Ob LoFi, Berliner Schule oder Retro Pop, Musiker sammeln und entstauben nicht nur ihre Vintage Synthesizer, sondern programmieren sie auch leidenschaftlich im Studio. In erster Linie verfolgt man ambitioniert das Ziel, seinen „Signature Sound“ zu kreieren.
Digitale und hybride Vintage Synthesizer der 1980er und 1990er Jahre haben aber meist ein Panel, das ein intuitives Klangschrauben respektive Programmieren versperrt. Zum Glück aber gibt es zwei perfekte Lösungsansätze, die wir übersichtlich vorstellen:
- Hardware-Controller
- Editor-Software
Eine katastrophale Bedienung am Synthesizer ist also fürs Sounddesign keine Ausrede mehr.
Schranken beim Programmieren von Synthesizern
Die Bonedo Vintage Synth Specials stellen viele Klassiker als Porträt mit Videos und Audio-Demos vor. Neben den Größen der Prä-MIDI-Ära – Roland Jupiter-8, Sequential Prophet-5 oder Moog Minimoog sind auch viele Instrumente vertreten, die zwar klanglich begeistern, aber den Producer beim Programmieren herausfordern.
Das hat einen Grund: Seit dem 1983 erschienenen Yamaha DX7 sind die vielen handlichen Knöpfe und Regler wegrationalisiert worden. Demzufolge muss man zum Programmieren des Synthesizers jeden Klangparameter einzeln anwählen und ihn mit einem Werte-Regler verändern. So ist es beispielsweise bei den Vintage Synthesizer Kandidaten der 1980er Jahre wie Roland JX-8P, Korg DW-8000, Kawai K3, Crumar Bit One Oberheim Matrix-6 und Waldorf Microwave der Fall. Diese Spaßbremse kann man aber lockern: Man steuert per MIDI-Befehlen (System Exclusive Nachrichten) und bei jüngeren Synthesizern auch via Control Change (CC) Klangerzeugung und Effekte per Soft- und Hardware.
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Synthesizer programmieren mit Hardware-Controllern
Stereoping Synth Controller – Hardware Controller aus Deutschland
Eine der besten Adresse für Hardware-Zubehör zum Programmieren von Vintage Synthesizern ist Stereoping, denn Gregor Zoll bietet eine schlüssige Hardware-Lösung: Beim Synth Controller handelt es sich um eine handliche Box mit 16 Drehreglern und drei farbigen LED-Buttons. Dieser Controller erlaubt zudem Zugriff auf bis zu 48 einzelne Parameter. Also wählt man eine der 28 Editions (Microwave, DW-8000, K4, JX-8P, SQ80, etc.) aus und bekommt einen sofort einsatzfähigen Controller geliefert. Der Preis beläuft sich auf 260 Euro, sparen kann man dennoch mit der Bausatz-Variante (DYI-Kit) für 200 Euro. Wer den Synth Controller für mehrere Instrumente nacheinander nutzen möchte, kann sich beispielsweise einen oder mehrere Faceplatte Controller hinzukaufen. Der Controller benötigt dafür die entsprechende Firmware, die man auf der Stereoping-Webseite herunterlädt und per SysEx-Dump installiert. Es ist jedoch kein universeller Controller zum gleichzeitigen Programmieren mehrerer Synthesizer.
Praxis: Vintage Synthesizer programmieren mit Synth Controller
Der Synth Controller von Stereoping ist zudem bestens verarbeitet für das Programmieren von Vintage Synthesizern. Aufgrund kompakter Maße von 18 × 13 × 6 cm kann man ihn auf vielen Geräten oder auf dem Schreibtisch platzieren, weshalb der Synth Controller ins Studio Setup passt. Man schaltet ihn dazu per MIDI-Kabel zwischen Rechner und dem Synthesizer, der nun MIDI-Noten, Controller-Daten und auch die SysEx-MIDI-Nachrichten zur gewünschten Klangveränderung empfängt. Allerdings erzeugt man die typischen Filter-Fahrten nicht mit den ausgegebenen SysEx-Daten des Synth Controller. Zur Automatisierung sollte man aber besser die CC-Daten verwenden. Der Synth Controller von Stereoping bietet daher einen „Datenübersetzer“, mit dem sich quasi alle Regler-Parameter über die CC-Nummern fernsteuern lassen. Die konkreten Nummern sind auf der jeweiligen Schablone des Controllers abgedruckt, denn das Display eines Synthesizers zeigt die Werte-Änderungen nicht immer an.
