Vollzeitstudium am DI – zu Besuch im Drummers Institute Krefeld

1988 öffnete das Drummers Institute in Düsseldorf seine Pforten. Die Expertise hatte sich Gründer Jan Rohlfing während seiner intensiven Studienzeit jenseits des großen Teichs in New York und Los Angeles erworben. Die Idee: Nach amerikanischem Vorbild mit reichhaltigem Input und auf hohem, zeitgemäßen Niveau sollte fortan der deutsche und europäische Trommler-Nachwuchs unterrichtet werden. Ein paar Jahre später startete das erste Vollzeitstudium. In einem Jahr werden die Grundlagen gelegt, um alles meistern zu können, was einem als Berufstrommler so über den Weg laufen kann. 

Alle Bilder: Christoph Behm für bonedo.de
Alle Bilder: Christoph Behm für bonedo.de


Wenn ich an meinen Vollzeitstudium-Jahrgang (2002 – 2003) zurück denke, fällt mir ein Schmelztiegel aus unterschiedlichsten Schüler- und Lehrer-Typen ein, enormer Input, manchmal auch stark gefühlte Überforderung… aber auch sehr viel Spaß und rückblickend riesige Stufen, die ich in sehr kurzer Zeit genommen habe, weil es sich rund um die Uhr einfach nur um die eine Sache drehte: Schlagzeug spielen.
15 Jahre später ist das Internet allgegenwärtig, und in fast allen größeren deutschen Städten gibt es mittlerweile Schulen, die sich die Ausbildung von modernen Schlagzeugern auf die Fahnen schreiben. Um so gespannter bin ich, was sich unter der neuen Adresse und vor allem unter der neuen Leitung getan hat. Schulleiter Michael Mertens empfängt mich in seiner Schule rhythm matters in Krefeld. Das oberste, tageslichtdurchflutete Stockwerk gehört allein den Studenten des Drummers Institute.

Hallo Michael, erzähl doch mal, wie du zum Drummers Institute gekommen bist.

Meine erste Begegnung hatte ich als Student der Schule. Ich hab 1994 den Abschluss am DI gemacht, das war seinerzeit der erste Vollzeitstudiengang. Als vor vier Jahren die Diskussion aufkam, hat Jan (Jan Rohlfing, ehem. Leiter und Inhaber) mich gefragt, ob ich die Schule übernehmen möchte. Er hatte schon länger geplant, die Schule abzugeben. Dann haben wir gemeinsam überlegt, wie wir die Schule weiterlaufen lassen können. Düsseldorf kam als Standort nicht in Frage, weil es zu weit weg ist und ich hier die Schule und räumliche Kapazitäten habe. So folgte die Entscheidung, das Drummers Institute nach Krefeld zu holen.
Mir war besonders wichtig, die Tradition und den Spirit der Schule zu bewahren und hierher mitzunehmen, da ich selber dort meine ersten Schritte gemacht habe und mir das DI quasi die Tür zur Musikwelt geöffnet hat. Danach habe ich die ersten professionellen Jobs bei Roncalli oder dem Apollo Varieté gespielt, war mit der HipHop Band Fresh Familee unterwegs und hab dann ein Jahr später hier die Musikschule rhythm matters gegründet.

Hast du am System des Vollzeitstudiums viel verändert?

Mir war es sehr wichtig, das bisherige System in den Grundzügen zu erhalten. Ich bin zur Inspiration mehrere Male in die USA nach Kalifornien geflogen, um zu schauen, wie das drüben so abläuft und hatte im Vorfeld auch über Schul-Partnerschaften nachgedacht. Aber, was dort momentan passiert, ist, dass die Jazz- und Latin-Sachen nicht mehr zur Bedingung für Studiengänge werden. Am MI oder LACM sind vor allem Rock / Pop, Gospel Chops, Swagger Grooves, viele Videos und Eigenpräsentationen Programm. Da ist mir noch einmal klar geworden, wie gut das eigentlich ist, dass der Jan die ganzen Jahrzehnte über die Flaggen hochgehalten hat und bei den Auditions auch mal gesagt wurde: „Nein, ohne Compings kriegen wir das nicht hin.“ 

Das heißt, das Konzept des Vollzeitstudiums bleibt?

