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Violet Design The Flamingo Test

Flamingos sind gewitzte Vögel und verfügen über besondere Fähigkeiten. So sind sie beispielsweise in der Lage, Plankton aus dem Wasser zu filtern und auf diese Weise ihre Ernährung sicherzustellen (dadurch übrigens auch die Rosafärbung ihrer Federn). Ob ihr Namensvetter, das Mikrofon „The Flamingo“ des lettischen Herstellers Violet Design auch in der Lage ist, das Beste aus der menschlichen Stimme zu filtrieren, werden wir in Kürze erfahren. Grundsätzlich scheint der baltische Staat aber ein besonders gutes Klima für hochwertige Mikrofone zu bieten, denn „Latvia“ findet sich auf so manch hochwertigem Schallwandler, man denke nur an die Produkte von JZ Microphones oder Blue Microphones. Ob es außerhalb des Zoos von Riga dort allerdings Flamingos gibt, entzieht sich meiner Kenntnis.

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Der Hersteller Violet Design ist mir natürlich ein Begriff, auch vom Flamingo hatte ich schon mal gehört. Allerdings hatte ich bis zu unserem Test noch nicht das Vergnügen, dieses Mikro persönlich kennenzulernen. Also eine Premiere für mich – und meinen Kollegen Nick Mavridis, mit dem ich diesen Testmarathon ja durchgeführt habe. Es war auch gar nicht so einfach, den „Vogel“ für den Test zu besorgen, da das Mikrofon zu diesem Zeitpunkt zunächst nirgendwo verfügbar war. Klar, ein Mikrofon von fast 5000 Euro legt man sich auch als Händler oder Vertrieb nicht gerade meterhoch auf Vorrat. Schließlich ist es dem deutschen Vertrieb aber doch noch gelungen, eine Demo-Unit zu organisieren und so flatterte uns das Vöglein quasi in letzter Minute ins Haus. Wir waren erleichtert, denn wir wollten dieses Mikrofon unbedingt mit im Starterfeld unseres Testmarathons haben, schließlich hatten wir schon einiges über das Flamingo gehört – und da wurde mit Superlativen nicht gegeizt. Das wollten wir natürlich selber überprüfen. Strahlender Paradiesvogel oder flügellahmer Flattermann…?

Details

Lila Flamingo oder blaue Flasche?

Zugegeben, so ganz unähnlich sehen sich Flamingo und die Bottle von Blue nicht, zwar ist unser Vögelein etwas zierlicher und die Kapsel ist auch nicht austauschbar, aber die Grundkonstruktion von Mikrofonkörper und aufgesetzter Kapselkonstruktion lässt schon gewisse Parallelen erkennen. Ob sich Voilet Design auch klangtechnisch an der Flasche orientiert hat? Wir werden es später erfahren.

Fotostrecke: 6 Bilder Die Grundkonstruktion von Mikrofonkörper und aufgesetzter Kapselkonstruktion kennt man auch aus deutschem Hause.

Das Mikrofon ist wie sein Namensvetter eine imposante Erscheinung

Aber schauen wir uns das Flamingo zunächst einmal etwas genauer an. Das Violet-Mikro kommt im massiven Holzkoffer, der neben dem Mikrofon selbst auch dem zugehörigen Speisenetzteil sowie dem passenden 7-poligen Anschlusskabel Platz bietet. Das Flamingo Mikrofon ist mit seinen 68 mm Durchmesser, 307 mm Länge und einem Gewicht von 998 Gramm schon eine imposante Erscheinung. Understatement ist hier genauso wenig angesagt wie beim Blue The Bottle. Das Äußere dieses Mikrofons ist sicherlich Geschmackssache, es kommt nämlich in einem hochglänzenden Violett daher, passend zum Herstellernamen. Das Finish des Bodys scheint eine Art Acryl-Beschichtung oder gar einen kompletten Zylinder aus Acryl spendiert bekommen zu haben – genaueres ließ sich leider nicht herausfinden und wir wollten das Mikrofon auch nicht zerlegen, da es ja lediglich eine Leihgabe war. Den Abschluss des Zylinders bildet jeweils oben und unten eine silberne Metall-Tülle. Im Süden befindet sich der Anschluss in Form einer 7-poligen XLR-Buchse, im Norden thront die elastisch gelagerte Kapselkonstruktion über allem. Zum Schutz vor äußeren Einflüssen ist diese von einem großen, runden Drahtgeflechtkorb umgeben, der von innen mit einem feineren Drahtgeflecht ausgekleidet wurde, um Pop- und Zischlaute zu minimieren sowie größere Feuchtigkeit von der Membran fernzuhalten. Zum Transportschutz ist die Kapsel von außen mit drei kleinen Schräubchen fixiert – diese Schrauben muss man vor dem Gebrauch unbedingt entfernen. Schalter oder Regler sucht man am Flamingo vergebens, denn das Mikrofon hat eine feste Nieren-Richtcharakteristik und verfügt weder über eine schaltbare Eingangsdämpfung noch ein Hochpassfilter. Die schiere Schallübertragung ohne jeglichen Schnickschnack ist beim Violet-Mikro die Maßgabe, absolut puristisch eben. Auf der Rückseite des Mikrofonkörpers findet sich lediglich ein Blech-Typenschild, das mit vier kleinen Schrauben angebracht wurde, und Information über Kapsel, Typ und Seriennummer gibt.