Das ist Service! Bei Stereoping ist alles leichtverständlich dokumentiert. Sollten technische Fragen aufkommen, reagiert Firmeninhaber Gregor Zoll schnell wie kompetent.
Videos: Vintage Synthesizer programmieren mit Synth Controller
Video 1: Am Start ist ein Oszillator mit Sägezahn-Wellenform. Ziel ist es, mit dem Stereoping Controller ein klassisches Pad zu erstellen. Dazu wird die Intensität (Level) des Delay-Effekts (hier als Chorus verwendet) erhöht, der Pitch-LFO und danach der zweite Oszillator dezent beigemischt sowie die Feinstimmung (Detung) zwischen OSC 1 und 2 probiert. Sobald der Basisklang steht, geht es an Filter Cutoff und Resonanz und es werden die Digital-Wellenformen des Korg DW-8000 durchfahren. Dieses spontane Herangehen ermöglicht der Stereoping Synth Controller.
Video 2: Das Programm, ein simples „Motion Pad“ (per MG bzw. LFO erstellt) ist fertig und soll ein wenig kontinuierlich variiert werden. Aufgrund der durchdachten Handhabung ist es einfach mithilfe des Stereoping Controllers ein paar klangliche Abwandlungen zu schaffen, die im musikalischen Kontext passen.
Erfahrungen mit dem Programmieren älterer Synthesizer
Gregor Zoll stellt fest, dass Vintage Synths auf Klangveränderungen selbst bei gehaltenen Noten flüssig und ohne Nebengeräusche reagieren, eine ideale Voraussetzung beim Programmieren. So auch der Korg DW-8000 und der Kawai K3, die sogar per Synth Controller zu ungeahnten Wellenform-Fahrten befähigt werden. Wegen geringer Prozessorleistung oder einer speziellen Klangarchitektur (Wechseln von Wavetables beim Waldorf Microwave) arbeiten manche Geräte kritischer: etwa Oberheim-Modelle Matrix 1000/6/6R, die ohne Tauntek Firmware praktisch ungenießbar sind. Beim Yamaha TX81Z nervt der „Buffer Full“-Hinweis, beim Ensoniq ESQ1/SQ80 ist die Editierung erst bei erneutem Tastenanschlagen bzw. Notentriggern oder Senden von MIDI-Noten wahrnehmbar. Schließlich bieten Geräte wie Casios CZ-Reihe, Crumar Bit One ohne Tauntek Firmware kein einzelnes Parameter-Editing an. Man muss also ein komplettes Programm vom Syntheszer zum Editor senden, den Sound verändern und die neuen Daten zum Synthesizer übertragen. In einzelnen Fällen sollte man jedoch anstelle eines Controllers besser mit einer Editor-Software hantieren.
Weitere Hardware-Controller für die Programmierung von Synthesizern
Stereoping ist nicht ganz allein auf dem Markt, deshalb verdienen folgende Alternativen zum Programmieren von Vintage Synthesizern einen näheren Blick. Bei entsprechend technischem Know-how lässt sich übrigens jede universelle MIDI-Fader-Box zum Klangschrauben von Synthesizern umfunktionieren. Sie muss aber ein ordentliches SysEx-String-Editing am Gerät oder per Editor Software erlauben.
Dtronics DT Hardware-Controller
Der kleine Hersteller DTronics aus Holland bietet einige Controller, jedoch hauptsächlich für Vintage Roland Synths:
- DT-01 (für Roland D-50, D-50/550)
- DT-200 (für Roland MKS-30, JX-3P und GR-700)
- DT-300 (für Roland MKS-50, Alpha 1/2)
- DT-800 (für Roland JX-8P, JX10 und MKS-70)
- DT-RDX (für Yamaha Reface DX)
Retroactiv Hardware-Controller
Der Anbieter Retroaktiv aus den USA entwickelt seit 2017 MIDI-Controller zum Programmieren von Vintage Synthesizern. Das Sortiment besteht aus fünf Programmern, jedoch überwiegend für Roland Synthesizer.
