Praxis
Der Grundcharakteristik des Vox AC30 VR ist trotz aller Vielseitigkeit immer irgendwie weich und mittig. Genau wie beim AC 30 färbt die Gehäusekonstruktion und die Lautsprecherbestückung den Sound mit. Von clean bis hin zum amtlichen Rockbrett bietet er eine breite Palette an geschmackvollen Sounds. Ein ultrasauberer Klang wie beispielsweise beim Roland Jazzchorus ist allerdings nicht drin, dazu arbeitet der Amp einfach immer eine Spur zu organisch. Beim ersten Anspielen habe ich erst gar nicht bemerkt, dass es sich dabei um einen Hybridverstärker handelt. Er erzeugt mächtig Druck und Power. Seine Direktheit übertrifft dank analoger Bauweise digitale Amps um Längen. Erst im direkten A/B-Vergleich zu meinem alten AC 30 offenbarte sich dessen dynamischer und offenere Klang. Trotzdem bin ich überrascht, wie gut der junge Familienzuwachs nicht erst ab einer gewissen Lautstärke klingt. Die Lautsprecherpappe braucht zwar eine gewisse Power, um zu zeigen, was der Amp zu leisten vermag, aber schon bei Zimmerlautstärke lassen sich erstklassige Rocksounds generieren. Ich hatte deshalb nicht das Gefühl, über einen Transistoramp zu spielen, weil die dynamische Ansprache gerade bei angezerrten Soundeinstellungen sehr fließend ist. Besonders gut gefällt mir in diesem Zusammenhang der weiche Übergang von cleanen zu angezerrten Klängen, einem Bereich, der fein mit dem Volumepoti der Gitarre moduliert werden kann. Wer seidige Höhen und das harmonische „voxigen“ Klingeln mag, ist hier genau richtig.
Der Overdrivekanal klingt fett und satt und dabei macht der Mittenregler besonders viel Laune, denn er liefert einen erstklassigen Job. Bei Bedarf lässt sich der Sound aushöhlen und richtig böse Metallbretter abfeuern, wobei er immer organisch und direkt bleibt. Ab 2 Uhr setzen sich Sololinien perfekt durch. Keine Einstellung klingt kratzig oder unausgewogen. Wenn es mit ausgangsschwachen Singlecoils zu schrill werden sollte, wirkt der Cut-Regler Wunder und ermöglicht auch hier sahnige Leadsounds, indem er die oberen Frequenzen beschneidet. Der OD2 färbt den Sound „schön“, womit ich die Kompression meine, die besonders bei hohen Gain-Einstellungen das Spielen erleichtert. Dass der Amp trotzdem nicht allzu komprimiert klingt, könnt ihr bei meinen Audios hören. Der mit weniger Gain ausgestattetet OD1 klingt direkter und eignet sich für rotzige Rhythmusarbeit – siehe Aerosmith oder die klassische Rockzerre. Schade finde ich, dass man die Lautstärke des OD2 nicht separat regeln kann, denn dann hätte man einen echten Dreikanaler. Ebenfalls fehlt mir ein serieller/paralleler Einschleifweg für Effekte. Der integrierte digitale Hall ist jedoch gut gelungen und erinnert an eine Mischform aus Feder- und Digitalhall.
Jetzt aber genug der Worte, lassen wir den AC30 VR mal persönlich “sprechen”… Los geht es mit einem Song, der eine breite Palette der Sounds des Amps ins Rampenlicht zerrt. Im nachfolgenden “Rundumschlag” gehen wir dann ins Einzelgespräch.
Für dich ausgesucht
Kommen wir zu den Details. Unter anderem werdet ihr auch einige der Sounds aus dem Song im Alleingang hören. Viel Spaß dabei!