Der bekannteste monofone Analogsynthesizer von Roland ist der SH-101, der als Boutique-Modell SH-01A wieder aufgelegt wurde, oder der kürzlich vorgestellte Roland AIRA Compact S-1. Der Vorgänger des SH-101, der Roland SH-09 aus dem Jahr 1980, hat diesen Bekanntheitsgrad bei weitem nicht erreicht. Optisch und technisch entstammt er der Designgeneration der 70er Jahre, was aber durchaus Vorteile wie ein stabiles Stahlgehäuse, ein internes Netzteil und einen externen Audioeingang mit sich bringt.
Für mich ist für den SH-09 außerdem ein besonderer Platz im „Synthy-Herzen“ reserviert, da es mein erster richtiger Synthesizer war. Los geht’s.
Details
Der Roland SH-09 ist ein einfach aufgebauter Analogsynth aus der gleichen Serie wie sein bereits vorgestellter größerer Bruder SH-2. Er verfügt über einen Oszillator mit Suboszillator, ein resonanzfähiges 24dB Low Pass Filter, einen LFO sowie einen ADSR-Envelope. Punkt. Das klingt übersichtlich, ist übersichtlich – aber kann doch mehr, als man auf den ersten Blick denkt! Und ich weiß nicht, ob es Einbildung ist – aber für mich klangen der SH-09 und der SH-2 immer etwas unterschiedlich. Der SH-09 fühlte sich irgendwie ein Quäntchen „satter“ und „rauer“ an. Schließlich hatte ich über die Jahre mehrere Exemplare beider Modelle, blieb aber immer beim SH-09 hängen.
Die Modulationssektion des Roland SH-09
Auf der linken Seite des Roland SH-09 Synths befindet sich die „Modulator“ benannte LFO–Sektion mit Sinus, Rechteck oder Random Sample/Hold Wellenform. Daneben liegen Rate und Delay Time. LFO-Frequenzen bis in den Audiobereich sollte man allerdings nicht erwarten, denn die maximale Geschwindigkeit beträgt gerade mal 25 Hz. Eine externe Synchronisation ist ferner nicht vorgesehen, das einzige „Special“ ist die Sample-und-Hold Funktion.
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Die VCO-Oszillatorsektion
Im Roland SH-09 ist der erste Fader in der Oszillatorsektion für die Pitchmodulation durch den LFO zuständig. Der Oszillator ist zudem ein „echter“ spannungsgesteuerter VCO und bietet die Wellenformen Sägezahn, Rechteck und Pulse. Alternativ kann er aber auch auf weißes Rauschen umgeschaltet werden. Den Suboszillator kann man ferner ein oder zwei Oktaven unterhalb des Hauptoszillators hinzuschalten und verfügt über die Wellenformen Rechteck und einen festen Puls. Die Modulationsquelle für den Oszillator ist allerdings ausschließlich der LFO. Bei Auswahl der Pulse-Wellenform besteht zudem die Möglichkeit, die Pulsbreite manuell einzustellen oder sie von der Hüllkurve modulieren zu lassen. Die klassische Roland PWM ist also garantiert! Klanglich erzeugt der Oszillator einen typisch runden und ziemlich sauberen Sound im analogen Roland-Stil, wenn auch nicht ganz so sahnig-silbrig wie ein SH-1 oder das System 100.
Audiobeispiele zur SH-09 Oszillatorsektion
Mixersektion im Roland SH-09
Im Audio-Mixer des SH-09 kann man VCO, Suboszillator und den externen Audioeingang im Pegel regeln. Wie oben erwähnt, ist Noise leider kein extra Parameter.
VCF Filter des SH-09
Das 24 dB Lowpass Filter des Roland SH-09 ist resonanzfähig und lässt sich durch die Hüllkurve positiv, negativ oder vom Envelope-Follower modulieren. Zusätzlich kann man auch das Filter des LFO modulieren. Klanglich ist das Filter typisch Roland-analog und packt zudem ordentlich zu. Keyfollow ist fest voreingestellt: Treibt man das Filter in die Resonanz, folgt sie also musikalisch den Tasten in Halbtonschritten. Das ermöglicht auch duofone Sounds, wie man im vierten Audiobeispiel hören kann. Nutzt man den Envelope Follower und schleift Audio durch den SH-09, kann man ganz witzige, rhythmische Sounds und Effekte erzeugen, zu hören im letzten Audiobeispiel.
