausgänge müsste man also auch nachrüsten. Und Rauschen tut sie auch. Ist man da mit Samples nicht besser bedient? Vier Speicherplätze sind auch nicht viel. Und ziemlich teuer ist die CR-78 auch noch geworden: Unter 1000 EUR (eher deutlich mehr / Stand 2017) ist sie nicht mehr zu bekommen. Und so ein 40 Jahre altes elektronisches Gerät muss mit Sicherheit irgendwann zum Service. Also nur noch etwas für Sammler, die schon alles haben? Diese Frage muss natürlich jeder für sich selbst beantworten – das sind alles sehr berechtigte Einwände.
Fazit – Roland CR-78
Im Vergleich zur TR-808 oder 909 kann die CR-78 seitens der Möglichkeiten nicht mithalten – auch nicht mit der TR-606. Mit Samples kommt man schon sehr weit, trotzdem hat eine echte CR-78 ihren eigenen Charme. Es ist die Kombination aus Sound, Preset-Rhythmen und Bedienung, die den Reiz ausmacht. Die Sounds klingen im laufenden Beat einfach nochmal anders als statische Samples. Auch der Groove der Rhythmen ist anders als im Computer programmiert. Immerhin hat die Maschine standardmäßig externe Synchronisationsmöglichkeiten (12 ppqn). Sollte Roland die CR-78 im Rahmen der Aira-Serie nachbauen, wären für mich vor allem die Presets und die spezielle Bedienung entscheidend – die Sounds sind ja nur die halbe Miete. Durch die Kombinierbarkeit der Presets entstehen oft Rhythmen, die man so nie programmiert hätte. Mein Daumen zeigt also eindeutig nach oben für die gute alte CR-78 und ich bin froh, dass ich noch eine in so gutem Zustand gefunden habe.
Pro
- Klang
- Einfachheit der Bedienung bei Nutzung von Presets
- Flexibilität durch Kombination mehrerer Presets
- Programmierung eigener Beats möglich
- Sync In (12 ppqn)
Contra
- Nicht alle Klänge frei programmierbar
- Nur 4-stimmige Polyphonie bei der Programmierung (Accent zählt auch!)
- Programmierung kompliziert ohne WS-1 oder CHD CR78-PGM
- Kein Chain-Modus für Pattern
- Rauscht stärker als z.B. TR-808
- Keine Einzelausgänge
Roland CR-78 Samples zum Download
Hier bieten wir unser Sample-Set zur Roland CR-78 CompuRhythm zum Download.
Features
- Erscheinungsjahr: 1978
- Klangerzeugung: analog
- Polyphonie: 4-stimmig
- 11 Sounds: Kick, Snare, Rim, Hi-Hat, Cymbal, Maracas, Claves, Cow Bell, High Bongo, Low Bongo, Low Conga + Tambourine und Guiro in der Add Voice Sektion
- Akzent, im Anteil regelbar
- 4 Mischregler für:
- Balance (Kick & Snare im Verhältnis zu Becken, Hats)
- CY, HH Metallic Beat Level
- Tambourine Level
- Guiro Level
- Speicher:
- 34 Presetrhythmen
- Rock 1-4, Disco 1-2, Waltz, Shuffle, Slow Rock, Swing, Fox Trot, Tango, Boogie, Enka, Bossanova, Samba, Mambo, Chacha, Beguine, Rhumba (die meisten mit Variation Rhythm A/B)
- 7 Preset Fills
- 4 programmierbare Pattern
- 8, 12, 24 oder 48 Steps pro Pattern bei Nutzung des WS-1 Programmers
- Variation Selector: Fill-In 1-7, Break, Rhythm (A-B), Rolling HB, SD & Measure Selector (Alle 2, 4, 8, 16 Takte) – Fade In / Fade Out Funktion
- Start/Stop und Fills per Fußschalter steuerbar
- Synchronisation: Sync In (12 ppqn) & Trigger Out (Impuls pro 8”, 16”, Combi)
- Monoausgang
- Anschlüsse: Ext. Clock, TS-1 Switch oder WS-1 Programmer, Trigger Out, Start/Stop, Variation, Hi/Lo Impedance Audio Out
- Stromversorgung: 230V Netzanschluss, Memory-Backup über integrierten Akku
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