VSL Vienna Choir Test

Praxis:

Nicht schlecht gestaunt habe ich, als mir auffiel, dass die etwa 20 Gigabyte der Chor-Library in der Hauptsache für die verschiedenen Artikulationen der Laute A und U benötigt werden. Es gibt allerdings noch einige Konsonant-Vokal-Verbindungen wie «Ta», »Tu», «Sa», «Pu» und einige weitere Extras. Wenn man jedoch bedenkt, dass der gesamte Stimmbereich vom Bass bis zum Sopran in vielen verschiedenen Variationen abgebildet wird, legt sich das Staunen wieder. Es ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, einen realistisch klingenden klassischen Chor aufzunehmen. Das wird deutlich, wenn man die verschiedenen Artikulationen des Vienna Choir im Detail betrachtet.

Es gibt:

  • die Vokale «A» und «U» als Staccatos, Sustains und Legato Performances. Dabei ist jeder Ton in jeweils vier Dynamikstufen gesampelt.
  • Staccato-Repititionen der Silben «ta», «pa», «ra», «sa» sowie «tu», «pu», «ru» und «su»
  • Sforzatos, Crescendos (Anschwellen) und Diminuendos (Abschwellen); jeweils 2, 3 und 4 Sekunden lang
  • Legato Glissando Performances
  • Halbton- und Ganzton-Triller Performances
  • Intervall Cluster Performances (3-Ton-Cluster nur «A»)
  • «Creepy» (gruselige) Töne und Atemgeräusche

Viele Artikulationen liegen darüber hinaus in einer »regular» und einer «espressivo» (mit Vibrato) Variante vor.

Audio Samples
0:00
Performance Cluster Creepy Crescendo Diminuendo

Beim ersten Durchhören fiel mir gleich auf, wie gut die Aufnahmen der verschiedenen Artikulationen zusammenpassen. Insbesondere die Unterschiede zwischen den Sustain-Tönen mit und ohne Vibrato sind so dezent, wie man das in der Praxis häufig benötigt. Die Klangqualität der Library insgesamt ist hervorragend.

Die wirkliche Kunst beim Programmieren des Vienna Choir ist es, die richtige Artikulation auszuwählen. Und das ist in den meisten Fällen arbeitsintensiv. Nutzer umfangreicher String-Librarys werden wissen, was ich damit meine. Sobald die musikalische Idee im Sequenzer aufgenommen ist, beginnt die Editier-Arbeit. Je besser man mit der Library vertraut ist, desto schneller geht’s natürlich. Aber auch nach der Einarbeitungsphase bleibt der realistische Nachbau von Naturklängen/Stimmen eine der aufwendigsten Programmieraufgaben. Das ist nicht nur bei VSL-Instrumenten so, sondern bei allen ähnlich konzipierten Sample-Bibliotheken.

Audio Samples
0:00
Glissando Legato Sforzato Staccato Sustain Triller

Für mich stellte sich während des Tests die grundsätzliche Frage, ob ich mit den vorgefertigten Presets und ihren Performance-Möglichkeiten arbeite. In diesen Presets sind meist schon viele Artikulationen sinnvoll angeordnet und per Vorwahltasten in der untersten Oktave eines 88-Tasten-Keyboards sowie anderen Controllern umschaltbar. Das ist einerseits praktisch, denn man hat alle notwendigen Sounds im direkten Zugriff. Andererseits habe ich festgestellt, dass die Umschaltung über MIDI-Noten ihre Tücken hat: Steigt man mit der Wiedergabe im Sequenzer hinter der aktuell gültigen Artikulationsvorwahl ein, werden die falschen Samples wiedergegeben. Das passiert natürlich besonders häufig, wenn man im Loop/Cycle-Modus arbeitet. Alternativ bietet sich an, jede Artikulation in einer eigenen Instanz von Vienna Instruments zu öffnen. Dann gibt es keine Fehler bei der Wiedergabe, aber das Arrangier-Fenster und der Mixer werden natürlich erheblich stärker bevölkert. Beide Lösungen haben also ihre Vor-und Nachteile. Wer mit großem Orchester-Besteck und dem Vienna Choir gleichzeitig in einem Song arbeitet, wird kaum darum herumkommen, die Umschaltmöglichkeiten in Vienna Instruments zu verwenden. Allerdings sollte man in diesem Fall möglichst mit einem 88-Tasten-Keyboard arbeiten. Nur dann sind die Umschalttasten und der gesamte Chor gleichzeitig im Zugriff, sodass man von den Performance-Möglichkeiten regen Gebrauch machen kann.

Fenster_Darst_Logic

Nicht so gut gefallen hat mir die Fenster-Darstellung von Vienna Instruments in Logic (siehe Abbildung). Das AU-Plug-In-Fenster trägt den Namen «Vienna Instruments Server Interface» und bietet erst nach einem Klick auf «Show Window» Sicht auf die Oberfläche des Instruments. Sobald man ein Logic-Fenster anklickt, ist die Oberfläche wieder verschwunden. Das ist auf Dauer nervig, wenn man nicht genügend Platz auf dem Bildschirm hat, um die Fenster ohne Überlappungen nebeneinander anzuordnen.

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Roland Juno D6 Sound Demo (no talking)
  • PWM Mantis Sound Demo (no talking)
  • Behringer Syncussion SY-1 Sound Demo (no talking)