Der Yamaha S30 ist Teil einer Familie. Sie besteht aus dem Yamaha S30/80 sowie CS6x und CS6R. Wer sich zur Zeit des Millenniums für elektronischen Musikinstrumente interessierte, kennt sicherlich diese damals beliebten digitalen Synthesizer. Sie waren die letzten Synthesizer vor der Karriere von Yamahas großer Workstation-Serie Motif und Montage. Leider haben der Yamaha S30 oder CS6x keinen Bestseller-Status wie Yamaha DX7 oder CS1x erlangt. Allerdings rangieren sie noch heute weit oben auf der Kaufliste, wenn es um digitale Vintage-Synthesizer geht.
Diese Argumente sprechen auch heute noch für den Yamaha S30
Pro 1: Solide Standardsounds quer durch alle Klangsparten.
Pro 2: Plugin-Boards zur Erweiterung um Syntheseformen (VA, FM, Physical Modeling).
Pro 3: Sehr günstige Preise und eine robuste Hardware.
Diese Stärken möchten wir in diesem Feature beleuchten. Zuvor aber stellen wir den Yamaha S30 einmal kurz vor.
Yamaha S30 im Überblick
Im Netz finden sich bereits einige Portraits. Unten findet ihr auch die komplette Bedienungsanleitung für den Yamaha S30 mit allen technischen Details. Auf den Punkt gebracht haben wir es mit einem 64-stimmigen Digitalsynthesizer auf Sample-ROM-Basis (AWM2, 16MB) zu tun. Er lässt sich im 16-fachen Multimode betreiben und verfügt über einen Slot für Erweiterungskarten (Plugin-Boards, Yamaha PLG).
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Die Synthesizer- und Effektabteilung des Yamaha S30 beherrscht alle Standards mit flexiblen LFOs, 13 verschiedenen Filtertypen sowie 12 Reverbs und über 90 Insert-Effekte. Tatsächlich ist das genügend Potential für Soundtüftler. Wie gut dieser digitale Synthesizer klingt, beweisen die 256 Presets. Es lassen sich auch Klänge auf externen Speichermedien ablegen, wofür man aber eine SmartMedia-Karte benötigt – damals verbreitet, heute quasi unbekannt.
Wesentliche Unterschiede zwischen Yamaha S30, S80 und CS6x
Der S30 kommt nicht allein. Seine Familie setzt sich aus vier sound-kompatiblen Geräten zusammen. Welcher Synth ist für mich optimal? Kurze Antwort: Traditionelle Keyboarder ohne Schraub-Ambitionen nehmen den Yamaha S30 oder den S80 mit 88er Tastatur, für Elektronikmusiker ist eindeutig der Yamaha CS6x besser. Als Racklösung kommt nur der Yamaha CS6R in Frage.
Noch ein wenig weiter ausgeholt: Der S30 hat nur einen Slot, während der S80 und der CS6x zwei Plugin-Boards gleichzeitig aufnehmen können. Der Yamaha CS6x gefällt noch dank weiterer Features, bei denen der S30/80 komplett passen muss: vier zuweisbare Slider, Quick Edit Control Panel, Phrase Clip Sampler, Scene Morphing, Arpeggiator Control und einen Ribbon Controller. Der Yamaha S30/80 bietet aber mehr Waveforms (Piano/Keyboard).
Übrigens: Mögliche Alternativen sind der Yamaha EX5 und EX7, die bereits weitere Synthesen (AN, VL, DX) integriert haben. Keine Alternative sind der CS1x und CS2x, weil sie weniger Synthese-Power bieten.
Factory Demo Songs bieten eine Zeitreise
Wir befinden uns im Jahr 2000. Unsere Auswahl an Factory Demo Songs verdeutlicht, dass der Yamaha S30 als klassische Workstation dienen kann. Anvisiert werden Arrangeure, die sich einen Mix aus akustischen Instrumente und ein wenig elektronischen Sounds wünschen. Es gibt aber keinen internen Sequenzer. Nur die Wiedergabe von Standard MIDI Files (SMF Playback) ist möglich.
