Mikrofone im Lollipop-Design gibt es aktuell viele, von Microtech Gefells edler Neuauflage des Neumann-Klassikers CMV 563 mit der M7-Kapsel bis hin zu sehr preiswerten Mikros aus dem Reich der Mitte.
Das Maestro positioniert sich im auch für Heimanwender bezahlbaren Bereich und wirbt mit den klassischen Werten eines Mikros, gutem Sound nämlich. Dafür gibt es ein „No Frills“-Mikrofon mit Nierenkapsel, einfachstem Aufbau und ohne Schaltfunktionen.
Violet Design ist wie der andere „farbige“ Hersteller Blue im Baltikum beheimatet und hat durchaus eine gemeinsame Geschichte mit Blue (allerdings keine durchgängig harmonische). Das hochpreisige Flamingo hatten wir schon im Test – ein gutes Mikrofon, doch steht es in seiner Preislage einigen gewichtigen Konkurrenten gegenüber. Nun ist das kleine Fläschchen an der Reihe, sich zu beweisen. Euer Blick auf die Sternchenbewertung verrät euch natürlich längst, dass ihm das gelungen ist. Aber jetzt könnt ihr lesen, warum das so ist.
Details
Gewöhnliche Außergewöhnlichkeiten
An der Ostsee hat man ganz offenbar ein Faible für besondere Mikrofonformen und -namen. So finden sich sehr extravagante Mikros bei Blue (Cactus, Kiwi, Mouse, Dragonfly,…), JZ Microphones (Black Hole) und auch bei Violet: In Gesellschaft von Black Knight, Globe und Finger mutet The Maestro in jeder Hinsicht unauffälliger an – trotz hochtrabenden Namens. Die Form orientiert sich an der eines der ersten Kondensatormikrofone überhaupt, der allseits bekannten „Neumann-Flasche“.
27
Das Meisterfläschchen ist ein simples Werkzeug. So ist die Kapsel beispielsweise nach klassischem Prinzip aufgebaut: Die VD27-Kapsel arbeitet mit einer rückseitigen Passivmembran, wodurch die nicht veränderbare Nierencharakteristik entsteht. Die „27“ scheint für den Membrandurchmesser zu stehen, denn dieser beträgt 1,06 Zoll. Teilt man diesen Wert durch 2,54, um von Zoll auf Millimeter zu gelangen, kommt man auf knapp 27. Ein Zoll ist somit der typische Großmembran-Durchmesser. In der Preisregion des Maestro werden üblicherweise Backplate-Elektrostaten verwendet, Violet nutzt aber das „echte“ Kondensatorprinzip, bei welchem die Vorspannung der Kapsel über die anliegende Phantomspeisung realisiert wird.
Kein Übertrager
Einen Übertrager findet man am Ausgang des Violet Design Maestros nicht, ein Indiz für einen eher färbungsarmen Sound. Die Ausgangsimpedanz des Maestro ist gering: Sie liegt bei nur 50 Ohm. Damit ist die notwendige Überanpassung an Vorverstärker kein Problem, allerdings wird man dadurch vielleicht von den Auswirkungen der mittlerweile so beliebten Impedanzumschaltung vieler Preamps enttäuscht sein. Nicht enttäuschen, sondern begeistern kann die Rauscharmut: Mit nur 7 dB(A) liegen THD+N in einem Bereich, der geringer kaum machbar ist. Wird das durch geringe Empfindlichkeit und eine geringe Schalldruckgrenze erkauft? Nein: Für das Mikrofon mit der nach Class-A aufgebauten Elektronik sind im Datenblatt 24 mV/Pa und 134 dB(SPL) für 0,5% an einem Kiloohm angegeben. Diese guten Werte erscheinen – das sei dem Praxisteil vorweggenommen – auch realistisch. Es scheint also, als würde das sehr simple Design Früchte tragen.