Access Hardware-Programmer
Der Access Programmer für Oberheim Matrix und Waldorf Microwave ist nur sehr selten und zudem gebraucht zu erhalten.
Behringer B-Control Rotary BRC2000 Hardware-Controller
Der Behringer B-Control Rotary BRC2000 ist eine universelle USB/MIDI-Controller-Box mit 32-Mehrzweck-Encodern zum Programmieren von Vintage Synthesizern. Wenngleich nur gebraucht erhältlich, ist eine Neuauflage ist zumindest angekündigt worden.
Synthesizer programmieren per Editor-Software
Midi Quest Pro – professionelle Software zum Programmieren von Synthesizern
Anders als andere Software-Entwicklungen hält sich die amerikanische Firma Sound Quest wacker auf Plattformen wie Mac OS oder Windows. Midi Quest ist eine Editor- / Librarian-Software für über 850 Hardware-Geräte von über 50 verschiedenen Herstellern. Vier unterschiedliche Versionen dieser Software gibt es: Midi Quest One zur Programmierung nur eines Synthesizers, Midi Quest Essentials (159 USD) für Musiker mit ein paar Geräten, das umfangreichere Midi Quest (279 USD) sowie das Flaggschiff Midi Quest Pro (399 USD) für Studios mit riesigem MIDI-Equipment. Sehr praktisch außerdem: Die Version MidiQuest Pro integriert sich auf Wunsch automatisch in allen bekannten DAWs als Plugin (AU, VST, AAX). Speziell bei Cubase, Nuendo und Cubasis inkludiert es VSTXML Dateien. Zudem vergrößert der Hersteller sein Angebot an unterstützten Produkten kontinuierlich, wodurch die Suche nach einer Rundum-Lösung zur Programmierung von Vintage Synthesizern und weiterer MIDI-Hardware guten Erfolg hat. Jedenfalls bietet Sound Quest bietet mit Midi Quest Pro die beste Investition.
Weitere Editor-Software zum Programmieren von Hardware Synthesizern
Aufgrund des Alters mangelt es bei Vintage Instrumenten in puncto Editor-Unterstützung ein wenig. Dennoch berücksichtigen einige jüngere Software-Hersteller zumindest aktuellere Synthesizer. Deswegen hierHier eine Auswahl an Software-Anbietern von Editoren, die das Programmieren von Vintage Synthesizern erleichtern.
Patch Base Editor-Software
Für bekannte Vintage Synthesizer wie z. B. Virus, NordLead, CZ-Serie, Blofeld, DX7, etc. liefert Patch Base gute Editoren zum Programmieren, wenngleich Windows außen vor bleibt. Darum benötigt man einen Mac oder iPad.
SoundTower Editor-Software
Seit über 20 Jahren kümmert sich SoundTower um die praxisnahe Unterstützung beim Programmieren von Synthesizern. Wobei das Angebot von Editoren (auch Plugins und iOS-Apps) für Sequential Produkte beachtlich ist.
CTRL Editor-Software
MIDI-Editoren (PC, Mac, Linux) zum Programmieren sämtlicher Hardware Synthesizer gibt es beispielsweise auch bei Ctrl. Der Clou: Es ist Open Source, dadurch kann man sich sein eigenes User-Interface programmieren und sich mit Anwendern im Forum austauschen.
Momo Müller Editor-Software
Momo Müller widmet sich hauptsächlich neuen Synthesizern und bietet zum Programmieren für diese durchdachte VST- und Standalone-Editoren, die zudem sehr preiswert sind.
Synthmania Editor-Software
Software, Samples und einige Editoren zum Programmieren von Synthesizern bietet nicht zuletzt die deutsche Seite Synthmania.