Wie auch immer, damals wie heute spielt man einen S30 und seine Varianten S80 und CS6x lieber gern selber mit beiden Händen und Füßen. Dabei sorgt der Arpeggiator mit 128 Patterns für zusätzlichen Spaß. Es sind Performance-Instrumente.
So klingen die Factory Presets des Yamaha S30
Der S30/S80 und CS6x unterscheiden sich klanglich kaum. Alle folgenden Beispiele haben wir live mit dem Yamaha S30 eingespielt. Die Factory Presets des internationalen Voicing Teams starten mit Keyboard-Sounds, die auch für heutige Ansprüche qualitativ überzeugen. Selbst Piano und Rhodes kombiniert mit einem Pad ist ein Leichtes für den Yamaha S30.
Klassische Synthesizersounds liefert der Yamaha S30 gut spielbar mit ordentlicher Präsenz. Kaum überrascht treffen wir auch auf die Pizzicato-Strings des 90ies Hit „Insomnia“ von Faithless. Für Band-Keyboarder sind beim S30 viele brauchbare Sounds enthalten. Der Yamaha CS6x ist noch flexibler und hat für Trance und andere Stile der elektronischen Musik mehr zu bieten.
Speziell mit dem guten Arpeggiator des Yamaha S30 sind weitere Factory Presets worden. Man fühlt sich klanglich spürbar in die 90er Jahre versetzt.
Weitere Sounds für den Yamaha S30
Ehrlich, die Programmierung am Gerät können wir nicht empfehlen. Sie gestaltet sich leider ziemlich spröde. Besser arbeitet ihr mit einer Editor-Software wie dem MIDI Quest Pro. In der Praxis noch effektiver ist es, vorhandene Sounds abzuwandeln und so eigene Ideen einfließen zu lassen.
Erfreulicherweise gibt es eine Menge an Third Party Sounds, die gute Vorlagen liefern. Spezialisiert auf alte wie neue Yamaha-Synthesizer ist Easy Sounds. „Synth Basics“ und „Trance & Atmos“ sind zwei Soundkollektionen, die man sich einmal gönnen sollte. Wir haben damit die nächsten Hörbeispiele produziert.
Yamaha S30 ist um verschiedene Synthesen erweiterbar
Ein schlagkräftiges Argument für den Yamaha S30 und seine Konsorten sind die PLG150-Boards. Sie enthalten jeweils eine eigenständige Tonerzeugung, Effekte und weitere Presets. Ans Herz legen können wir euch drei Plugin-Boards: PLG150-AN, -VL und -DX.
Das PLG150-AN (Analog Modeling wie AN1x) ersetzt zwar keinen Yamaha AN1x oder gar den Montage M, liefert aber einen ziemlich ähnlichen guten und zeitlosen Basissound.
Das PLG150-VL (Virtual Acoustic wie Yamaha VL1) bietet monofon spielbare Naturklänge wie Saxofone, Flöten oder Blechblasinstrumente. Gut klingen sie erst, wenn die 256 Presets des Boards ausdrucksvoll gespielt werden.
Selbstverständlich ist auch Yamahas FM-Synthese in Form des PLG150-DX (FM-Synthese wie DX7) zu bekommen. Brillante E-Pianos, punchige Bässe, wilde Soundeffekte und vieles mehr ist damit möglich.
Drei weitere Boards möchten wir erwähnen, aber nicht empfehlen: PLG150-PF (Piano), PLG100-XG (erweiterte GM-Soundquelle), PLG100-VH (Vocal Harmony). Übrigens gibt es auch noch die Boards DR (Live Room Drum) und PC (Latin Percussion), die aber heute im DAW-basierten Studio nicht mehr locken. Alle Erweiterungskarten für Yamahas „Modular Synthesis Plugin-System“ stellt eine Broschüre von Yamaha USA vor.
Günstige Alternativen liefert Yamaha heute mit der Reface-Serie
Wer sich die FM-Synthese (DX), die virtuelle-analoge Synthese (CS) sowie gute Pianos (CP) und Orgelsounds (YC) von Yamaha preiswert und kompakt nach Hause holen möchte, findet vier Alternativen zum Yamaha S30 mit den entsprechenden Plugin-Boards: Die Modelle der Reface-Serie bieten viel Qualität zu fairen Preisen.
