Die Software VirtualDJ 8 wurde im Jahr 2014 vorgestellt und hier auf Bonedo ausgiebig durchleuchtet. Das für gut befundene DJ-Programm hatte zwar mit ein paar Schwächen zu kämpfen, die hauptsächlich auf Mac-Computern auftraten, glänzte aber durch einen großen Funktionsumfang, eine umfassende Controller-Unterstützung und Besonderheiten wie dem Sandbox-Mixing. Die Software wurde seitdem kontinuierlich weiterentwickelt und zahlreiche Updates verteilt.
Im Jahr 2015 erschien ein größeres Update mit VirtualDJ 8.1 und ein Jahr später folgte die Version 8.2. Die Updates beinhalteten Fehlerbehebungen, aber auch Funktionszuwächse und erweiterte Controller-Unterstützungen. Nachdem längere Zeit keine Namensänderung erfolgt ist, präsentierte Hersteller Atomix jetzt VirtualDJ 2018.
Details
VirtualDJ 2018 umfasst folgende Neuheiten:
Videoskins (automatisch generierte Overlays für Videos)
Shader (Visualisierungen z. B. Tunnel, psychedelische Muster)
Live-Video-Broadcasting zu Social-Media-Plattformen (Facebook, YouTube usw.)
automatische Scratch-Funktion (inkl. Editor für Eigenkreationen)
Schnittstelle zu DMX-Lichtsteuerprogrammen (via OS2L-Protokoll)
Erweiterungsmöglichkeiten (Skins, Effekte, Samples, Pads)
Medienpool
VirtualDJ 2018 bietet eine zentrale Medienverwaltung zur Organisation von Songs, Samples, Videos und Karaoke-Dateien. Neben den lokal auf dem Computer gespeicherten Daten, die auch aus Programmen wie iTunes oder Traktor stammen können, gelingt hier zudem der direkte Zugriff auf Internet-basierte Dienste wie iDJPool, VJ’Pro, Digitrax und das nur zum privaten Gebrauch bestimmte Deezer.
Die kostenpflichtigen Online-Dienste können optional abonniert werden und bieten Songs, Videos und Karaoke-Dateien. Pro Monat fallen hierdurch 9,99 US-Dollar für iDJPool, 49,99 US-Dollar für VJ’Pro und 19,99 US-Dollar für DigiTrax an. Darüber hinaus gibt es online gespeicherte Cloud Lists, die eigene Musikzusammenstellungen weltweit erreichbar machen oder zum Austausch mit anderen Anwendern nutzbar sind. Cloud Lists lassen sich in VirtualDJ 2018 oder einem Browser abrufen und modifizieren. Durch die Playlisten anderer Anwender kann man sich sehr gut inspirieren lassen.
VirtualDJ 2018 blendet zudem in der unteren Programmzeile Songvorschläge via Live-Feedback ein, während ein Song gespielt wird und bietet einen Zugriff auf GeniusDJ, einen Dienst, der manuell angestoßen werden muss. Beide Dienste sind kostenlos und blenden passende Songvorschläge ein, deren Qualität allerdings etwas schwankt, je nachdem wie populär die entsprechenden Songs sind.
Die empfohlenen Songs werden im eigenen Bestand gesucht, was ganz praktisch ist, aber auch im iDJPool. Auf Letzteren kann man natürlich nur dann zugreifen, wenn man ein Abo abgeschlossen hat. Der Nutzen ist in der Praxis also etwas eingeschränkt. Mit „Ask the DJ“ bietet VirtualDJ 2018 ein kleines Gimmick zur Kommunikationserleichterung. Gäste können per internetfähigem Gerät Musikwünsche über diesen Dienst an den DJ weiterleiten, die direkt in der Software angezeigt werden.
VirtualDJ 2018 kann per Skin-Auswahl konfiguriert und mit bis zu 99 Decks ausgestattet werden. Im Lieferumgang befinden sich vier Skins mit zwei bis sechs Decks und ein Tablet-Design für Windows-Touchscreen-Computer. Im Vergleich zu VirtualDJ 8 wurden hier nur kleinere Detailanpassungen vorgenommen. Alternative Skins aus der User-Community lassen sich im Preferences-Fenster selektieren und herunterladen.