Audiobeispiele zur VCF Filtersektion des Roland SH-09
Roland SH-09: VCA und Hüllkurve
Diese Sektionen bilden den Abschluss der Oberfläche des Roland SH-09. Den VCA kann man zwischen Hold, Hüllkurve und Gate umschalten und in letzterem Modus hat man sogar die Möglichkeit, die ADSR-Hüllkurve für das Filter zu nutzen. Das bietet beispielsweise bei Bass-Sounds ein bisschen mehr Flexibilität. Die ADSR-Hüllkurve selbst kann überdies zwischen Gate + Trigger, Gate und LFO umgeschaltet werden.
Die Rückseite mit allen Anschlüssen
Außer dem Audioausgang, dem Kopfhörerausgang und den CV/Gate-Ein- und Ausgängen befindet sich hier noch die „Ext Audio In“-Buchse auf der Gehäuserückseite des Roland SH-09 Synthesizers. Durch sie lassen sich schließlich externe Audiosignale in die Filtersektion des SH-09 einschleifen und mit dem Oszillatorsignal im Audiomixer mischen.
Einen externen Eingang zur Steuerung der Filterspannung wie beispielsweise beim Roland Promars gibt es leider nicht. Auf Cykong habe ich allerdings eine Mod gesehen, die es erlaubt, den Pitchbender zu diesem Zweck umzufunktionieren. Man verwendet dann einen kleinen Switch, mit dem man die Funktionsweise zwischen Bender und Filtersteuerung umschaltet. Ganz witzig. Und beim Upgrade-Spezialisten Kenton Electronics gibt es für schlanke 10 Pfund alternativ ein sogenanntes Socketupgrade, mit dem man die übliche Standardbuchse nachrüsten kann.
Praxis
Was kann der Roland SH-09?
Der Roland SH-09 liefert fast unmittelbar die typischen klassischen Bässe, Bleeps und Leads, auch analoge Drumsounds kann er recht gut. Mit nur wenigen Handgriffen ist man am Ziel. Sein Charakter ist eher clean und der Grundsound klingt schnell nach erster Depeche Mode Platte. Die typische Roland Pulsbreitenmodulation erlaubt in Kombination mit dem Suboszillator zudem überraschend fette, volle Sounds für einen Synth mit nur einem Oszillator. Diese Einfachheit ist für mich auch der Reiz dieses kleinen Rackers, wobei seine klangliche Flexibilität aber natürlich eingeschränkt ist. Im Folgenden habe ich man aus der Bedienungsanleitung ein paar originale „Werkspresets“ eingestellt.
Hier ein Ausschnitt aus der Preset Soundpalette des Roland SH-09
Klingt so Vintage, wie es ist, oder? Tja, wäre da nicht noch der kleine Twist mit der Feedbackmöglichkeit des Audios von der Kopfhörerbuchse in den externen Audioeingang! Wenn man das macht, kann der Roland SH-09 plötzlich auch richtig schmutzig und hart und viel aktueller klingen. Das ist beispielsweise für Kick Drums und Snares eine echte Hilfe. Hier ein paar Beispiele – im letzten Audiobeispiel zunächst mit Feedback-Loop, dann ohne. Man merkt sofort, wie der Klang deutlich cleaner und dünner wird.
Audiobeispiele zur Feedbackmöglichkeit
Einfach eine Verbindung vom Kopfhörer-Ausgang zum externen Audioeingang herstellen.