Die elastisch gelagerte Kapselkonstruktion ist zum Transport mit drei Schrauben fixiert, die vor dem Gebrauch unbedingt entfernt werden müssen.
Die elastisch gelagerte Kapselkonstruktion ist zum Transport mit drei Schrauben fixiert, die vor dem Gebrauch unbedingt entfernt werden müssen.

Interner Mikrofonverstärker mit Röhre und diskretem Class-A-Schaltungsaufbau

Wesentlich interessanter sieht es im Inneren des Flamingo aus, denn hier finden wir feinste Analogtechnik mit diskretem Class-A-Schaltungsaufbau. Auch wenn auf der Homepage des Herstellers von „internal vacuum tube preamplifier“ die Rede ist, so handelt es sich natürlich um einen Mikrofonverstärker mit Röhre und nicht um einen Vorverstärker. Ich möchte hier nicht den Oberlehrer mimen, aber liebe Leute von Violet Design, das solltet ihr mal korrigieren, denn ihr als Hersteller solltet den Unterschied zwischen Verstärker und Vorverstärker doch kennen! Sei´s drum. Die Röhre ist eine speziell selektierte 6267 Pentodenröhre, die von einem massiven Kühlkörper umgeben und zudem schwingungsgedämpft gelagert ist. Ein großer Permalloy Transformator, der natürlich ebenfalls maßgeschneidert oder besser gesagt „maßgewickelt“ wurde, ist für die Ausgangsübertragung des Signals zuständig. Hier gibt uns der Hersteller noch ein paar typische Marketing-Infos mit an die Hand: Der Trafo isoliert das Mikrofon vor äußeren Interferenzen und fügt dem Sound mehr „analoge Wärme“ über einen breiten Frequenzbereich mit minimaler Sättigung hinzu. Da sind wir doch mal gespannt, ob den Worten des Flamingos später auch Taten im Praxistest folgen.
Schauen wir uns nun das Speisenetzteil an, das in einem gut verarbeiteten schwarzen Stahlblechgehäuse steckt. Auf der Vorderseite finden wir den siebenpoligen XLR-Anschluss für das Mikrofon, den Powerschalter sowie eine LC-Anzeige nebst LED, die uns die aktuelle Spannung der Röhre visualisieren. Der Start- und Aufheizprozess findet hier besonders schonend für den Glaskolben statt. Bis die volle Spannung anliegt, bleibt der Audioausgang stummgeschaltet. Auf der Rückseite liegen Netzanschlussbuchse sowie der 3-pol XLR Audio-Ausgang.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Speisenetzteil mit siebenpoligem XLR-Anschluss, Powerschalter sowie LC-Anzeige zur Anzeige der aktuellen Röhren-Spannung.

Der Paradiesvogel kommt standardmäßig ohne Spinne?

Die elastische Spinnenhalterung VSM47-FL gehört übrigens nicht zum standardmäßigen Lieferumfang des Flamingo. Hierzu können wir uns nun alle unsere eigene Meinung bilden, denn immerhin wird für das Mikrofon eine UVP von 4748 Euro aufgerufen. Das dachte sich wohl auch der ein oder andere Händler sowie der Deutschland-Vertrieb und hat die Spinne schlichtweg zum Bestandteil des „eigenen“ Lieferumfangs erklärt – das ist lobenswert! Die elastische Halterung ist eine solide Vollmetallkonstruktion mit einem äußeren Ring, in dem über Gummibänder die eigentliche innere Mikrofonaufnahme aufgehängt ist. Das Mikrofon wird durch zwei Ringe geschoben, die über Klemmverschlüsse zu öffnen und zu schließen sind – so findet unser Paradiesvogel festen Halt und bleibt vor äußeren Erschütterungen geschützt.
Noch ein paar technische Daten von Herstellerseite gefällig? Kein Problem: Der Übertragungsbereich ist mit 20Hz-20kHz angegeben, die Nennimpedanz mit 100 Ohm, die Empfindlichkeit beträgt 26 mV/Pa, die Signal-to-Noise Ratio 87 dB(A), der äquivalente Eigengeräuschpegel 7 dB(A), der Dynamikumfang des Mikrofonverstärkers 127 dB und der maximale Schalldruckpegel für 0,5% THD 134 dB(SPL). Es gibt das Flamingo-Mikro übrigens noch in zwei weiteren Modellvarianten, „Vintage“ (für einen wärmeren Vintage-Vocal-Sound) und „Magic Ear“ (mit einer ohrförmigen Membran, die spezielle Resonanzen und Reflexionen vermeiden soll). Jetzt öffnen wir aber endlich das Gehege und lassen den Flamingo frei.

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