Hardware-Synthesizer inklusive Editor Software
Bei manchen aktuelleren Synthesizern muss man erst gar nicht nach kostenpflichtigen Editoren von Drittanbietern schauen. Einige Hersteller spendieren auf ihrer Homepage eine Freeware, ohne sich sogar zuvor registriert zu haben. Es lohnt sich also, die Augen offenzuhalten. Hier drei Beispiele.
Modal Electronics
Der britische Hersteller bietet beispielsweise mit der MODALApp einen Editor für gleich mehrere Synthesizer (Argon, Craftsynth, etc.). Dieser integriert sich dann in die DAW und vereinfacht das Synth Programmierung. Außerdem dient er zur Patch-Verwaltung. Zudem läuft die MODALApp noch auf mehreren Plattformen (MacOS, iOS, Windows und Android).
Moog
Für den Sub 37, Subsequent 25/37, Phatty und weitere Instrumente wie das Theremini offeriert Moog einen Editor für PC und Mac.
Korg
Korg Wavestate, Opsix und Modwave haben eine Fülle an Parametern, sind aber direkt am Gerät weniger intuitiv zu editieren. Gut also, dass Korg eine kostenfreie Editor/Librarian Software auf der Supportseite zum Download anbietet.
Hard- oder Software? Beide Ansätze fürs Programmieren von Vintage Synthesizern im Vergleich
Bevor man ein sich für eine Hard- oder Software-Lösung entscheidet, fragt man sich sicherlich: Benötige ich überhaupt einen Editor oder Controller zum Programmieren eines Synthesizers? Kurz gesagt: Eine richtige oder falsche Antwort gibt es hier nicht. Vielmehr ist es eine Frage des Nutzertyps und des jeweiligen Synthesizers. Beispiel: Konkret beim Korg DW-8000 oder Roland JX-8P ist es so, dass sie wegen einer überschaubaren Parameter-Anzahl noch direkt am eigenen Panel bedienbar sind. Während ein Synthkenner noch durchaus zügig am Gerät vorankommt, wird aber so mancher Kollege lieber einen Synth Controller zur Hand nehmen. Zum Speichern, Verwalten und Tauschen von Klangdaten kommen aber beide User-Typen nicht an einer Software vorbei.
Für andere Synthesizer wie den Matrix-1000 mit einer ausgeklügelten Modulationsmatrix oder für die zahlreichen DX/TX-Modelle von Yamaha benötigt man eine Editor-Software bei möglichst großem Bildschirm. Denn hier ist am Gerät selbst ohne zusätzliche Hilfe nichts zu wollen.
Vor- und Nachteile von Hardware-Controllern
PRO: | Spontanes Editieren, Live-Performance-tauglich, autark, deshalb kein Rechner nötig. Sounddesign und Musikproduktion verschmelzen zum kreativen Prozess |
CONTRA: | Kostenintensiver, aber keine umfassende Programmierung möglich |
Vor- und Nachteile von Editor-Software
PRO: | Kostengünstig, für PC, Mac und iPad nutzbar, exakte visuelle Kontrolle, Archivierung sämtlicher Daten |
CONTRA: | Auf Studio-Einsatz beschränkt, deswegen intensivere Einarbeitung |
Zum Schluss
Ob vintage oder aktuelle Instrumente: Synthesizer zu programmieren macht richtig viel Spaß. Folglich sind die beiden vorgestellten Ansätze für die Praxis sehr empfehlenswert – und ergänzen sich sogar wunderbar. Denn, mit einem Synthesizer-Controller realisiert man schnell individuelle musikalische Klangideen und verfeinert diese nachträglich per Editor. Danach speichert man sie als Datei im Rechner. Schon deshalb sollte man sich diese praktische Symbiose aus Wohlfühl-Haptik und Daten-Organisation keinesfalls entgehen lassen.
Aufgrund solcher Firmen wie Stereoping und SoundQuest, die ihre Produkte vorbildlich entwickelt haben und bis dato konsequent pflegen, erhalten selbst betagte Synthesizer eine zweite Chance, sich in der heutigen Musikproduktion zu behaupten.