Das Mixen der Songs kann manuell oder per Sync-Funktion erfolgen. Damit Letzteres passgenau funktioniert, müssen Songs analysiert und mit einem Beatgrid überzogen werden. Die Analyse gelang in meinem Test meist zuverlässig und typische Fehler, wie ein halbiertes Tempo bei einem D’n’B-Track, lassen sich mit einem einfachen Mausklick im BPM-Editor beheben.
Apropos Editor, VirtualDJ 2018 ist mit zahlreichen Editoren ausgestattet, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen (BPM Editor, Track Cleaner, Poi Editor, Automix Editor). Diese dienen zur Bearbeitung der Beatgrids, zum Auslassen von Songpassagen, dem Setzen von Mixstartpunkten und der Abstimmung automatischer Mixe. Um das Mixen spannend gestalten zu können, gibt es speicherbare Hotcues, Remix Points (automatisch generiete Hotcues), Loops in diversen Ausprägungen, Slicer-, Beatjump-, Transponierungs-Funktionen und 14 passabel klingende Effekte wie Echo, Delay, Flanger usw.
Die Effekte lassen sich durch VST-Effekte erweitern, wodurch die Nachrüstung von Studioeffekten gelingt, die in der Software oder per externem MIDI-Controller steuerbar sind – meiner Meinung nach ein echter Pluspunkt, zumal ich keine Probleme mit Abstürzen hatte. Klar sollte man aber die gewünschten Plug-ins zunächst ohne Publikum testen, damit es im Live-Einsatz nicht zu unliebsam en Überraschungen kommt. Diese Nachrüstoption gab es ursprünglich nur für Windows-Computer, mittlerweile funktioniert das auch auf einem Mac.
Mit acht Pads in den Decks gelingt die Kontrolle der kreativen Funktionen. Neben den bereits ab Werk zugewiesenen Steuerungen können auch eigene Belegungen durch die Auswahl des Eintrags „custom“ und Zuweisungen im Pad-Editor erfolgen. Zudem bieten die Pads auch Zugriff auf die brandneuen DMX- und Scratch-Funktionen. Dazu aber später mehr.
Sampler
Der Sampler in VirtualDJ 2018 lässt sich zur Untermalung eines DJ-Sets mit Sounds und Videos nutzen. Das Triggern der Inhalte erfolgt mit den Pads in den Decks oder bei eingeblendetem Sampler auch im unteren Bereich des Programms. Samples können als Einwürfe oder Loops für kreative Ergänzungen genutzt werden. Im Lieferumfang befinden sich eine Handvoll Samples, die sich natürlich durch eigene ersetzen lassen. Die Organisation der Samples findet in Bänken statt, die jeweils bis zu 64 Speicherplätze bieten. Für Echtzeit-Remixe können direkt mitgeschnittene Aufnahmen als Samples verwendet werden, die sich mit dem Sample-Editor bearbeiten lassen. Wer keinen Nachschub hat, kann auch hier einen direkten Sound-Download im Perferences-Fenster anstoßen. Die Soundausgabe erfolgt in den Kanälen der Decks, auf Wunsch sogar inklusive Effektbearbeitung oder im Master-Ausgang.
Mixer
Der Mixerbereich bietet gewöhnliche Kost und ist mit Dreiband-EQs, Gain-Reglern und Dualmode-Filtern versehen. Gemixt wird mit Fadern und einem frei zuweisbaren Crossfader. Bis zu vier Kanäle werden in den Standard-Skins eingeblendet. Bei einer größeren Deckausstattung übernimmt eine Zweikanal-Konfiguration mit einer wechselnden Deckzuweisung den Mixvorgang, damit es nicht zu unübersichtlich wird.
Video & Karaoke
Zur optischen Ergänzung von DJ-Sets ist VirtualDJ 2018 mit Video- und Karaoke-Funktionen ausgestattet. Die multimedialen Inhalte können in die Decks geladen und auf externen Bildschirmen oder Beamern angezeigt werden. Acht interessante Video-Effekte wie Boom, Colorize oder Spectral stehen zur Auswahl und 29 Übergangseffekte wie Additive, Cube, Flip oder Strobo.
Neu hinzugekommen ist die Videoquelle Shader, die sich vor allem für Songs eignet, für die es keine eigenen Videos gibt. Shader bietet gut gemachte Visualisierungen wie Tunnelfahrten, Equalizer und andere geometrische Figuren, die sich dynamisch ändern. Eine optionale Automatikfunktion sorgt für ein selbsttätiges Umschalten der Shader, sodass man diese Funktion ohne eigene Interaktion nutzen kann. Über 20.000 Shader stehen im Internet zum kostenlosen Download parat – Daumen hoch!
