Wenn es darum geht, sich als (Jazz-)Schlagzeuger neues Vokabular anzueignen, tappen viele Trommler in die sogenannte „Lick-Falle“. Das Netz und insbesondere YouTube sind voll mit zahlreichen kostenfreien Tutorials, und es ist ja nichts dabei: Man nimmt sich eines dieser kleinen Fill-ins oder Licks, bringt es aufs Tempo und orchestriert es anschließend über das Set. Das Problem in der Anwendung im echten Musikeralltag ist dann oftmals, dass das Lick weder vom Tempo her noch von der Rhythmik in die Situation passt.
Jazz Drumming Workshop mit Joao Raineri
Deutlich aufwendiger, aber auf lange Sicht wesentlich lohnenswerter ist es, aus einer Figur (oder einem Lick) etwas Eigenes zu machen. Man stoppt also nicht an dem Punkt, an dem man etwas Vorhandenes 1:1 kopiert, sondern arbeitet damit weiter, um daraus eigenes Vokabular zu entwickeln. Der Vorteil ist, dass sich das Ergebnis entsprechend der musikalischen Situation nicht nur „abrufen“, sondern auch anpassen lässt. Genau darum geht es im Video-Tutorial von Joao Raineri. Er zeigt uns hier, wie aus einem triolischen Lick, das er bei Gregory Hutchinson gehört hat, eine Phrase mit vielen Variationen entsteht.
Hier könnt ihr euch das PDF zum Video herunterladen:
Von der Basisfigur aus wird weiterentwickelt und variiert
Mit der originalen Figur als Basis (RLRRLR), wie sie von Gregory Hutchinson gespielt wurde, zeigt Joao in der ersten Zeile verschiedene Verteilungsmöglichkeiten zwischen Snare und Toms. Danach geht es in Zeile 2 mit einem doppelten Bassdrumschlag weiter, der die letzte rechte Hand ersetzt und die Figur auf die Länge von drei Viertelnoten erweitert. Auch hier gibt es wieder verschiedene Verteilungsmöglichkeiten zwischen Snare und Toms. Wie ihr sehen könnt, verschiebt sich die Figur als 3/4-Lick über den 4/4-Takt, eine sogenannte „3 beat phrase“.
Für dich ausgesucht
Mit einer Bridge-Figur (RLL) erweitert Joao das Lick um eine weitere Viertelnote, die sich beliebig oft vor das eigentliche Lick setzen lässt. In der Sektion „Big/Small Bridge + Lick“ ist das gut zu sehen.
Beim drittletzten Absatz wird der erste Schlag der Figur mit Bassdrum und Becken gespielt. Dadurch entsteht in der Wiederholung der jetzt zwei Viertelnoten langen Figur eine durchgehende Phrase (Linking the Lick).
Melody 1: Durch zwei verschiedene Tom-Snare-Orchestrierungen entsteht eine Melodie, die dann in ein „A-B-Concept“ mündet. Mit der Erweiterung um das vorher eingeführte Bridge-Element entstehen viele Möglichkeiten. Am Ende dreht Joao noch ordentlich an der Temposchraube.