Die Grundstruktur bleibt, mit den vier Quartalen und den einzelnen Themenschwerpunkten plus Ensemble-Kurse und Studio Drums. Es gibt aber auch ein paar neue Fächer. Mit Hendrik Lensing haben wir das Fach New Beatz eingerichtet, wo dann Gospel Chops, Swagger Drumming und Neo Soul unterrichtet und auch geprüft wird, wenn man möchte. Der andere Bereich ist Metal Crossover mit Max Kotzmann von Callejon. Die beiden Fächer wechseln sich in den ersten beiden Quartalen ab, danach können die Teilnehmer wählen, ob diese neuen Kurse prüfungsrelevant sind und dafür ein anderes Prüfungsfach wie z.B. Musical als prüfungsrelevant abwählen. Man hat also nach der Hälfte der Zeit etwas mehr Gestaltungsraum als früher. Dann war mir wichtig, dass das Fach Musiklehre breiter aufgestellt ist, damit die Studenten auch eine spätere Hochschulaufnahmeprüfung bestehen können. Allgemeine Musiklehre ist jetzt aufgeteilt in Harmonielehre, Gehörbildung und der Kurs Songwriting / Arrangement, der ab dem 3. Quartal hinzukommt.
Außerdem habe ich alles auf digital umgestellt. In allen Räumen sind Apple TV Geräte mit der kompletten Mediathek darauf, jeder Raum hat zudem ein iPad. Ganz früher bekam jeder Student Kassetten überspielt, dann folgten MiniDisc und DVDs, inzwischen werden die Sachen gestreamt. Die Studenten können hier im Haus und von außerhalb, wenn sie online sind, auf die Mediathek zugreifen. Ansonsten versuche ich auch ein bisschen, die Kultur von damals wieder aufleben zu lassen, mit den Workshops von Gastdozenten. Was im günstigsten Fall ein Null-Geschäft ist. Adam Nussbaum war hier und Ralf Gustke, René Creemers, Jan Pfennig oder Patrick Metzger sind häufiger am DI. Ich ticke noch in der Zeit, in der ich damals selbst Student der Schule war. Das war natürlich alles sehr idealistisch, es war der erste Vollzeitstudiengang, alle Dozenten waren mega motiviert und es fühlte sich nach großer Aufbruchsstimmung an. Das hat sich in meinem Kopf festgebrannt. Da versuche ich anzuknüpfen und das Ding in der Richtung wieder neu aufzustellen. Und das funktioniert auch ganz gut.

Schulleiter Michael Mertens hat 1994 den allerersten Vollzeitstudiengang absolviert.
Schulleiter Michael Mertens hat 1994 den allerersten Vollzeitstudiengang absolviert.

An wie vielen Tagen findet das Studium statt?

Das sind weiterhin drei Tage pro Woche. Die Schüler haben einen eigenen Zugang zur Schule und können 24 / 7 hier üben. Wir haben hier in der Musikschule über 20 Ensemble-Gruppen, auch eine praktische Weiterentwicklung zum alten Standort in Düsseldorf, weil die Studenten sich hier der Big Band oder dem Latin-, Jazz-, Funk- oder Blues-Ensemble anschließen können und so noch mehr Spielpraxis erlangen und auch Kontakte knüpfen können. Diese Kurse finden zum Beispiel an einem zusätzlichen Tag statt.

Was sollten die Studenten können, wenn sie hier nach einem Jahr fertig sind?