Eine weitere Neuheit in VirtualDJ 2018 sind Videoskins. Ab Werk sind zwei dieser Overlays enthalten, die mit allen Videoquellen (Cover, Camera, Shader, Slideshow) kombinierbar sind und Song-spezifische Infos, aber auch die ausgeführten Mixfunktionen einblenden. Das Publikum wird hierdurch visuell in die Arbeit eines DJs mit eingebunden und erfährt, wann Loops gesetzt, Effekte eingeschaltet oder Hotcues getriggert werden – nice!
Die Videoskins müssen nur einmalig aktiviert werden und benötigen keine zusätzliche Interaktion. Wem die enthaltenen Skins nicht gefallen, der kann diese anpassen oder bequem Alternativen aus der Community beziehen – auch hier wieder simpel gelöst durch eine Auswahl im Preferences-Fenster.
Lichtsteuerung
Wer noch weitere optische Unterstützungen sucht, wird sich über die ebenfalls neu hinzugekommene OS2L-Implementierung (Open Sound to Light) freuen. Dieses Protokoll erlaubt eine Kommunikation mit einer DMX-Lichtsteuersoftware und deren Kontrolle durch VirtualDJ 2018 oder einen MIDI-Controller. Die Verbindung zwischen den beiden Programmen wird automatisch hergestellt und sorgt dafür, dass Licht musikspezifisch kontrollierbar ist. In Programmen wie Sunlite Suite 2 muss lediglich der Datenempfang von VirtualDJ 2018 aktiviert werden und schon kann’s losgehen. Das Triggern von Scenes, die in der DMX-Software programmiert wurden, kann mit den Pads in VirtualDJ 2018 erfolgen. Damit dieses gelingt, müssen einige Konfigurationsschritte ausgeführt werden, die im Online-Handbuch Schritt für Schritt dokumentiert sind.
Insgesamt möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass mir die Handbuch-Umsetzung gut gefallen hat, da man per Suchfunktion die gewünschten Infos schneller findet als in einem gedruckten Buch. Wer großen Gefallen an der Lichtsteuerung gefunden hat, kann sogar Track-spezifische Kontrollen mit dem POI Editor programmieren und dabei auch mehrere Scenes parallel anstoßen oder diese mit Cue-Punkten kombinieren.
Broadcasting
Viele DJ-Programme bieten neben einer Aufnahmefunktion auch eine Broadcasting-Schnittstelle, um DJ-Mixe über das Internet verteilen zu können. VirtualDJ 2018 macht hiervon keine Ausnahme und verfügt sogar über eine recht umfassende Ausstattung in diesem Bereich. Neben Podcasts und Radio-Servern lassen sich auch Audio- und Videostreams direkt aus der Software anstoßen. Entscheidet man sich für Videostreams, kann man eine Übertragung auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, YouTube, Persicope, Twitch (Twitter) und Vimeo starten. In der Auswahl steht auch noch Musicaly, da dieser Dienst aber zwischenzeitlich den Besitzer gewechselt hat, ist eine Verbindung hier nicht möglich.
Um die Übertragung zu aktivieren, benötigt man einen Account bei dem gewünschten Dienst und einen Stream-Key, der kostenlos generiert wird. Die Einrichtung der Streams gelingt recht zügig und der Start erfolgt durch einen Klick auf „Start Broadcast“ im Preferences-Fenster.
Hinweis: Zu beachten gilt, dass man beim Live-Streaming auf den verfügbaren Social-Media-Plattformen quasi als „Veranstalter“ auftritt und sich um sämtliche Copyright-/GEMA-Belange kümmern muss.
Für Facebook, scheint dieses Problem gelöst, wie man diesem Artikel aus der Süddeutschen Zeitung entnehmen kann. Für YouTube und andere Plattformen gilt es sich gesondert zu informieren, beispielsweise hier.
Robert Pasec sagt:
#1 - 31.10.2019 um 12:22 Uhr
Sehr schöner Bericht den der Boris da verfasst hat. Mit dem neuen Update von VirtualDJ 2020 hat Atomix aber nochmal einen draufgelegt :-)