Zugegeben, die 37 gut spielbaren Mini-Tasten sind nichts für anspruchsvolle Performer, man kann ein Yamaha Reface dennoch live einsetzen und bei Bedarf von einem großen MIDI-Controller-Keyboard steuern. Für den Transport gibt es einfache Taschen sowie hochwertige Flightcases.
Wenn die Alternative zum gebrauchten Yamaha S30 über 1.000 Euro kosten darf, sind insbesondere auch der Yamaha MODX6+ oder eine Variante mit 76 oder 88 Tasten die besten Kandidaten.
Schließlich locken auch Hardware und Gebrauchtpreise
Der Yamaha S30 ist ein kompaktes Leichtgewicht und mechanisch robust gebaut. Mit ihm könnt ihr bedenkenlos Hunderte von Live-Gigs bestreiten. Der CS6x hat noch Regler zum spontanen Klangschrauben. Die Tastaturen sind bei allen drei Modellen (S30/S80 und CS6x) sehr angenehm und differenziert inklusive Aftertouch spielbar.
Der Erwerb ist auch nach über 20 Jahren fast risikofrei. Beim Gebrauchtkauf sieht man schon meist auf den ersten Blick, ob der Synthesizer noch gut in Schuss ist oder nicht. Man soll es kaum für möglich halten, aber ein Yamaha S30 und S80 haben für 150 Euro beziehungsweise 200 Euro ihren Besitzer gewechselt. Für einen Yamaha CS6x müsst ihr etwas mehr bezahlen. Für unter 400 Euro sollte er aber zu bekommen sein.
Fazit
Der Yamaha S30, S80 beziehungsweise CS6x und CSR müssen sich in punkto Hardware und Sound keineswegs vor heutigen Low-Budget-Workstations verstecken. Wer heute diesen Spirit der Jahrtausendwende aufspüren und selber am Gerät fühlen möchte, bekommt mit dem S30 und der Synthesizer-Variante CS6x überraschend günstige Instrumente. Mit den Plugin-Boards der PLG150-Serie werden sie noch einmal klanglich erstaunlich individuell und leistungsfähig.
Bitte zum Schluss einmal kurz nachdenken: Welche aktuellen Hardware-Synthesizer bieten gleichzeitig ROM-Samples, FM-Synthese und Physical Modeling sowie eine gute Tastatur mit Aftertouch? Der Yamaha S30 bietet es für weit unter 1.000 Euro. Man braucht aber Geduld, bis man ein Plugin-Board einzeln erwischt. Idealerweise kauft man einen S30 oder CS6x mit bereits installierter Erweiterungskarte. Viel Glück bei der Schnäppchensuche!
Pro
- Solide Workstation-Sounds
- Erweiterbar um mehrere Synthesen (PLG-Boards)
- Kompaktes Live-Instrument
- Tastatur mit Aftertouch
- gebrauchte Exemplare preiswert
Contra
- Speicherkarte im SmartMedia-Format
Yamaha S30 Bedienungsanleitung in deutscher Sprache (PDF Download)
Indanutilus sagt:
#1 - 10.11.2024 um 11:24 Uhr
Mein S30 war mit einem Preis von 190€ günstiger und hat eine bessere Tastatur als vergleichbare MIDI-Controller in dem Preissegment. Die PLG Boards sind nur leider so rar gesät, dass man für eine DX Platine schon über 500€ haben will. Dafür kriegt man schon einen Opsix. Ist die Frage, ob man den Sound mag! Ich persönlich fände ihn super für HipHop. (auch wenn es nicht mehr mein Genre ist) Die EPianos klingen sehr gut und auch die Brass- und Streicher Klänge können sich hören lassen. Wer solche Sounds mag, könnte sich auch stattdessen z.B. einen gebrauchten Akai Sampler zulegen und wäre damit, m. M. nach, besser aufgestellt.