Ein Wort zu Service und Zuverlässigkeit: Im Vergleich zu anderen alten Synthesizern, beispielsweise denen von Arp oder Moog, sind die Roland SH-Modelle in der Regel stabiler und auch zuverlässiger, vor allem die Tastatur. Aufgrund des diskreten Aufbaus kann man Ersatzteile für das Innenleben in der Regel auch heute noch problemlos beschaffen – bei fehlenden Tasten und Knöpfen ist man natürlich auf Gebrauchtteile angewiesen. Da vom Roland SH-09 und fast baugleichen SH-2 einige verkauft wurden, tauchen diese aber immer wieder auf. Und eigentlich fällt außer Stimmung kalibrieren und vielleicht irgendwann „Recapping“ (Austausch der Kondensatoren) nicht viel an. Mein aktuelles Modell hat schon viel erlebt, und muss demnächst mal zum Service, um genau das machen zu lassen. Aber ansonsten verrichtet er trotz des hohen Alters sehr rüstig seinen Dienst. Mein Micromoog klappert allerdings deutlich mehr.
Der Roland SH-09 in der Praxis (No-Talking)
Fazit
Der Roland SH-09 liefert klassische Roland-Analogsounds, rund und relativ „clean“. Dabei ist er in der Bedienung sehr einfach, ein guter erster Synthesizer. Seine Stärke sind zudem Bässe. In Verbindung mit dem Suboszillator wird er auch ordentlich FETT. Die Pulsbreitenmodulation klingt sahnig und seidig, wie man es von alten Rolands erwartet. Die einfache Oberfläche lädt zum Soundschrauben ein, aber exotische Möglichkeiten sollte man nicht erwarten. Nutzt man den externen Audioeingang und das Signal vom Kopfhörerausgang, kann er aber auch richtig hart und schmutzig klingen, wie man im Praxisabschnitt hören kann. Auch analoge Drumsounds kann er recht gut, ein paar Beispiele gibt es als Samples zum Download am Ende dieses Artikels.
Wie sieht es preislich aus?
Da er nicht ganz so populär ist wie ein SH-101, kann man ihn noch vergleichsweise günstig kaufen: Ob er in Zeiten eines deutlich günstigeren fabrikneuen Arturia Minibrute oder Korg Monologue und MS-20 mini allerdings die üblicherweise aufgerufenen 600 bis 800 EUR wert ist, darf gefragt werden. Diese Synths können auch Feature-seitig mehr als der Klassiker. Man muss schon diesen typischen Sound haben wollen, damit es sich lohnt. Wer den klassischen Roland-Sound mit hervorragender Bedienbarkeit und hoher Zuverlässigkeit sucht, wird hier definitiv fündig.
Pro
- 1 VCOs mit Suboszillator und PWM
- Ext. Audioeingang mit Envelope Follower
- 32 Tasten, gute Hardware-Verarbeitung
- LFO mit Random S/H Welle
- Stimmstabil und zuverlässig
- CV/Gate Anschlüsse
Contra
- Nur eine ADSR Hüllkurve
- Kein Filter CV (nachrüstbar)
- LFO nicht synchronisierbar
- Eingeschränkte Klangmöglichkeiten
Roland SH-09 Dumsounds + Bedienungsanleitung
Hier gibt es die Drum-Samples aus den Soundbeispielen und die Bedienungsanleitung des SH-09 zum Downloaden.
Features
- Erscheinungsjahr: 1980
- Klangerzeugung: analog, subtraktiv
- Tastatur: 32 Tasten, keine Anschlagdynamik
- Polyphonie: 1 Stimme
- Oszillatoren: 1 VCO mit Suboszillator (1 oder 2 Oktaven)
- LFO: Sinus, Rechteck, Random, Range 0.2Hz – 25Hz, Delay 0 – 1.5s)
- Fußlagen: 32‘, 16‘, 8‘, 4‘, 2‘
- Schwingungsformen: Noise, Sägezahn, Rechteck, Puls mit Pulsbreitenmodulation, Suboszillator: Rechteck, fester Puls
- Rauschgenerator: White Noise
- Filter: Tiefpass 24dB/Oktave (Range: 10 Hz – 20 kHz), Resonanz, Envelope positive oder negativ
- Envelope: 1x ADSR: Attack 1ms – 2.5s, Decay 2 ms – 10s, Sustain 0 – 100%, Release 2ms – 10s, Envelope Switch Hold, Env und Gate
- Wheel Mod: Regelbar auf VCO und VCF
- Portamento 0 – 5s
- Anschlüsse: CV/Gate In, CV/Gate Out, Ext. Audio In + Envelope Follower