Sie sollten nach einem Jahr einen guten und umfangreichen Einblick in alle wichtigen Parameter des Schlagzeugspiel haben und eine gute Orientierung und Einschätzung wie es jetzt als Musiker weiter gehen kann. Von der Maßgabe her, so ging’s mir damals auch, sollte man nach einem Jahr des Studiums so aufgestellt sein, dass man auch mal eine Gala spielen kann. Wenn nach dem Studium der Anruf käme, „Es gibt vier- oder fünfhundert Euro, ich schick dir die Noten rüber. Wir brauchen Bossa, Besen, leise spielen, usw.“ Dann sollte man sowas spielen können. Das war auch im Vergleich mit den anderen eingangs angesprochenen Schulen die Frage, in punkto: Wie modernisiere ich das DI? Deshalb ist es mir nicht in den Sinn gekommen, das so abzuschwächen. Auch wenn es schon immer mal wieder Thema war, Latin und Jazz keine so großartige Gewichtung mehr zu geben. Aber ich will das einfach so weiter machen.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Unterrichtsräume sind hell und professionell ausgestattet. (Bild: zur Verfügung gestellt von Michael Mertens)

Zum Thema Vorbereitung auf den Job eines Berufsmusikers: Wie sieht es mit didaktischen Fähigkeiten aus. Nicht wenige Drummer verdienen ja einen Großteil ihres späteren Lebensunterhalts mit Unterricht. Und was vermittelt ihr noch an Wissen zum Musikerberuf, abseits vom Trommeln?

Es gibt im vierten Quartal jede Woche einen Didaktik-Kurs, da gehen wir zum Beispiel altersbedingte Verhaltensweisen und Motivations-Zirkel durch. Das ist neu, quasi die Fachdidaktik. Die Open-Class Sachen beim Jan Rohlfing decken weiterhin die Sachen wie Vertragswesen ab. Auch inspiriert durch meine Studienzeit und die Infos und Soft Skills, die Jan uns damals mit auf den Weg geben hat und die mir bei meinen ersten Jobs ungemein geholfen haben. Durch die Funktion, die ich habe, versuche ich darauf auch mehr einzugehen. Das heißt, ich stehe quasi als „Herbergsvater“ zwischen dem Lehrplan und den Ansprüchen des Studiengangs und den Studenten und kann als Ansprechpartner zwischendurch gucken, wie jemand gerade so drauf ist. Die Studenten haben einen disziplinierten Tagesablauf, bei dem Pensum, was die in einer Woche so mitnehmen, ist es schon eine Menge. 
Manche haben auch mit Ängsten zu kämpfen, wenn sie sich mit Mitte zwanzig fragen: „Was mache ich danach, ich habe meinen Job jetzt aufgegeben…“. Ein anderes Thema sind diese ganzen Drummer’s Drummer Videos, ob die da überhaupt noch eine Schnitte haben… Das stellt sich für mich aber ganz anders dar, weil es manchmal gar nicht darum geht, Fills, Skills & Thrills zu spielen. Da gibt es bestimmte Parameter, die einfach stimmen müssen, wie Zuverlässigkeit, Kommunikationsfähigkeit und Auffassungsgabe, und vor allem Groove! Also Dinge einfach simpel zu halten und sich da viel besser zu platzieren anstatt zu gucken, dass man alles an die Wand trommelt. Da gibt es manchmal so ein verschobenes Realitätsbewusstsein. Wo man sich dann auch mal andere Trommler anschauen muss, die viel spielen, aber vielleicht nicht so bekannt und medienpräsent sind.

Aber das ist auch gar nicht so einfach, sich als junger Drummer von den Einflüssen von YouTube und Co. freizumachen.

Dass man von den Zwängen lebt, dass ein Trommler so oder so zu sein hat?

Ja, also auch mal zu sagen, ich guck mir das jetzt nicht an, sondern entwickle mich in meinem eigenen Saft und Tempo.