Weiter Frequenzgang
Für ein Großmembran-Mikrofon ist es alleine durch die Membranfläche schwierig, Höhen mit dem gleichen Pegel zu übertragen wie die Mitten. Laut Frequenzgang gelingt das dem Maestro wohl recht gut. Der Trick ist sicher die etwas stärkere Abstimmung des Bereichs um 7 kHz herum, sodass sich der Abfall zu den 20 kHz in Grenzen hält. Sicher: Der gemittelte Frequenzgang sieht sehr eben aus, das ist bei individuellen Mikrofonen meist durchaus etwas „wackeliger“. Eine wirklich klare Aussage zu den Mitten und Tiefen lässt sich nicht treffen, außer dass es eine ganz sanfte Rücknahme zwischen 200 und 2000 Hz zu geben scheint. Der -3dB-Punkt wird erst an der unteren Hörschwelle geschnitten. Nicht schlecht für einen Großmembraner!
Schatulle und Halter, aber keine Spinne
Trotz des kleinen Preises wird dem Käufer eines Maestro keine schnieke Holzbox vorenthalten, die das Mikrofon bei der Lagerung und beim Transport beherbergt. Ein Halter zur Installation am Mikroständer ist ebenfalls im Lieferumfang, eine Spinne allerdings nicht. Viele Mikros verfügen über eine interne Aufhängung der Kapsel, die eine Spinne verzichtbar macht, beim Maestro ist das nicht so: Etwaige Vibrationen oder Schläge werden also schnell übertragen. Aber: kein Beinbruch.
Alcy sagt:
#1 - 12.09.2017 um 16:30 Uhr
Wich is better between the Flamingo jr and The maestro for vocal and acoustic guitar?
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#1.1 - 13.09.2017 um 07:40 Uhr
Hi Alcy,well. that`s quite hard to say as I haven't had the opportunity to do recordings with a Flamingo Jr. And I would never judge just from the technical specifications or fetaures. There are so many things to take into account, like the character of the voice(s) and the instrument(s), the (range of different) sounds you would like to achieve, the room, the corresponding gear (preamps…). I think it would be wrong to say "Get that one, it's better!" – but maybe we will have the Jr. as a review in the future, so you could conveniently compare instead of just getting both and giving one back…Best Regards,
Nick
Antwort auf #1 von Alcy
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenAurel Teeay sagt:
#2 - 07.03.2018 um 11:07 Uhr
Leider habt ihr keinen Testbericht über das Violet Pearl Design Vocal-Kondensator-Mikrofon, wisst ihr vielleicht trotzdem ob die beiden sich viel nehmen? Das Pearl ist etwas teures als das Maestro. Habe vor eins der beiden zu ergattern
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#2.1 - 08.03.2018 um 07:25 Uhr
Hallo Aurel,das Pearl hatte ich tatsächlich auch noch nicht in der Hand, deswegen kann ich Dir da keine seriöse Einschätzung zu geben. Wenn Du auf der Suche nach einem Großmembran.Kondensatormikrofon bist, ist sicher der Testmarathon https://www.bonedo.de/artik... mit deutlich über hundert Einzeltests interessant – überall auch mit Audios. Für Dich sicher interessant ist der Artikel über die Klassiker (https://www.bonedo.de/artik..., denn dort sind auch preiswertere Alternativen aufgezeigt. Außerdem findest Du hier sicher Entscheidungshilfen: https://www.bonedo.de/artik... und hier Grundlagen, falls notwendig: https://www.bonedo.de/artik...Beste Grüße
Nick
Antwort auf #2 von Aurel Teeay
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenMario Stresow sagt:
#3 - 20.07.2023 um 12:54 Uhr
Vielen Dank für diesen informativen, sympathisch geschriebenen Text. Ich habe schon seit Jahren ein Paar von diesem Mikrofon Modell und benutze sie für viele Aufnahmen. Bin immer noch sehr zufrieden damit.