Ja, absolut, ich hatte es damals einfacher, du sicher auch. Dass es so bestimmte Sparten-Trommler gab, wo man wusste, daran hält man sich und orientiert sich von da ab weiter. 
Aber das was du angesprochen hast, ist wirklich ein Problem, den Schülern letztendlich zu sagen: Okay, da gibt es jetzt einen 17-jährigen Jungen in China, der fünfmal besser trommelt als du, aber der ist ja in China und nicht hier. Aber die Sachen sacken zu lassen und musikalisch werden zu lassen, ist auch ein Problem des DI. Weil die Zeit in dem einen Jahr einfach begrenzt ist, und die fehlt natürlich. 

Fotostrecke: 3 Bilder Noch lehnen sich die “Vollzeitler” entspannt zurück.

Worauf schaust du bei der Zusammensetzung eines Jahrgangs? Die Schule muss sich sicher auch rechnen.

Klar, die Schule muss sich rechnen, das heißt aber nicht, dass wir jeden nehmen. Wenn es Leute gibt, die von ihrem Können her oder von ihrer Selbsteinschätzung nicht passen, dann lehne ich sie auch ab oder bereite sie gern aufs nächste Jahr vor. Manchmal gibt es Kandidaten, wo ich recht schnell denke, wenn der richtig Gas gibt, dann schafft er es und es wird richtig Klasse! Aber die müssen dann eben auch wirklich wollen.
Ich schaue vor allem auch darauf, ob die Gruppe zusammenpasst. Denn das ist im Verlauf des Jahres sehr wichtig, wie die Stimmung und die Motivation der Studenten ist und dass sich keine Verweigerungshaltung, z.B. durch Überforderung Einzelner, einstellt, die sich dann auf die gesamte Gruppe überträgt. Das ist dieses Jahr mega aufgegangen, ein super Haufen und alle ziehen voll durch! Entweder war es Glück oder wir haben da einfach gut drauf aufgepasst. Wird man beim nächsten Studiengang sehen. 

Brechen manche Studenten das Studium auch wieder ab?

Also ich habe es in den letzten beiden Jahrgängen jeweils einmal gehabt, dass jemand sagt, ich kriege es nicht hin oder ich habe eine ganz andere Vorstellung davon gehabt. Ich biete mittlerweile immer eine Orientierungsstunde an, damit der Interessent sich angucken kann, was in einer Audition gefragt ist. Bei der Audition selbst wird dann mehr abgefragt, es gibt weniger Infos und der Schüler wird auch ein bisschen unter Stress gesetzt. Auch um für mich zu sehen, wie sich der Schüler da verhält. Macht er zu? Nach diesen Kriterien kann man ganz gut feststellen, ob die Leute später noch bereit sind, über ihren eigenen Schatten zu springen. Hat man sich dann für das Studium entschieden, dann sollte man im Optimalfall auf „Tauchstation“ gehen können.

Was sind denn deine Ziele für die Zukunft der Schule?

Ein Ziel ist definitiv, die staatliche Anerkennung zu bekommen. Das ist eher ein Politikum in Nordrhein-Westfalen. Von den Inhalten wäre es in anderen Bundesländern kein Problem, diese zu bekommen, da bin ich mir ganz sicher. Ein weiteres Ziel, was ich in den nächsten Jahren in Angriff nehme, ist es, das Vollzeitstudium über zwei Jahre auszudehnen. Einfach, dass man mehr mehr Zeit hat, Sachen etwas länger zu entwickeln und zwischendurch mit mehr Muße auch mal sacken zu lassen. Und nächstes Jahr steht das dreißigste Jubiläum des Drummers Institute an, ein Highlight, auf das ich mich freue.

Vielen Dank für´s Gespräch.

Blickt optimistisch in die Zukunft: Michael Mertens
Blickt optimistisch in die Zukunft: Michael Mertens

Alle Infos zu den Studiengängen Vollzeitstudium und nebenberufliches Studium gibt es auf der Website des Drummers Institute: www.drummers-institute.com
Hier gibt es das Drummers Institute auf Facebook.

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Schulleiter Michael Mertens hat 1994 den allerersten Vollzeitstudiengang absolviert.

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